Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Rechtsstreit Widerklage sowohl gegen den Kläger als auch gegen einen bisher am Verfahren nicht beteiligten Ausländer erhoben, so ergibt sich die internationale Zuständigkeit des Gerichts der Klage für die gegen den Ausländer gerichtete Widerklage nicht bereits aus § 33 ZPO (Ergänzung zu BGH, Beschluß vom 4. März 1966 – I b ARZ 52/66 = LM ZPO § 33 Nr. 8).
Normenkette
ZPO § 33
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 07.02.1980) |
LG Hamburg |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 7. Februar 1980 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin – eine Firma mit Sitz in P. – war 1977 Reederin des Motorschiffs „Ch.”. Sie hatte dieses Schiff im Sommer 1977 an die F. Reederei AG von 1961 (im folgenden: F.) durch Zeitvertrag verchartert; im Innenverhältnis war der Charterer verpflichtet, allen Treibstoff zu besorgen und zu bezahlen. Anfang August 1977 bestellte ein Angestellter der F. bei der Beklagten – einer Mineralölhändlerin mit Sitz in H. – etwa 200 bis 300 t Dieselöl, die während eines Aufenthalts des Schiffes in H. gebunkert werden sollten. Die Beklagte bestätigte diese Bestellung mit einer an „Capt. and Owners of MV CH. and Messrs. F. Reederei KG v. 1961” gerichteten und an die Reederei adressierten Auftragsbestätigung vom 9. August 1977, die in den nach Darstellung der Beklagten beigefügten Verkaufs- und Lieferbedingungen H. als Gerichtsstand vorsah. Ob die Bestellung, wie die Beklagte behauptet, namens der Klägerin erfolgte und die am 12. August 1977 im Hamburger Hafen erfolgte Treibstoffübernahme durch eine sogen, reingezeichnete, d.h. von dem Kapitän unterzeichnete und damit die Klägerin als Schiffseigentümerin unmittelbar verpflichtende Kapitänsbestellung (Bunkerrequisition) bestätigt wurde, oder ob, wie die Klägerin behauptet, die F. den Treibstoff im eigenen Namen bestellt hatte und die Bunkerrequisition nur von dem Ersten Offizier des Schiffes ohne Verpflichtung für die Klägerin unterzeichnet wurde, ist zwischen den Parteien umstritten.
Die seit Herbst 1977 zahlungsunfähige und inzwischen in Konkurs gefallene F. hat den Treibstoff nicht bezahlt. Die Beklagte verlangte daher Zahlung von der Klägerin und ließ nach vergeblicher Aufforderung das Schiff in einem Hafen der Dominikanischen Republik aufgrund eines dort erwirkten dinglichen Arrestes am 8. Dezember 1977 in die Kette legen. Mit Urteil des zuständigen Gerichts der Dominikanischen Republik vom 22. Dezember 1977 wurde der Arrestbeschluß aufgehoben.
Für den durch die unfreiwillige Wartezeit des Schiffes entstandenen Schaden (Verdienstausfall) hat die Klägerin mit ihrer zum Landgericht Hamburg erhobenen Klage die Beklagte auf Zahlung von 74.677,59 US-Dollar und 13.149,41 DM – jeweils nebst Zinsen – in Anspruch genommen. Die Beklagte hat ein Verschulden und die Höhe des Verdienstausfalls bestritten, im Wege der Widerklage von der Klägerin Bezahlung der Treibstoffrechnung von 66.934,66 DM nebst Zinsen verlangt und diese Widerklage – und darum geht allein der Streit der Parteien im Revisionsrechtszug – auf die Widerbeklagte zu 2 – ebenfalls eine Firma mit Sitz in P. – mit der Begründung erstreckt, diese habe inzwischen das Schiff als einzigen Vermögensgegenstand der Klägerin zu Eigentum erworben und hafte daher für die noch offene Treibstoffrechnung aus Vermögensübernahme.
Das Landgericht hat wegen fehlender internationaler Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg die gegen die Widerbeklagte zu 2 erhobene Widerklage durch Teilurteil als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Widerbeklagte zu 2 beantragt, verfolgt die Beklagte ihr Klagebegehren gegen diese weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg für die gegen die Widerbeklagte zu 2 gerichtete Zahlungsklage verneint. Aus einer entsprechenden Anwendung des § 33 ZPO lasse sich eine etwaige Zuständigkeit nicht herleiten; denn ein Ausländer, der im Inland keinen Gerichtsstand habe, könne grundsätzlich nicht durch Erstreckung einer Widerklage auf ihn in einen vor einem deutschen Gericht schwebenden Rechtsstreit hineingezogen werden; das gelte auch dann, wenn zwischen dem dort streitbefangenen und dem gegen ihn behaupteten Anspruch ein Sachzusammenhang bestehe. Auf eine Gerichtsstandvereinbarung (§ 38 ZPO) könne sich die Beklagte schon deswegen nicht berufen, weil ihre Verkaufs- und Lieferbedingungen allenfalls Inhalt des mit der F. geschlossenen Vertrages geworden seien, dagegen nicht ersichtlich sei, auf welche Weise sie mit der Klägerin wirksam vereinbart worden sein sollten. Soweit der Kapitän des Schiffes mit Unterzeichnung der Bunkerrequisition eine eigene Zahlungspflicht der Klägerin begründet haben sollte, für deren Erfüllung möglicherweise die Widerbeklagte zu 2 aufgrund einer Vermögensübernahme einzustehen habe, fehle es an einer bei dieser Gelegenheit zwischen der Klägerin und der Beklagten getroffenen Gerichtsstandvereinbarung. Eine internationale Zuständigkeit nach § 23 ZPO scheide schließlich deswegen aus, weil unstreitig die Widerbeklagte zu 2 über kein Vermögen in der Bundesrepublik verfüge und insbesondere keiner der Beteiligten behauptet habe, daß der Widerbeklagten zu 2 – Voraussetzung für eine etwaige Zuständigkeit nach § 23 ZPO – eine Forderung, nämlich die mit der Klage geltend gemachte, gegen die Beklagte zustehe. Im übrigen sei es – so meint das Berufungsgericht – auch nicht sachdienlich, die Widerbeklagte zu 2, die weder über Vermögen in der Bundesrepublik verfüge noch dort eine Niederlassung bzw. Zweigniederlassung unterhalte, in einen vor einem deutschen Gericht schwebenden Rechtsstreit einzubeziehen.
II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Allerdings läßt sich im vorliegenden Fall aus § 23 ZPO (Gerichtsstand des Vermögens) eine Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg für die gegen die Widerbeklagte zu 2 gerichteten Ansprüche nicht herleiten. Als Vermögen im Sinne dieser Vorschrift käme dabei nach dem Vorbringen der Beklagten allein die Forderung in Betracht, welche die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend macht.
Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung, daß grundsätzlich die örtliche Zuständigkeit die – im Gesetz im wesentlichen nicht gesondert geregelte – internationale Zuständigkeit indiziert; soweit ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, ergibt sich daraus regelmäßig auch seine internationale Zuständigkeit (BGH Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen vom 14. Juni 1965 = BGHZ 44, 46 m.w.Nachw.; Urteil vom 26. Januar 1979 – V ZR 75/76 = WM 1979, 445 = NJW 1979, 1104; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 12. Aufl. § 20 II 1 m.w.Nachw.). Das gilt auch für den Gerichtsstand des Vermögens. Voraussetzung für die Anknüpfung an eine Forderung, bei der der Wohnsitz des Schuldners als Ort der Belegenheit dieses Vermögensgegenstandes gilt (§ 23 Satz 2 ZPO), ist jedoch, daß der mit einer Klage in Anspruch genommene Gläubiger diese Forderung geltend macht oder sich doch jedenfalls ihrer berühmt. Daran fehlt es hier. Weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem allseitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, daß die auf Ersatz des durch den Arrestvollzug bedingten Verdienstausfalls gerichtete Schadensersatzforderung der Widerbeklagten zu 2 zugestanden hätte. Die Klägerin macht diese Schadensersatzforderung als Klageforderung für sich geltend, die Widerbeklagte zu 2 berühmt sich einer solchen Forderung – als ihr zustehend – nicht, und die Beklagte leugnet eine Verpflichtung zur Schadensersatzleistung überhaupt. Daß die Widerbeklagte zu 2 die Forderung schließlich im Wege der Abtretung erworben habe, behauptet auch die Revision nicht, – und gerade darin unterscheidet sich der hier vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung BGHZ 69, 37 zugrunde liegenden Fall, in dem sich zwar die Widerbeklagte ebenfalls einer Forderung nicht berühmt hatte, diese ihr aber nach der Darstellung der Beklagten (Widerklägerin) von der Klägerin abgetreten war.
Scheidet mithin schon aus diesem Grunde eine aus § 23 Satz 2 ZPO hergeleitete internationale Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg aus, so bedarf es keines Eingehens mehr auf die Frage, ob die Beklagte sich überhaupt, obwohl sie die Forderung bestritten hat, lediglich zur Begründung der Zuständigkeit auf sie berufen kann (vgl. dazu RG JW 1930, 263; BGHZ 69, 37, 44 unter II 1 der Entscheidungsgründe; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl. § 23 Rdn. 13 m.w.Nachw.).
2. Aber auch aus § 33 Abs. 1 ZPO (Gerichtsstand der Widerklage) läßt sich die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg nicht herleiten.
a) Richtig ist allerdings, daß sich eine internationale Zuständigkeit auch aus § 33 ZPO ergeben kann. Wer als Ausländer einen Deutschen vor einem inländischen Gericht verklagt, muß es jedenfalls dann, wenn die Parteien keinen ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart haben, hinnehmen, daß er vor diesem Gericht wegen eines Gegenanspruchs, der mit seiner Forderung in Zusammenhang steht, in Anspruch genommen wird (Stein/Jonas/Schumann a.a.O. § 33 Rdn. 41). So ergibt sich hier die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg für die gegen die Klägerin erhobene Widerklage – auch – aus § 33 ZPO.
b) Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt jedoch darin, daß die bisher nicht am Verfahren beteiligte Widerbeklagte zu 2 in das Verfahren einbezogen werden soll. Daß dies grundsätzlich im Wege der Widerklage erfolgen kann, entspricht nunmehr gefestigter Rechtsprechung (BGHZ 40, 185 mit kritischen Anmerkungen von Putzo NJW 1964, 500 und Hofmann NJW 1964, 1026; BGHZ 56, 73, 75 und BGHZ 69, 37, 44). Sie sieht, worauf unten noch einzugehen ist, in einer derartigen Einbeziehung einer weiteren Partei eine Klageänderung und prüft die Zumutbarkeit für den Betroffenen im Rahmen der Würdigung, ob die Klageänderung (Parteienerweiterung) sachdienlich ist (§ 263 ZPO).
c) In seinem Beschluß vom 4. März 1966 (I b ARZ 52/66 – NJW 1966, 1028. LM ZPO § 33 Nr. 8) hat der I b-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem solchen Fall die örtliche Zuständigkeit für eine konnexe Widerklage unmittelbar aus § 33 ZPO hergeleitet und sie auch dann bejaht, wenn aus anderen Zuständigkeitsbestimmungen eine örtliche Zuständigkeit des mit der Klage befaßten Gerichts für die Widerklage nicht gegeben wäre. Die Entscheidung ist im Schrifttum teilweise auf Widerspruch gestoßen (etwa Stein/Jonas/Schumann a.a.O. § 33 Rdn. 31 m.w.Nachw.; vgl. zu dieser Frage auch Johannsen in LM ZPO § 33 Anm. zu Nr. 6); und auch der VI. Zivilsenat hat in seinem Urteil vom 17. Mai 1977 (BGHZ 69, 37 unter II 1 b der Entscheidungsgründe) insoweit Bedenken erhoben (vgl. dazu auch BGH Urteil vom 8. Dezember 1970 – VI ZR 111/69 – NJW 1971, 466). Die Frage bedarf hier jedoch keiner weiteren Prüfung und Entscheidung; denn jedenfalls für die internationale Zuständigkeit könnte der im Beschluß vom 4. März 1966 (a.a.O.) vorgenommenen ausdehnenden Auslegung des § 33 ZPO nicht gefolgt werden (vgl. dazu auch BGHZ 69, 37, 45).
d) Der Grundsatz, daß die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zugleich eine mittelbare Regelung der internationalen Zuständigkeit enthalten, gilt nur insoweit, als die Interessenlage bei örtlicher und internationaler Zuständigkeit gleich oder doch vergleichbar ist. Daran aber fehlt es hier. Bei dem Beschluß vom 4. März 1966 (a.a.O.) ist für die Anwendbarkeit des § 33 ZPO auf die sogen, parteierweiternde Widerklage ersichtlich die Erwägung maßgebend gewesen, daß die inländischen Gerichte grundsätzlich gleichwertig sind und daß angesichts dieser Sachlage dem Interesse der Rechtsprechung, eine Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen sowie damit die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen zu vermeiden und zusammengehörende Ansprüche einheitlich zu verhandeln und zu entscheiden, grundsätzlich der Vorrang vor dem Interesse des Einzelnen gebührt, nur vor einem bestimmten, für ihn örtlich zuständigen Gericht mit einer Klage überzogen zu werden; das gilt um so mehr, als ohnehin bei Vorliegen einer Streitgenossenschaft, wie sie hier zwischen der Klägerin und der Widerbeklagten zu 2 gegeben wäre (§§ 59, 60 ZPO), jeweils gemäß § 36 Nr. 3 ZPO die Möglichkeit bestehen würde, daß das im Rechtszug zunächst höhere Gericht einen einheitlichen Gerichtsstand – und damit in aller Regel bei dem Gericht, bei dem die Klage bereits anhängig ist – bestimmt.
Grundsätzlich anders ist aber die Sach- und Interessenlage bei der internationalen Zuständigkeit. Zunächst fehlt es an einem gemeinsamen höheren Gericht, das eine derartige Bestimmung treffen könnte. Wesentlicher ist jedoch, daß von einer Gleichwertigkeit der Gerichte nicht gesprochen werden kann. Wie der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluß vom 14. Juni 1965 (BGHZ 44, 46, 50) ausgeführt hat, kommt es einer ausländischen beklagten Partei entscheidend darauf an, daß nicht ein deutsches Gericht, sondern ihr Heimatgericht die Rechtssache entscheidet. Sie hat an einer Entscheidung durch ihr Heimatgericht das natürliche Interesse jedes Staatsangehörigen, daß ihr Staat, dessen Organisation und Funktionsweise sie kennt, dessen Sprache sie spricht und dem sie auf mannigfache Weise verbunden ist, sich auch ihrer Rechtssache annimmt. Dieses Interesse ist um so gewichtiger, als die internationale Zuständigkeit nicht selten auch davon abhängt, nach welchem materiellen Recht die Rechtssache entschieden wird, und daß damit bereits bei der Zuständigkeitsprüfung das streitige Rechtsverhältnis auch materiell beurteilt wird. Diese gegenüber der Frage, welches von mehreren gleichwertigen deutschen Gerichten als örtlich zuständig entscheiden soll, völlig anders geartete Interessenlage verbietet es grundsätzlich, die im Beschluß vom 4. März 1966 getroffene erweiternde Auslegung des § 33 ZPO auch auf die internationale Zuständigkeit zu übertragen. Die Einbeziehung eines Ausländers in einen vor einem deutschen Gericht schwebenden Rechtsstreit durch Erhebung der Widerklage setzt vielmehr voraus, daß vor dieser Einbeziehung bereits eine internationale Zuständigkeit für den Ausländer vor einem deutschen Gericht bestand.
Daß im vorliegenden Fall die Widerbeklagte zu 2 von der Beklagten aus Vermögensübernahme in Anspruch genommen wird und für die ursprüngliche Schuldnerin der geltend gemachten Forderung – die Klägerin – die internationale Zuständigkeit nach § 33 Abs. 1 ZPO gegeben ist, ändert hieran nichts; denn die Beantwortung der insoweit entscheidenden Frage, ob eine Vermögensübernahme vorliegt und ob und in welchem Umfang ggfls. die Widerbeklagte zu 2 für Verbindlichkeiten der Klägerin einzustehen hat, betrifft bereits die materiellrechtliche Beurteilung des Rechtsstreits, die der Ausländer nach der typischen Interessenlage (s.o.) seinen Heimatgerichten vorbehalten will (BGHZ 44, 46, 50).
3. Schließlich hat das Berufungsgericht auch zu Recht eine internationale Zuständigkeit gemäß § 38 ZPO (Zuständigkeit kraft Vereinbarung) verneint. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kaufvertrag, aus dem die Beklagte ihre Widerklageforderung herleitet, zwischen ihr und der F., die insoweit nicht zur Vertretung der Klägerin bevollmächtigt war, zustande gekommen. Zwischen diesen Vertragspartnern mögen auch die in Bezug genommenen Verkaufs- und Lieferbedingungen der Beklagten und damit Hamburg als Gerichtsstand maßgebend geworden sein (Nr. 17). Diese Gerichtsstandbestimmung braucht jedoch die Klägerin nicht gegen sich gelten zu lassen, und Gleiches müßte für die Widerbeklagte zu 2 gelten, wenn sie, wie die Beklagte meint, Rechtsnachfolgerin der Klägerin wäre. Wenn man mit der Revision davon ausgeht, daß der Kapitän des Motorschiffes „Ch.” durch die Unterzeichnung der sogen. Bunkerrequisition vom 12. August 1977 in Verbindung mit dem gleichzeitig von ihm abgezeichneten Lieferschein eine unmittelbare Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten übernommen hat, so hätten bei dieser Gelegenheit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, sollten sie nunmehr auch gegenüber der Klägerin den Vertragsinhalt ergänzend bestimmen, vereinbart werden müssen. Das aber ist unstreitig nicht geschehen.
4. Dagegen rügt die Revision zu Recht, daß das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit nicht auch unter dem Gesichtspunkt des § 29 ZPO (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) geprüft hat. Was bei einem Rechtsstreit mit Auslandsbeziehungen Erfüllungsort im Sinne dieser Vorschrift ist, bestimmen die das Schuldverhältnis beherrschenden Sachnormen (Stein/Jonas/Schumann a.a.O. § 29 Rdn. 43; Senatsurteil vom 22. Oktober 1980 – VIII ZR 264/79 = WM 1981, 68; zum Meinungsstand vgl. Geimer WM 1976, 1289, 1290).
a) Geht man – was das Berufungsgericht bisher nicht geprüft hat – mit der Revision davon aus, daß auf den etwa zwischen der Beklagten und der Klägerin durch Erklärung des Kapitäns vom 12. August 1977 zustande gekommenen Liefervertrag deutsches Recht anzuwenden ist, so wäre an sich die Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg im Hinblick auf §§ 269 f BGB auch insoweit nicht gegeben. Die Beklagte hatte jedoch – wenn auch nur sehr knapp – im Berufungsrechtszug behauptet und unter Beweis gestellt (GA Bl. 150 f), daß in Fällen, in denen die Belieferung eines Schiffes mit Treibstoff im Hamburger Hafen erfolgt, nicht nur für die Lieferung, sondern abweichend von § 270 BGB kraft Handelsbrauchs auch für die Kaufpreiszahlung Hamburg Erfüllungsort ist. Allerdings würde dies zunächst nur die internationale Zuständigkeit für die gegen die Klägerin unmittelbar erhobene Widerklage begründen. Die Beklagte hatte jedoch weiterhin substantiiert behauptet, die Widerbeklagte zu 2 habe mit dem Schiff „Ch.” das gesamte Vermögen der Klägerin übernommen und habe damit für die Verbindlichkeiten der Klägerin aus deren Treibstoffbestellung einzustehen. Allerdings müßte sich eine derartige Einstandspflicht, da es sich bei der behaupteten Vermögensübertragung um ein im Ausland vorgenommenes Rechtsgeschäft zwischen Ausländern handeln würde, aus den dieses Rechtsgeschäft bestimmenden ausländischen Normen ergeben; dabei wäre u.a. zu prüfen, ob insoweit mit Rücksicht auf den handelsrechtlichen Sitz sowohl der Klägerin als auch der Widerbeklagten zu 2 das Recht des Staates Panama oder im Hinblick auf die Behauptung der Beklagten, daß beide Firmen – in P. nur als sogen. „Briefkastenfirmen” ansässig – ihre Geschäfte ausschließlich von Griechenland aus betrieben und sich dort auch ihr tatsächlicher Sitz befinde, griechisches Recht maßgeblich wäre (vgl. dazu Art. 479 des Zivilgesetzbuches von Griechenland von 1940). Sollte sich aufgrund der behaupteten Vermögensübernahme durch die Widerbeklagte zu 2 deren Mithaft für die Verbindlichkeiten der Klägerin oder eine Rechtsnachfolge in deren Schulden herleiten lassen, so würde damit auch für die Widerbeklagte zu 2 gemäß § 29 ZPO in Hamburg eine internationale Zuständigkeit gegeben sein; denn diese Zuständigkeitsbestimmung ist nicht nur für den ursprünglichen Vertragspartner maßgebend, sondern findet auch auf den Rechtsnachfolger oder Mithaftenden Anwendung (Stein/Jonas/Schumann a.a.O. § 29 Rdn. 7 m.w.Nachw.).
b) Sollte die weitere Prüfung durch das Berufungsgericht ergeben, daß eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg gemäß § 29 ZPO gegeben ist, so stellt sich die weitere Frage, ob die Zulassung der Widerklage gegen die Widerbeklagte zu 2 sachdienlich wäre. In diesem Zusammenhang bedarf es keines allgemeinen Eingehens auf die nach wie vor im Schrifttum umstrittene Frage, ob der Eintritt einer weiteren Person in den Prozeß – anstelle oder neben der bisherigen klagenden oder beklagten Partei – als Klageänderung anzusehen ist (vgl. dazu BGHZ 65, 264, 268 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 8. März 1972 – VIII ZR 34/71 – WM 1972, 784 = LM ZPO § 33 Nr. 12). Denn jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art, in denen eine beklagte Partei wegen der gleichen Forderung Widerklage sowohl gegen die klagende Partei als auch gegen einen bisher am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten erhebt, hält der Senat an der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fest, nach der derartige Klageerweiterungen wie Klageänderungen zu behandeln sind und demgemäß § 263 (früher § 264) ZPO auf sie zumindest entsprechende Anwendung findet (BGHZ 40, 185, 189 m.w. Nachw.; 65, 264, 268; BGH Beschluß vom 4. März 1966 – I b ARZ 52/66 = NJW 1966, 1028 = LM ZPO § 33 Nr. 8). Diese Rechtsprechung hat sich vor allem deswegen bewährt, weil sie mit dem Regulativ der Sachdienlichkeit (§ 263 ZPO) die Gewähr für eine prozeßwirtschaftlich sinnvolle Verfahrenserledigung bietet und der Gefahr von untereinander abweichenden Entscheidungen zum selben Streitstoff vorbeugt.
c) Das Berufungsgericht hat die Sachdienlichkeit am Ende seiner Entscheidungsgründe unter dem Blickwinkel des § 33 ZPO geprüft und verneint. Auf diese – auch vom Berufungsgericht ersichtlich nur als Hilfserwägung gedachten – Ausführungen kommt es, wie oben dargelegt, deswegen nicht an, weil sich aus § 33 ZPO allein ohnehin eine internationale Zuständigkeit nicht herleiten läßt. Die Ausführungen des Berufungsgerichts am Anfang der Entscheidungsgründe lassen allerdings nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, ob es auch für andere Fälle – und damit für eine möglicherweise gegebene, vom Berufungsgericht allerdings nicht ausdrücklich behandelte internationale Zuständigkeit des Erfüllungsorts – eine Sachdienlichkeit schlechthin verneinen will. Sollten die Ausführungen des Berufungsgerichts in diesem Sinne zu verstehen sein, so würden allerdings die zu § 33 ZPO angestellten, von einer anderen Sach- und Rechtslage ausgehenden Erwägungen eine Verneinung der Sachdienlichkeit nicht tragen. Vielmehr müßte das Berufungsgericht für diesen Fall in seine Erwägungen einbeziehen, daß die Widerbeklagte zu 2 dann ohnehin eine zum Landgericht Hamburg erhobene Klage der Beklagten hinnehmen müßte, sich also insoweit der deutschen Gerichtsbarkeit nicht entziehen könnte, daß ferner die Beklagte von vornherein – bereits in der Klagebeantwortung – Widerklage sowohl gegen die Klägerin und die Widerbeklagte zu 2 als Streitgenossen (§§ 59 f ZPO) erhoben hat, die Widerbeklagte zu 2 mithin nicht erst nachträglich in einen bereits weitgehend geförderten Rechtsstreit einbezogen wird (vgl. dazu BGHZ 40, 185, 187), und daß insbesondere beide Widerklagen dieselbe Forderung betreffen, sich mithin voneinander abweichende Entscheidung in getrennten Prozessen besonders nachteilig auswirken könnten. Unter Einbeziehung auch dieser Gesichtspunkte wird das Berufungsgericht, wenn es auf diese Frage ankommen sollte, über die Sachdienlichkeit erneut zu befinden haben.
III. Da das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit unter dem Blickwinkel des § 29 ZPO nicht geprüft hat, war das angefochtene Urteil aufzuheben. Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Klägerin am 12. August 1977 eine eigene Zahlungsverbindlichkeit gegenüber der Beklagten eingegangen ist, ob auf eine derartige Vereinbarung deutsches Recht anzuwenden ist, ob – wenn ja – die Zahlungspflicht der Klägerin kraft Handelsbrauchs in Hamburg zu erfüllen war, ob die Widerbeklagte zu 2 kraft Vermögensübernahme für die Erfüllung dieser Verbindlichkeit einzustehen hat und ob schließlich, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, eine Einbeziehung der Widerbeklagten zu 2 in den Rechtsstreit sachdienlich wäre. Da es vom endgültigen Ausgang des Rechtsstreits abhängt, wer die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen hat, war auch die Entscheidung über sie dem Berufungsgericht zu übertragen.
Unterschriften
Braxmaier, Dr. Hiddemann, Wolf, Dr. Skibbe, Treier
Fundstellen
Haufe-Index 1237749 |
NJW 1981, 2642 |
Nachschlagewerk BGH |
IPRspr. 1981, 162 |