Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückfragepflicht der Überweisungsbank gegenüber Auftraggeber. Verdacht auf Missbrauch der Vertretungsmacht des Vertreters. Zurückverweisung an erstinstanzliches Gericht auf Parteiantrag
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn durch das angefochtene Urteil nur über den Grund des Anspruchs entschieden worden ist, setzt eine Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges einen entsprechenden Antrag einer Partei voraus.
Die Überweisungsbank trifft ausnahmsweise eine Rückfragepflicht gegenüber dem Auftraggeber, wenn sich der Verdacht eines Missbrauchs der Vertretungsmacht durch dessen Vertreter aufdrängen muss.
Normenkette
ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 n.F.; BGB §§ 276, 276 a.F.
Verfahrensgang
Thüringer OLG (Urteil vom 11.02.2003; Aktenzeichen 5 U 512/02) |
LG Gera |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Jena v. 11.2.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Grund gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Rechts der J. GmbH (im Folgenden: Generalübernehmerin) wegen pflichtwidriger Ausführung zweier Überweisungsaufträge in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Generalübernehmerin verpflichtete sich mit Kauf- und Bauverpflichtungsvertrag v. 17.11.1994 gegenüber der A. mbH (im Folgenden: Investorin) zur Übereignung eines Grundstücks in Z. und zur Errichtung eines Wohn- und Gewerbeobjekts auf diesem Grundstück. Die Beklagte war kontoführendes Institut sowohl der Investorin als auch der Generalübernehmerin. Sie stellte zu Gunsten der Generalübernehmerin den von der Investorin geschuldeten Kaufpreis von 21.030.513 DM auf einem bei ihr geführten Konto zur Verfügung, ließ sich das Kontoguthaben aber zur Sicherung aller ihrer Forderungen gegen die Generalübernehmerin verpfänden. Mit Generalunternehmervertrag v. 20.12.1994 beauftragte die Generalübernehmerin die Klägerin mit der schlüsselfertigen Erstellung des Bauvorhabens. Diesen Vertrag kündigte sie im Januar 1996 wegen Bauverzögerungen. Mit der Fertigstellung des Bauvorhabens beauftragte sie sodann am 1.3.1996 die - unter derselben Adresse wie die Investorin ansässige und auch personell mit dieser verflochtene - M. KG (im Folgenden: M.). Bei Abschluss dieses Vertrages wurde die Generalübernehmerin durch RA S. vertreten, der in ihrem Namen zugleich mit der Investorin eine Vereinbarung über die Abwicklung der an die M. zu leistenden Zahlungen traf (im Folgenden: Anweisungsvereinbarung). Darin wies die Generalübernehmerin die Beklagte u.a. an, Überweisungen/Auszahlungen an die M. auch auf Weisung der Investorin vorzunehmen, "wenn Rechnungen vorgelegt werden, die einen Auszahlungsanspruch begründen" und erteilte der Investorin eine unwiderrufliche Vollmacht, der Beklagten Anweisungen zur "Ausbezahlung/Überweisung von Geldern" vom Konto der Generalübernehmerin an die M. zu erteilen, wobei von dieser Vollmacht nur Gebrauch gemacht werden dürfe, wenn Rechnungen der M. vorlägen, "die einen Auszahlungsanspruch begründen".
Die Beklagte nahm in der Folge von dem Konto der Generalübernehmerin mehrere Auszahlungen an die M. vor. Zuletzt überwies sie auf Weisung der Investorin, die dabei jeweils Abschlagsrechnungen der M. sowie Bautenstandsberichte vorlegte, am 25.9.1996 einen Betrag von 1.476.000 DM und am 8.10.1996 einen Betrag von 494.732,02 DM zu Lasten der Generalübernehmerin auf das ebenfalls bei ihr geführte Konto der M.. Wegen dieser beiden Zahlungen nebst Zinsen nimmt die Klägerin sie mit der vorliegenden Klage auf Grund gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Rechts der Generalübernehmerin in Anspruch. Über deren Vermögen war bereits am 23.8.1996 ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt worden, der in der Folge mangels Masse abgewiesen wurde. Auch die Investorin und die M. gerieten in Vermögensverfall.
Das LG hat den auf Zahlung von 1.970.732,80 DM nebst Zinsen gerichteten Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und den Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Klageanspruches an das LG zurückverwiesen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin erstrebt mit der Anschlussrevision eine Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht den Rechtsstreit an das LG zurückverwiesen hat.
Entscheidungsgründe
A.
Die Revision und die Anschlussrevision sind statthaft (§§ 542, 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zwar fehlt es angesichts der auf die Umstände des Einzelfalles abstellenden Entscheidung des Berufungsgerichts an einem Zulassungsgrund i.S.d. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO. Der Senat ist an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht aber gebunden (§ 543 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B.
Die Revision und die Anschlussrevision sind auch begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Die Beklagte habe die Auszahlungen v. 25.9.und 8.10.1996 nicht ohne vorherige Rückfrage bei der Generalübernehmerin vornehmen dürfen. Über die von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen von Hinweis- und Aufklärungspflichten der Bank hinaus sei die Beklagte hier bei einer Gesamtschau der Umstände des Falles verpflichtet gewesen, vor einer Auszahlung bei der Generalübernehmerin nachzufragen, ob die ihr - der Beklagten - erteilten Anweisungen tatsächlich ausgeführt werden sollten. Eine solche Pflicht habe wegen der für die Beklagte erkennbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Vertragsabwicklung, der personellen Verflechtung der Investorin mit der M. und der Schreiben der Generalübernehmerin v. 30.3.1996 sowie v. 28.8.1996 bestanden. In dem ersten Schreiben hatte die Generalübernehmerin mitgeteilt, Rechtsanwalt S. sei von ihr zu einem Zahlungsauftrag über 1,5 Mio. DM nicht bevollmächtigt, im Zweiten hatte sie darauf hingewiesen, hinsichtlich einer Rechnung der M. v. 23.8.1996 bestehe kein Auszahlungsanspruch. Schließlich seien auch die Bautenstandsberichte zu berücksichtigen, die nicht ohne weiteres widerspruchsfrei nachvollzogen werden könnten. Auch durch die Anweisungsvereinbarung sei die Beklagte nicht zur ungeprüften Auszahlung berechtigt gewesen. Da diese Vereinbarung ausdrücklich eine Beschränkung der Anweisungsbefugnis der Beklagten für den Fall vorsehe, dass Rechnungen vorgelegt würden, die einen Auszahlungsanspruch begründeten, habe sich die Beklagte vor einer Auszahlung zumindest bei der Generalübernehmerin über die Berechtigung des Auszahlungsanspruchs rückversichern müssen.
Für die Höhe des der Klägerin zustehenden Zahlungsanspruchs komme es darauf an, in welcher Höhe der M. Ansprüche gegenüber der Generalübernehmerin zustünden. Deshalb sei das Verfahren nach § 538 ZPO n.F. zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Klageanspruches an das LG zurückzuverweisen.
II.
1. Revision der Beklagten
a) Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist bereits der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, das zur Begründung einer Pflichtverletzung an die insb. im Zusammenhang mit steuersparenden Bauherren- oder Erwerbermodellen entwickelten Grundsätze zu den Aufklärungspflichten einer Bank bei Abschluss eines Darlehensvertrages (BGH, Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 460/02, BGHReport 2004, 595 = MDR 2004, 582 = WM 2004, 521 [523] m.w.N.) anknüpft. Wie die Revision zu Recht rügt, geht es im vorliegenden Fall nicht um vorvertragliche Aufklärungspflichten der Bank, sondern um deren Sorgfaltspflichten bei der Ausführung von Überweisungsaufträgen. Hierfür gelten nach gefestigter Rechtsprechung Besonderheiten, die das Berufungsgericht unbeachtet gelassen hat.
Grundsätzlich obliegen den am Überweisungsverkehr beteiligten Banken keine Warn- und Schutzpflichten gegenüber den Überweisenden und den Zahlungsempfängern. Die Banken werden hier nur zum Zwecke eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs tätig und haben sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden zu kümmern. Sie müssen sich vielmehr streng innerhalb der Grenzen des ihnen erteilten formalen Auftrags halten (st.Rspr., BGH, Urt. v. 5.3.1991 - XI ZR 61/90, WM 1991, 799 [800]; v. 14.1.2003 - XI ZR 154/02, MDR 2003, 516 = BGHReport 2003, 389 = WM 2003, 430 [433] m.w.N.). Nur ausnahmsweise gilt etwas Anderes, wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles gebieten, den Auftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Auftraggeber auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren. Einen solchen Ausnahmefall hat die Rechtsprechung angenommen, wenn der beauftragten Bank der ersichtlich unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Zusammenbruch des Überweisungsempfängers oder der Empfangsbank bekannt ist (BGH, Urt. v. 9.3.1961 - II ZR 105/60, WM 1961, 510 [511]; v. 29.5.1978 - II ZR 89/76, WM 1978, 588 [589]; v. 29.9.1986 - II ZR 283/85, MDR 1987, 293 = CR 1987, 166 = WM 1986, 1409 f.), wenn unklar ist, ob die erteilte Weisung fortbesteht oder nicht (BGH, Urt. v. 20.11.1990 - XI ZR 107/89, BGHZ 113, 48 ff. = MDR 1991, 335 = WM 1991, 57 [59]), oder wenn sich der Verdacht des Missbrauchs der Vertretungsmacht durch einen Vertreter aufdrängen muss (BGH, Urt. v. 17.11.1975 - II ZR 70/74, WM 1976, 474).
bb) Umstände, die nach Maßgabe dieser Grundsätze geeignet wären, eine ausnahmsweise bestehende Rückfragepflicht der Beklagten zu begründen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
(1) Die nach Auffassung des Berufungsgerichts im Rahmen einer Gesamtschau zu berücksichtigenden Umstände rechtfertigen die Annahme einer aus Treu und Glauben folgenden Rückfragepflicht der Bank gegenüber der Kontoinhaberin schon deshalb nicht, weil diese nach den getroffenen Feststellungen insoweit nicht schutzbedürftig war.
Kennzeichnend für die Ausnahmefälle, in denen die Rechtsprechung aus Treu und Glauben eine Rückfragepflicht der Überweisungsbank angenommen hat, ist insbes. die fehlende Kenntnis des Auftraggebers von den die Hinweispflicht begründenden Umständen. Dieser soll, weil er anders als die Bank nicht über die entsprechenden Informationen verfügt, durch die Rückfrage in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zu ergreifen, um Schaden zu verhindern. Dessen bedurfte es bei den vom Berufungsgericht für maßgeblich erachteten Umständen nicht. Sie waren der Generalübernehmerin als Auftraggeberin bereits bekannt, ohne dass diese ihrerseits Maßnahmen zu ihrem Schutz getroffen hätte. Dies gilt für den bereits zuvor über ihr Vermögen gestellten Konkursantrag ebenso wie für die zwischen ihr und der Investorin aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung von Zahlungen an die M. sowie schließlich für die enge persönliche Verflechtung der Investorin mit der M. Nach den bislang getroffenen Feststellungen ist kein Grund ersichtlich, weshalb angesichts dieser Umstände aus Treu und Glauben eine Rückfragepflicht der Bank gegenüber der Generalübernehmerin bestehen sollte, zumal diese ihrerseits in Kenntnis der Umstände keinen Anlass gesehen hatte, etwas zu unternehmen, um möglichen Schaden zu verhindern. Sie hat im Gegenteil durch Genehmigung des Bauvertrags mit der M. die Gefahr ihr nachteiliger Verfügungen durch die Investorin selbst erst geschaffen, deren Überweisungsaufträge über einen längeren Zeitraum geduldet und nicht einmal nach dem Konkursantrag v. 23.8.1996 oder mit Rücksicht auf die ihrer Meinung nach nicht berechtigte Abschlagsrechnung der M. vom selben Tag Vorsorge getroffen, um weitere - ihr möglicherweise nachteilige - Verfügungen der Investorin zu unterbinden.
(2) Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht bislang keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die eine Rückfragepflicht der Beklagten hinsichtlich der beiden streitgegenständlichen Weisungen hätten begründen können.
(a) Das gilt zunächst für eine mögliche Rückfragepflicht mit der Begründung, es sei unklar gewesen, ob die erteilte Weisung fortbestanden habe (BGH, Urt. v. 20.11.1990 - XI ZR 107/89, BGHZ 113, 48 ff. = MDR 1991, 335 = WM 1991, 57 [59]). Zwar hat das Berufungsgericht auf die Schreiben der Generalübernehmerin v. 30.3.und 28.8.1996 verwiesen. Es hat aber nicht festgestellt, dass angesichts dieser Schreiben im Zeitpunkt der beiden Überweisungsaufträge v. 25.9.und v. 8.10.1996 Unklarheit bestand, ob die der Beklagten erteilte Weisung der Generalübernehmerin v. 1.3.1996, Überweisungen an die M. auch auf Weisung der Investorin vorzunehmen, fortbestand oder nicht.
(b) Eine Rückfragepflicht der Beklagten ergibt sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines möglicherweise pflichtwidrigen Vertreterhandelns der Investorin bei der Erteilung der Überweisungsaufträge. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die enge personelle Verflechtung der Investorin mit der M. und auf die Schreiben der Generalübernehmerin, mit denen diese Bedenken gegen die in ihrem Namen entfaltete Tätigkeit des RA S. erhoben und einer früheren Abschlagsrechnung der M. widersprochen hatte, genügen hierzu ebenso wenig wie der Umstand, dass die Investorin gem. Ziff. 3 Abs. 3 der Anweisungsvereinbarung v. 1.3.1996 von der ihr erteilten Vollmacht nur Gebrauch machen durfte, wenn Rechnungen der M. vorlagen, die einen Auszahlungsanspruch begründeten. Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Revision meint - die Beschränkung der Anweisungsbefugnis ausschließlich das Innenverhältnis zwischen der Generalübernehmerin als Vollmachtgeberin und der Investorin als Bevollmächtigter betrifft oder ob die unklaren Ausführungen des Berufungsgerichts - wie die Revisionserwiderung annimmt - dahin zu verstehen sind, die Vollmacht der Investorin sei, obwohl der Vertrag zwischen der M. und der Generalübernehmerin über deren Verpflichtung zur Erteilung einer Vollmacht eine solche Beschränkung nicht enthielt und obwohl im Vertretungsrecht der Grundsatz der Unabhängigkeit der Vertretungsmacht von Pflichtenbindungen im Innenverhältnis gilt, auch im Außenverhältnis auf solche Weisungen beschränkt, denen ein materiell-rechtlicher Auszahlungsanspruch der M. zu Grunde liegt. In beiden Fällen rechtfertigen die bislang getroffenen Feststellungen keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer nebenvertraglichen Rückfragepflicht der Beklagten.
Sofern man - wie die Revision - davon ausgeht, die Vollmachtsbeschränkung betreffe ausschließlich das Innenverhältnis zwischen der Generalübernehmerin und der Investorin, scheidet eine Rückfragepflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden schon deshalb aus, weil nach ständiger Rechtsprechung des BGH grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines Vollmachtsmissbrauchs zu tragen hat. Die Bank hat keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von einer nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen, es sei denn der Bank musste sich der Verdacht eines beachtlichen Missbrauchs der Vollmacht aufdrängen (BGH v. 25.10.1994 - XI ZR 239/93, BGHZ 127, 239 [241 f.] = MDR 1995, 389 m.w.N.; Urt. v. 17.11.1975 - II ZR 70/74, WM 1976, 474). Das ist der Fall, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (BGH v. 25.10.1994 - XI ZR 239/93, BGHZ 127, 239 [241 f.] = MDR 1995, 389 m.w.N.; Urt. v. 28.4.1992 - XI ZR 164/91, MDR 1992, 1145 = WM 1992, 1362 [1363]; v. 19.4.1994 - XI ZR 18/93, MDR 1994, 1195 = WM 1994, 1204 [1206]; v. 29.6.1999 - XI ZR 277/98, MDR 1999, 1279 = WM 1999, 1617 [1618]). Hierzu fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts.
Auch wenn man - wie die Revisionserwiderung - davon ausgeht, die Vollmacht der Investorin sei mit Wirkung im Außenverhältnis zur Beklagten auf solche Weisungen beschränkt, denen ein materiell-rechtlicher Auszahlungsanspruch der M. zu Grunde liegt, ist die Annahme einer ausnahmsweise bestehenden nebenvertraglichen Rückfragepflicht der Beklagten nicht gerechtfertigt. In diesem Fall stellt sich die Frage einer Schutzpflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden nicht, da diesem durch die Weisung eines nicht ausreichend bevollmächtigten Vertreters kein Schaden entstehen kann, vor dem die Bank ihn schützen müsste. Verfügt die Bank auf Grund der Weisung eines solchen Vertreters über das Konto des Kunden unberechtigterweise, so wird seine durch das ausgewiesene Kontoguthaben verkörperte Geldforderung gegen die Bank nicht berührt (BGH v. 17.12.1992 - IX ZR 226/91, BGHZ 121, 98 [106] = MDR 1993, 578).
b) Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich ein Zahlungsanspruch auch nicht aus einer unberechtigten Kontobelastung mit den Beträgen aus den Überweisungen an die M. v. 25.9.1996 und v. 8.10.1996 herleiten.
Zwar kann der Kontoinhaber bei einer unberechtigten Belastungsbuchung von seiner Bank verlangen, die Buchung rückgängig zu machen (BGH v. 17.12.1992 - IX ZR 226/91, BGHZ 121, 98 [106] = MDR 1993, 578; Urt. v. 31.5.1994 - VI ZR 12/94, MDR 1994, 1004 = WM 1994, 1420 [1422], v. 19.6.2001 - VI ZR 232/00, MDR 2001, 1178 = BGHReport 2001, 698 = WM 2001, 1460 [1461]; v. 10.7.2001 - VI ZR 206/00, MDR 2001, 1179 = BGHReport 2001, 697 = WM 2001, 1515 [1516]; v. 19.7.2001 - IX ZR 62/00, BGHReport 2002, 156 = WM 2001, 1605 [1606]). Bisher steht angesichts der unklaren Ausführungen des Berufungsgerichts aber weder fest, dass die der Investorin erteilte Vollmacht mit Außenwirkung gegenüber der Beklagten auf solche Anweisungen beschränkt ist, denen ein Auszahlungsanspruch der M. zu Grunde liegt, noch dass dies bei den streitgegenständlichen Überweisungen nicht der Fall war. Abgesehen davon steht auch nicht fest, dass die Generalübernehmerin ohne die Belastung ihres Kontos mit den streitgegenständlichen Überweisungsbeträgen einen Anspruch auf Auszahlung ihres Kontoguthabens gegen die Beklagte hätte. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin durfte die Generalübernehmerin über das fragliche Kontoguthaben nur mit Genehmigung der Investorin und der Beklagten verfügen, weil es ausschließlich der Realisierung des Bauvorhabens dienen sollte, das von der Generalübernehmerin nie fertig gestellt wurde. Zudem war das Kontoguthaben an die Beklagte verpfändet. Es bedarf daher ggf. auch noch der Aufklärung, ob im Falle unberechtigter Kontobelastung ein Anspruch der Generalübernehmerin auf Auszahlung eines Guthabens besteht.
2. Anschlussrevision der Klägerin
Die Anschlussrevision der Klägerin hat Erfolg.
a) Da die Klägerin eine abschließende Sachentscheidung des Berufungsgerichts begehrt hatte, ist sie durch die Zurückverweisung der Sache an das LG beschwert und kann das Berufungsurteil deshalb mit der Anschlussrevision angreifen (BGH, Urt. v. 30.10.1990 - XI ZR 173/89, MDR 1991, 436 = NJW 1991, 704; v. 18.2.1997 - XI ZR 317/95, NJW 1997, 171; Urt. v. 5.11.1997 - XII ZR 290/95, MDR 1998, 364 = NJW 1998, 613 [614], jeweils m.w.N.).
b) Mit Recht macht sie auch geltend, das Berufungsgericht, das gem. § 26 Nr. 5 EGZPO die Zivilprozessordnung i.d.F. des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses v. 27.7.2001 anzuwenden hatte, sei nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO nicht berechtigt gewesen, von einer eigenen Entscheidung in der Sache abzusehen, weil es an einem Antrag auf Zurückverweisung durch mindestens eine Partei gefehlt habe. Ein solcher Antrag ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch in den Fällen des § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO erforderlich (Albers, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 538 Rz. 22; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 538 Rz. 5; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 538 Rz. 4, 43).
III.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1202684 |
DB 2004, 2213 |
DStZ 2004, 655 |
BGHR 2004, 1426 |
FamRZ 2004, 1714 |
NJW-RR 2004, 1637 |
EWiR 2005, 9 |
WM 2004, 1625 |
WuB 2004, 945 |
ZIP 2004, 1742 |
MDR 2004, 1429 |
BKR 2004, 418 |
ZBB 2004, 413 |
Kreditwesen 2004, 1401 |
ProzRB 2005, 37 |