Entscheidungsstichwort (Thema)
Vom Vermieter längere Zeit akzeptierte Mietminderung. Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
§ 539 BGB a.F. kann nicht analog auf einen Mietzinsrückstand angewandt werden, der aus einer vom Vermieter über längere Zeit widerspruchslos hingenommenen Mietminderung herrührt. Ob der Vermieter mit solchen Nachforderungen ausgeschlossen ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung.
Normenkette
BGB § 539 a.F., § 242
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des OLG Naumburg v. 4.11.2003 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das OLG zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht von der Beklagten rückständige Miete für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2000 aus einem am 15.9.1992 zwischen der Beklagten, die damals als K. -I. Warenhandelsgesellschaft mbH firmierte, und dem damaligen Eigentümer des Mietobjekts abgeschlossenen Mietvertrag über Gewerberäume. Dieser verkaufte das Mietobjekt an eine GbR, deren Gesellschafter der Ehemann der Klägerin und die Eigentümergemeinschaft "A. S.", bestehend aus dem Ehemann der Klägerin und der T. -GmbH (ab 10.3.1995: T. -AG), waren. Zur Sicherung eines am 30.1.1995 aufgenommenen Kredits trat die GbR die Mietzinsansprüche gegen die Beklagte an die I. bank (im Folgenden: I. Bank) ab. Im Jahr 1998 zahlte die Beklagte an die I. Bank auf die vereinbarte Miete von 207.879,55 DM nur 90.675,70 DM.
Mit Vertrag v. 28.9.1998 trat die Eigentümergemeinschaft "A. S.", vertreten durch den Ehemann der Klägerin, unter Hinweis darauf, dass die bereits erfolgte Abtretung an die I. Bank bei einem Verkauf des Objekts an die Klägerin demnächst aufgehoben werde, und weiteren Hinweis auf bestehende Mietrückstände von ca. 90.000 DM sämtliche Mietzinsansprüche aus dem Mietvertrag an die Klägerin ab.
Nachdem mit Beschluss des AG v. 8.12.1998 auf Betreiben der I. Bank die Zwangsverwaltung des Mietgrundstücks angeordnet worden war, zahlte die Beklagte ab 1.1.1999 bis zur Aufhebung der Zwangsverwaltung am 14.9.2000 an den Zwangsverwalter im Jahr 1999 eine um 15 % und danach bis September 2000 eine in unterschiedlicher Höhe gekürzte Miete.
Die I. Bank teilte der Generalbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben v. 9.10.2000 mit, dass sie "per 14.9.2000 (Aufhebung der Zwangsverwaltung durch das Gericht)" keine Rechte aus der Abtretung der Mietforderungen mehr herleite. Mit Schreiben v. 30.10.2000 bestätigte sie diese Erklärung ggü. den Bevollmächtigten der Klägerin.
Die Klägerin, die mit notariellem Kaufvertrag v. 12.5.2000 das Mietgrundstück erworben hatte und am 7.3.2001 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden ist, forderte die Beklagte, vertreten durch ihren Ehemann, mit Schreiben v. 20.12.2000 und 20.11.2001 zur Zahlung der mit der Klage geltend gemachten behaupteten rückständigen Miete auf.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Mit der vom OLG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:
Die Klägerin habe durch die widerspruchslose Hinnahme der gekürzten Miete über einen längeren Zeitraum ihr Nachforderungsrecht auf die volle Miete gem. § 539 BGB a.F. analog "verwirkt". Die Partner eines Mietverhältnisses könnten i.d.R. davon ausgehen, dass laufend zu erfüllende Ansprüche zeitnah geltend gemacht würden. Deshalb sei es - zumindest für die Zeit vor In-Kraft-Treten des Mietrechtsreformgesetzes am 1.9.2001 - h.M. gewesen, dass der Mieter in analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. sein Recht zur Minderung verliere, wenn er den Mietzins vorbehaltlos und ungemindert über einen Zeitraum von sechs Monaten gezahlt habe. Die Gewährleistungsrechte seien dann für die Vergangenheit und die Zukunft ausgeschlossen gewesen, ohne dass es eines weiteren Vertrauenstatbestands auf Seiten des Vermieters bedurft hätte. Diese Grundsätze seien spiegelbildlich auch auf den hier vorliegenden Fall anzuwenden, in dem der Vermieter über einen längeren Zeitraum widerspruchslos die restliche Miete nicht verlange. Ob für den Verlust des Nachforderungsrechts ebenfalls eine Frist von sechs Monaten ausreichend sei, bedürfe für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Die Beklagte habe ab Januar 1998 den Mietzins nicht mehr in voller Höhe gezahlt. Die erste dokumentierte Reaktion der Vermieterseite sei das Schreiben des Zwangsverwalters v. 20.1.2000 gewesen. Unabhängig davon, ob es sich bei diesem Schreiben überhaupt um eine Aufforderung zur Zahlung des Mietrückstandes handele, sei eine Frist von zwei Jahren jedenfalls ausreichend. Ein Nachforderungsanspruch sei somit im Januar 2000 "verwirkt" gewesen.
Dies gelte auch für die weiter bis Dezember 2000 geltend gemachten Nachforderungen. Denn ein einmal verwirktes Forderungsrecht könne jedenfalls so lange nicht geltend gemacht werden, wie sich an den Umständen nichts verändert habe. Ebenso wie das Minderungsrecht des Mieters auch für die nach Eintritt der Verwirkung entstehenden, künftigen Mietzinsansprüche ausgeschlossen sei, könne auch ein Nachforderungsrecht des Vermieters nicht neu entstehen. Der Anspruch sei vielmehr insgesamt "verwirkt".
Eine Neuentstehung komme in Anlehnung an die Senatsentscheidung v. 26.2.2003 (BGH, Urt. v. 26.2.2003 - XII ZR 66/01, BGHReport 2003, 585 = NJW-RR 2003, 727 [728]) zudem erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, in dem ein auf Seiten des Mieters bestehender Vertrauenstatbestand wieder entfallen sei. Dafür reiche ein einfaches Aufforderungsschreiben des Vermieters zur Zahlung nicht aus. Vielmehr sei zu fordern, dass der Vermieter den Mieter mit der Zahlung des vollen Mietzinses in Verzug setze, dem Mieter die gerichtliche Geltendmachung androhe und im Falle der Nichtzahlung zeitnah die gerichtliche Geltendmachung auch betreibe. Dies sei hier jedenfalls bis Dezember 2000 nicht geschehen, so dass auch diese Ansprüche verwirkt seien.
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Nachforderungsrecht des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete verwirkt werden bzw. nachträglich wieder aufleben kann, zugelassen.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Das Berufungsurteil leidet allerdings entgegen der Annahme der Revision nicht an einem Verfahrensmangel. Zwar enthält es keine wörtliche Wiedergabe der Berufungsanträge. Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch, dass die Klägerin mit der Berufung ihren unveränderten Sachantrag gegen das ihre Klage abweisende erstinstanzliche Urteil weiterverfolgt. Das genügt den Anforderungen des § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO (BGH v. 26.2.2003 - VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99 [100 f.] = MDR 2003, 765 = BGHReport 2003, 629).
2. Das Berufungsgericht ist auch entgegen der Annahme der Revisionserwiderung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Klägerin auf Grund des Abtretungsvertrages v. 28.9.1998 berechtigt ist, Mietnachforderungen auch für die Zeit vor deren Rückübertragung von der I. Bank an die GbR am 9.10.2000 geltend zu machen. Die Auslegung der Erklärung der I. Bank dahin, dass sie bezüglich sämtlicher offenen Mietforderungen (und nicht etwa nur solcher, die nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung entstanden sind) keine Rechte aus der Abtretung mehr herleite, begegnet keinen Bedenken.
3. Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, § 539 BGB a.F. könne analog auf rückständige Mietzinsansprüche des Vermieters angewandt werden, die aus einer über längere Zeit widerspruchslos hingenommenen Kürzung der Miete herrühren (gegen Analogie: Wichert, ZMR 2000, 65 [68]; Kandelhard, NZM 2005, 43 ff.; Kraemer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. III Rz. 1367; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 536 Rz. 77; für Analogie: OLG Hamburg WuM 1999, 281; Ventsch/Storm, NZM 2003, 577 [579 f.]; differenzierend: Timme, NZM 2003, 508 [509]).
Die Klägerin hat nicht bereits dadurch, dass sie über einen längeren Zeitraum einen Mietabzug der Beklagten widerspruchslos hingenommen hat, ihren Anspruch auf rückständige Miete gem. § 539 BGB a.F. analog verwirkt.
Die ständige Rechtsprechung und überwiegende Kommentarliteratur haben zwar bis zum In-Kraft-Treten des Mietrechtsreformgesetzes v. 19.6.2001 (BGBl. I, 1149) am 1.9.2001 angenommen, dass der Mieter das Recht zur Mietminderung wegen eines nachträglich eingetretenen oder ihm bekannt gewordenen Mangels der Mietsache in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. verliert, wenn er die Miete ungekürzt über einen längeren Zeitraum und ohne Vorbehalt weiter zahlt. Dabei wurde eine Frist von sechs Monaten im Regelfall als "längerer Zeitraum" angesehen (vgl. hierzu: BGH v. 16.7.2003 - VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380 [385] = MDR 2003, 1103 = BGHReport 2003, 919 m. Anm. Langenberg, m.w.N.). Diese für die neue Gesetzeslage vom BGH aufgegebene Rechtsprechung (BGH v. 16.7.2003 - VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380 [385] = MDR 2003, 1103 = BGHReport 2003, 919 m. Anm. Langenberg; Beschl. v. 16.2.2005 - XII ZR 24/02, DWW 2005, 153) kann jedoch auch für die Zeit vor In-Kraft-Treten des Mietrechtsreformgesetzes nicht auf die Nachforderungsansprüche des Vermieters, der die Kürzung der Miete über längere Zeit widerspruchslos hingenommen hat, übertragen werden.
Insoweit fehlt es schon an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke (vgl. dazu: BGH v. 16.7.2003 - VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380 [389] = MDR 2003, 1103 = BGHReport 2003, 919 m. Anm. Langenberg; v. 13.11.2001 - X ZR 134/00, BGHZ 149, 165 [174] = MDR 2002, 471 = BGHReport 2002, 111). Das Gesetz enthält mit der Verjährungsvorschrift des § 197 BGB eine Regelung für den Fall, dass der Vermieter seine Ansprüche auf Miete längere Zeit nicht geltend macht. Die Fälle, in denen ausnahmsweise bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist die Nachforderung von Miete infolge längeren Zeitablaufs und weiterer vertrauensbildender Umstände nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist, werden von dem aus § 242 BGB entwickelten Rechtsinstitut der Verwirkung erfasst.
Eine analoge Anwendung des § 539 BGB a.F. kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil der auf Gewährleistungsansprüche des Mieters gerichtete Normzweck des § 539 BGB a.F. nicht mit dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung von Miete vergleichbar ist (Wichert, ZMR 2000, 65 [68]).
4. Die Klägerin kann die geltend gemachte rückständige Miete daher nur dann nicht verlangen, wenn neben dem Zeitmoment auch die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen (BGH, Urt. v. 26.2.2003 - XII ZR 66/01, BGHReport 2003, 585 = NJW-RR 2003, 727 [728]).
a) Der Rechtsgedanke der Verwirkung, der auch im Miet- und Pachtrecht gilt, ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung auf Grund widersprüchlichen Verhaltens (BGH, Urt. v. 29.2.1984 - VIII ZR 310/82, MDR 1984, 930 = NJW 1984, 1684; Gramlich in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. VI Rz. 101; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 548 Rz. 64). Danach ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH, Urt. v. 16.6.1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280 [281] = MDR 1982, 835; Urt. v. 20.10.1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290 [298] = MDR 1989, 246; Urt. v. 14.11.2002 - VII ZR 23/02, MDR 2003, 207 = BGHReport 2003, 214 = NJW 2003, 824; Roth in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 242 BGB Rz. 464, m.w.N.).
Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf (sog. Zeitmoment) das Vorliegen besonderer, ein Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus (sog. Umstandsmoment). Zwischen diesen Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH v. 19.12.2000 - X ZR 150/98, BGHZ 146, 217 [224 f.] = BGHReport 2001, 209). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (Roth MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 242 BGB Rz. 469, m.w.N.; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 548 Rz. 19).
b) Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - lediglich zum Zeitablauf Feststellungen getroffen, nicht aber zu den Umständen, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte habe bereits darauf vertrauen können, dass die Klägerin die Forderung nicht mehr geltend mache, und sie sich hierauf auch eingerichtet habe.
Zum Zeitablauf hat das Berufungsgericht festgestellt, dass zwischen dem Beginn der gekürzten Mietzahlung, dem 1.1.1998, und der Ersten - allerdings nicht die Mietrückstände betreffenden - Reaktion von Vermieterseite, einem Schreiben des Zwangsverwalters v. 20.1.2000, zwei Jahre liegen. Die Revisionserwiderung weist insoweit zu Recht darauf hin, dass die erste Aufforderung zur Zahlung der rückständigen Miete mit Schreiben der Klägerin v. 20.12.2000 erfolgt ist.
Dieser Zeitraum, innerhalb dessen die GbR als Vermieterin, die I. Bank als Zessionarin und der Zwangsverwalter die Mietkürzung widerspruchslos hingenommen haben, reicht grundsätzlich aus, um das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment als erfüllt anzusehen.
Die Klägerin muss sich als Zessionarin diese Zeit der Untätigkeit gem. § 404 BGB auch entgegenhalten lassen. Nach § 404 BGB kann die Beklagte der Klägerin die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen die GbR begründet waren. § 404 BGB dient dem Zweck, eine Verschlechterung der Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners infolge der Forderungsabtretung zu verhindern (BGH, Urt. v. 23.3.2004 - XI ZR 14/03, MDR 2004, 866 = BGHReport 2004, 1067 = NJW-RR 2004, 1347 [1348], m.w.N.; Roth in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 404 BGB Rz. 10). Daher umfasst die Vorschrift auch Einwendungen des Schuldners, die zum Zeitpunkt der Abtretung lediglich im Schuldverhältnis angelegt waren und erst später entstanden sind (BGH, Urt. v. 23.3.2004 - XI ZR 14/03, MDR 2004, 866 = BGHReport 2004, 1067 = NJW-RR 2004, 1347 [1348]; BGHZ 25, 27 [29]; v. 29.11.1984 - IX ZR 44/84, BGHZ 93, 71 [79] = MDR 1985, 404).
Hier ist die Abtretung der Mietforderungen von der GbR an die Klägerin (28.9.1998) erst mit dem Verzicht der I. Bank auf ihre Rechte aus der zeitlich früheren Abtretung im Jahr 1995, somit am 9.10.2000, wirksam geworden. Denn durch die frühere Abtretung hatte die GbR ihre Gläubigerstellung und damit die Verfügungsbefugnis verloren. Erst durch die in dem Verzicht der I. Bank zu sehende stillschweigende Rückabtretung der Mietforderungen (BGH, Urt. v. 21.11.1985 - VII ZR 305/84, MDR 1986, 398 = NJW 1986, 977) ist die GbR wieder Berechtigte geworden, so dass die Abtretung an die Klägerin durch Konvaleszenz (§ 185 Abs. 2 S. 1 BGB) frühestens am 9.10.2000 wirksam geworden ist.
Zu diesem Zeitpunkt konnte sich die Beklagte ggü. der GbR auf die widerspruchslose Hinnahme der Mietkürzungen durch die I. Bank berufen (§ 404 BGB). Die GbR musste sich auch gem. § 242 BGB von der Beklagten die Untätigkeit des für die Dauer der Zwangsverwaltung in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eingetretenen (Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 152 Rz. 41) Zwangsverwalters entgegenhalten lassen. Denn ein Wechsel auf Seiten des Berechtigten oder Verpflichteten ist für das Zeitmoment bei der Verwirkung grundsätzlich ohne Bedeutung (Roth in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 242 BGB Rz. 490; Staudinger/Schmidt, BGB, 13. Aufl., § 242 Rz. 570); er kann allenfalls im Rahmen der zu beurteilenden Umstände des Einzelfalls für die Frage der Verwirkung zu berücksichtigen sein.
c) Über den bloßen Zeitablauf hinaus müssen jedoch für die Annahme der Verwirkung weitere Umstände vorliegen, die das Vertrauen der Beklagten begründen, die nicht gezahlten Mieten würden nicht mehr geltend gemacht.
Solche Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
Die Beklagte hat substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe die GbR, vertreten durch den Ehemann der Klägerin, die I. Bank und den Zwangsverwalter wiederholt zur Beseitigung von Mängeln aufgefordert und nach vorherigen Ankündigungen Notreparaturen vorgenommen, deren Kosten sie jeweils mit der Miete verrechnet habe. Diese Behauptungen sind im Hinblick darauf, dass weder die GbR noch die I. Bank noch der Zwangsverwalter auf die Schreiben reagiert haben, für die Beurteilung, ob die Beklagte darauf vertrauen durfte, die Mietkürzungen würden angesichts der gerügten und nicht behobenen Mängel akzeptiert, entscheidungserheblich. Da die Klägerin den Zugang der Schreiben bestritten hat, ist darüber Beweis zu erheben.
5. Der Senat ist deshalb nicht in der Lage abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muss an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es, ggf. nach ergänzendem Parteivortrag und Beweiserhebungen, die erforderlichen Feststellungen zum Umstandsmoment treffen und einer Gesamtwürdigung unterziehen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 1461272 |
NJW 2006, 219 |
NWB 2006, 832 |
BGHR 2006, 286 |
NZM 2006, 58 |
WM 2006, 977 |
ZMR 2006, 107 |
ZfIR 2006, 486 |
MDR 2006, 562 |
NJ 2006, 177 |
WuM 2006, 55 |
GuT 2006, 25 |
Info M 2006, 22 |
MietRB 2006, 182 |
MK 2006, 32 |