Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung von Mietzins verwirkt, sei es durch spiegelbildliche Anwendung der Grundsätze, die die Rspr. zur analogen Anwendung von § 539 BGB a.F. auf das Minderungsrecht des Mieters entwickelt hat, sei es durch die Anwendung des allgemeinen Verwirkungstatbestandes, lebt das Nachforderungsrecht auch nach dem 1.9.2001 nicht wieder auf (gegen BGH NZM 2003, 679 [680]).
2. Geht man uneingeschränkt davon aus, dass der Nachforderungsanspruch dann wieder auflebt, wenn der Vertrauenstatbestand auf Seiten des Mieters nachträglich entfällt (im Anschluss an BGH NJW-RR 2003, 727 [728]), dann muss der Vermieter zur Beseitigung des Vertrauenstatbestandes die Nachforderung gerichtlich geltend machen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 31.03.2003; Aktenzeichen 4 O 1406/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.3.2003 verkündete Urteil des LG Magdeburg (4 O 1406/02) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Mietzinses für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2000 in Anspruch. Der Mietvertrag bestand zunächst zwischen G. U. und der Rechtsvorgängerin der Beklagten. G. U. hat das Mietobjekt an eine GbR verkauft. Gesellschafter der GbR waren R. U. und die Eigentümergemeinschaft A. An der Eigentümergemeinschaft wiederum waren R. U. und eine T. AG beteiligt. Der Mietzinsanspruch war aufgrund eines Darlehensvertrages vom 30.1.1995 zeitweise an die I. Bank abgetreten. Die I. Bank teilte mit Schreiben vom 9.10.2000 (Bl. 55 I) der für die Beklagte tätigen Objektverwalterin (M. GmbH & Co. KG) mit, dass sie per 14.9.2000 keine Rechte mehr aus der Abtretung geltend mache. Der Erklärungsinhalt dieses Schreibens, den die I. Bank mit weiterem Schreiben vom 30.10.2002 erläutert hat (Bl. 123 I), ist zwischen den Parteien streitig. Zwischen Dezember 1998 und September 2000 stand das Mietobjekt unter Zwangsverwaltung. Mit Schreiben vom 20.1.2000 teilte der Zwangsverwalter der M. mit, dass er mit einer Kürzung der Mietzahlung um 1.280,64 DM wegen einer Reparatur an der Heizung nicht einverstanden sei (Bl. 186 I). Mit Abtretungsvereinbarung vom 28.9.1998 (Bl. 22 I) trat R. U. als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Eigentümergemeinschaft A./H. R. U. & T. AG rückständige und zukünftige Mietzinsansprüche an dem streitgegenständlichen Mietobjekt an die Klägerin ab. Die Klägerin hat später das Eigentum am Mietobjekt erworben. Im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2000 hat die Beklagte in unterschiedlicher Höhe den Mietzins gezahlt (Bl. 60/61). Sie wendet Mängel am Mietobjekt, insb. Undichtigkeiten am Dach, ein (z.B. Schreiben vom 22.12.1998 – Bl. 111 I –). Mit Schreiben vom 20.10.2000 forderte R. U. die M. zur Zahlung des anteiligen Mietzinses für September (14.9.2000 Aufhebung der Zwangsverwaltung) und des vollen Mietzinses für Oktober auf (Bl. 193 I). Mit weiterem Schreiben vom 20.12.2000 forderte R. U. die Zahlung von Rückständen ab dem Jahr 1996 (Bl. 59 I). Dem Schreiben war eine Aufstellung über die erfolgten Zahlungen der Beklagten beigefügt. Mit Anwaltsschreiben vom 20.11.2001 mahnte die Klägerin den rückständigen Mietzins unter Fristsetzung bis zum 10.12.2001 an (Bl. 56 I) und erhob mit Schriftsatz vom 19.4.2002 die vorliegende Klage.
Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin und wendet Verwirkung ein. In einem vorangegangenen Verfahren (AG Wernigerode – 10 C 95/01) hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung restlichen Mietzinses für den Monat Mai 1996 i.H.v. 1.721,10 DM in Anspruch genommen. Mit rechtskräftigem Urteil vom 10.10.2001 hat das AG Wernigerode die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein Nachforderungsanspruch verwirkt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten und der in erster Instanz gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 60 – 69 II –).
Im Termin vom 23.9.2002 (Bl. 113 I) hat das LG die Beklagte darauf hingewiesen, dass Verwirkung nicht in Betracht kommen dürfte. Diesen Hinweis hat das LG im Termin vom 3.3.2003 (Bl. 53 II) dahingehend korrigiert, dass doch von Verwirkung auszugehen sei. Einen Schriftsatznachlass zu dem Hinweis hat der Terminsvertreter der Klägerin nicht beantragt. Zum nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 12.3.2003 hat das LG im Urteil ausgeführt, dass dieser keine Veranlassung geboten habe, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
Das LG hat die Klage i.Ü. abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass sie als Kä...