Verfahrensgang
LG Ansbach (Entscheidung vom 17.07.1958) |
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts in Ansbach vom 17. Juli 1958 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Die Angeklagten sind je wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Verkehrsgefährdung zu Geldstrafen, und zwar S. zu 300,- DM und Sch. zu 150,- DM, jeweils an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von einem Monat, verurteilt worden.
Im August 1957 führte die Firma M. (Strabau), He., Straßenarbeiten in der Bahnhofstraße in A. durch. Der Angeklagte S. war der von der Firma eingesetzte verantwortliche Bauleiter, der noch mehrere Baustellen zu beaufsichtigen hatte; der Angeklagte Sch. war der örtlich eingesetzte Schachtmeister und nur an der Baustelle Bahnhofstraße tätig. S. der Tiefbauingenieur ist, ist seit längerem Angestellter der Firma M., Sch. ist seit vielen Jahren als Schachtmeister tätig.
Einige Zeit vor Beginn der Arbeiten, am 1. oder 2. August 1957, fand in der Bahnhofstraße eine Vorbesprechung statt, bei welcher der Bauingenieur H. mit dem Bauaufseher L. als Vertreter der Straßenbaubehörde der Stadt A., der Polizeioberkommissär Me. als Vertreter der, Straßenverkehrsbehörde der Stadt A. und der Angeklagte Sch. als Vertreter der Firma M. anwesend waren.
Polizeioberkommissär Me. ordnete bei dieser Besprechung an, daß die in ostwestlicher Richtung verlaufende, eine leichte S-Kurve enthaltende Bahnhofstraße vor Beginn der Arbeiten an dem Westende (bei der Einmündung der Bischof Meiser-Straße) völlig, an dem Ostende (bei der Einmündung der Weidenstraße) für den Durchgangsverkehr gesperrt werden sollte und daß außerdem die Baufirma die Verantwortung für die Abgrenzung der örtlichen Baustelle habe. Bauaufseher L. notierte sich die Maßnahmen, da er die zur Absperrung erforderlichen Geräte stellen sollte.
Am Montag, den 5. August 1957, wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Der Angeklagte Sch. ließ durch Luff und den Bauhilfsarbeiter F. an den beiden Enden der Bahnhofstraße, soweit sie in ostwestlicher Richtung verläuft, die von Polizeioberkommissär Me. angegebenen Sperren anbringen. Das Westende wurde mit durchgehenden Balken und einem normalen Verkehrsverbotsschild völlig, am Ostende der Bahnhofstraße die linke Fahrbahnhälfte durch Balken gesperrt, während die rechte Einfahrt auf einer Breite von etwa 2,70 m für Anlieger- und Baustellenfahrzeuge freiblieb; außerdem wurde auch hier ein Verkehrsverbotsschild nach Bild 11 der Anlage zur StVO aufgestellt, das aber in dem mittleren weißen Kreis die Inschrift: "Durchgangsverkehr" trug. In der Bahnhofstraße selbst, etwa 250 m von dem gesperrten Ostende der Bahnhofstraße entfernt, stand am Ende der S-Kurve dieser Straße ein Dreibock mit einer gelben Lampe. Er war bereits in der vorhergehenden Woche aufgestellt worden, um vor dem Ende der Bordsteine des auf der Südseite der Straße im Bau befindlichen Gehsteigs zu warnen. Etwa 30 m westwärts von diesem Bock, also etwa 380 m vom gesperrten Ostende der Straße entfernt, wurde im Laufe des. Montag von Arbeitern der Firma Strabau unter. Aufsicht von Sch. auf der südlichen, also von Osten gesehen linken Hälfte der Fahrbahn ein etwa 2 m tiefer Graben ausgehoben. Der Erdaushub wurde vorwiegend auf die Ostseite des Grabens auf die Fahrbahn geworfen.
Als gegen 10 Uhr Polizeioberkommissär Me. an der Baustelle vorbeikam, machte er den Angeklagten Sch. darauf aufmerksam, daß er den Graben abdecken und die Baustelle absichern solle. Sch. gab zur Antwort, daß bei Tage laufend Fahrzeuge zur Arbeitsstelle kämen und deshalb nicht weiter abgesperrt werden könne. Me. meinte, daß dann aber abends beim Verlassen der Baustelle abgesichert werden müsse.
Gegen 15 Uhr des gleichen Tages traf der Angeklagte S. auf der Baustelle ein. Er hatte in der Woche vorher, und zwar vor der Besprechung des Schachtmeisters Sch. mit H., Luff und Me., an geordnet, daß die Baustelle auf beiden Seiten der Fahrbahn abgesperrt werden solle. Er besah sich die Sperren an den beiden Enden der Straße und den von der Baustelle 30 m entfernten Dreibock am Südrand der Fahrbahn, hielt diese Absperrungen für ausreichend und erteilte Sch. keine Anordnungen zur Absperrung und Kennzeichnung der Baustelle selbst.
Beim Ende der Arbeit am Abend des 5. August 1957 war ostwärts des Grabens auf der Straße ein etwa 1,20 m hoher und 3 m breiter Erdhaufen aufgeworfen, der von Süden her 3,20 m in die insgesamt 5,80 m breite Fahrbahn hineinragte, so daß auf der nördlichen Fahrbahnseite eine freie Durchfahrt von 2,60 m blieb. Sch. ließ durch seine Arbeiter den Graben mit Bohlen abdecken, damit niemand hineinfallen könne, nach Norden und Westen wahrscheinlich auch eine Stange legen, damit niemand die aufgelegten Bohlen betreten solle. Nach der Ostseite wurde keine Stange gestellt, da hier der Erdhaufen Fußgänger an einem Betreten der Bohlen hinderte.
Eine Absperrung und Kennzeichnung der Baustelle, wie sie Abschnitt IV der Anlage zur StVO vorschreibt, erfolgte nicht; insbesondere wurde der Erdhaufen nicht durch mit gelben Baulaternen versehene Schranken abgesperrt. Ein Warnzeichen "Baustelle" oder "Engpaß" (Bilder 2 e und 2 c der Anlage zur StVO) wurde nicht aufgestellt. Sch. und auch Sc. hielten diese Maßnahmen nicht für erforderlich, weil nach ihrer Meinung die Baustelle für Fußgänger hinreichend gesichert war und wegen der völligen Sperrung ein Fahrzeug von Westen nicht kommen konnte, Fahrzeuge von Osten zum Besuch von Anliegern nicht zur Baustelle vorzudringen brauchten, da im Bereich des Erdaushubs und darüber hinaus nur noch unbebautes und dem Verkehr nicht offenes Postgelände war, ferner auch deshalb, weil Fahrzeuge von Osten durch die am Ostende befindliche Durchgangsverkehrssperre und durch den oben beschriebenen Dreibock gewarnt wurden, schließlich auch, weil der nur wenig auf die nördliche Fahrbahnhälfte hinausragende Erdaushub durch eine etwa 8 m nordostwärts befindliche Straßenlampe auf der Nord- und Ostseite und durch eine etwa 90 m westlich befindliche Straßenlampe auf der Westseite "angeleuchtet" wurde und sich von der Fahrbahn abhob.
In der Nacht entfernten unbekannte Täter die am Ostende der Bahnhofstraße befindliche Sperre für den Durchgangsverkehr. Schranke, Schild und die verlöschte, aber unbeschädigte Lampe wurden von ihnen an die Seite der Straße gelegt.
Nach Entfernung der Sperre, am 6. August 1957 gegen 1,10 Uhr, fuhr der Automechaniker Klaus W. mit seinem 247 ccm starken NSU-Kraftrad die Bahnhofstraße von Osten kommend entlang nach Westen. Er war auf der A. Kirchweih gewesen, hatte dort mit Bekannten etwas Bier getrunken - Blutalkoholgehalt zur Zeit des Unfalls 0,32 Promille - und wollte nun seinen am Westausgang der Bahnhofstraße wartenden Freund zur Heimfahrt abholen. Er streifte mit dem Kraftrad den nördlichen Rand des auf der Straße liegenden Erdhaufens, kam dadurch ins Schleudern und stürzte etwa 24 m hinter dem Erdhaufen vom Kraftrad. Er stieß mit dem Kopf gegen den Rinnstein und erlitt eine Schädelbasisfraktur mit schwerer Hirnquettschung. Ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, starb er am 13. August 1957 an den Folgen des Unfalls.
Die nach dem Unfall getroffenen Feststellungen ergaben am Nordrand des Erdhaufens eine vom Kraftrad W. herrührende 4 m lange Bremsspur, anschließend mehrere Meter lang von der Unterseite des Motors und vom linken vorderen Fußraster mitgenommene Erde und schließlich bis zur Lage des Kraftrades nach dem Unfall etwa 8 m lange Kratzspuren.
Das Landgericht führt aus, W. wäre dem auf der Straße befindlichen Hindernis ausgewichen und nicht verunglückt, wenn er vor der Unfallstelle durch ein Schild "Baustelle" oder "Engpaß" sowie durch mit gelben Baustellenlampen versehene Schranken um den Erdaushub gewarnt worden wäre.
Das Landgericht sieht die Verantwortung der Angeklagten darin begründet, daß sie es unterlassen hätten, den einem auf der Fahrbahn bereiteten Hindernis gleichkommenden Erdaushub auf der Bahnhofstraße gemäß Ziffer IV Abs. 1 und 2 der Anlage "Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen" zur Straßenverkehrsordnung hinreichend abzusperren und zu kennzeichnen. Hierzu seien sie als verantwortliche Vertreter der Firma M. gemäß § 3 Abs. 3 a Satz 1 StVO verpflichtet gewesen. Hätten sie den Erdaushub durch rotweiß gestreifte, mit gelben, brennenden Baulaternen versehene Schranken abgesperrt und vor der Arbeitsstelle nach Osten in Höhe des Dreibocks ein Warnzeichen "Baustelle" oder "Engpaß" aufgestellt, so wären die Gefährdung des Klaus W., der Unfall und sein Tod nicht eingetreten. Die genannten Maßnahmen seien auch erforderlich gewesen, da eine Straßensperrung nicht die örtliche Baustellenabsicherung ersetzt, die Bahnhofstraße von Osten her nur für den Durchgangsverkehr gesperrt gewesen sei, deshalb mit ortsfremden Fahrzeugen hätte gerechnet werden müssen, ferner der am linken Fahrbahnrand befindliche beleuchtete Dreibock keine hinreichende Warnung für die rechte Fahrbahnseite darstellte und die Straßenbeleuchtung hier nicht die Warnwirkung einer beleuchteten Abschrankung hätte ersetzen können. Dies hätten die beiden Angeklagten auf Grund ihrer langjährigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten erkennen können und demgemäß handeln müssen. Daher treffe sie der Vorwurf der Fahrlässigkeit.
Die Strafe wurde bei beiden Angeklagten gemäß § 73 StGB dem § 222 StGB entnommen.
Das Landgericht hat eine Reihe von Umständen als strafmildernd berücksichtigt, u.a., daß ihre Fahrlässigkeit unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht sonderlich hoch sei, daß die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Unfall sich nicht ereignet hätte, wenn die Sperre am Ostende der Bahnhofstraße nicht entfernt worden wäre und daß schließlich den Verunglückten insoweit ein Mitverschulden bei dem Unfall treffe, als er seine Geschwindigkeit nicht so eingerichtet habe, daß er das auftretende Hindernis hätte erkennen und ihm ausweichen können.
Die Angeklagten rügen mit ihrer Revision die Verletzung des sachlichen Rechts.
I.
Die Auffassung des Landgerichts, daß die Baustelle trotz der aufgestellten Straßensperren noch besonders hätte abgesichert werden müssen, ist zutreffend § 3 Abs. 3 a StVO bestimmt ausdrücklich, daß die Bauunternehmer zur Absperrung und Kennzeichnung von Arbeitsstellen verpflichtet sind. In welcher Weise die Absperrungen vorzunehmen sind, ergibt sich aus der Anlage zur Straßenverkehrsordnung IV Abs. 1 und 2 (abgedruckt bei Floegel/Hartung Straßenverkehrsrecht, 11. Aufl. 1958, S. 115). Hiernach ist vor und hinter Arbeitsstellen die Straße, soweit wie nötig, durch rotweiß gestreifte Schranken abzusperren. Die Sperrschranken sind vom Hereinbrechen der Dunkelheit an ... durch gelbes Licht ausreichend kenntlich zu machen. Vor Arbeitsstellen auf nicht völlig für den Verkehr gesperrten Straßen ist das Warnzeichen "Baustelle" (Bild 2 e) oder das Warnzeichen "Engpaß" (Bild 2 c) aufzustellen. Ist ein Teil der Straße nicht gesperrt, so ist durch die Verkehrszeichen Bilder 24 und 24 a über den Sperrschranken auf diesen Teil der Straße hinzuweisen. Nötigenfalls, insbesondere bei Ausschachtungen, ist die Arbeitsstelle gegen den für den Verkehr nicht gesperrten Teil der Straße auch seitlich abzusperren oder kenntlich zu machen.
Aus diesen Vorschriften ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision, daß zur Sicherung von Baustellen die bloße Absperrung der Straße, sofern sie nicht völlig für den Verkehr gesperrt ist, nicht genügt, sondern daß unmittelbar vor und hinter Arbeitsstellen die besonders vorgeschriebene Kennzeichnung vorzunehmen ist. In IV Abs. 2 ist geradezu vorausgesetzt, daß eine (nicht völlige) Straßensperrung erfolgt ist. Die weiteren Sicherungen werden eindeutig zusätzlich zu ihr verlangt. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, ist dementsprechend bei der Erörterung vom 1. oder 2. August 1957 von Polizeioberkommissär Me. außer der Straßensperrung ausdrücklich die zusätzliche Absperrung der örtlichen Baustelle angeordnet und dies an Ort und Stelle am 5. August 1957 für die Zeit, zu der abends die Baustelle verlassen wird, wiederholt worden.
Die halbseitige Absperrung der Straße nach Osten stellt daher keine genügende Sicherung der Baustelle dar.
Aber auch die übrigen Einwände der Revision, die sich auf die besonderen örtlichen Verhältnisse stützen, gehen fehl.
Das Gebot der Kennzeichnung von Baustellen auf öffentlichen nicht vollständig gesperrten Straßen ist ein absolutes und wegen der besonderen Gefahren, die dem Verkehr drohen, nicht von den besonderen Umständen der örtlichen Verhältnisse abhängig gemacht. Schon aus diesem Grunde können die Ausführungen der Beschwerdeführer nicht durchgreifen.
Im einzelnen vertritt die Revision die Auffassung, eine weitergehende Absicherung sei deshalb nicht geboten gewesen, weil sich die Baustelle im Bereich unbebauten und dem Verkehr nicht offenen Postgeländes befunden habe.
Da die Straße nur für den Anliegerverkehr geöffnet gewesen sei, hätten Personen nicht in die Gegend der Baustelle gelangen können. Diese Meinung ist unzutreffend. Auch wenn Häuser in der Höhe der eigentlichen Baustelle nicht liegen und daher Anlieger gewöhnlich an diese Stelle nicht kommen werden, ist es doch nicht auszuschließen, daß Personen, die, um etwa Anlieger zu besuchen, in jene Straße kommen, infolge von Ortsunkenntnis sich über den Bereich des bebauten Geländes hinausbewegen und dadurch in die Gefahrenzone gelangen. Dies liegt nicht außerhalb des Bereiches der Erfahrung. Eine einschränkende Auslegung jener Bestimmung in der von der Revision angeregten Weise würde dem Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen.
Auch der Umstand, daß "nach Norden und Westen (des Grabens) wahrscheinlich Schranken lagen", stellt keine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Sicherung dar. Wie das Urteil ergibt, dienten diese dem Zweck, zu verhindern, daß jemand die westwärts des Erdhaufens auf den Graben gelegten Bohlen betreten werde. Diese Schranken konnten mithin eine erkennbare Kennzeichnung des Erdhaufens für einen von Osten kommenden Fahrer nicht darstellen.
Die Revision weist ferner, darauf hin, daß sich in der Nähe des Erdhaufens die oben genannten Straßenlaternen befunden hatten und nach den Urteilsfeststellungen der Erdaushub von diesen "angeleuchtet" worden sei und sich von der Fahrbahn abgehoben habe. Sie beruft sich auf § 23 Abs. 1 StVO, nach welcher vom Hereinbrechen der Dunkelheit an ... die für Fahrzeuge vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen in Betrieb zu setzen sind, dies jedoch nicht für abgestellte Fahrzeuge gilt, wenn sie durch eine andere Lichtquelle ausreichend beleuchtet sind. Im einzelnen bezieht sie sich hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VRS 4, 136), nach welcher eine andere Lichtquelle dann ausreichend sei, wenn die Begrenzung eines abgestellten Kraftfahrzeugs nach vorne und hinten aus einer Entfernung von 50 Schritten erkennbar sei. Sie meint, daß diese Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall sinngemäß anwendbar seien. Die angeführte Vorschrift IV der Anlage zur Straßenverkehrsordnung betreffend Sicherung von Baustellen enthält jedoch eine solche Einschränkung nicht. Dies hat auch einen berechtigten Sinn. Handelt es sich um abgestellte Fahrzeuge, so kann eine andere Lichtquelle durchaus geeignet sein, einer Gefahr vorzubeugen. Denn in diesem Falle handelt es sich um Gegenstände mit festen und grundsätzlich gradlinigen umrissen. Art und Umfang des Hindernisses können daher bei Beleuchtung mit einer anderen Lichtquelle genügend erkennbar sein. Anders ist es jedoch bei Baustellen, die infolge ihrer Verschiedenheit Gefahrenquellen sehr unterschiedlicher Art darstellen können. Sie sind auch bei Beleuchtung durch andere Lichtquellen, insbesondere Straßenlaternen, grundsätzlich nicht genügend erkennbar. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn es sich um einen Erdhaufen handelt, der infolge seiner unregelmäßigen Form ohne die vorgeschriebenen Sicherungen dem Fahrer nicht oder nicht rechtzeitig genügend Anhaltspunkte für sein Verhalten geben kann. Gerade darum ist zusätzlich zu den übrigen Sicherungsmaßnahmen die Anbringung der vorgeschriebenen Verkehrszeichen und erleuchteter Sperrschranken, die aus einer ausreichenden Entfernung auf die besondere Gefahr hinweisen, vorgeschrieben. Unter diesen Umständen kann von einer sinnentsprechenden Anwendung der Vorschrift des § 23 Abs. 1 StVO und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung nicht die Rede sein.
Ebensowenig konnte der mit einer gelben Lampe erleuchtete Dreibock eine genügende Warnung darstellen. Nach den Feststellungen befand er sich auf dem südlichen, also von Osten her gesehen linken Fahrbahnrand und diente dazu, vor dem Ende der Bordsteine des auf der Südeite der Straße im Bau befindlichen Gehsteigs zu warnen. Aus ihm konnten mithin Schlüsse auf den weiter westlich auf der Fahrbahn liegenden, sich über die Mitte der Straße ausdehnenden Erdaushub nicht gezogen werden.
Die weiteren Ausführungen der Revision, mit denen sie die in § 41 StVO aufgestellten Grundsätze entsprechend auf den vorliegenden Fall zur Anwendung bringen will, sind, ebenso wie die zu dieser Vorschrift ergangenen und in der Revisionsschrift angeführten Entscheidungen gegenstandslos, da sie eine Regelung für die Fälle ganz andersartiger Verkehrshindernisse betreffen. Das Gesetz hat mit Bedacht für die einzelnen Gefahrenquellen verschiedenartige Regelungen aufgestellt, die den Niederschlag gewonnener Erfahrungen enthalten. Für die Sicherung von Baustellen hat es Vorschriften geschaffen, die gerade den besonderen Gefahren, die von ihnen ausgehen, begegnen sollen. Es geht daher nicht an, Grundsätze anderer Vorschriften der Straßenverkehrsordnung auf die Sicherung von Baustellen zu übertragen.
Mithin kann daran kein Zweifel bestehen, daß die Angeklagten als Beauftragte des Bauunternehmers ihre Pflichten zur vorschriftsmäßigen Absicherung der Baustelle nicht erfüllt haben.
II.
Auch die Ursächlichkeit dieses Verstoßes für den Unfall ist vom Landgericht zutreffend bejaht worden. Es liegt entgegen der Ansicht der Revision, kein Widerspruch darin, daß der Tatrichter die Ursächlichkeit der Unterlassung der Angeklagten bejahte, auf der anderen Seite in den Strafzumessungsgründen ausführt, es könne die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß der Unfall sich nicht ereignet hätte, wenn die Sperre am Ostende der Bahnhofstraße nicht entfernt worden wäre. Zu einem schadenbringenden Ereignis können mehrere Ursachen mitwirken. Es genügt, wenn die Täter eine Ursache gesetzt haben. Wären die Sperren nicht entfernt worden, so hätte sich zwar W. durch diese möglicherweise zu besonderer Vorsicht veranlaßt gesehen oder hätte vielleicht die Straße, da er sie anscheinend zum Durchgangsverkehr benutzen wollte, überhaupt nicht befahren. Möglicherweise hätte sich also der Unfall ohne Entfernung der Sperren nicht ereignet. Trotz der Entfernung der Sperre hätte aber, wie das Landgericht ohne Rechtsverstoß annehmen konnte, der Unfall auch dann vermieden werden können, wenn die erforderlichen Sicherungen der Baustelle vorgenommen worden wären. Dies ist für die Bejahung der Ursächlichkeit des Verhaltens der Angeklagten ausreichend. Es kann nämlich das den Angeklagten zur Last gelegte Unterlassen nicht hinweggedacht werden, ohne daß der Erfolg entfallen wäre.
III.
Ebensowenig läßt das Urteil Rechtsfehler insoweit erkennen, als es die Fahrlässigkeit der Angeklagten bejaht hat. Die Voraussehbarkeit des Unfalles ist vom Landgericht rechtsbedenkenfrei angenommen worden. Daß eine nicht genügende Absicherung einer Baustelle zu Unfällen, auch mit Todesfolge, führen kann, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Zutreffend konnte daher das Landgericht davon ausgehen, daß beide Angeklagten auf Grund ihrer langjährigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten den Erfolg hätten voraussehen können.
Nun meint allerdings die Revision, die Entfernung der Straßensperren sei für die Angeklagten nicht voraussehbar gewesen. Hieraus will sie anscheinend folgern, daß sie auch den Unfall nicht hätten voraussehen können. Diese Erwägung greift ebenfalls nicht durch. Einmal liegt die Entfernung von Sperrschranken nicht außerhalb des Bereichs des Voraussehbaren, da diese nicht selten durch Naturereignisse, Sturm usw., Anstoßen von Fahrzeugen und auch mutwillig beseitigt werden. Abgesehen hiervon ist es aber für die Bejahung der Fahrlässigkeit nicht erforderlich, daß der Täter den Ablauf des Geschehens im einzelnen voraussehen konnte. Grundsätzlich ist es vielmehr ausreichend, wenn für ihn überhaupt die eingetretene schädliche Folge seines Tuns oder Unterlassens, also ein tödlicher Unfall als Folge seines Verhaltens, voraussehbar war. Ein Unfall dieser Art hätte sich jedoch auch ereignen können, wenn die Straße von einem Fahrer lediglich für den Anliegerverkehr oder trotz Sperre mit Durchfahrtsabsicht benutzt worden wäre. Obwohl sich in der Höhe des Erdaushubs Häuser nicht mehr befanden, liegt es, wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt worden ist, nicht außerhalb des Bereichs des Voraussehbaren, daß ein ortsunkundiger Wegebenutzer im Dunkeln über den bebauten Teil der Strafe hinausfährt, etwa in der Annahme, daß sich dahinter noch Häuser oder Personen befinden könnten. Daß die halbseitige Straßensperre ihn möglicherweise zu besonderer Vorsicht veranlaßt hätte, schließt es - namentlich auch bei dem nicht geringen Abstand zwischen Sperre und Baustelle (380 m) - nicht aus, daß er wegen der nicht erfolgten Kennzeichnung der Baustelle doch tödlich hätte zu Fall kommen können. Gerade weil die teilweise Sperrung der Straße zur Vermeidung von Unfällen an Baustellen nicht genügt, ist deren besondere Kennzeichnung, wie ausgeführt, vorgeschrieben. Daß sich die Angeklagten dieser Pflicht und ihrer Bedeutung für die Vermeidung von Unfällen nach der Überzeugung des Tatrichters auch bewußt waren oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätten sein können, wird noch erörtert werden. Es entlastet mithin die Angeklagten nicht von dem Vorwurf der Fahrlässigkeit, daß die Sperrschilder entfernt worden sind.
Die Tatsache, daß W. nicht den rechten Teil der rechten Fahrbahnseite benutzt hat, kann unter den gegebenen Umständen nicht als Verkehrswidrigkeit gewertet werden. Auf einer zur Nachtzeit verkehrsfreien Straße ist es genügend, wenn der Fahrer sich überhaupt auf dem rechten Teil der Straße befindet. Auch daß Wolf, wie das Landgericht annimmt, zu schnell gefahren ist, schließt die Voraussehbarkeit des Unfalls nicht aus. Wie die Rechtsprechung bereits mehrfach ausgesprochen hat, muß auch mit einem verkehrswidrigen, wenn auch nicht mit jedem unsinnigen Verhalten von Verkehrsteilnehmern gerechnet werden (BGHSt 2, 188). Daß jemand zu schnell fährt und nicht die äußerste rechte Seite der Fahrbahn benutzt, sind Umstände, die sich nach der Erfahrung so häufig ereignen, daß ihre Voraussehbarkeit nicht außerhalb des Berechenbaren liegt. Ersichtlich ist das Landgericht auch davon ausgegangen, daß dies den Angeklagten auf Grund ihrer Lebenserfahrung bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Das Mitverschulden des Verunglückten konnte daher nur bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, was das Landgericht auch ausdrücklich getan hat. Die Fahrlässigkeit wurde jedoch dadurch nicht ausgeschlossen.
Die Strafkammer konnte auch ohne Rechtsverstoß annehmen, daß es den Angeklagten hätte bekannt sein müssen, daß und in welcher Weise die Baustelle als solche abzusichern war. Es ist die Pflicht der mit der Absicherung betrauten Personen, sich mit den einschlägigen Vorschriften bekanntzumachen. Überdies hätten sie Gelegenheit gehabt, sich bei der zuständigen Behörde über die erforderlichen Maßnahmen, sofern sie ihnen nicht bekanntgewesen sein sollten, zu unterrichten. Übrigens hätte Schmidt nach den Urteilsfeststellungen in der Woche vorher selbst angeordnet, daß die Baustelle auf beiden Seiten abgesperrt werden solle, dies also für erforderlich gehalten, Ferner war in der Besprechung vom 1. oder 2. August 1957 ausdrücklich von Me. darauf hingewiesen worden, daß nicht nur die Straßensperren, sondern außerdem die Absicherung der örtlichen Baustelle vorzunehmen seien. Bei dieser Besprechung war der Angeklagte Sch. selbst zugegen. Der Angeklagte S. hatte die Pflicht, sich über den Inhalt jener Erörterungen zu unterrichten. Die Meinung der Revision des Angeklagten Sch., er habe "als einfacher Arbeiter" - nach den Urteilsfeststellungen war er übrigens nicht als "einfacher Arbeiter", sondern seit vielen Jahren als Schachtmeister tätig - der Meinung sein können, zu weiteren Sicherungsmaßnahmen nicht verpflichtet zu sein, weil der Angeklagte S. diese nicht für erforderlich gehalten habe, geht ebenfalls fehl. Wie schon ausgeführt, war ihm durch die erwähnte Vorbesprechung bekannt, daß der Vertreter der zuständigen Straßenverkehrsbehörde die besondere Absicherung der Baustelle für notwendig hielt. Außerdem wurde er an der Baustelle selbst am 5. August 1957 nochmals von Me. auf diese Notwendigkeit hingewiesen. Angesichts dieser amtlichen Hinweise konnte er nicht der Meinung sein, die Maßnahmen seien deshalb nicht erforderlich, weil Schmidt entsprechende Anordnungen nicht traf. Daher konnte die Strafkammer rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis kommen, daß die Angeklagten auf Grund ihrer langjährigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten die Notwendigkeit, die Absicherung der Baustelle in der vorgeschriebenen Weise vorzunehmen, hätten erkennen können. Hiermit wollte der Tatrichter nach dem Urteilszusammenhang auch bejahen, daß sie sich der Bedeutung der vorgeschriebenen Sicherungsmaßnahmen für die Vermeidung von Unfällen hätten bewußt werden können und der eingetretene Unfall als Folge ihres Unterlassens für sie voraussehbar war.
Hiernach wird der Schuldspruch der fahrlässigen Tötung von den Feststellungen getragen.
Gegen die Annahme, daß der Tatbestand der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung (§§ 315 a Abs. 1 Nr. 1, 316 Abs. 2 StGB) erfüllt sei, sind ebenfalls Bedenken nicht zu erheben. Auch wer es unterläßt, eine Baustelle zu sichern, bereitet im Sinne der genannten Vorschriften ein Hindernis.
Die Revision mußte hiernach verworfen werden.
Fundstellen