Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Bestätigung eines zunächst unverbindlichen Börsentermingeschäfts.
Normenkette
BGB § 141 Abs. 1; BörsG § 53 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 23.07.1997) |
LG Hannover |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 23. Juli 1997 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der beklagten Bank den Ersatz des Verlustes in Höhe von 7.928,14 DM aus einem Optionsgeschäft vom 22. März 1994.
Der Kläger unterzeichnete am 12. Juli 1991 erstmals das Informationsblatt der Beklagten über „Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften” und wickelte bis Dezember 1993 zahlreiche Optionsgeschäfte mit der Beklagten ab. Am 22. März 1994 erwarb er von der Beklagten 500 Aktienoptionsscheine. Am 30. März 1994 unterzeichnete er erneut das Informationsblatt der Beklagten über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften.
Die Beklagte hat unter anderem die Auffassung vertreten, der Kläger könne sich nicht auf fehlende Termingeschäftsfähigkeit berufen; er habe eine erneute Unterzeichnung des Informationsblattes treuwidrig vereitelt und sie durch das falsche Versprechen, die Schrift rechtzeitig zu unterzeichnen, zur Ausführung der Kauforder vom 22. März 1994 veranlaßt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat eine Zahlungsanspruch des Klägers verneint und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Als der Kläger am 22. März 1994 die Order zum Kauf der Optionen erteilt habe, sei er nicht termingeschäftsfähig gewesen, da die erste Belehrung vom 12. Juli 1991 aufgrund mangelnder Wiederholung nach einem Jahr ihre Wirkung verloren gehabt habe (§ 53 Abs. 2 Satz 3 BörsG). Ob der Einwand mangelnder Termingeschäftsfähigkeit durch eine Berufung auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) aus dem Weg geräumt werden könne und ob die tatsächlichen Feststellungen dazu hier ausreichten, könne offenbleiben; denn die Beklagte habe bewiesen, daß der Kläger das zunächst unverbindliche Geschäft bestätigt bzw. neu vorgenommen habe (§ 141 BEB).
Bei Erteilung der Kauforder sei der Kläger von der Beklagten darauf hingewiesen worden, daß man mit ihm keine Optionsgeschäfte mehr machen werde, weil er das Informationsblatts trotz mehrfacher Aufforderung in der Vergangenheit nicht unterschrieben zurückgereicht habe. Der Kläger habe jedoch darauf bestanden, daß die Kauforder noch an diesem Vormittag wegen des unmittelbar bevorstehenden Börsenschlusses auch ohne Unterzeichnung der Schrift durchgeführt werde. Er habe zugesichert, das Informationsblatt unterzeichnet am Nachmittag des 22. März 1994 bei der Beklagten vorzulegen. An dieses Versprechen habe er sich jedoch nicht gehalten. Ihm sei deshalb das Informationsblatt unter dem 28. März 1994 noch einmal mit dem Vermerk „Wir bitten um schnellstmögliche Rückgabe, da sonst die Aufträge nicht ausgeführt werden können” zugeschickt worden. Zudem sei der Kläger – höchstwahrscheinlich am 29. März 1994 – telefonisch darauf hingewiesen worden, daß die Beklagte das Geschäft stornieren müsse, sofern er nicht sofort das Informationsblatt unterschreibe. Das habe der Kläger zugesagt und das Informationsblatt unter dem 30. März 1994 unterzeichnet und es der Beklagten zurückgesandt. Dieses Verhalten sei als Bestätigung bzw. Annahme des Angebots der Beklagten zur Neuvornahme des bisher unverbindlichen Optionsgeschäfts zu werten.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. § 141 Abs. 1 BGB findet zwar keine unmittelbare Anwendung; denn das Börsentermingeschäft vom 22. März 1994 war nicht nichtig, sondern lediglich unverbindlich (§§ 52, 53 Abs. 1, 2 BörsG). Gegen die vom Berufungsgericht für zulässig erachtete entsprechende Anwendung des § 141 Abs. 1 BGB auf solche unverbindlichen Rechtsgeschäfte bestehen aber keine durchgreifenden Bedenken. Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift gebieten es nicht, zwar die Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts zuzulassen, nicht aber die Bestätigung eines nur unverbindlichen Geschäfts. Auch die Parteien eines solchen Rechtsgeschäfts können ein Interesse daran haben, die sich aus ihm ergebenden Ansprüche durchzusetzen, wenn die Gründe, die zur Unverbindlichkeit des Geschäfts geführt haben, weggefallen sind.
2. Der Schutzzweck des § 53 Abs. 2 BörsG steht einer Bestätigung des Börsentermingeschäfts vom 22. März 1994 nicht entgegen.
Ist der nicht börsentermingeschäftsfähige Kunde nach § 53 Abs. 2 BörsG ordnungsgemäß belehrt worden, so kann er von diesem Zeitpunkt an in den zeitlichen Grenzen des § 53 Abs. 2 Satz 3 BörsG Börsentermingeschäfte verbindlich abschließen. Dem Neuabschluß in seinen rechtlichen Auswirkungen vergleichbar ist die Bestätigung eines unverbindlichen Börsentermingeschäfts, die als Neuvornahme zu beurteilen ist (§ 141 BGB). Der informierten Vertragspartei die Möglichkeit der Bestätigung zu versagen, besteht unter Schutzgesichtspunkten kein Anlaß, wenn sie im Bewußtsein der Unverbindlichkeit des früheren Geschäfts (vgl. zur Nichtigkeit z.B. BGB-RGRK/Krüger-Nieland/Zöller 12. Aufl. § 141 Rdn. 10 m.w.Nachw.) und in Kenntnis aller Vereinbarungen steh auf den Boden dieses Vertrages stellen will.
Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, § 53 Abs. 2 BörsG stehe der Rückwirkung der Börsentermingeschäftsfähigkeit auf Geschäfte entgegen, die vor der Unterzeichnung der Unterrichtungsschrift abgeschlossen wurden, verkennt sie, daß es hier nicht um die Frage der Rückwirkung geht, sondern allein darum, ob eine als Neuvornahme zu wertende Bestätigung nach Herstellung der Börsentermingeschäftsfähigkeit vorliegt. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei unverbindlichen Börsentermingeschäften strengere Anforderungen gelten sollten als bei Bestätigung nichtiger Rechtsgeschäfte nach Fortfall des Nichtigkeitsgrundes.
3. Es ist schließlich auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die von den Parteien abgegebenen Erklärungen als Bestätigung des bereits am 22. März 1994 abgeschlossenen, bis dahin unverbindlichen Optionsgeschäfts ausgelegt hat. Diese tatrichterliche Würdigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzlich oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob sie auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 – X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968 m.w.Nachw.). Ein derartiger Fehler ist nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend gewürdigt und seine Erwägungen hierzu in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar dargelegt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. Oktober 1992 – VIII ZR 99/91, NJW-RR 1993, 562). Auch die Revision hält die Auslegung des Berufungsgerichts für möglich. Ob noch eine andere Auslegung „denkbar” gewesen wäre, ist revisionsrechtlich ohne Belang.
Unterschriften
Schimansky, Dr. Schramm, Dr. Siol, Nobbe, Dr. van Gelder
Fundstellen
Haufe-Index 1392102 |
BB 1998, 1387 |
DB 1998, 1711 |
NJW 1998, 2528 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1998, 1278 |
WuB 1998, 1029 |
ZIP 1998, 1105 |
MDR 1998, 978 |
ZBB 1998, 247 |