Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 20.10.1983) |
Tenor
A. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 17. März 1983
I. soweit es den Angeklagten Peter Sch. betrifft,
- im Schuldspruch dahin geändert, daß er im Fall B VII der Urteilsgründe wegen Lohnsteuerhinterziehung und wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen in Tateinheit mit Betrug verurteilt wird,
mit den Feststellungen aufgehoben
- im Schuldspruch im Fall B I der Urteilagründe (Urkundenfälschung),
- in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen B I und VII der Urteilsgründe,
- im Ausspruch Über die Gesamtstrafe;
II. soweit es die Angeklagte Ulrike Sch. betrifft,
- im Schuldspruch dahin geändert, daß sie im Fall B VII der Urteilsgründe wegen Lohnsteuerhinterziehung und wegen Beihilfe zur Vorenthaltung von Soxialversicherungsbeiträgen in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug verurteilt wird,
Bit den Feststellungen aufgehoben
- in den Einzelstrafaussprüchen im Fall B VII der Urteilsgründe,
- im Ausspruch Über die Gesamtstrafe.
B. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch Über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe
Die Strafkammer hat verurteilt:
Den Angeklagten Peter Sch. wegen Umsatzsteuerhinterziehung, wegen Lohnsteuerhinterziehung und wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen (Fall B VII der Urteilsgründe), wegen falscher Versicherung an Eides Statt, wegen Verletzung der Buchführungspflicht, wegen veruntreuender Unterschlagung und wegen Urkundenfälschung (Fall B I der Urteilsgründe) zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung wir Bewährung,
die Angeklagte Ulrike Sch. wegen Umsatzsteuerhinterziehung, wegen Lohnsteuerhinterziehung und Beihilfe zur Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen (Fall B VII der Urteilsgründe) zur Gesamtgeldstrafe von 150 Tage-Sätzen zu je DM 15,–.
Die auf die Verurteilung der Angeklagten in den Fällen B I und VII der Urteilsgründe, die dazugehörigen Einzelstrafaussprüche und die Gesamtstrafaussprüche beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel ist begründet.
Schuldspruch
1. Fall B I der Urteilsgründe
Nach den Urteilsfeststellungen hat Peter Sch. nachdem ihm die Befugnis zur Führung des Prüfsiegels und damit zur Herstellung von Poolpaletten entzogen wer, Ende März/Anfang April 1982 mindestens 2.300 Poolpaletten mit nachgemachten Prüfklammern vergehen und sie, wie von Anfang an beabsichtigt, verkauft. Deshalb hat ihn die Strafkammer mit Recht wegen Urkundenfälschung verurteilt. Durch den Verkauf der Paletten hat der Angeklagte aber nicht nur, wie die Strafkammer annimmt, von den unechten Urkunden Gebrauch gemacht, sondern zugleich auch die Käufer betrogen. Er hat ihnen vorgetäuscht, seine Paletten hätten den mit echten Prüfklammern verbundenen Gütewert. Die Abnahmer erhielten jedoch, unabhängig von der tatsächlichen Beschaffenheit der Paletten, insoweit möglicherweise keinen entsprechenden Gegenwert, als ihnen eine nicht verkehrsgerechte Ware geliefert wurde, die wegen der Bedeutung der Einhaltung der Qualitätsnorm bei den beteiligten Wirtschaftskreisen als minderwertig gelten mußte. Dessen war sich der Angeklagte nach den Feststellungen auch bewußt. Das alles hat die Strafkammer nicht geprüft. Nun heißt es allerdings bei der Zumessung der Strafe für die Urkundenfälschung im Urteil, es lägen „keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Abnehmer der mit gefälschten Prüfklammern versehenen Paletten einen Vermögensschaden erlitten” hätten (UA 34). Ob es sich insoweit um eine Tatsachenfeststellung oder nur um eine ungeprüfte Vermutung handelt, läßt sich dem Urteil aber nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen. Da der Betrug (oder auch nur ein versuchter Betrug) mit der Urkundenfälschung tateinheitlich zusammentreffen würde, führt dieser sachlichrechtliche Mangel zur Aufhebung des Urteils in diesem Fall.
2. Fall B VII der Urtellsgründe
Nach den Urteilsfeststellungen beschäftigte Peter Schmitz in seinem Unternehmen neben zuletzt 55 fest angestellten Arbeitnehmern von September 1980 bis Mai 1982 ständig zwischen 8 bis 20 ausländische Arbeitskräfte, die keine Arbeitserlaubnis besaßen und für die deshalb auch keine Lohnsteuerkarten ausgegeben worden waren. Zur Verkürzung der fälligen Lohnsteuern und, der Beiträge zur Sozialversicherung entschlossen sich die beide Angeklagten, den Monatsverdienst der ausländischen Arbeitskräfte, der tatsächlich zwischen 1.500,– DM und 3.000,– DM schwankte, nur alt jeweils dem Betrag anzugeben, bis zu dem nach § 168 RVO die Sozialversicherungspflicht entfällt. Ulrike Schmitz trug demzufolge so viele (weitere) fiktive Aushilfskräfte mit einem entsprechenden fiktiven Monatslohn in die Kassenbücher ein, bis die Summe der tatsächlich gezahlten Lohne erreicht war. Auf der Grundlage weiterer falscher Eintragungen berechneten die Angeklagten bei den Lohnsteuervoranmeldungen nur den Pauschalsatz nach § 40 a EStG. Sie erreichten auf diese Weise, daß Über 105.000,– DM Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteile) und mehr als 75.000,– DM Lohnsteuer zu wenig abgeführt wurden (UA 25/28). Ihre Verurteilung wegen (gemeinschaftlicher) Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sowie wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen nach §§ 529, 1428 RVO und § 225 AFG (Peter Sch.) bzw. der Beihilfe hierzu (Ulrike Sch.), der die Eigenschaft als Arbeitgeber fehlt – (§ 28 Abs. 2 StGB), ist insoweit rechtsfehlerfrei.
Tateinheitlich mit der Vorenthaltung der Sozialversicherungsbeiträge bzw. der Beihilfe hierzu haben sich die Angeklagten außerdem, was die Strafkammer Übersehen hat, des Betruges (Peter Sch.) bzw. der Beihilfe hierzu (Ulrike Sch.) schuldig gemacht. Sie haben dem Sozialversicherungsträger nicht nur die Versicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteile) vorenthalten (§§ 529, 1428 RVO, § 225 AFG). Sie haben ihn außerdem durch die Meldung einer zu geringen Zahl an versicherungspflichtigen Arbeitnehmern Über den Umfang seiner Beitragsforderungen getauscht und auf diese Weise betrügerisch erreicht, daß er zum Schaden der Gemeinschaft der Versicherten tatsächlich entstandene Forderungen nicht geltend gemacht hat (vgl. Franzheim JR 1982, 89, 90 und in NStZ 1983, 383; Schäfer in wistra 1982, 96 ff; vgl. auch Urteil des Senats vom 5. Mai 1983 – 4 StR 133/83).
Entsprechendes gilt bezüglich der Arbeitgeberanteile. Da diese Anteile anders als die Arbeitnehmeranteile, von den §§ 529, 1428 RVO, § 225 AFG nicht erfaßt werden, haben sich die Angeklagten jedoch insoweit nur des Betruges (Peter Sch.) bzw. der Beihilfe hierzu (Ulrike Sch.) schuldig gemacht.
Der Senat hat den Schuldspruch insoweit selbst geändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, daß sich die Angeklagten nach einem Hinweis auf die veränderte Rechtslage anders als geschehen hätten verteidigen können.
3. Strafausspruch
1. Die aufgezeigten sachlichrechtlichen Mängel zwingen zur Aufhebung der wegen Urkundenfälschung und wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen gegen Peter Sch. und wegen Beihilfe zur Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen gegen Ulrike Sch. ausgesprochenen Einzelstrafen. Die Strafbemessung im Fall B I der Urteilsgründe begegnet darüber hinaus aber auch rechtlichen Bedenken (UA 34). Darauf hat die Revision der Staatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen.
2. Mit Recht wendet sich die Staatsanwaltschaft außerdem gegen die wegen der Verkürzung von Lohnsteuern gegen beide Angeklagten ausgesprochenen unverständlich milden Einzelstrafen. Die Angeklagten haben nach einem gemeinsamen Plan unter Einsatz nicht unerheblicher krimineller Energie dem Steuerfiskus immerhin mehr als 75.000,– DM entzogen. Geldstrafen konnten bei einer solchen Sachlage nur unter sonst außergewöhnlich günstigen Umständen für die Angeklagten in Betracht kommen. Solche lägen hier nicht vor. Der von der Strafkammer hervorgehobene Umstand, die Angeklagten hätten das Unternehmen retten wollen und (deshalb) in einer Zwangslage und nicht aus Gewinnsucht gehandelt (UA 35, 37), könnte allenfalls dann als besonderer Milderungsgrund gelten, wenn sie auch in ihrem privaten Lebenszuschnitt entsprechend zurückhaltend gewesen wären. Das war indessen nicht dar Fall (UA 5, 19). Auch die für die Lohnsteuerhinterziehung gegen beide Angeklagten ausgesprochenen Einzelstrafen mußten mithin aufgehoben werden.
3. Die Aufhebung der gegen die Angeklagten ausgesprochenen Einzelstrafen in den Fällen B I und VII der Urteilsgründe hat die Aufhebung der gegen sie erkannten Gesamtstrafen zur Folge. Im Falle der Verhängung einer noch im Bereich des § 56 Abs. 2 StGB liegenden Gesamtfreiheitsstrafe wird § 56 Abs. 3 StGB zu beachten sein.
Unterschriften
Salger, Hürxthal, Goydke, Jähnke, Meyer-Goßner
Fundstellen