Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen unrichtiger Prüftestate für ein Anlagemodell
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Wirtschaftsprüfer, der es im Rahmen eines Kapitalanlagemodells übernimmt, die Einzahlungen der Anleger und die Mittelverwendung regelmäßig zu überprüfen, diese Kontrolle tatsächlich jedoch nicht in dem den Anlegern versprochenen Umfang durchführt, in seinen Prüftestaten aber gleichwohl die Ordnungsgemäßheit des Geldflusses und der Mittelverwendung bestätigt, haftet späteren Anlegern auf Schadensersatz aus Verschulden bei Vertragsschluss, wenn diese im Vertrauen auf die Richtigkeit früherer Testate Geldanlagen getätigt haben und der Wirtschaftsprüfer damit rechnen musste.
2. Ein Wirtschaftsprüfer, der sich in ein Kapitalanlagesystem als Kontrollorgan einbinden lässt und der durch sachlich unrichtige Prüftestate bei Anlegern einen Vertrauenstatbestand begründet, kann sich der Schadenshaftung nicht dadurch entziehen, dass er auf seinen beschränkten Prüfauftrag verweist. Ist seine Tätigkeit noch nicht nach außen getreten, wird es genügen, den Prüfauftrag zu kündigen. Ist er bereits tätig geworden und werden seine Prüfberichte von seinem Auftraggeber in der Werbung um Anleger benutzt, so ist ihm zuzumuten, die Anleger zu warnen und weitere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, der Bildung eines durch seine Tätigkeit im Rahmen des Anlagesystems geschaffenen Vertrauens entgegenzuwirken.
Normenkette
BGB §§ 276, 631, 823, 826; WiPrO § 43
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 18.03.1999; Aktenzeichen 11 U 301/96) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das am 18. März 1999 verkündete Urteil des 11. Zivilsenats (11 U 301/96) des Oberlandesgerichts Celle aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger beteiligten sich in den Jahren 1994 und 1995 mit Geldbeträgen in unterschiedlicher Höhe an einem Kapitalanlagemodell, bei dem den Anlegern Beteiligungen an Gesellschaften bürgerlichen Rechts angeboten wurden. Gegenstand der Gesellschaften sollte die Kapitalanlage im US-F.-Handel sein. Die in einem Kalendermonat beigetretenen Anleger einer der drei Grundvarianten der Anlage (A 1 Gewinnauszahlung monatlich; A 2 Gewinnauszahlung vierteljährlich; A 3 thesaurierend) bildeten jeweils eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die für die Dauer von 24 Monaten errichtet wurde.
Das Anlagesystem wurde von der P. GmbH von 1989 bis 1995 betrieben, deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der im Revisionsrechtszug nicht mehr beteiligte Beklagte zu 1 war. In Prospekten, mit denen sie für ihr Kapitalanlagemodell warb, wird der nach Einzahlung der Geldbeträge stattfindende Geldfluß so dargestellt, daß die Anlagebeträge zu 100 % vom Einzahlungskonto an Broker fließen, denen die Anlage der Gelder obliegt. Weiter wird neben den hohen Renditeerwartungen hervorgehoben, daß ein besonderes Kapitalsicherungssystem bestehe. Danach sollten die Einzahlungen auf ein Treuhandkonto gehen. Treuhänder war ein Rechtsanwalt und Notar. Nach den jeweils mit den einzelnen Gesellschaften bürgerlichen Rechts, vertreten durch die P. GmbH, abgeschlossenen Treuhandverträgen gehörte es zu seinen Aufgaben, die von den Kapitalanlegern gezeichneten Anlagebeträge entgegenzunehmen und den Zahlungsverkehr der Gesellschaften abzuwickeln. Die P. GmbH schloß darüber hinaus mit den jeweiligen Gesellschaften einen Verwaltungs- und Geschäftsführungsvertrag ab, durch den sie von den Gesellschaften mit der Geschäftsführung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens beauftragt wurde. Der zwischen dem Treuhänder und den Gesellschaften geschlossene Treuhandvertrag enthielt in § 1 Nr. 5 die folgende Regelung:
„Die Prüfung des Mittelzuflusses, der Mittelverwendung, der Gewinnauszahlungen sowie der Beteiligungen wird von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer bzw. einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft halbjährlich durchgeführt. Die Wahl dieses Wirtschaftsprüfers bzw. dieser Wirtschaftsprüfungsgesellschaft obliegt dem Treuhänder. Den Auftrag zur Prüfung erteilt die Verwaltungsgesellschaft im Namen sämtlicher P. GbRs und auf Rechnung der Verwaltungsgesellschaft.”
Die auf dieser vertraglichen Regelung beruhenden Prüfaufträge erteilte der Geschäftsführer der Plus Concept GmbH dem Beklagten zu 2 (nachfolgend: Beklagter), einem Wirtschaftsprüfer, wobei die Plus Concept GmbH die Kosten hierfür übernahm. Der Beklagte erstellte unter Bezugnahme auf § 1 Nr. 5 des Treuhandvertrags in regelmäßigen Abständen im Zeitraum von April 1990 bis Februar 1995 Prüfberichte. Die Prüfberichte enden jeweils mit dem folgenden gleichlautenden Bestätigungsvermerk:
„Schlußbemerkung und Bestätigungsvermerk über die Prüfung des Zahlungsverkehrs beim Mittelverwendungstreuhänder gem. § 1 Abs. 5 des Treuhandvertrages.
Entsprechend dem Verwaltungs- und Geschäftsführungsvertrag obliegt der P. GmbH lediglich die Geschäftsführung und die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens der von den Kapitalanlegern gebildeten BGB-Gesellschaften. Die finanzielle Abwicklung ist von der verwaltenden Tätigkeit dadurch klar getrennt, daß gem. Treuhandvertrag der Mittelverwendungstreuhänder die von den Gesellschaftern gezeichneten Einlagen entgegennimmt und die Abwicklung des Zahlungsverkehrs übernimmt. Sämtliche Ein- und Auszahlungen, die die Kapitalanleger betreffen, erfolgen über Ander-Konten des Notars L. W., H., in seiner Eigenschaft als Mittelverwendungstreuhänder.
Meine Prüfung für den Zeitraum vom … ergab, daß der Zahlungsverkehr über die Ander-Konten entsprechend dem Treuhandvertrag abgewickelt und die Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß anhand der Kontoauszüge und Belege nachgewiesen wurden. Die P. GmbH hat weder Gelder der Kapitalanleger entgegengenommen noch direkt darüber verfügt. Die Einzahlungen der Kapitalanleger und deren Renditeanteile wurden vom Mittelverwendungstreuhänder über eine EDV-Anlage in entsprechenden Listen, unterteilt nach den einzelnen Gesellschaften, erfaßt. Außerdem wurde der gesamte Zahlungsverkehr im Wege einer doppelten Buchführung (System DATEV) erfaßt. Feststellungen, die gegen die Vollständigkeit der ausgewiesenen Anlage- und Renditebeträge sprechen, wurden nicht getroffen.
Zusammenfassend stelle ich fest, daß die finanzielle Abwicklung (Mittelzufluß und Mittelverwendung) entsprechend dem Treuhandvertrag ordnungsgemäß erfolgte.”
Die Prüfberichte versah der Beklagte mit seinem Wirtschaftsprüfersiegel und seiner Unterschrift.
Die von den Anlegern eingehenden Geldbeträge wurden von dem Treuhänder W. auf ein Konto des Rechtsanwalts K. aus N. überwiesen. Dieser fungierte als Treuhänder der FT C. (nachfolgend: FTC), die ihren Sitz auf den C.-Inseln hatte. Zusätzlich wurde im Jahre 1994 eine weitere Vermögensverwaltungsgesellschaft eingeschaltet. K. überwies die von W. erhaltenen Beträge auf Konten, die die FTC angegeben hatte. Der weitere Verbleib der Gelder ist ungeklärt. Im Jahre 1995 brach das gesamte Kapitalanlagesystem zusammen.
Mit der Klage verlangen die Kläger von dem Beklagten Schadensersatz und die Rückzahlung der von ihnen angelegten Gelder abzüglich erhaltener Renditezahlungen.
Die Kläger haben vorgetragen, die ihnen vorgelegten Prospektunterlagen seien unrichtig. Der Beklagte hafte hierfür als Prospektverantwortlicher. Zudem habe der Beklagte die sich aus seinem Prüfauftrag ergebende Verpflichtung zur umfassenden und richtigen Prüfung gegenüber den Kapitalanlegern schuldhaft verletzt, weil er in den Testaten unrichtig die ordnungs- und vertragsgemäße Mittelverwendung testiert habe. Die Vermittler der P. GmbH hätten mit den vom Beklagten erstellten Bestätigungsvermerken bei den Kunden geworben; auch ihnen seien diese vorgelegt worden.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hafte nicht aus Prospekthaftung, da er auf die Gestaltung der Prospekte keinen maßgeblichen Einfluß genommen habe. Er schulde auch nicht Schadensersatz wegen fehlerhafter Prüfberichte. Er habe entsprechend der ihm von der P. GmbH erteilten Aufträge nur bestätigt, daß der Geschäftsablauf ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Prüfberichte seien ausdrücklich nur für die Akten der Vertriebsbeauftragten gedacht gewesen.
Das Landgericht hat den vormaligen Beklagten zu 1 antragsgemäß zur Zahlung verurteilt, die Klage gegen den Beklagten hingegen abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger zu 3 bis 5 (nachfolgend: Kläger) hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und der Klage dieser Kläger gegen den Beklagten – abgesehen von geringfügigen Kürzungen bei der Schadenshöhe – im wesentlichen stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Kläger bitten um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Berufungsgericht hat den Klägern Schadensersatz aus Werkvertrag zugesprochen. Es hat angenommen, zwischen dem Beklagten und den jeweiligen Anlegern der P.-GmbH-Gesellschaften bürgerlichen Rechts als Gesellschaftern sei ein Vertrag über „die Prüfung des Mittelzuflusses, der Mittelverwendung, der Gewinnauszahlungen sowie der Beteiligungen” mit dem in § 1 Nr. 5 des Treuhandvertrages genannten Umfang zustande gekommen. Der Beklagte sei durch die P. GmbH als Verwaltungsgesellschaft im Namen sämtlicher „P.-GbRs” beauftragt worden. Ein Vertragsschluß ergebe sich aus den gesamten Umständen, wie sie sich einem verständigen und durchschnittlichen Anleger darstellten.
Der Beklagte habe seine Prüfaufträge mangelhaft durchgeführt und außerdem Hinweis- und Aufklärungspflichten gegenüber seinen Auftraggebern verletzt.
Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, neben dem Mittelzufluß, den Gewinnauszahlungen und den Beteiligungen auch die Mittelverwendung zu überprüfen. Bei der Mittelverwendung habe es sich nur um den Weiterfluß des Kapitals vom Anderkonto des Treuhänders W. handeln können. Nach dem dem Beklagten bekannten jeweiligen Prospekt habe das Anlagekapital zu 100 % von dem Einzahlungskonto an die Broker überwiesen werden sollen; es sei der Eindruck vermittelt worden, daß die P. GmbH selbst die Verbindung mit den Brokern herstelle und halte und nicht nur das Kapital einsammle. Der Beklagte habe deshalb in seinen Prüfberichten darauf hinweisen müssen, daß das Anlagekapital im Widerspruch zu dem Inhalt der Prospekte nicht direkt den Brokern zugeleitet worden sei, sondern an Rechtsanwalt K. in N., der als Treuhänder für die FTC fungiert und das Kapital an diese ausgekehrt habe. Der Beklagte habe auch gewußt, daß diese an Rechtsanwalt Keller ausgekehrten Beträge mit anderen Anlagegeldern „vermischt” worden seien, was nicht im Einklang mit dem Prospekt gestanden habe, wonach „die einzelnen geschlossenen GbRs der P. GmbH die alleinigen wirtschaftlichen Inhaber der bei unseren Brokern geführten Konten” hätten sein sollen. Der Beklagte habe auch durch verschiedene Berichte über dieses System alarmiert sein müssen. Er habe in seinen Prüfberichten darauf hinweisen müssen, daß der Kapitalfluß nicht den Zusagen in den Prospekten entsprochen habe. Er habe in den Prüfberichten deutlich machen müssen, daß schon bei der FTC nicht 100 % des Kapitalanlagebetrages zur Überweisung an Broker verblieben seien. Ihm sei bekannt gewesen, daß die FTC erhebliche Beträge an den Geschäftsführer der P. GmbH überwiesen habe und auch eine Provision für sich einbehalten habe. Gleichwohl habe sich der Beklagte nur darauf beschränkt, in seinen Prüfberichten darzustellen, ob der Treuhänder Wöhler die eingegangenen Gelder ordnungsgemäß verbucht und nichts an die Plus Concept GmbH ausgekehrt habe. Damit habe er seine Prüfaufträge mangelhaft ausgeführt. Diesen Mangel habe er zu vertreten, weil er aufgrund seiner beruflichen Qualifikation die abweichende Handhabung zu Lasten der Anleger ohne weiteres habe erkennen müssen.
Der Beklagte habe weiterhin seine Hinweis- und Aufklärungspflichten aus Vertrag verletzt. Er habe die Kläger nicht darauf hingewiesen, daß die in den Prospekten suggerierte Sicherheit der Geldanlage tatsächlich nicht bestanden habe. Eine Kontrolle durch die P. GmbH über die Art der Anlage sei für den Beklagten erkennbar schon deshalb nicht möglich gewesen, weil die Einlagen nicht direkt an die Broker geflossen seien, sondern an die FTC. Ob und wie diese das Kapital angelegt habe, sei weder erkennbar noch kontrollierbar gewesen.
2. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 26. September 2000, das in dem gegen denselben Beklagten gerichteten und sachlich auch im wesentlichen gleichgelagerten Verfahren X ZR 94/98 ergangen und inzwischen veröffentlicht ist (NJW 2001, 360), zu diesen Rügen der Revision im einzelnen Stellung genommen. Hierauf wird insoweit verwiesen.
II. Der Senat hat in diesem Urteil auch die weiteren für die Entscheidung maßgeblichen Gründe erörtert. Die folgenden Erwägungen sind gleichlautend bereits in dem Urteil vom 26. September 2000 ausgeführt. Besonderheiten haben sich insoweit nicht ergeben.
1. Das Berufungsgericht hat die Pflichtverletzungen des Beklagten als Ursache des den Klägern mit ihren Geldanlagen entstandenen Schadens angesehen. Es hat die Kausalität damit begründet, daß im Prospekt der P. GmbH mit der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers geworben worden sei, was auch der Beklagte gewußt habe. Er habe gewußt, daß Interessenten, die den Prospekt gelesen hätten, unter anderem auf diese Prüfung vertraut hätten. Auch habe er damit rechnen müssen, daß seine Prüfergebnisse für die Kundenwerbung eingesetzt würden. Hätte er deutlich gemacht, daß die Anlagegelder nicht direkt an Broker ausgezahlt würden, sondern an einen weiteren „Treuhänder” einer sogenannten Vermögensverwaltungsgesellschaft, hätten die Anleger erkannt, daß die Angaben im Prospekt unzutreffend gewesen seien. Sie hätten sodann nicht auf die Sicherheit ihrer Anlage vertraut und deshalb ihr Geld nicht über die P. GmbH angelegt. Die Kläger hätten bei entsprechenden Hinweisen des Beklagten auch erkannt, daß aufgrund der versprochenen Rendite eine 91 %ige Kapitalsicherheit gar nicht habe bestehen können. Hätten die Kläger ihre Einlagen nicht an den Treuhänder W. gezahlt, wären diese nicht verlorengegangen.
Obwohl ein Vertrag zwischen dem Beklagten und den Anlegern, die ihr Kapital erst 1995 über die P. GmbH hätten anlegen wollen, nicht zustande gekommen sei, sei in den Fällen, in denen durch diese Anleger auch schon vorher Gelder angelegt worden seien und es sich somit bei den 1995 angelegten Geldern um wiederholte Anlagen gehandelt habe, auch der insoweit entstandene Schaden auf die Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführen.
2. Dies greift die Revision mit Erfolg an.
a) Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Schaden der Kläger bereits dadurch entstanden ist, daß sie sich an dem Anlagesystem der Firma P. GmbH beteiligt und entsprechende Geldbeträge eingezahlt haben. Eine Ersatzpflicht des Beklagten aus dem mit ihm geschlossenen Werkvertrag kann ein solcher Schaden jedoch nur dann auslösen, wenn er durch vorangegangene Verletzungen der Vertragspflichten des Beklagten verursacht war. Dies läßt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Ein Prüfungsauftrag der Kläger über die Verwendung ihrer Mittel konnte dem Beklagten erst nach der Anlageentscheidung der Kläger erteilt werden; die Verwendung der eingezahlten Geldbeträge konnte naturgemäß erst nach deren Einzahlung und Weiterleitung – mithin erst nach Eintritt des Schadens – geprüft und beanstandet werden.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann insoweit auch nicht darauf abgestellt werden, daß in den beim Abschluß des Gesellschafts- und des Treuhandvertrages den Anlegern vorgelegten Prospekten mit der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers geworben wurde. Da der Beklagte nicht zum Kreis der Prospektverantwortlichen zählt, wie das Berufungsgericht mit Recht festgestellt hat, kann dies allein eine vertragliche Haftung des Beklagten nicht begründen.
c) Die angefochtene Entscheidung beruht daher auf Rechtsfehlern und kann mit der bisherigen Begründung keinen Bestand haben. Die Frage, ob sich eine Ersatzpflicht des Beklagten daraus ableiten läßt, daß die Kläger auf die Richtigkeit der für frühere Anleger erteilten Testate des Beklagten vertrauen durften, ist in anderem Zusammenhang (siehe unten bei III 2) noch zu erörtern.
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht Schadensersatzansprüche der Kläger gegen den Beklagten aus Prospekthaftung verneint.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urt. v. 31.3.1992 – XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 90; BGHZ 115, 213, 218; Urt. v. 1.12.1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025) unterliegen der Haftung wegen unrichtiger oder unvollständiger Angaben in einem Prospekt die Herausgeber des Prospekts und die für dessen Herstellung Verantwortlichen, insbesondere die das Management bildenden Initiatoren, Gestalter und Gründer der Gesellschaft sowie die Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluß ausüben und Mitverantwortung tragen. Insoweit ist die Haftung an standardisiertes, diesen Personen typischerweise entgegengebrachtes Vertrauen geknüpft und nicht davon abhängig, daß die jeweiligen Personen und ihr Einfluß im Prospekt offenbart werden oder den Anlegern sonst bekannt geworden sind (vgl. BGHZ 79, 337, 341, 342). Darüber hinaus trifft eine Prospektverantwortlichkeit auch diejenigen, die aufgrund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an dem Prospekt einen Vertrauenstatbestand geschaffen haben (BGH aaO; BGH, Urt. v. 14.4.1996 – II ZR 123/85, WM 1986, 904, 906; BGHZ 77, 172, 176 – Wirtschaftsprüfer).
Nach diesen Grundsätzen kommt eine Prospekthaftung des Beklagten nicht in Betracht. Der Beklagte hatte keine Funktionen innerhalb der P. GmbH. Er gehörte unstreitig nicht zu dem Personenkreis, der für den Inhalt des Prospekts verantwortlich war. Eine Haftung aus Garantenstellung scheidet aus, weil der Beklagte im Prospekt der P. GmbH weder als Sachverständiger vertrauensbildende Erklärungen abgegeben hat noch eine Mitwirkung an der Prospektgestaltung auf andere Weise nach außen hervorgetreten ist.
2. Allerdings könnte eine Schadenshaftung des Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluß in Betracht kommen, wenn die P. GmbH und deren Vertreter den Klägern gegenüber – wie diese behaupten – vor Zeichnung der Anteile unter Hinweis auf die Prospekte mit den unrichtigen Prüftestaten des Beklagten geworben haben und wenn der Beklagte damit rechnete oder rechnen mußte, daß die P. GmbH und deren Vertreter seine Testate zur Anwerbung von Kapitalanlegern einsetzten. Sollte sich dies erweisen, hätte der Beklagte durch pflichtwidrige Duldung des Gebrauchs seiner mit den Angaben des Prospekts nicht übereinstimmenden Prüfberichte durch die P. GmbH einen Vertrauenstatbestand geschaffen oder aufrechterhalten, der seine Schadensersatzpflicht wegen schuldhafter Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten bereits vor Abschluß der konkreten Prüfaufträge begründete.
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, daß die berufliche Stellung bedeutsam dafür sein kann, ob eine Person auch Dritten gegenüber, zu denen sie keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen unterhält, nach den Grundsätzen der vertraglichen oder quasi-vertraglichen Haftung einzustehen hat (BGHZ 74, 103, 108 ff.; BGH, Urt. v. 8.12.1994 – III ZR 175/93, BGHR BGB vor § 1 Verschulden bei Vertragsschluß, Vertreterhaftung 15). So können Personen, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen und in dieser Eigenschaft gutachterliche Stellungnahmen abgeben, wie etwa Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Sachverständige, aus Vertrag mit Schutzwirkungen für Dritte gegenüber Personen haften, denen gegenüber der Auftraggeber von dem Gutachten bestimmungsgemäß Gebrauch macht (BGHZ 127, 378, 380 f.). Personen, die aufgrund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, wie etwa Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer, können, wie oben ausgeführt, als Prospektverantwortliche schadensersatzpflichtig sein, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Prospekt einen Vertrauenstatbestand schaffen (BGH, Urt. v. 31.3.1992 – XI ZR 70/91, NJW-RR 1992, 879, 883).
Dieser Rechtsprechung liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, daß für die Vollständigkeit und Richtigkeit der in Verkehr gebrachten Angaben jeder einstehen muß, der durch von ihm in Anspruch genommenes und ihm auch entgegengebrachtes Vertrauen auf den Willensentschluß der Kapitalanleger Einfluß genommen hat. Gleiche Grundsätze müssen für Wirtschaftsprüfer gelten, die nicht zu den Prospektverantwortlichen zählen, aber gleichwohl eine Garantenstellung einnehmen, indem sie sich in ein Kapitalanlagesystem als Kontrollorgan einbinden lassen und aufgrund des ihnen entgegengebrachten Vertrauens Einfluß auf die Anlageentscheidung der Anlageinteressenten nehmen.
Wirtschaftsprüfer genießen aufgrund ihrer staatlich anerkannten Sachkunde in wirtschaftlichen Fragen in der Öffentlichkeit besonderes Vertrauen. Der Wirtschaftsprüfer hat seinen Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben und sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten (§ 43 WPO). Er ist verpflichtet, seine Prüfberichte diesen Anforderungen entsprechend anzufertigen und in diesen enthaltene Aussagen auf ihre Wahrheitsgemäßheit zu überprüfen. Bei der Erstellung solcher Testate hat er den Geboten der Vollständigkeit und Klarheit zu genügen (Hopt, Festschrift für K. Pleyer, 1986, S. 341, 364 ff.). Ist der Wirtschaftsprüfer nach dem dem Anlageinteressenten vorgelegten Prospekt in das Kapitalanlagesystem so eingebunden, daß das Kapitalsicherungssystem von der Vollständigkeit und Richtigkeit der Prüfungen des Wirtschaftsprüfers abhängt, so wird hierdurch der Eindruck besonderer Zuverlässigkeit des Systems geschaffen und für die Anlageinteressenten eine zusätzliche, wenn nicht gar die ausschlaggebende Gewähr für die Richtigkeit der in dem Werbeprospekt über die Kapitalanlage gemachten Angaben gegeben (vgl. dazu Nirk, Festschrift für Fritz Hauss, 1978, S. 267, 283).
b) Einen solchen zusätzlichen Vertrauenstatbestand könnte der Beklagte als Wirtschaftsprüfer dadurch geschaffen haben, daß er in Kenntnis der Angaben des Werbeprospektes und des Treuhandvertrages für die P. GmbH Prüftestate erstellte, in denen er mit Bezug auf seine Prüfungen des Zahlungsverkehrs beim Mittelverwendungstreuhänder bestätigte, daß der Zahlungsverkehr über die Anderkonten entsprechend dem Treuhandvertrag abgewickelt und die Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß anhand der Kontoauszüge und Belege nachgewiesen worden seien, die P. GmbH weder Gelder der Kapitalanleger entgegengenommen noch direkt darüber verfügt habe, daß die Einzahlungen der Kapitalanleger und deren Renditeanteile vom Mittelverwendungstreuhänder in entsprechenden Listen erfaßt worden seien und daß die finanzielle Abwicklung (Mittelzufluß und Mittelverwendung) entsprechend dem Treuhandvertrag ordnungsgemäß erfolgt sei. Dieser Inhalt der Prüftestate konnte von Anlageinteressenten in Verbindung mit den Angaben in dem Werbeprospekt über die spezielle Kapitalsicherung als Vorzug des von der P. GmbH angebotenen Anlagesystems dahin verstanden werden, die Kapitalanlage sei gerade wegen der sachkundigen Kontrolle besonders zuverlässig und enthalte für den Anleger nur ein geringes, zu vernachlässigendes Risiko. In dieser Auffassung konnten sich Anleger insbesondere dadurch bestärkt sehen, daß sie dem Prospekt zur Qualität der Kontrolle entnahmen, die vertragsgemäße Verwaltung der Beteiligungen der Anleger werde durch halbjährige Prüfungen einer „unabhängigen namhaften Wirtschaftsprüfungsgesellschaft” sichergestellt, die die „tatsächliche Durchführung auf Richtigkeit” überprüfe, „um eine lückenlose Kontrolle zu gewährleisten”. Aus der maßgeblichen Sicht der Anlageinteressenten mußte gerade die hohe Qualifikation des Wirtschaftsprüfers den Angaben in dem Werbeprospekt besonderes Gewicht geben.
c) Setzte die P. GmbH die in ihrem Inhalt unstreitigen Testate des Beklagten zur Kundenwerbung ein und hatte der Beklagte hiervon Kenntnis oder mußte er nach den Umständen mit einem solchen Verhalten der P. GmbH rechnen, so handelte er auch schuldhaft.
Angesichts der ihm bekannten Widersprüche zwischen den Angaben des Prospektes und der tatsächlichen Handhabung ergab sich für den Beklagten gegenüber allen Anlageninteressenten der P. GmbH die Pflicht, auf diese Abweichungen hinzuweisen. Jedenfalls durfte er nicht durch unrichtige oder irreführende Prüftestate Interessenten zu einer Anlage veranlassen. Der Beklagte konnte und mußte auch aus den Angaben des Prospektes entnehmen, daß ihm als Wirtschaftsprüfer in dem Kapitalanlagesystem der P. GmbH eine maßgebliche Rolle zufiel und daß gerade seine Stellung als Wirtschaftsprüfer in dem Sicherungssystem des Modells dazu gedacht und geeignet war, bei Anlegern Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Modells zu schaffen.
d) Demgegenüber kann der Beklagte sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe die Prüfung der Konten und die Prüfungsberichte entsprechend dem Umfang des ihm von der P. GmbH erteilten Auftrages durchgeführt; er sei nur beauftragt gewesen, den Mittelzufluß auf das Treuhandkonto und die ordnungsgemäße Verbuchung zu prüfen und zu testieren. Dies habe er getan. Wenn dies mit dem im Prospekt dargestellten Inhalt der Tätigkeit des zu beauftragenden Wirtschaftsprüfers nicht übereinstimme, so hafte er hierfür nicht.
Ein Wirtschaftsprüfer, der sich in ein Kapitalanlagesystem als Kontrollorgan einbinden läßt und der durch sachlich unrichtige Prüftestate bei Anlegern einen Vertrauenstatbestand begründet, kann sich der Schadenshaftung nicht dadurch entziehen, daß er auf seinen beschränkten Prüfauftrag verweist. Vielmehr muß er, wenn er die Unzulänglichkeiten in dem Geschäftsbetrieb und die Diskrepanz zwischen Auftragsinhalt und Anpreisung im Prospekt feststellt, geeignete Maßnahmen ergreifen, um den von ihm (mit)geschaffenen Vertrauenstatbestand zu beseitigen. Welche Maßnahmen dies sind, wird von der konkreten Fallgestaltung abhängen. Ist seine Tätigkeit noch nicht nach außen getreten, wird es genügen, den Prüfauftrag zu kündigen. Ist der Wirtschaftsprüfer bereits tätig geworden und werden seine Prüfberichte von seinem Auftraggeber in der Werbung um Anleger benutzt, so wird ihm jedenfalls zuzumuten sein, die Anleger zu warnen und weitere Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, der Bildung eines durch seine Tätigkeit im Rahmen des Anlagesystems geschaffenen Vertrauens entgegenzuwirken. Ein Wirtschaftsprüfer, der die Mittelverwendung im Rahmen eines Kapitalanlagesystems zu prüfen hat, darf nicht ohne aufklärenden Hinweis die Ordnungsgemäßheit der Mittelverwendung durch den Treuhänder bescheinigen, wenn er weiß, daß es in dem System noch weitere Stufen gibt, die er nicht überprüft hat und auch nicht überprüfen konnte und von denen die Anleger keine Kenntnis haben können.
e) Das Berufungsgericht hat bisher nicht geprüft, ob der Beklagte wußte oder damit rechnen mußte, daß die von ihm erstellten Testate bei der Werbung der P. GmbH verwandt wurden. Der Beklagte hat vorgetragen, daß die von ihm gefertigten Bestätigungsvermerke den Vertriebsbeauftragten nur zur internen Information zur Verfügung gestellt worden seien, nicht aber für Werbezwecke. Sollte sich erweisen, daß Prüfberichte ohne Kenntnis des Beklagten und vertragswidrig von den Vertretern der P. GmbH zur Werbung auch gegenüber den Klägern eingesetzt worden sind, so könnte die Haftung des Beklagten entfallen, weil der Beklagte auf die Willensentschließung der Anleger nicht in einer ihm zuzurechnenden Weise Einfluß genommen hätte. Stellte sich heraus, daß der Beklagte zumindest damit rechnen mußte, daß die Testate zur Werbung benutzt würden, hätte er unter Verletzung seiner vorvertraglichen Pflichten das Vertrauen der Anleger (mit)begründet. Seine Pflichtverletzung wäre auch mitursächlich für den Schaden der Kläger. Dies wird das Berufungsgericht, gegebenenfalls nach weiterem Vortrag der Parteien, aufzuklären haben.
3. Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus unerlaubter Handlung verneint, weil für ein vorsätzliches Handeln im Sinne des § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB keine Anhaltspunkte vorhanden seien.
Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts erschöpfen den vorgetragenen Sachverhalt zu den Tatbeständen der unerlaubten Handlung nicht. Insbesondere kommt auch eine Haftung des Beklagten aus den §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 264 a Abs. 1 Nr. 1 Fall 3, 266 StGB wegen Beihilfe zu Betrug, Kapitalanlagebetrug oder Untreue in Betracht, die der Geschäftsführer der P. GmbH zu Lasten der Kläger begangen hat. Auch dies wird das Berufungsgericht bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung der Sache zu prüfen haben. Dabei wird es folgendes zu berücksichtigen haben:
Für den subjektiven Tatbestand genügt bedingter Vorsatz des Teilnehmers (BGHZ 70, 277, 286; BGHZ 105, 121, 134). Sollte sich ergeben, daß der Beklagte eigene fördernde Beiträge leistete, so wird die Annahme eines solchen Vorsatzes nicht fernliegen, da er den Prospekt der P. GmbH und die davon abweichende tatsächliche Handhabung kannte. Ein weitergehender Vorsatz ist insbesondere im Rahmen der Beihilfe zum Anlagebetrug (§ 264 a StGB) nicht erforderlich.
Voraussetzung für eine Haftung des Wirtschaftsprüfers aus § 826 BGB für Schäden, die daraus entstanden sind, daß ein Dritter auf die Richtigkeit eines von ihm erstellten, aber tatsächlich unrichtigen Testates vertraut hat, ist zunächst die Feststellung von Umständen, die das Verhalten des Wirtschaftsprüfers als Verstoß gegen die guten Sitten erscheinen lassen. Die Vorlage eines fehlerhaften Testates allein reicht dazu nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, daß der Wirtschaftsprüfer leichtfertig bzw. gewissenlos gehandelt hat (BGH, Urt. v. 26.11.1986 – IVa ZR 86/85, WM 1987, 257, 258; BGH, Urt. v. 14.4.1986 – II ZR 123/85, WM 1986, 904, 906). Ein solches sittenwidriges Verhalten kann schon dann vorliegen, wenn der das Testat erteilende Wirtschaftsprüfer sich grob fahrlässig der Einsicht in die Unrichtigkeit seines Bestätigungsvermerkes verschließt.
Da dem Beklagten bekannt war, daß die Mittelverwendung von ihm nur unvollständig überprüft wurde und deshalb eine wirksame Kontrolle nicht bestand, könnte es leichtfertig gewesen sein, Prüftestate zu erstellen, die eine dahingehende Einschränkung nicht enthielten.
Unterschriften
Rogge, Jestaedt, Melullis, Keukenschrijver, Meier-Beck
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 20.03.2001 durch Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen