Leitsatz (amtlich)

a) Ein Verwendungsersatzanspruch gegen den Eigentümer eines sicherungsübereigneten Fahrzeugs, das ein Unternehmer aufgrund eines vom besitzenden Sicherungsgeber erteilten Auftrags repariert hat, erlischt – falls die Verwendung nicht genehmigt oder der Anspruch gerichtlich geltend gemacht ist – mit dem Ablauf eines Monats, nachdem das Fahrzeug an den Auftraggeber herausgegeben worden ist. Er kann auch nicht später geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer aufgrund eines weiteren Reparaturauftrags erneut in den Besitz des Fahrzeugs gekommen ist (Anschluß an BGHZ 51, 250).

b) Der Unternehmer, der ein dem Besteller nicht gehörendes Fahrzeug repariert, erwirbt, wenn der Eigentümer den Besteller ermächtigt hat, die erforderlichen Reparaturen vornehmen zu lassen, allenfalls ein vertragliches Pfandrecht für die Forderung aus der jeweiligen Reparatur und nicht für früher entstandene Forderungen.

 

Normenkette

BGB §§ 1002, 1000, 273, 157

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 28.01.1982)

LG Itzehoe (Urteil vom 05.02.1981)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 28. Januar 1982 geändert.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 5. Februar 1981 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, die mit dem Bauunternehmer R. in Geschäftsverbindung stand, hatte von diesem mit Vertrag vom 10. März 1980 zur Sicherung ihrer Forderungen den Lkw Magirus-Deutz, amtliches Kennzeichen … 51 übereignet erhalten. Nr. 3 Satz 2 des Sicherungsübereignungsvertrages lautete:

„Der Schuldner ist verpflichtet, das Fahrzeug schonend zu behandeln, Reparaturen auf eigene Kosten vorzunehmen und es in jederzeit fahrbereitem Zustand zu halten.”

Das Fahrzeug blieb im Besitz des Bauunternehmers R.

In dem Zeitraum von November 1979 bis April 1980 ließ R. bei der Beklagten wiederholt Reparaturen an dem im März 1980 sicherungsübereigneten Lkw durchführen. Hieraus entstanden für die Beklagte Forderungen in Höhe von insgesamt 8.354,53 DM. Die Beklagte gab R. den Lkw nach jeder Reparatur zurück, ohne zuvor Zahlung zu verlangen. Für Reparaturrechnungen vom November und Dezember 1979 ließ sie sich von R. Wechsel ausstellen, bei denen sie auch die Wechselspesen auslegte.

Im Mai 1980 erteilte R. der Beklagten erneut einen Reparaturauftrag zur Beseitigung eines Bremsdefektes. Die Beklagte stellte dafür die Rechnung vom 16. Mai 1980 über 42,17 DM aus.

Da R. seinen Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin nicht nachkam, verlangte diese mit Schreiben vom 13. Mai 1980 Zahlung ihrer gesamten Forderungen bis zum 19. Mai 1980. Mit Schreiben vom 14. Mai 1980 kündigte sie Raasch darüber hinaus an, daß sie im Falle der Nichteinhaltung der Zahlungsfrist von ihren Rechten an dem sicherungsübereigneten Lkw Gebrauch machen werde. R. zahlte nicht. Die Klägerin verlangte darauf den Lkw, der sich aufgrund des letzten Reparaturauftrages noch bei der Beklagten befand, von dieser heraus.

Die Beklagte verweigerte die Herausgabe mit der Begründung, ihr stehe ein Zurückbehaltungsrecht oder ein Pfandrecht an dem Lkw im Hinblick auf die unbezahlten Reparaturrechnungen zu.

Die Beklagte behauptet, sie habe mit R. ein vertragliches Pfandrecht gemäß den Bedingungen für die Ausführung von Arbeiten an Kraftfahrzeugen, Anhängern, Aggregaten und deren Teilen, die zum Vertragsinhalt gemacht worden seien, vereinbart. Nr. VII Abs. 1 Satz 1 und 2 dieser Bedingungen lautet:

„Dem Auftragnehmer steht wegen seiner Forderungen aus dem Auftrag ein vertragliches Pfandrecht an dem aufgrund des Auftrags in seinen Besitz gelangten Auftragsgegenstand zu. Das vertragliche Pfandrecht kann auch wegen Forderungen aus früher durchgeführten Arbeiten, Ersatzteillieferungen und sonstigen Leistungen geltend gemacht werden, soweit sie mit dem Auftragsgegenstand in Zusammenhang stehen.”

Die Klägerin verlangte mit ihrer Klage zunächst Herausgabe des Lkw Zug um Zug gegen Zahlung von 42,17 DM als Verwendungsersatz für die letzte Reparatur im Mai 1980. Im Laufe des Rechtsstreits einigten sich die Parteien dahingehend, daß die Klägerin den Lkw für 10.500 DM übernahm und diesen Betrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung hinterlegte.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, in die Auszahlung von 10.457,83 DM (10.500 DM – 42,17 DM) an die Klägerin einzuwilligen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, in die Auszahlung nur eines Teilbetrages von 2.061,13 DM an die Klägerin einzuwilligen.

Hiergegen richtet sich die – zugelassene – Revision der Klägerin mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe aufgrund der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung, daß der hinterlegte Betrag an die Stelle des ursprünglich streitbefangenen Lkw treten solle, nur ein Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung des 8.396,70 DM übersteigenden Betrages zu. Die Beklagte habe gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht wegen sämtlicher von R. nicht bezahlter Werklohnforderungen. Die früheren, nicht bezahlten Reparaturaufträge und der letzte Reparaturauftrag, anläßlich dessen die Beklagte ihr Zurückbehaltungsrecht ausgeübt hat, bildeten einen einheitlichen wirtschaftlichen Lebensvorgang, der es als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lasse, wenn die Klägerin Herausgabe des Lkw aufgrund ihres Eigentums verlange, aber Zahlung des noch offenstehenden gesamten restlichen Werklohnes verweigere.

II. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsurteil sei rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte dem Herausgabeanspruch der Klägerin als Eigentümerin (§ 985 BGB) keinen fälligen Gegenanspruch entgegenzusetzen habe.

1. Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 und 2 BGB, das an sich auch gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers geltend gemacht werden kann, setzt einen fälligen, konnexen Gegenanspruch (Abs. 1) bzw. einen fälligen Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand (Abs. 2) voraus. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen bieten indessen keine Grundlage für die Annahme derartiger Gegenansprüche der Beklagten.

a) Die Beklagte hat entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gegen die Klägerin keine Werklohnforderung gemäß § 631 Abs. 1 BGB, die sie zur Zurückbehaltung nach § 273 Abs. 1 BGB berechtigten könnte; denn die Klägerin hat mit der Beklagten unmittelbar keinen Werkvertrag abgeschlossen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hatte zudem R. auch keine Reparaturaufträge als Stellvertreter im Namen der Klägerin gegeben, nachdem diese am 10. März 1980 Sicherungseigentümerin des Lkw geworden war.

b) Die Beklagte hat gegen die Klägerin auch keinen fälligen Verwendungsersatzanspruch gemäß § 994 Abs. 1 BGB, der sie zur Zurückbehaltung gemäß § 273 Abs. 2 BGB berechtigen könnte.

Soweit die Forderung der Beklagten Verwendungen betrifft, ist jeder Ersatzanspruch wegen der Verwendungen aus früheren Besitzzeiten gemäß § 1002 BGB jeweils einen Monat nach Herausgabe des Lkw an R. wieder erloschen; denn die Klägerin hatte als Eigentümerin des Lkw die Verwendungen nicht genehmigt, und die Beklagte hat einen etwaigen Verwendungsersatzanspruch nicht gerichtlich vor seinem Erlöschen (§ 1002 BGB) geltend gemacht. Der letzte Anspruch der Beklagten wegen der Reparatur mit einem Betrage von 42,17 DM ist von der Klägerin bezahlt worden.

Obwohl der Lkw jeweils nach Beendigung der Reparatur nicht an die Klägerin als Eigentümerin, sondern an den Besteller R. herausgegeben wurde, ist der jeweilige Verwendungsersatzanspruch der Beklagten erloschen; denn weil R. der Klägerin im Rahmen des Sicherungsübereignungsvertrages den Besitz vermittelte, stand die Herausgabe des Lkw an R. der Herausgabe an die Klägerin als Eigentümerin gleich (BGHZ 51, 250, 253).

2. Ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Ersatz von Verwendungen, der sie zur Zurückbehaltung gemäß § 273 Abs. 2 BGB berechtigen könnte, ergibt sich auch nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB). Die Beklagte wollte nämlich gar nicht für die Klägerin als Eigentümerin den Lkw reparieren.

3. Schließlich scheitern Gegenansprüche der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB und § 951 BGB) daran, daß die Beklagte die Reparaturen an dem Lkw aufgrund eines wirksamen Werkvertrages mit R. durchgeführt hat, gegen den ihr Vergütungsansprüche deshalb zustehen.

III. Der Beklagten steht gegenüber der Klägerin auch kein Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 BGB wegen der Verwendungen aus den früheren Besitzperioden zu. Das ergibt sich schon daraus, daß solche Verwendungsersatzansprüche nach § 1002 BGB erloschen sind.

IV. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß die Beklagte kein Recht zum Besitz nach § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB als Gläubigerin eines vertraglichen Pfandrechts an dem Lkw hatte.

1. Das Berufungsgericht führt aus, die Bedingungen für die Ausführung von Arbeiten an Kraftfahrzeugen, Anhängern, Aggregaten und deren Teilen seien von der Beklagten und R. wirksam als Teil des Reparaturauftrags vereinbart worden. Das gelte auch für Nr. VII dieser Geschäftsbedingungen. Die Vereinbarung eines „verlängerten” rechtsgeschäftlichen Pfandrechts sei bei derartigen Geschäften üblich und stelle für den Werkunternehmer keine ungerechtfertigte Übersicherung und für den Kunden keine überraschende Klausel dar. Diese Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

2. Da R. nicht mehr Eigentümer des Fahrzeugs war, als er es zum letzten Male der Beklagten zur Reparatur übergab, konnte die Beklagte ein vertragliches Pfandrecht jedoch nur erwerben, wenn die Klägerin R. als Sicherungsgeber im Sicherungsübereignungsvertrag vom 10. März 980 schlüssig dazu ermächtigt hatte, an dem Lkw im Falle einer notwendigen, von ihm zu veranlassenden Reparatur ein vertragliches Pfandrecht zugunsten des Werkunternehmers zu bestellen, oder wenn die Beklagte beim Pfandrechtserwerb gutgläubig war.

Es kann offen bleiben, ob Nr. 3 Satz 2 des Sicherungsübereignungsvertrags vom 10. März 1980 dahin ausgelegt werden kann, daß die Klägerin R. als Sicherungsgeber eine Verpflichtungsermächtigung erteilte, aufgrund derer R. im eigenen Namen über den Lkw verfügen und deshalb auch ein vertragliches Pfandrecht an dem Fahrzeug bestellen durfte (vgl. zur Verpflichtungsermächtigung: Westermann, Sachenrecht, 5. Aufl., § 133 I; BauR, Lehrbuch des Sachenrechts, 11. Aufl., § 55 C II 2 a bb; BGHZ 34, 122, 125). Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden (§ 157 BGB), daß ein aufgrund einer solchen Ermächtigung bestelltes vertragliches Pfandrecht umfassender sein sollte, als es das Gesetz vorsieht. R. war daher durch den Sicherungsübereignungsvertrag von der Klägerin nicht dazu ermächtigt, an dem Lkw ein Pfandrecht auch wegen früherer Forderungen der Beklagten, zum erheblichen Teil aus einer Zeit, zu der die Klägerin das Eigentum an dem Fahrzeug noch gar nicht übertragen erhalten hatte, zu bestellen. Jedes von ihm etwa bestellte Pfandrecht erlosch wieder mit der Pfandrückgabe (§ 1253 Abs. 1 BGB).

3. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe das Pfandrecht an dem Lkw nicht gutgläubig erworben, weil sie grob fahrlässig R. als Eigentümer angesehen habe. Hierzu führt es im Anschluß an das Urteil des Landgerichts aus, die Beklagte habe Anlaß dazu gehabt, sich zu vergewissern, ob R. bei der Erteilung des letzten Reparaturauftrags noch Eigentümer des Fahrzeugs war. Zu diesem Zeitpunkt seien nämlich fünf Reparaturrechnungen bereits unbezahlt gewesen. R. habe ihm gesetzte Zahlungsziele nicht eingehalten und durch die Wechselhingabe nahezu drei Monate nach den Reparaturrechnungen vom Ende des Jahres 1979 zu erkennen gegeben, daß er nicht sofort zahlen konnte. Unter diesen Umständen habe die Annahme nahegelegen, daß R. den Lkw als Sicherheit für einen Kredit gegeben hatte.

Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist eine tatrichterliche Frage, die für jeden einzelnen Fall entschieden werden muß (BGHZ 68, 323, 324). Wenn das Berufungsgericht als Tatrichter hier das Vorliegen grober Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten aufgrund der Feststellungen bejaht hat, dann hielt es sich im Rahmen der ihm obliegenden Würdigung. Es hat auch nicht verkannt, daß sich die Beklagte den Kraftfahrzeugbrief durch R. nicht vorlegen lassen mußte (BGHZ 68, 323, 326).

V. Ein Recht zum Besitz hat die Beklagte auch nicht als Inhaberin eines Unternehmerpfandrechts (§ 647 BGB). Ein solches kann kraft guten Glaubens an Sachen, die nicht dem Besteller gehören, nicht erworben werden (BGHZ 34, 122 und 153; Senatsurteil vom 4. Mai 1977 – VIII ZR 3/76 = WM 1977, 710 – insoweit in BGHZ 68, 323 nicht abgedruckt; streifig vgl. BauR, Lehrbuch des Sachenrechts, 11. Aufl., § 55 C II 2 a m.Nachw.). Zudem wären frühere Unternehmerpfandrechte anläßlich einzelner Reparaturen, die sich immer nur auf den jeweiligen Auftrag hätten beziehen können (BGB-RGRK, 12. Aufl. § 647 Rdn. 2), auf jeden Fall durch die Rückgabe des Lkw an R. wieder erloschen (§§ 1257, 1253 BGB). Für die letzte Reparatur hat die Klägerin die Rechnung der Beklagten vom 16. Mai 1980 über 42,17 DM bezahlt.

VI. Da auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin besteht, war der nach der Vereinbarung der Parteien an die Stelle des Lkw getretene Geldbetrag an die Klägerin herauszugeben. Die Beklagte ist deshalb verpflichtet, zuzustimmen, daß das hinterlegte Geld an die Klägerin ausgezahlt wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Braxmaier, Merz, Dr. Skibbe, Dr. Brunotte, Groß

 

Fundstellen

Haufe-Index 1127371

BGHZ

BGHZ, 274

NJW 1983, 2140

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1983, 950

JZ 1983, 805

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge