Leitsatz (amtlich)
Bei der Neufestsetzung der Rente nach § 35 Abs. 2 BEG sind sämtliche Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, auch wenn sie – für sich genommen – eine Neufestsetzung nicht zu rechtfertigen vermögen. Bei der Prüfung, ob die aufgrund der veränderten Verhältnisse errechnete Rente jeweils um mindestens 30 vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht, ist die aufgrund der letzten Änderung der Verhältnisse errechnete Rente mit der (fiktiven) Rente zu vergleichen, die sich nach der vorletzten Änderung der Verhältnisse ergibt. Beträgt die Differenz mindestens 30 vom Hundert und weicht die aufgrund der letzten Änderung der Verhältnisse errechnete Rente zugleich um mindestens 30 vom Hundert von der festgesetzten Rente ab, sind die Voraussetzungen für eine Neufestsetzung der Rente erfüllt.
Normenkette
BEG 1956 § 35
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Januar 2000 wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die am 3. Januar 1913 geborene Klägerin erhält aufgrund Bescheides des Bayerischen Landesentschädigungsamtes vom 26. November 1962 eine monatliche Rente wegen Schadens an Körper oder Gesundheit für das Verfolgungsleiden „emotionelle Labilität im Sinne der wesentlichen Mitverursachung”. Die Rente ist nach der jeweiligen Höhe des Diensteinkommens eines Bundesbeamten des einfachen Dienstes zu berechnen. Die verfolgungsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (vMdE) wurde bis auf weiteres auf 30%, der Hundertsatz auf 25% festgesetzt. Mit Bescheid vom 19. Juli 1979 wurde der Hundertsatz aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin auf 20% herabgesetzt. Dabei ging die Behörde von einem Mittelwert von 27,5% aus. Für eine seinerzeit noch in Ausbildung befindliche Tochter der Klägerin rechnete sie 2,5% hinzu; wegen anrechenbarer Einkünfte setzte sie 10% (vier Abschläge à 2,5%) ab. Danach erhielt die Klägerin die Mindestrente. Diese belief sich vom 1. April 1995 bis 28. Februar 1997 auf 718 DM monatlich (Art. 2 Nr. 2 Buchst. b der Änderungsverordnung 1995 vom 15. April 1996 [BGBl. I S. 605] und Art. 2 Nr. 3 Buchst. b der Änderungsverordnung 1997 vom 22. Juli 1997 [BGBl. I S. 1860] zur Ersten bis Dritten Verordnung zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes). Mit Schreiben vom 12. September 1996 beantragte die Klägerin eine höhere Rente, weil sich ihr Gesundheitszustand wesentlich verschlimmert und ihr Einkommen wesentlich geändert habe. Mit Bescheid vom 28. Januar 1997 lehnte das beklagte Land eine Neufestsetzung der Rente ab. Zwar könne ab 1. Juni 1996 die vMdE mit 40% und die allgemeine Minderung der Erwerbsfähigkeit (aMdE) mit über 80% bewertet werden. Dies führe indes nicht zu einer Abweichung um mindestens 30% von der festgesetzten Rente, so daß gemäß § 35 Abs. 2 BEG eine Neufestsetzung nicht in Betracht komme.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Landgericht das beklagte Land verurteilt, an die Klägerin ab 1. Juni 1999 eine monatliche Gesundheitsschadensrente in Höhe von 1.108,45 DM und für die Zeit vom 1. Juni 1996 bis zum 30. Mai 1999 eine Rentennachzahlung in Höhe von 13.705,15 DM zu zahlen. Die Berufung des beklagten Landes ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt das Land den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat im Anschluß an das Landgericht ausgeführt, die allmähliche Verschlimmerung des verfolgungsbedingten Leidenszustandes der Klägerin habe ab 1. Juni 1996 zu einer vMdE von 40% geführt und bewirkt, daß sich der Grad der aMdE auf 80% erhöht habe. Beide Verschlimmerungen seien als einheitlicher Lebensvorgang zu betrachten und stellten eine einzelne Veränderung der Verhältnisse dar. Bei der Prüfung, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 35 BEG wesentlich geändert haben, sei der zuletzt gezahlten Rente die dem Verfolgten nunmehr rechtlich zustehende Rente gegenüberzustellen. Dabei seien alle „rentenrelevanten Verhältnisse” zu berücksichtigen. Nicht etwa dürfe eine fiktive Berechnung vorgenommen werden, bei der nur jeweilsein geändertes Merkmal der früheren Rentenberechnung ausgewechselt werde, die übrigen Merkmale der früheren Berechnung aber in die neue Berechnung übernommen würden. Denn dies führe entgegen dem Willen des Gesetzgebers dazu, daß der Neuberechnung gegebenenfalls nicht mehr aktuelle Verhältnisse zugrunde gelegt würden. Allerdings sei in § 35 Abs. 2 BEG gegenüber § 35 Abs. 1 BEG nicht allein der Grad der erforderlichen Abweichung zwischen festgesetzter und neu errechneter Rente erhöht worden. Vielmehr müsse die Rentenänderung um mindestens 30% durch eine einzelne Veränderung der Verhältnisse erreicht werden. Dies beurteile sich nach dem Unterschied in der Rentenhöhe, der sich für zwei aufeinanderfolgende Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse errechne. Diese Differenz müsse mindestens 30% betragen und zugleich müsse die neu errechnete Rente von der bisher festgesetzten Rente um 30% abweichen. Dies treffe im Streitfall zu.
II.
1. a) Soweit das Berufungsgericht in der Leidensverschlimmerung und der dadurch bewirkten Erhöhung von vMdE und aMdE eine einzelne Änderung der Verhältnisse im Sinn von § 35 Abs. 2 BEG sieht, wird das Berufungsurteil von der Revision nicht angegriffen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
b) Die Revision hält die von den Vorinstanzen vorgenommene Berechnung deshalb für fehlerhaft, weil nicht nur die Folgen der Leidensverschlimmerung zum 1. Juni 1996, sondern auch die Veränderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Ansatz gebracht worden seien. Diese Rüge bleibt ohne Erfolg.
2. Nach § 35 Abs. 1 BEG ist eine Rente im allgemeinen neu festzusetzen, wenn sich die Verhältnisse, die der Bemessung der Rente zugrunde lagen, nachträglich so geändert haben, daß die aufgrund der geänderten Verhältnisse neu errechnete Renteinsgesamt um mindestens 10 vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht. Demgegenüber ist nach § 35 Abs. 2 BEG die Rente von Verfolgten, die – wie die Klägerin – das 68. Lebensjahr vollendet haben, nur dann neu festzusetzen, wenn die aufgrund der veränderten Verhältnisse errechnete Rentejeweils um mindestens 30 vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht. Während es nach § 35 Abs. 1 BEG für eine Neufestsetzung ausreicht, wenn mehrere Veränderungen der Verhältnisse sich insgesamt dahin auswirken, daß eine um mindestens 10% abweichende Rente gerechtfertigt ist, verlangt § 35 Abs. 2 BEG, daß eine einzelne Änderung der Verhältnisse eine Abweichung um mindestens 30% rechtfertigt (BGH, Urt. v. 1. Dezember 1994 – IX ZR 63/94, LM § 35 BEG 1956 Nr. 34 zu II 1). In dem Bericht des Ausschusses für Wiedergutmachung wird diese Vorschrift wie folgt begründet (BT-Drucks. IV/3423 S. 5 f – „Zu Nr. 9a (§ 21)”; vgl. auch S. 7 – „Zu Nr. 17b (§ 35)”):
„Absatz 2 ist neu eingefügt worden und soll für betagte Verfolgte eine grundsätzliche Fixierung ihrer Rentenbeträge gewährleisten. Insbesondere soll sichergestellt werden, daß Rentenerhöhungen in der Sozialversicherung oder in der Kriegsopferversorgung nicht mehr in jedem Falle zu einer Neuberechnung und Herabsetzung der BEG-Rente führen, da in diesen Fällen im allgemeinen keine Abweichung von der bisherigen Rente in Höhe von 30 vom Hundert eintreten wird. Die Neuregelung läuft somit weitgehend auf eine ‚Versteinerung’ der Renten hinaus. Die Vollendung des 68. Lebensjahres ist deshalb als Grenze gewählt worden, weil in diesem Lebensalter in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle davon ausgegangen werden kann, daß der Versorgungsfall bereits eingetreten ist und sich demnach die wirtschaftlichen Verhältnisse des Rentenberechtigten nicht mehr wesentlich ändern werden. Der Zweckbestimmung dieser Neuregelung entspricht es, daß sich hier – im Gegensatz zu den Fällen des Absatzes 1 – der Mindestsatz von 30 vom Hundert für den jeweiligen Einzelfall und nicht für die Gesamtheit der künftigen Änderung der Verhältnisse errechnet. Der Ausschuß geht bei der Neuregelung des Absatzes 2 selbstverständlich davon aus, daß die linearen Rentenerhöhungen auf Grund künftiger Erhöhung der Beamtenbesoldung auch weiterhin ohne Rücksicht auf die Mindestgrenze von 30 vom Hundert gewährt werden. Die Neufassung soll vor allem aber auch der Vereinfachung der Praxis dienen und soweit möglich vermeiden, daß die Verfolgten laufend und immer wieder Fragebogen ausfüllen müssen und dadurch unnötig an ihr Verfolgungsschicksal erinnert werden. Der Ausschuß erwartet, daß die Entschädigungsbehörden derartige Befragungen der Verfolgten soweit wie möglich vermeiden oder mindestens einschränken.”
Sowohl dem Wortlaut als auch der Begründung von § 35 Abs. 2 BEG läßt sich über die dargelegten Grundsätze hinaus nicht eindeutig entnehmen, wie eine Neuerrechnung der Rente bei mehreren Änderungen der Verhältnisse nach dieser Norm vorzunehmen ist.
a) Das beklagte Land geht davon aus, daß für die Rentenerrechnung lediglich solche Veränderungen zu berücksichtigen sind, die für sich genommen zu einer Rente führen, die von der festgesetzten Rente um mindestens 30% abweicht (ähnlich wohl Weiss, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz, Bd. IV Das Bundesentschädigungsgesetz Erster Teil S. 327, 329 f). Das würde im Streitfall bedeuten, daß unter Vernachlässigung der Änderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die jeweils nur zu einer unter 30% liegenden und deshalb nicht erheblichen Veränderung der festgesetzten Rente geführt hätten, lediglich diejenigen Veränderungen der Verhältnisse zu berücksichtigen wären, die in der Verschlimmerung des Gesundheitsschadens und einer dadurch bedingten Erhöhung von vMdE und aMdE liegen. Dann wäre die Rente nach einem Hundertsatz von 30% zu errechnen, indem der in dem Bescheid von 1979 festgesetzte Hundertsatz von 20% um 10 Prozentpunkte (je 5 Prozentpunkte für die Steigerung der vMdE auf 40% und der aMdE auf 80% [§ 31 Abs. 6 BEG; § 15a Abs. 1 Nr. 2 der 2. DV-BEG]) erhöht würde. Das ergäbe für den 1. Juni 1996 eine Monatsrente von 924 DM (vgl. Art. 2 Nr. 4 Buchst. b ÄnderungsVO 1995 i.V.m. Art. 2 Nr. 5 Buchst. a ÄnderungsVO 1997 – jeweils aaO). Danach beträgt das für die Klägerin maßgebliche jährliche Diensteinkommen für den einfachen Dienst in der Zeit vom 1. April 1995 bis 28. Februar 1997 36.960 DM, d.h. monatlich 3.080 DM. Davon stünden ihr 30% zu. Im Vergleich zu der der Klägerin zugesprochenen Mindestrente, die sich in dieser Zeit auf 718 DM belief, macht dies einen Unterschied von 206 DM aus. Dieser liegt um 9,40 DM unter dem Prozentsatz von 30% von 718 DM, der 215,40 DM ausmacht. Danach käme eine Neufestsetzung nicht in Betracht, sofern man nicht mit Brunn/Hebenstreit (BEG § 35 Rn. 7 Beispiel Nr. 2 a.E.) wegen des geringen Betrages, der an der Erreichung der 30%-Grenze fehlt, im Zuge der Gesamtschau einen weiteren Zuschlag zum Hundertsatz für gerechtfertigt hielte.
b) Land- und Berufungsgericht sind demgegenüber von einer anderen Berechnungsweise ausgegangen, die einer im Schrifttum vertretenen Auffassung entspricht (vgl. Blessin/Giessler, BEG-SchlußG § 35 BEG Anm. II 5 b). Nach dieser Meinung sind auch bei der Neuerrechnung der Rente nach § 35 Abs. 2 BEG die gesamten für die Rentenbemessung maßgebenden Änderungen der Verhältnisse zu berücksichtigen. Dem Umstand, daß die Rente nur dann neu festzusetzen ist, wenn die aufgrund der veränderten Verhältnisse errechnete Rentejeweils um mindestens 30% von der festgesetzten Rente abweicht, wird dadurch Rechnung getragen, daß die aufgrund der letzten Änderung der Verhältnisse errechnete Rente derjenigen Rente gegenübergestellt wird, die sich aus der vorletzten Änderung der Verhältnisse errechnet. Entscheidend ist demnach das Ausmaß dieser letzten Änderung, nicht – wie in § 35 Abs. 1 BEG – die Summe aller Änderungen in der Zeit, die seit der letzten Rentenfestsetzung verstrichen ist. Dies führt im Streitfall zu folgender Vergleichsrechnung:
Gegenüber den Verhältnissen, die dem Rentenbescheid von 1979 zugrunde lagen, war vor dem 1. Juni 1996 die Unterhaltspflicht für eine Tochter entfallen; die Vermögensverhältnisse der Klägerin hatten sich derart verschlechtert, daß nur noch ein Abschlag von 2,5% vorzunehmen war. Das ergab bei einer vMdE von 30% nach § 31 Abs. 6 BEG, § 15a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der 2. DV-BEG einen Hundertsatz von 25%. Daraus errechnet sich für Anfang 1996 eine Monatsrente von (36.960 : 12 = 3.080 × 25 : 100 =) 770 DM. Aufgrund der zum 1. Juni 1996 eingetretenen Erhöhung der vMdE auf 40% und der aMdE auf 80% stieg der Hundertsatz gemäß § 31 Abs. 6 BEG, § 15a Abs. 1 Nr. 2 der 2. DV-BEG um je 5 Prozentpunkte auf 35%. Daraus errechnet sich zum 1. Juni 1996 eine Monatsrente der Klägerin von (36.960 : 12 = 3.080 × 35 : 100 =) 1.078 DM. Diese Rente übersteigt sowohl die (fiktive) Rente von 770 DM als auch die festgesetzte Rente von 718 DM um mehr als 30%. Demnach wären die Voraussetzungen für eine Neufestsetzung der Rente erfüllt.
c) Die Auslegung des beklagten Landes träfe zu, wenn § 35 Abs. 2 BEG wie folgt zu verstehen wäre: Bei einer Änderung der Verhältnisse ist die Rente nur dann neu festzusetzen, wenn die jeweilige Veränderung für sich genommen – ohne Berücksichtigung anderer Veränderungen, die ihrerseits eine Rentenerhöhung nicht zu begründen vermögen – zur Errechnung einer Rente führt, die von der festgesetzten Rente um mindestens 30 Prozentpunkte abweicht. Bei der Neufestsetzung der Rente darf ebenfalls nur die jeweilige Änderung der Verhältnisse berücksichtigt werden.
Dieses Verständnis des § 35 Abs. 2 BEG mag möglich sein, ist aber nicht zwingend. Der Wortlaut – „die auf Grundder veränderten Verhältnisse errechnete Rente” – läßt auch die Annahme zu und legt sie sogar nahe, daß die neue Rente unter Berücksichtigung der Gesamtheit der veränderten Verhältnisse zu errechnen ist, daß aber eine entsprechende Neufestsetzung nur in Betracht kommt, wenn ein Vergleich der neu errechneten mit der aufgrund der vorletzten Veränderung der Verhältnisse errechneten (fiktiven) Rente eine Abweichung von mindestens 30% von dieser und der festgesetzten Rente ergibt. Diese Auslegung, die der Meinung von Blessin/Giessler aaO sowie derjenigen von Brunn/Hebenstreit aaO § 35 Rn. 7 entsprechen dürfte, führt in den Fällen, in denen sich die Verhältnisse der Verfolgten nach der Vollendung des 68. Lebensjahres verschlechtert haben, gegenüber dem Verständnis des beklagten Landes zu einer Besserstellung der Verfolgten. Sie wird auch dem Anliegen des Gesetzgebers gerecht, mit der durch § 35 Abs. 2 BEG bezweckten „Versteinerung” der Renten in erster Linie ein Instrument zugunsten der Verfolgten zu schaffen. Zwar ist die Norm auch zu beachten, wenn der betagte Verfolgte eine Rentenerhöhung beantragt. Bereits bei den Gesetzesberatungen im Ausschuß für Wiedergutmachung wurde darauf hingewiesen und von den Ausschußmitgliedern ohne Widerspruch hingenommen, daß § 35 Abs. 2 BEG sich nicht nur zugunsten, sondern auch zuungunsten des Rentenempfängers auswirken kann (vgl. Kurzprotokoll der 36. Sitzung des Ausschusses für Wiedergutmachung vom 5. November 1964 S. 9). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschl. v. 17. Januar 1985 – IX ZB 122/84, wiedergegeben bei Zorn, NJW 1986, 2878, 2879 Nr. 5; Urt. v. 28. November 1991 – IX ZR 76/91, LM § 35 BEG 1956 Nr. 33; Urt. v. 1. Dezember 1994 aaO; Urt. v. 20. November 1997 – IX ZR 110/97, LM § 35 BEG 1956 Nr. 36; Beschl. v. 4. Februar 1999 – IX ZB 89/98, n.v.; Beschl. v. 21. September 1999 – IX ZB 47/99, n.v.; auch Blessin/Giessler aaO § 35 Anm. II 5 b; Zorn, RzW 1965, 385, 387). Gleichwohl ist bei der Handhabung der Vorschrift dem mit ihr verfolgten Zweck im Rahmen des Möglichen weitestgehend Rechnung zu tragen. Dies ist um so mehr geboten, als sich nach der Erfahrung des Senats die Regelung des § 35 Abs. 2 BEG unterdessen einseitig zu Lasten der Verfolgten auswirkt. Der Zweck der Entschädigungsgesetzgebung geht dahin, das zugefügte Unrecht so bald und so weit wie irgend möglich wiedergutzumachen. Der Senat hat deshalb wiederholt betont, daß eine Gesetzesauslegung, die möglich ist und diesem Ziel entspricht, den Vorzug gegenüber jeder anderen Auslegung verdient, die die Wiedergutmachung erschwert oder zunichte macht (vgl. BGH, Urt. v. 1. Dezember 1994 aaO zu II 2).
Demzufolge ist der von den Instanzgerichten vertretenen Auslegung der Vorzug vor derjenigen des beklagten Landes zu geben.
Die Rentenerrechnung von Land- und Oberlandesgericht läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird als solche von der Revision nicht angegriffen.
Unterschriften
Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof, Fischer, Raebel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.02.2001 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NJW 2001, 2022 |
BGHR 2001, 372 |
Nachschlagewerk BGH |