Entscheidungsstichwort (Thema)

Endrenovierungsklausel im Gewerberaum-Mietvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage einer durch Individualabrede vereinbarten Endrenovierungsklausel in einem Mietvertrag über Gewerberäume.

 

Normenkette

BGB § 535 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 23.10.2006; Aktenzeichen 62 S 187/06)

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 24.05.2006; Aktenzeichen 5 C 166/06)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 62 des LG Berlin in Berlin-Mitte vom 23.10.2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

[1] Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz der Kosten, die sie für die Endrenovierung der von ihr gemieteten Gewerberäume aufgewendet hat.

[2] Mit Vertrag vom 24.11.1998 mietete die Klägerin von der Beklagten zu 1), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Beklagten zu 2) und zu 3) sind, Gewerberäume. Der Vertrag wurde einvernehmlich am 28.2.2005 beendet. Zu den Schönheitsreparaturen und der Instandhaltung enthält er u.a. folgende Klauseln:

§ 1 Mieträume

...

7. Der übergebene Teppichboden ist etwa zwei Jahre lang benutzt und grundgereinigt, wobei vor allem im ersten Zimmer optisch noch leichte Verunreinigungen zu sehen sind. Es wird vereinbart, dass während der Mietzeit vermieterseits keinerlei Arbeiten an dem Teppichboden durchgeführt werden müssen, dass aber andererseits der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses den Teppichboden nicht durch einen neuen ersetzen muss, sondern nur etwaige Beschädigungen, die durch unsachgemäße Behandlung entstanden sind, zu beseitigen hat.

§ 7 Instandhaltungen, Instandsetzung, Schönheitsreparaturen und Veränderungen

1. Schönheitsreparaturen

a) Die Schönheitsreparaturen trägt der Mieter.

b) Bei Beendigung des Vertrages sind die Mieträume vom Mieter neu zu renovieren, wobei maßgebend der ursprüngliche Ausstattungsstandard ist. Die Verpflichtung zur Renovierung bei Beendigung vereinbaren die Parteien deshalb, weil die Räume bei Übergabe neu errichtet worden sind und weil sie davon ausgehen, dass eine Neurenovierung nach Ablauf der Vertragszeit angemessen ist.

2. Instandsetzung, Instandhaltung

...

Abweichungen von der bisherigen Ausführungsart bedürfen der Einwilligung des Vermieters.

...

Bei der Festsetzung der Höhe des Mietzinses ist berücksichtigt worden, welche Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten (auch Schönheitsreparaturen) der Mieter übernommen hat.

[3] Die Klägerin führte gem. § 7 Ziff. 1b des Vertrages Endrenovierungsarbeiten durch. Mit der Klage verlangt sie von den Beklagten Ersatz der von ihr hierfür aufgewendeten Kosten, weil die Klausel unwirksam sei.

[4] Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

[5] Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

[6] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in Das Grundeigentum 2007, 517 veröffentlicht ist, hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

[7] Es könne dahinstehen, ob § 7 Ziff. 1 des Mietvertrages unwirksam sei. Dafür spreche allerdings die auch nach Vortrag der Beklagten nicht im Einzelnen ausgehandelte Klausel in § 7 Ziff. 2 des Mietvertrages, nach der Abweichungen von der bisherigen Ausführungsart der Zustimmung des Vermieters bedürften. Diese Klausel sei als allgemeine Geschäftsbedingung wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gem. § 307 BGB unwirksam. Denn sie wirke sich wie eine unwirksame Endrenovierungsklausel aus, indem sie vom Mieter, der während des Mietvertrages von der vorgegebenen Ausführungsart abweiche, verlange, dass er bei Mietende in jedem Fall renoviere. Da § 7 Ziff. 2 des Mietvertrages im Kontext der einheitlichen Regelung des § 7 des Mietvertrages zu sehen sei, dürfte dessen Unwirksamkeit auch auf § 7 Ziff. 1 durchschlagen.

[8] Letztlich könne diese Frage aber ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob in dem Umstand, dass die Klägerin sich zur Durchführung der Schönheitsreparaturen bereit erklärt habe, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liege. Denn ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der für die Endrenovierung aufgewendeten Kosten bestehe in keinem Fall.

[9] Aus ungerechtfertigter Bereicherung ergebe sich schon deshalb kein Anspruch, weil dieser auf Ausgleich des durch die Leistung des Mieters eingetretenen Wertzuwachses auf Vermieterseite gerichtet sei und die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen habe, dass der Beklagten zu 1) durch die Schönheitsreparaturen ein höherer Ertragswert des Mietobjekts zugeflossen sei. Auch ein Anspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag sei nicht begründet. Es fehle nämlich an einem Fremdgeschäftsführungswillen der Klägerin. Der Mieter, welcher irrig glaube, mit der Durchführung von Schönheitsreparaturen eine Vertragspflicht zu erfüllen, wolle ein eigenes Geschäft führen. Dies komme zwar dem Erhalt und der Verbesserung des Mietobjekts und damit letztlich auch dem Vermieter zugute. Darauf könne es jedoch nicht maßgeblich ankommen. Denn auch wenn der Mieter irrtümlich meine, einer originären - nicht übertragenen - Mieterpflicht nachzukommen, kämen seine Maßnahmen der Mietsache zugute. In diesem Fall solle jedoch nach Langenberg (Schmidt-Futterer/Langenberg Mietrecht 9. Aufl., § 539 BGB Rz. 30) - anders als im hier zu entscheidenden Fall - eine irrtümliche Eigengeschäftsführung vorliegen, welche gem. § 687 Abs. 1 BGB die Anwendung der §§ 677 ff. BGB ausschließe. Diese Differenzierung überzeuge nicht. So obliege grundsätzlich dem Vermieter die Durchführung der Schönheitsreparaturen. Insofern übernehme der Mieter eine fremde Pflicht, wenn ihm die Schönheitsreparaturen überbürdet würden. Aus dem Pflichtenkreis des Vermieters scheide diese damit aus. Scheitere die Übertragung, trete zwar die gewollte Rechtsfolge nicht ein, gleichwohl nehme der Mieter die Reparaturverpflichtung aber letztlich - wenn auch irrtümlich - subjektiv als eigene wahr.

[10] Dieses Ergebnis sei auch sachgerecht. Denn die wirksame Verpflichtung zur Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter stelle eine Hauptpflicht des Mietvertrags mit Entgeltcharakter dar. Es handele sich um einen Teil der Gegenleistung des Mieters für die Gebrauchsüberlassung der Mietsache, die in der vereinbarten Miete berücksichtigt sei. Diese Kalkulationsgrundlage sei gestört, wenn die vereinbarte Übernahme der Schönheitsreparaturen unwirksam sei. Dieses unbefriedigende Ergebnis lasse sich vermeiden, zumindest aber mildern, wenn etwaige Erstattungsansprüche des Mieters auf den nach § 818 Abs. 2 BGB geschuldeten Wertersatz begrenzt würden.

II.

[11] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Ersatz der von ihr aufgewendeten Endrenovierungskosten zu. Denn sie war gem. § 7 Ziff. 1b des Mietvertrages zur Vornahme der Renovierungsarbeiten verpflichtet.

[12] Es kann offen bleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden kann, die Klägerin habe auch dann keinen Anspruch auf Ersatz der für die Endrenovierung aufgewendeten Kosten, wenn § 7 Ziff. 1b des Mietvertrages, der die Klägerin zur vollständigen Renovierung der Räume bei Beendigung des Mietvertrages verpflichte, unwirksam sei.

[13] Ein Ersatzanspruch der Klägerin ist bereits deshalb nicht begründet, weil die Endrenovierungsklausel wirksam ist.

[14] 1. Bei der Klausel handelt es sich um eine zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung und damit um eine Individualabrede, auf die die AGB-Vorschriften nicht anwendbar sind (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). Der Senat kann hierüber selbst befinden, da das LG zu dem streitigen Vortrag, ob § 7 Ziff. 1b des Mietvertrages eine Individualabrede darstellt, keine weiteren Feststellungen getroffen, sondern die Frage im Ergebnis offen gelassen hat.

[15] Eine solche Individualabrede liegt bei einem von einer Partei gestellten Vertragstext dann vor, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner einen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen tatsächlich einräumt (BGH, Urt. v. 18.5.1995 - X ZR 114/93, WM 1995, 1455, 1456; v. 25.6.1992 - VII ZR 128/91, NJW 1992, 2759, 2760).

[16] Diese Voraussetzungen liegen hier für die Endrenovierungsklausel (§ 7 Ziff. 1b des Mietvertrages) vor. Nach dem im Berufungsurteil in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vortrag der Parteien hat der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen der Vertragsverhandlungen unstreitig von der Beklagten zu 1) verlangt, dass in den von dieser gestellten Vertragstext zusätzlich eine Klausel aufgenommen wird, nach der die Klägerin bei Beendigung des Mietvertrages nicht verpflichtet ist, den Teppichboden durch einen neuen zu ersetzen, sondern nur etwaige Beschädigungen, die durch unsachgemäße Behandlung entstanden sind, zu beseitigen. Die Parteien haben sich in § 1 Ziff. 7 des Mietvertrages auf diese von der Klägerin gewünschte Klausel geeinigt.

[17] Mit der Verhandlung über die von der Klägerin bei Vertragsbeendigung am Teppichboden vorzunehmenden Arbeiten haben die Parteien über den Umfang der in § 7 Ziff. 1b des Mietvertrages der Klägerin auferlegten Schönheitsreparaturen bei Ende des Mietvertrages verhandelt. Sie haben für den von der Beklagten zu 1) verlegten Teppichboden, dessen Grundreinigung Teil der Schönheitsreparaturen ist (Senat, Urt. v. 8.10.2008 - XII ZR 15/07, NJW 2009, 510), eine gesonderte Regelung getroffen. Die Klägerin sollte bei Beendigung des Mietvertrages nur verpflichtet sein, etwaige Beschädigungen des Teppichbodens zu beseitigen. Damit hat sich die Beklagte zu 1) bereit erklärt, ihre Vorgabe zu dem Umfang der bei Beendigung des Vertrages durchzuführenden Schönheitsreparaturen abzuändern.

[18] 2. Die zwischen den Parteien individuell vereinbarte Endrenovierungsklausel (§ 7 Ziff. 1b des Mietvertrages) ist wirksam.

[19] a) Bei der Geschäftsraummiete bestehen grundsätzlich keine Bedenken dagegen, den Mieter individualvertraglich zur Endrenovierung - unabhängig vom tatsächlichen Erhaltungszustand der Räume - zu verpflichten. Ihre Schranken findet die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung vor allem in den Verbotsgesetzen i.S.d. § 134 BGB, im Verbot der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) und dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

[20] Dafür, dass § 7 Ziff. 1b des Mietvertrages gegen diese Schranken verstößt, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

[21] b) Eine Unwirksamkeit der für sich allein gesehen unbedenklichen, individuell vereinbarten Endrenovierungsklausel (§ 7 Ziff. 1b des Mietvertrages) folgt auch nicht aus dem Zusammentreffen mit anderen formularmäßig vereinbarten Klauseln des Vertrages und einem dadurch hervorgerufenen Summierungseffekt. Eine sich daraus ergebende etwaige Unwirksamkeit hätte nur die Unwirksamkeit der Formularklausel, nicht aber der Individualabrede zur Folge. Denn die Individualabrede unterliegt nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (BGH, Urt. v. 14.1.2009 - VIII ZR 71/08 - juris).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2147684

BGHR 2009, 655

EBE/BGH 2009

NJW-RR 2009, 947

NZM 2009, 397

ZMR 2009, 672

ZfIR 2009, 336

MDR 2009, 678

NJ 2009, 290

WuM 2010, 464

WuM 2010, 468

GuT 2009, 98

Info M 2009, 121

MietRB 2009, 162

RdW 2009, 454

ZGS 2009, 245

IGZInfo 2010, 63

MK 2009, 149

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