Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerberaummietvertrag. Wirksame fristlose Kündigung wegen fehlender Kautionszahlung. Sicherungsinteresse. Mangelnde Verwirkung. Mangelnder Annahmeverzug. Unzumutbare Fortsetzung des Mietverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Zum Kündigungsrecht des Vermieters gem. § 543 Abs. 1 BGB bei Nichtzahlung der Kaution durch den Mieter von Gewerberaum.
Normenkette
BGB § 543
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des KG in Berlin vom 20.12.2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Revision mit Ausnahme der Kosten der Streithelfer, die diese selbst tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Parteien streiten um die Frage, ob das zwischen ihnen bestehende Gewerberaummietverhältnis durch fristlose Kündigung der Beklagten beendet worden ist.
[2] Mit Vertrag vom 18.2.1999 mietete der Kläger von der Beklagten ein Ladengeschäft im E.-Center in B. Nach § 5.10. i.V.m. § 20.2. des Mietvertrages sollte der Kläger bis spätestens 31.3.2000 an die Beklagte eine Mietkaution von 60.000 DM zahlen. Dies ist jedoch zu keinem Zeitpunkt geschehen. In einem notariellen Schuldanerkenntnis vom 29.3.2000, dem Verhandlungen der Parteien vorausgegangen waren, versprach der Kläger die Zahlung von rückständigem Mietzins i.H.v. 173.000 DM in monatlichen Raten von 7.000 DM ab 1.5.2000. Wegen dieser Forderung unterwarf er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Gleichzeitig verpflichtete er sich zur Zahlung einer monatlichen Gesamtmiete von 28.000 DM brutto monatlich an die Beklagte für das streitgegenständliche und ein weiteres von ihm im E.-Center gemietetes Ladengeschäft. Dabei handelte es sich um eine "pauschale Kulanzmiete", die bis zum 31.3.2003 befristet war. Danach sollten wieder die ursprünglichen mietvertraglichen Vereinbarungen gelten. Der Kläger zahlte ab 1.4.2003 nicht die volle Miete i.H.v. monatlich 12.623,13 EUR, sondern machte geltend, diese sei wegen Flächenabweichung und Bauarbeiten gemindert. Die Beklagte mahnte mit Schreiben vom 12.5.2003 die Zahlung der Rückstände und der Kaution an. Mit Schreiben vom 21.8.2003 kündigte sie das Mietverhältnis fristlos, weil der Kläger mit Mietzahlungen i.H.v. 17.614,68 EUR in Verzug sei und auch die vereinbarte Mietkaution i.H.v. 30.677,51 EUR (= 60.000 DM) nicht bezahlt habe. Mit Schriftsatz vom 24.9.2003 kündigte die Beklagte erneut fristlos, weil der Kläger die Kaution nicht erbracht hatte.
[3] Mit Endurteil vom 18.2.2004 stellte das LG fest, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21.8.2003 nicht beendet worden sei. Zwar sei der Kläger schon deshalb nicht berechtigt gewesen, die monatlich geschuldete Miete von 12.623,13 EUR zu mindern, weil nach § 5.9 des Mietvertrages eine Minderung nur zulässig sei, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sei. Die fristlose Kündigung vom 21.8.2003 sei jedoch unwirksam, da die Rückstände nicht erheblich genug gewesen seien, um eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3a oder 3b BGB zu begründen. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Kaution fehle es an einer Abmahnung. Diese sei erforderlich, weil die Beklagte die Nichtzahlung eine längere Zeit hingenommen habe. Auf die Widerklage der Beklagten verurteilte das LG den Kläger jedoch gleichzeitig zur Räumung des Ladengeschäfts. Die fristlose Kündigung vom 24.9.2003 wegen Nichtzahlung der Kaution sei wirksam. Die erforderliche Abmahnung sei durch das Schreiben vom 21.8.2003 erfolgt. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, soweit er auf die Widerklage zur Räumung des Ladengeschäftes verurteilt worden ist. Das KG hat seine Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Abweisung der Widerklage erstrebt.
Entscheidungsgründe
[4] Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
[5] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass das Mietverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 24.9.2003 beendet worden sei. Es habe ein Kündigungsgrund i.S.d. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgelegen. Der Kläger habe trotz der Verpflichtung zur Zahlung der Kaution diese nicht an die Beklagte geleistet, so dass der Beklagten eine weitere Vertragsdurchführung nicht zuzumuten gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Klägers sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte dem Kläger die Zahlung der Kaution erlassen habe.
[6] Der Anspruch auf Zahlung der Kaution sei im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung nicht verwirkt gewesen. Die Beklagte habe den Kläger mit Schreiben vom 21.2.2001 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Zahlung der Kaution zum 31.12.2000 fällig gewesen sei. Der Kläger habe dann selbst vorgetragen, dass er aufgrund von Abreden mit der Beklagten im Februar 2001 damit habe rechnen müssen, wegen der Kaution nur vorläufig nicht in Anspruch genommen zu werden. Die Kaution sei dann mit Schreiben vom 12.5.2003 zur Zahlung bis 21.5.2003 angemahnt worden. Im nachfolgenden Schreiben vom 21.8.2003 habe die Beklagte erneut darauf hingewiesen, dass die Kautionszahlung noch offen stehe. Zwar liege zwischen dem ersten Schreiben vom 20.2.2001 und dem die Kaution betreffenden nächsten Schreiben ein Zeitraum von über zwei Jahren. Unabhängig von der Frage, ob die verstrichene Zeit überhaupt für die Annahme der Verwirkung ausreiche, fehle es für das Vorliegen einer Verwirkung am Umstandsmoment. Zwar habe der Kläger im Dezember 2002 die ihm eingeräumte Option auf Verlängerung des Vertrages ausgeübt, ohne dass dem die Beklagte wegen der Nichtleistung der Kaution widersprochen hätte. Daraus habe der Kläger jedoch nicht herleiten können, dass die Beklagte die Kaution nicht mehr verlangen werde. Soweit der Kläger sich darauf berufe, dass die Beklagte nach Beendigung des anderen Mietverhältnisses die für dieses gegebene Bankbürgschaft ohne Weiteres zurückgegeben habe, ohne die Übertragung dieser Bürgschaft auf das streitbefangene Mietverhältnis zu verlangen, lasse sich auch daraus für das Umstandsmoment nichts herleiten. Denn es handle sich insoweit um zwei voneinander unabhängige Mietverhältnisse.
[7] Die Beklagte habe sich im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses auch nicht im Annahmeverzug hinsichtlich der Kaution befunden. Soweit der Kläger unmittelbar nach dem Kündigungsschreiben vom 21.8.2003 angeblich mit dem Center-Manager T. in Kontakt getreten sei und diesem die Leistung einer Bankbürgschaft angeboten habe, fehle es an einem ausreichenden Angebot i.S.v. § 295 BGB. Denn der Kläger sei zur unmittelbaren Übergabe einer Bankbürgschaft in diesem Moment nicht in der Lage gewesen. Durch ein nur wörtliches Angebot des Schuldners komme der Gläubiger nur dann in Verzug der Annahme, wenn er zuvor dem Schuldner erklärt habe, die Leistung nicht entgegenzunehmen. Dies aber sei nicht der Fall gewesen. Soweit der Kläger weiter eine unmissverständliche und unbedingte Kautionsbereitstellung am 9.9.2003 behaupte, sei dieser Vortrag nicht ausreichend. Denn er stehe im Widerspruch zu dem Inhalt des Schreibens des früheren Klägervertreters vom 10.9.2003. Denn dort heiße es, dass der Kläger die Kaution bis 21.9.2004 (richtig: 20.9.2003) erbringen wolle. Das Leistungsangebot habe damit nicht der Verpflichtung zur sofortigen Leistung entsprochen.
[8] Die Nichtzahlung der Kaution stelle auch einen wichtigen Grund i.S.d. § 543 Abs. 1 BGB dar, weshalb der Beklagten die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zu dessen Beendigung durch Fristablauf am 31.3.2009 nicht zumutbar gewesen sei. Ob hierfür allein die Nichtzahlung der Kaution als Pflichtverletzung ausreiche, könne offen bleiben. Denn jedenfalls habe die Beklagte aufgrund der Entwicklung des Mietverhältnisses ab April 2003 (wieder) einen Grund für die Sicherung ihrer Ansprüche aus dem Mietverhältnis gehabt. Dem Sicherungsbedürfnis der Beklagten sei zunächst dadurch Rechnung getragen worden, dass der Kläger sich in einer notariellen Urkunde zur Nachzahlung von 173.000 DM in monatlichen Raten von 7.000 DM verpflichtet gehabt habe, weshalb die Beklagte vorläufig nicht auf die Leistung der Kaution habe bestehen müssen. Darin liege ein Entgegenkommen der Beklagten, das ihr nicht zum Nachteil gereichen könne mit der Folge, dass sie dadurch ihre Rechte wegen der Nichtzahlung der Kaution verloren hätte. Die (vorläufige) Befriedigung des Sicherungsbedürfnisses der Beklagten könne aber nur so lange angenommen werden, solange der Kläger seiner Mietzahlungsverpflichtung und der vereinbarten Ratenzahlung nachgekommen sei. Ab April 2003 habe der Kläger die schriftlich festgelegte Miete nicht mehr in voller Höhe geleistet. Ob die Miete gemindert gewesen sei oder mündliche Absprachen über eine niedrigere Miete vorlagen, könne dahinstehen, weil die Parteien gerade über diese Fragen gestritten hätten. Diese "Unstimmigkeiten" zwischen den Parteien über die Mietzahlungsverpflichtung habe das berechtigte Sicherungsinteresse der Beklagten an der Leistung der Kaution wieder in den Vordergrund gerückt. Es habe darum ein Sicherungsbedürfnis der Beklagten bestanden, so dass die Nichtzahlung der Kaution für die Annahme eines wichtigen Grundes ausgereicht habe. Die erforderliche Abmahnung sei in der Kündigungserklärung vom 21.8.2003 zu sehen.
[9] Die Kündigung sei auch nicht wegen Fristablaufs unwirksam. Zwar sei nach § 314 Abs. 3 BGB die fristlose Kündigung innerhalb angemessener Frist zu erklären. Diese sei jedoch gewahrt. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Frist überhaupt in Gang gesetzt worden sei. Denn nach den vom BAG in ständiger Rechtsprechung zu § 626 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätzen, wonach bei einem Dauertatbestand die Frist nicht vor dem Entfallen des Kündigungsgrundes zu laufen beginne, hätte die Kündigungsfrist vorliegend noch nicht begonnen, weil der Kläger die Kautionszahlung nie geleistet habe. Wenn angenommen werde, dass die Frist frühestens mit Ausspruch der Abmahnung beginne, so habe die Beklagte diese auch eingehalten. Die Abmahnung sei mit Schreiben vom 21.8.2003 erfolgt, die Kündigung mit Schriftsatz vom 24.9.2003.
[10] Das Kündigungsrecht der Beklagten sei auch entgegen der Ansicht des Klägers nicht verwirkt. Zwar habe die Beklagte nach dem Schreiben vom 20.2.2001, mit dem sie die Kautionszahlung angemahnt habe, über zwei Jahre zugewartet, bevor sie die Kautionszahlung wieder gefordert und schließlich gekündigt habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob dieser Zeitraum für die Annahme des Zeitmoments bereits ausreiche. Jedenfalls habe der Kläger kein Verhalten der Beklagten dargelegt, aus dem er hätte schließen können, diese werde ihr Kündigungsrecht auch künftig nicht ausüben.
II.
[11] Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
[12] 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung verneint, dass die Beklagte dem Kläger die Kautionszahlung erlassen habe und dass die Beklagte bei Erklärung der fristlosen Kündigung ihren Anspruch auf die Kaution verwirkt gehabt habe. Insoweit wird das Urteil von der Revision auch nicht angegriffen.
[13] 2. Die Revision macht jedoch geltend, die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 24.9.2003 erklärte fristlose Kündigung sei schon deswegen unwirksam, weil sich die Beklagte zu diesem Zeitpunkt - entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts - hinsichtlich der Kaution im Annahmeverzug befunden habe. Zwar möge die Beklagte durch das wörtliche Angebot des Klägers kurz nach dem 21.8.2003 - wie das Berufungsgericht ausführe - noch nicht in Annahmeverzug geraten sein, weil das Angebot des Klägers vor und nicht nach der Ablehnung der Kautionsleistung durch die Beklagte erfolgt sei. Doch habe das OLG nicht beachtet, dass der Kläger das mündliche Angebot vom 9.9.2003 und das schriftliche Angebot vom 10.9.2003 nach dieser Ablehnung der Kautionsleistung gemacht habe. Auch habe das Berufungsgericht verkannt, dass das mündliche Angebot vom 9.9. ohne Weiteres in Einklang zu bringen sei mit dem nachfolgenden schriftlichen Angebot, in dem die Übersendung der Mietkaution in Form einer Bankbürgschaft bis zum 20.9.2003 angetragen worden sei. Die Beklagte sei daher durch beide Angebote nach § 295 BGB in Annahmeverzug geraten.
[14] Dem ist jedoch nicht zu folgen. Wenn man mit der Revision davon ausgeht, dass das mündliche Angebot vom 9.9. und das schriftliche Angebot vom 10.9.2003 inhaltlich übereinstimmten, so hätte - weil die Beklagte zuvor angeblich abgelehnt hatte, die Kaution entgegenzunehmen - in beiden Fällen zwar ein wörtliches Angebot gem. § 295 BGB genügt, um die Beklagte in Verzug der Annahme zu setzen. Ein solches Angebot hätte aber der geschuldeten Leistung, also der sofortigen Stellung einer Kaution i.H.v. 30.677,51 EUR, entsprechen müssen (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 66. Aufl., § 295 Rz. 3). Dies hat der Kläger der Beklagten jedoch nicht angeboten. Vielmehr sollte nach seinem Angebot die Kaution nicht sofort am 9. bzw. 10.9.2003, sondern erst am 20.9.2003 und lediglich i.H.v. 30.000 EUR gestellt werden. Außerdem sollte laut Schreiben vom 10.9.2003 für den Fall, dass der Kläger die Kaution nicht stellte, das Mietverhältnis bis zum 31.12.2003 fortdauern und mit diesem Zeitpunkt enden.
[15] 3. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 24.9.2003 wirksam aus wichtigem Grund gekündigt hat.
[16] Nach § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insb. eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Beantwortung der Frage, ob eine Unzumutbarkeit in diesem Sinne vorliegt, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung; diese obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat oder ob er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (BGH, Urt. v. 11.1.2006 - VIII ZR 364/04, MDR 2006, 864 = BGHReport 2006, 696 = NJW 2006, 1585, 1586 m.w.N.). Das Revisionsgericht kann regelmäßig nur überprüfen, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt hat oder ob dem Tatrichter von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, er etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze verletzt hat. Dies ist hier nicht der Fall.
[17] a) Demgegenüber macht die Revision geltend, dass bei der Prüfung der Frage, ob dem Kündigungsberechtigten die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar ist, strenge Anforderungen zu stellen seien. Die Nichtzahlung der Kaution stelle in der Regel keine derart schwerwiegende Störung des Mietverhältnisses dar, dass dem Vermieter dessen Fortsetzung nicht mehr zuzumuten wäre.
[18] Dem kann nicht gefolgt werden. Die Kaution befriedigt regelmäßig ein legitimes Sicherungsbedürfnis des Vermieters. Die Nichtzahlung der Kaution stellt damit grundsätzlich eine erhebliche Vertragsverletzung dar. Der Vermieter kann daher jedenfalls im Bereich der Gewerberaummiete vor der Kündigung in der Regel nicht auf die Einklagung der Kaution verwiesen werden (vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl., § 543 BGB Rz. 178 f. m.w.N.).
[19] b) Weiter rügt die Revision, das Berufungsgericht sei bei der Gesamtabwägung, ob dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses bei Ausspruch der Kündigung unzumutbar gewesen sei, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Es habe nämlich angenommen, dass die Beklagte aufgrund der Entwicklung des Mietverhältnisses ab April 2003 (wieder) einen Grund für die Sicherung ihrer Ansprüche aus dem Mietverhältnis gehabt habe. Dabei habe es seinen Erwägungen zugrunde gelegt, dass sich der Kläger in der notariellen Urkunde vom 29.3.2000 auch hinsichtlich der geschuldeten Miete bis zum 31.3.2003 der Zwangsvollstreckung unterworfen gehabt habe. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Tatsächlich habe sich der Kläger lediglich wegen der Rückstände der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterworfen. Dementsprechend habe das notarielle Schuldanerkenntnis dem Sicherungsbedürfnis der Beklagten auch nur für Forderungen bis April 2000, nicht aber darüber hinaus, Rechnung getragen.
[20] Auch dem kann nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass bis April 2003 dem Sicherungsbedürfnis der Beklagten Genüge getan worden sei, weil hinsichtlich der Rückstände einerseits ein Titel bestanden und andererseits der Kläger die Rückstände in den vereinbarten Raten sowie den reduzierten Mietzins tatsächlich gezahlt habe. Dies aber habe sich im April 2003 geändert. Der Kläger habe ab diesem Zeitpunkt die vereinbarte Miete nicht bezahlt, sondern Abzüge vorgenommen. Deswegen habe für die Beklagte ein Sicherungsbedürfnis bestanden, das die Nichtzahlung der Kaution, die mit Schreiben vom 12.5.2003 ausdrücklich angemahnt worden sei, als wichtigen Grund i.S.v. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB erscheinen lasse. Diese Würdigung weist keine Rechtsfehler auf und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
[21] 4. Entgegen der Meinung der Revision hat die Beklagte die fristlose Kündigung vom 24.9.2003 innerhalb einer angemessenen Frist i.S.v. § 314 Abs. 3 BGB ausgesprochen. Allerdings kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, dass die Frist entweder gar nicht begonnen habe, weil der Kläger die Kaution nicht gezahlt habe, oder sie frühestens mit der Abmahnung vom 21.8.2003 in Lauf gesetzt worden sei. Vielmehr beginnt die Frist, wie sich aus dem Wortlaut des § 314 Abs. 3 BGB ergibt, mit der Kenntniserlangung des Kündigungsgrunds durch den Berechtigten. Dies aber war im April/Mai 2003 der Fall, als der Kläger die Miete kürzte und außerdem die Kaution trotz Mahnung nicht leistete. Dass die Beklagte daraufhin den Kläger nicht bereits im Mai oder Juni 2003 abmahnte und sodann kündigte, sondern durch Zuwarten den Belangen des Klägers entgegenkam, gereicht ihr nicht zum Nachteil. Vielmehr erscheint die Frist von ca. vier Monaten, die die Beklagte bis zum Ausspruch der Kündigung hat verstreichen lassen, noch angemessen i.S.v. § 314 Abs. 3 BGB. Denn die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum vertraglich vorgesehenen Ende im Jahre 2009 blieb einerseits für die Beklagte wegen der fortdauernden Nichtleistung der Kaution unzumutbar. Andererseits ist kein schützenswertes Interesse des Klägers erkennbar, innerhalb eines kürzeren Zeitraums als von vier Monaten Klarheit darüber zu bekommen, ob das Mietverhältnis beendet werde, weil er, was er jederzeit hätte ändern können, die Kaution nicht leistete.
[22] 5. Schließlich führt das Berufungsgericht zutreffend aus, dass die Beklagte ihr Kündigungsrecht nicht verwirkt hat, weil es jedenfalls am Umstandsmoment fehlt. Der Kläger, der im Jahre 2001 in Verhandlungen mit der Beklagten erreichte, dass diese ihn wegen der Kaution vorläufig nicht in Anspruch nahm, konnte nicht davon ausgehen, dass dies auch dann gelten würde, wenn ein neues Sicherungsbedürfnis der Beklagten, wie ab April 2003, entstehen sollte. Vielmehr musste er in diesem Fall damit rechnen, dass die Beklagte die Kaution einfordert und das Mietverhältnis ggf. kündigt. Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte sich vor April 2003 nicht gegen eine optionale Vertragsverlängerung durch den Kläger gewandt und ihm auch eine für ein anderes Mietverhältnis gestellte Kaution zurückgegeben hat. Der Kläger verstößt selbst gegen Treu und Glauben, wenn er der Beklagten vorwirft, sie übe ihr Kündigungsrecht treuwidrig und verspätet aus, weil sie im Jahre 2001 mit Rücksicht auf seine geschwächte finanzielle Leistungsfähigkeit nicht auf der Leistung der Kaution bestanden und gekündigt habe.
Fundstellen
Haufe-Index 1742187 |
BGHR 2007, 695 |
EBE/BGH 2007, 159 |
NJW-RR 2007, 886 |
NZM 2007, 400 |
WM 2007, 1988 |
ZMR 2007, 525 |
ZfIR 2007, 545 |
MDR 2007, 1009 |
WuM 2007, 371 |
GuT 2007, 130 |
Info M 2007, 217 |
Info M 2008, 15 |
MietRB 2007, 168 |
RdW 2007, 510 |
IMR 2007, 181 |
MK 2007, 135 |