Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 2. Februar 1994 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine aus einem volkseigenen Betrieb hervorgegangene GmbH mit Sitz in B. Sie betreibt über neun Zweigniederlassungen (Kundendienstzentren) im gesamten Gebiet der ehemaligen DDR einen Reparaturdienst für Haushaltsgeräte. Im Jahre 1990 beschäftigte sie noch etwa 4000 Mitarbeiter, darunter neun Diplomjuristen. Die Außenstände beliefen sich auf etwa 34 Mio DM.

Der Beklagte ist ein beim Landgericht Oldenburg zugelassener Rechtsanwalt. Er hat seine Kanzlei in L. Zusammen mit Rechtsanwalt H. aus C. unterhält er in S. ein Zweigbüro.

Am 22. März 1991 schloß die Klägerin mit den beiden Rechtsanwälten einen Beratervertrag. Diese übernahmen die Verpflichtung, die Klägerin in allen außergerichtlichen Rechtsangelegenheiten durch mündliche und fernmündliche Auskünfte sowie die Erstellung von Gutachten umfassend zu beraten. Beide Rechtsanwälte standen an einem Tag pro Woche zu persönlichen Besprechungen in der Hauptniederlassung oder einer Zweigniederlassung zur Verfügung. Dafür sollten sie jeweils ein pauschales Monatshonorar von 5.000,00 DM nebst Mehrwertsteuer erhalten. Zusätzlich waren von der Klägerin Fahrtkosten ab S. nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und Spesen zu tragen. Sollte die persönliche Anwesenheit eines der Anwälte an mehr als einem Tag erforderlich sein, war hierfür ein gesondertes Tageshonorar von 1.500,00 DM nebst Mehrwertsteuer und Spesen zu zahlen. Der Vertrag war zunächst bis zum 31. August 1991 befristet. Bis spätestens Ende Juli 1991 sollte über eine weitere Laufzeit verhandelt werden.

Am 10. Juli 1991 wurde mit Wirkung vom 1. September 1991 bis vorerst zum 31. August 1996 ein weiterer Beratervertrag geschlossen, der dem vom 22. März 1991 im wesentlichen entspricht, doch betrug das gesondert zu zahlende Tageshonorar nunmehr 2.500,00 DM nebst Mehrwertsteuer. Ferner wurde bestimmt, daß für besonders umfangreiche außergerichtliche Beratungsleistungen und Beratungen außerhalb der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassungen ein zusätzliches Honorar zu vereinbaren sei. Die Vertretung im Gerichts- oder formellen Verwaltungsverfahren war nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte oder nach gesonderter Vereinbarung abzurechnen.

Am 23. April 1991 trafen die Klägerin und die beiden Anwälte eine Vereinbarung über die Bemessung von Gebühren in Beitreibungssachen. Unter Hinweis darauf, daß es nach § 51 der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts unzulässig sei, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als sie die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vorsehe, daß es aber nach den - den Vertragschließenden bekannten - Grundsätzen der Bundesrechtsanwaltskammer für die Gebührenberechnung in Beitreibungssachen für ständige Auftragnehmer und ausländische Rechtsanwälte zulässig sei, Gebührenvereinbarungen nach bestimmten Grundsätzen zu treffen, verpflichtete die Klägerin sich, auch in Zukunft sämtliche Beitreibungssachen und sonstige Rechtsangelegenheiten durch die beiden Rechtsanwälte bearbeiten zu lassen. In § 2 war bestimmt, daß in "Beitreibungssachen, d.h. außergerichtlichen Mahnsachen", die gesetzlichen Gebühren gegenüber der Klägerin nicht geltend gemacht würden, wenn die Forderung nicht eingegangen sei. Statt dessen wurden folgende Gebühren - jeweils nebst Mehrwertsteuer - vereinbart:

  • a)

    Bei einem Wert bis 300,00 DM: 30,00 DM,

  • b)

    bei einem Wert bis 600,00 DM: 45,00 DM,

  • c)

    bei einem Wert bis 900,00 DM: 60,00 DM.

Sollte die Forderung nur zum Teil eingehen, war der beigetriebene Betrag in erster Linie zur Abdeckung der entsprechenden gesetzlichen Gebühren zu verwenden. Auf die gerichtlichen Mahn-, Prozeß- oder Zwangsvollstreckungsverfahren bezog sich die Vereinbarung nicht. Sie trat am 1. April 1991 in Kraft und sollte zunächst bis zum 31. März 1996 gelten.

In der Zeit von November 1992 bis Januar 1993 trieb der Beklagte insgesamt 381.264,08 DM an Außenständen der Klägerin bei. Sie wurden auf ein von ihm geführtes Sonderkonto eingezahlt. Diesen Betrag macht die Klägerin im Urkundenprozeß geltend.

Der Beklagte hat gegen die Klagesumme in Höhe von 381.246,67 DM mit Gebührenansprüchen für den Einzug von Forderungen und in Höhe von 67.650,00 DM mit Honoraransprüchen aus dem Beratervertrag für die Zeit von Juni 1992 bis Mai 1993 aufgerechnet.

Die Klägerin hat die Aufrechnung für unzulässig gehalten und dem Beklagten die Gegenforderungen abgesprochen. Der Beratervertrag sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die zeitliche Bindung sei zu lang, das vereinbarte Honorar zu hoch; der Beklagte habe die Unerfahrenheit der Vertreter der Klägerin ausgenutzt. Jedenfalls sei der Vertrag mit Schreiben vom 14. September 1992 aus wichtigem Grund gekündigt worden. Der Vertrag über die Beitreibung von Außenständen (fortan: Einziehungsvertrag) sei aus ähnlichen Gründen sittenwidrig wie der Beratervertrag. Die vorgesehenen Pauschalgebühren lägen deutlich über den gesetzlichen Gebühren und seien deshalb herabzusetzen. Im übrigen sei am 24. März 1992 zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt H. - zugleich als Vertreter des Beklagten - die sofortige Einstellung der Mahnungen abgesprochen worden. Ein Vorbehalt wegen der Gebühren sei dabei nicht erklärt worden. Soweit der Beklagte Mahnschreiben noch nicht versandt habe, sei von ihm eine gebührenpflichtige Leistung nicht erbracht worden. Er habe sich auch nicht an eine Absprache gehalten, wonach Forderungen gegen Großkunden nicht einzeln, sondern nur zusammengefaßt geltend gemacht werden sollten. Deswegen ermäßige sich eine Gebührenforderung des Beklagten um etwa 154.000,00 DM. In der Abrechnung seien zudem betragsmäßig nicht erläuterte Fälle von Lastschriftverfahren enthalten, obwohl diese von dem Einziehungsvertrag nicht erfaßt sein sollten.

Das Landgericht hat die Klage als in der gewählten Prozeßart unstatthaft abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten unter Vorbehalt seiner Rechte im Nachverfahren verurteilt, an die Klägerin 381.264,08 DM nebst Zinsen zu zahlen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

Das Berufungsgericht hat eine Aufrechnung für zulässig gehalten, weil der hier vorliegende reine Einziehungsauftrag kein ihr entgegenstehendes Treuhandverhältnis begründe. Sowohl Klageforderung als auch Gegenforderungen seien hinreichend durch Urkunden belegt. Indessen seien die Verträge vom 23. April und 10. Juli 1991 nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Der Beklagte und Rechtsanwalt H. hätten die Unerfahrenheit und Unkundigkeit der Klägerin bei der Festlegung der Vertragsbestimmungen bewußt zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Die Vertragsgestaltung berücksichtige einseitig die Interessen der Anwälte und zeuge auch inhaltlich von der von ihnen ausgenutzten Unerfahrenheit der Organe der Klägerin.

II.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lassen sich aufrechenbare Gebührenansprüche des Beklagten gegen die Klägerin nicht verneinen.

1.

Eine Aufrechnung des Beklagten mit Gebührenansprüchen gegen die Klageforderung ist zulässig.

a)

Dem der Höhe nach unstreitigen Klagebegehren steht nicht entgegen, daß die für die Klägerin eingezogenen Beträge auf ein von dem Beklagten eingerichtetes Sonderkonto geflossen sind, auf dem nach seinem unbestrittenen Vortrag sonstige Gelder nicht verbucht wurden. Zwar dürfte der Klägerin deshalb gemäß §§ 675, 667 BGB in erster Linie ein Anspruch auf Abtretung des in dem Kontoguthaben verkörperten Anspruchs des Beklagten gegen das Kreditinstitut zustehen (vgl. BGHZ 71, 380, 382). Dies schließt jedoch nicht aus, daß sie einen dem Kontoguthaben entsprechenden Zahlungsanspruch gegen den Beklagten als Kontoinhaber geltend macht. Für diesen ist es regelmäßig gleichgültig, ob er auf Abtretung oder unmittelbar auf Zahlung in Anspruch genommen wird, solange er einen Zahlungsanspruch aus dem Fremdgeldkonto erfüllen kann. Davon ist hier auszugehen, zumal da der Beklagte sich auf das Zahlungsbegehren eingelassen hat und diesem nur mit dem Aufrechnungseinwand entgegengetreten ist.

b)

An der Gleichartigkeit von Klageanspruch und den ebenfalls auf Zahlung gerichteten Gebührenansprüchen des Beklagten bestehen keine Zweifel. Eine Aufrechnung scheitert auch nicht an § 242 BGB. Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung die Aufrechnung über die gesetzlich und vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ausgeschlossen, sofern der besondere Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses, die Natur der Rechtsbeziehungen oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen. Insbesondere Treuhänder und Geschäftsführer dürfen gegen den Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nicht beliebig aufrechnen (vgl. BGHZ 14, 342, 347; 54, 244, 247; BGH, Urt. v. 4. März 1993 - IX ZR 151/91, WM 1993, 1106, 1108; v. 14. Juli 1994 - IX ZR 110/93, WM 1994, 1711, 1712). Gleichwohl ist ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht gehindert, sich durch Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus nicht zweckgebundenen Fremdgeldern zu befriedigen, auch wenn die Vergütungsansprüche - wie im Streitfall - nicht gerade den Auftrag betreffen, der zu dem Geldeingang geführt hat (vgl. BGHZ 71, 380, 383). Daß der Beklagte hier unter Umständen aufgerechnet hätte, unter denen die Klägerin damit nach Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, ist nicht ersichtlich.

2.

Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine Sittenwidrigkeit des Einziehungsvertrages vom 23. April 1991 bejaht, sind in mehrfacher Hinsicht von Rechtsirrtum beeinflußt.

a)

Das Berufungsgericht hält den Vertrag deshalb für sittenwidrig, weil der Beklagte und Rechtsanwalt H. in der "Präambel" den unerfahrenen Organen der Klägerin suggeriert hätten, daß eine geringere Gebühr als die nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vereinbart werden solle, während tatsächlich das Gegenteil der Fall gewesen sei. Bei einem Vergleich mit der nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zulässigen geringsten Gebühr müsse von einer 5/10-Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ausgegangen werden und nicht - wie der Beklagte es tue - von einer 7,5/10-Gebühr. Zudem sei diese Gebühr für Rechtsanwälte, die ihre Kanzlei auch im beigetretenen Teil Deutschlands hätten, um 2/10 zu ermäßigen. Dann ergebe sich unter Berücksichtigung der sogenannten Postgebührenpauschale nach § 26 BRAGO ohne die jeweilige Mehrwertsteuer folgende Gegenüberstellung:

Streitwert

Gebühr laut Vertrag

5/10-Gebühr ./. 20 % + 15 %

bis 300,00 DM

30,00 DM

(20 - 4 + 2,40 =) 18,40 DM.

bis 600,00 DM

45,00 DM

(27,50 - 5,50 + 3,30 =) 25,30 DM,

bis 900,00 DM

60,00 DM

(35 - 7 + 4,20 =) 32,20 DM.

b)

Demgegenüber meint die Revision, bei der Vergleichsrechnung sei als gesetzliche Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO nicht eine 5/10, sondern die sogenannte Mittelgebühr in Höhe von 7,5/10 einer vollen Gebühr anzusetzen. Ein Abzug von 20 % scheide aus, weil der Beklagte (und Rechtsanwalt H.) im Beitrittsgebiet unstreitig keine Kanzlei, sondern nur ein Zweitbüro unterhielt(en). Dann seien die vereinbarten Gebühren geringer als die gesetzlichen.

Diese beliefen sich - jeweils ohne Mehrwertsteuer - bei einem Streitwert

bis 300,00 DM auf (30 + 4,50 =) 34,50 DM,

bis 600,00 DM auf (41,30 + 6,20 =) 47,50 DM.

bis 900,00 DM auf (52,50 + 7,90 =) 60,40 DM.

c)

Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die Parteien hätten in dem Einziehungsvertrag Gebühren vereinbaren wollen, die unter den gesetzlichen Gebühren der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte liegen, trifft nach Wortlaut und Sinn des Vertrages zu und entspricht dem Vortrag des Beklagten (vgl. GA I 32).

aa)

Eine derartige Vereinbarung war nach dem Rechtszustand bei Abschluß des Vertrages gebührenrechtlich grundsätzlich zulässig. Zwar schränkt die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte die Möglichkeit des Rechtsanwalts ein, die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für seine Beratungstätigkeit frei zu vereinbaren. Die Vergütung bemißt sich nach diesem Gesetz (§ 1 Abs. 1 BRAGO). Gleichwohl ist für Vergütungsabreden, die von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen, in begrenztem Umfang Raum. So kann der Rechtsanwalt unter bestimmten Voraussetzungen eine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern (§ 3 Abs. 1 BRAGO). Die Festsetzung der Vergütung darf auch dem billigen Ermessen des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer überlassen werden (§ 3 Abs. 2 BRAGO). Die Möglichkeit einer Vereinbarung, nach der die gesetzlichen Gebühren unterschritten werden sollen, war bis zum Inkrafttreten des durch Art. 1 Nr. 19 des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl I 2278) eingefügten § 49 b Abs. 1 Satz 1 BRAO gesetzlich nicht geregelt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ging davon aus, daß eine solche Vereinbarung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte grundsätzlich widerspreche, weil die gesetzlichen Vergütungen eine Untergrenze des Entgelts darstellten (BGH, Urt. v. 19. Juni 1980 - III ZR 91/79, NJW 1980, 2407; BGHSt 31, 66, 68). Gleichwohl war stets anerkannt, daß die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte eine Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren nicht strikt und ausnahmslos verbot, sondern sie in begrenztem Umfang zuließ (vgl. außer den zuletzt angegebenen Entscheidungen ferner BGHZ 64, 301, 309). Bei der Beurteilung derartiger Ausnahmen hat die Rechtsprechung die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte nicht als Verbotsgesetz im Sinn von § 134 BGB betrachtet, sondern hat als Prüfungsmaßstab § 138 Abs. 1 BGB herangezogen. Dabei hat sie namentlich solche Honorar Vereinbarungen nicht als sittenwidrig angesehen, die in den von der Bundesrechtsanwaltskammer nach § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO erlassenen Standesrichtlinien als nicht standeswidrig zugelassen waren. Wiederholt wurden Honorarvereinbarungen, mit denen die gesetzlichen Gebühren - sogar über das nach den Standesrichtlinien zulässige Maß hinaus - unterschritten wurden, nicht beanstandet, sofern es sich nicht um erhebliche Verstöße gegen wesentliche Vorschriften des Standesrechts handelte (vgl. BGH, Urt. v. 8. Mai 1980 - III ZR 51/79, NJW 1980, 1851, 1852 f; v. 19. Juni 1980 - III ZR 91/79, NJW 1980, 2047).

So hat der Bundesgerichtshof anerkannt, daß der Anwalt unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt sein kann, aus sozialen Gründen einem Minderbemittelten, weitergehend als in § 51 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien in der Fassung vom 21. Juni 1973 vorgesehen, unentgeltlich Rechtshilfe zu gewähren (BGHZ 64, 301, 308 ff). Ferner wurden Honorarvereinbarungen in Beitreibungssachen für zulässig gehalten, nach denen unter den in Anlage 1 zu § 51 Abs. 6 der Richtlinien aufgeführten Voraussetzungen geringere Gebühren als die gesetzlichen zu leisten waren; im Einzelfall wurde auch solchen Honorarvereinbarungen die Wirksamkeit nicht versagt, die sich nicht streng an die Standesrichtlinien hielten, sondern ihnen sogar widersprachen (vgl. BGH, Urt. v. 8. Mai 1980 und v. 19. Juni 1980 a.a.O.).

Legt man diese Auslegung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zugrunde, ist die getroffene Vereinbarung nicht zu beanstanden, falls die vereinbarte Vergütung - wie gewollt - unter den gesetzlichen Gebühren lag. Sie hält sich im Rahmen der Anlage 1 zu § 51 Abs. 6 der Richtlinien (abgedruckt bei Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO 11. Aufl. Teil C Anh. 9, 10), wonach es dem Rechtsanwalt nach Maßgabe der dort im einzelnen aufgeführten Grundsätze gestattet ist, mit ständigen Auftraggebern geringere Gebühren als die gesetzlichen zu vereinbaren. Daß die Einziehungsvereinbarung vom 23. April 1991 mit diesen Grundsätzen vereinbar ist, wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

bb)

Allerdings wird in Teilen des Schrifttums die Auffassung vertreten, nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1987 (BVerfGE 76, 171 und 76, 196) sei die Vereinbarung geringerer als der gesetzlichen Vergütungen gänzlich ausgeschlossen gewesen; insbesondere sei § 51 Abs. 6 der Richtlinien rechtlich unzulässig geworden und habe seine Geltung verloren (Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, Kommentar zu den Grundsätzen des anwaltlichen Standesrechts 2. Aufl. N Rdn. 114; Swolana/Hansens, BRAGO 7. Aufl. vor § 3 Rdn. 14; vgl. auch Jähnke NJW 1988, 1888, 1892).

Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, soweit mit ihr zum Ausdruck gebracht werden soll, daß nach Erlaß der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in Beitreibungssachen für außergerichtliche Mahnungen unter den gesetzlichen Gebühren liegende Vergütungen nicht mehr wirksam hätten vereinbart werden können. Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage entschieden, ob die Richtlinien eine ausreichende Grundlage für Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Positionen, insbesondere für Einschränkungen der anwaltlichen Berufsausübung bildeten. Es hat dies verneint, weil es den Richtlinien - als einem bloßen Niederschlag vorhandener Standesauffassungen - an der dafür notwendigen Rechtsnormqualität fehle.

Bei der Auslegung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte im Hinblick auf die Zulässigkeit von Vereinbarungen über Vergütungen, welche die gesetzlichen Gebühren unterschreiten, stand ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen nicht in Rede. Den Richtlinien wurde insoweit auch nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen beigemessen. Vielmehr wurden sie als Auslegungshilfe zur Beurteilung von Honorarvereinbarungen unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit herangezogen. Die erwähnten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts könnten allenfalls insoweit Anlaß zur Überprüfung dieser Rechtsprechung geben, als mit Rücksicht auf die Richtlinien eine Sittenwidrigkeit von Honorarvereinbarungen bejaht wurde (vgl. etwa BGH, Urt. v. 19. Juni 1980 a.a.O.; v. 4. Dezember 1986 - III ZR 150/85, NJW 1987, 3203, 3204), wenn darin ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit der Rechtsanwälte liegen sollte. Soweit es an einem Eingriff in die rechtliche Gestaltungsfreiheit der Rechtsanwälte fehlt, weil Honorarvereinbarungen in Anlehnung an die Richtlinien nicht beanstandet wurden, geben die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu einer Rechtssprechungsänderung keinen Anlaß (vgl. BGH, Urt. v. 31. Oktober 1991 - IX ZR 303/90, NJW 1992, 681, 683).

cc)

Ob der Einziehungsvertrag mit dem durch das erwähnte Gesetz vom 2. September 1994 angefügten § 3 Abs. 5 BRAGO vereinbar ist, wonach der Rechtsanwalt in außergerichtlichen Angelegenheiten Pauschalvergütungen und Zeitvergütungen vereinbaren kann, die niedriger sind als die gesetzlichen Gebühren, bedarf keiner Entscheidung. Nach dem in Art. 170 EGBGB zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken sind Inhalt und Wirkung eines Schuldverhältnisses nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der Verwirklichung seines Entstehungstatbestandes galt (vgl. BGHZ 10, 391, 394; 44, 192, 194; Palandt/Heinrichs, BGB 54. Aufl. Art. 170 EGBGB Rdn. 1). § 3 Abs. 5 BRAGO n.F. macht indessen deutlich, daß auch der Gesetzgeber keine Bedenken getragen hat, in Beitreibungssachen grundsätzlich wie bisher die Vereinbarung von unter den gesetzlichen Gebühren liegenden Vergütungen zuzulassen (vgl. auch die Gesetzesbegründung in BR-Drucks. 93/93 S. 133 ff).

d)

Nach dem bisherigen Sachvortrag ist nicht davon auszugehen, daß die Einziehungsvereinbarung deswegen gegen die guten Sitten verstößt, weil der Beklagte der Klägerin "suggeriert" hätte, die vereinbarte Vergütung sei niedriger als die gesetzlichen Gebühren.

aa)

Allerdings trifft die Annahme des Beklagten, die vereinbarte Vergütung läge unter den gesetzlichen Gebühren, nicht zu.

aaa)

Dies ergibt sich freilich nicht daraus, daß die gesetzlichen Gebühren um 20 % zu mindern wären, weil der Beklagte (ebenso wie Rechtsanwalt H.) seine Kanzlei auch im Beitrittsgebiet hätte.

Gemäß Einigungsvertrag Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchst. a Satz 1 trat die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte im Beitrittsgebiet mit der Maßgabe in Kraft, daß sich die Gebühren bei der Tätigkeit von Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei im Beitrittsgebiet haben, um 20 vom Hundert ermäßigen. Der Beklagte und Rechtsanwalt H. haben im Beitrittsgebiet unstreitig keine Kanzlei. Das von ihnen in S. betriebene Zweitbüro ist nicht als Kanzlei im Sinn der erwähnten Vorschriften der Anlage I zum Einigungsvertrag anzusehen.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im Zusammenhang mit der Postulationsfähigkeit eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in Bad H. hatte und in Bad D. ein Zweitbüro im Sinn der "Anordnung über Büros außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik zugelassener Rechtsanwälte" vom 17. April 1990 (GBl-DDR I 241) unterhielt, entschieden, daß der im Einigungsvertrag (hier: Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 5 Buchst. b) verwendete Begriff der Kanzlei insoweit nicht anders zu verstehen ist als in §§ 27 f BRAO und §§ 24 ff des Rechtsanwaltsgesetzes (RAG) der ehemaligen DDR vom 13. September 1990 (GBl-DDR 1 1504), so daß ein "Büro" im Sinn der Anordnung vom 17. April 1990 und eine Zweigstelle im Sinn von § 28 BRAO und § 26 RAG-DDR nicht unter den im Einigungsvertrag verwendeten Begriff der Kanzlei fallen (BGHZ 117, 382, 384).

Dem schließt sich der Senat für die hier zu beurteilende Norm an. Es ist nicht erkennbar, daß dem Begriff der Kanzlei in Nr. 5 Buchst. b ein anderer Sinn beizulegen ist als in Nr. 26 Buchst. a der erwähnten Regelung der Anlage zum Einigungsvertrag. Für die Richtigkeit dieser Auffassung sprechen auch die Erläuterungen zu Nr. 26 Buchst. a in denen es heißt: "Die Ermäßigung gilt für alle Tätigkeiten von Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei (vgl. § 27 Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung BRAO) in der früheren Deutschen Demokratischen Republik eingerichtet haben" (Erläuterungen zum Einigungsvertrag 1990 S. 58). Die Erwähnung von § 27 Abs. 2 BRAO in dem Klammerzusatz hinter dem Wort "Kanzlei" macht deutlich, daß nach den Vorstellungen der Vertragsparteien des Einigungsvertrags bloße Zweigstellen und ähnliche Einrichtungen im Beitrittsgebiet nicht zu einer Gebührenermäßigung nach § 26 Buchst. a Satz 1 führen sollten. Dies erscheint auch sachlich vertretbar. Auf Rechtsanwälte mit einem bloßen Zweitbüro trifft ebenfalls noch der Grundgedanke der Regelung in Nr. 26 Buchst. a Satz 1 zu, daß eine beratende, nicht forensische Tätigkeit des Rechtsanwalts im wesentlichen am Sitz seiner Kanzlei erfolgt und demzufolge die durch die wirtschaftlichen Verhältnisse im Beitrittsgebiet gegebene Besonderheit gegenüber dem Anspruch des Rechtsanwalts zurücktreten muß, diejenigen Gebühren zu erhalten, die er auch ansonsten erhalten würde (vgl. Erläuterungen a.a.O. S. 58 f).

bbb)

Mit dem Berufungsgericht ist jedoch davon auszugehen, daß dem Beklagten als gesetzliche Gebühr für die Mahnungen jeweils lediglich eine 5/10-Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zugestanden hätte. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hätte der Beklagte für die Mahnungen als gesetzliche Gebühr nicht nur jeweils eine 2/10-Gebühr nach § 120 BRAGO verlangen können.

Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, daß sich der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag auf die in dieser Norm aufgeführten einfachen Tätigkeiten - etwa die bloße Abfassung eines Mahnschreibens - beschränkt (BGH, Urt. v. 23. Juni 1983 - III ZR 157/82, NJW 1983, 2451, 2452 f; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert a.a.O. § 120 Rdn. 2). Dies traf hier nicht zu. Der dem Beklagten erteilte Auftrag ging über die Abfassung bloßer Mahnschreiben hinaus, weil er unstreitig die ihm von der Klägerin überlassenen Kundenlisten (sogenannte Offene-Posten-Listen) mit etwa 30.000 Einzelforderungen und einem Gesamtvolumen von 3,5 Mio DM Punkt für Punkt durchzuarbeiten und insbesondere die einzelnen Rechnungen auf die Fälligkeit der Beträge zu überprüfen hatte. Demzufolge läßt die Annahme des Berufungsgerichts, dem Beklagten hätte für die Mahnungen bei einer Abrechnung nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte jeweils eine Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 dieses Gesetzes zugestanden, Rechtsfehler nicht erkennen.

Beizupflichten ist dem Berufungsgericht im Ergebnis auch darin, daß der Beklagte bei einer Anwendung von § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO für eine Mahnung jeweils nur eine 5/10-Gebühr hätte verlangen können. Nach § 12 Abs. 1 BRAGO bestimmt bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ob die Bestimmung der Billigkeit entspricht, ist in einem Rechtsstreit zwischen Rechtsanwalt und Mandant nach § 315 Abs. 3 BGB vom Gericht zu überprüfen (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert a.a.O. § 12 Rdn. 5).

Im Streitfall ist zu bedenken, daß die dem Beklagten aufgetragene Tätigkeit rechtlich nicht schwierig, im Einzelfall nicht umfangreich und für die Klägerin nicht von besonderer, über den Erhalt des jeweiligen Forderungsbetrages hinausgehender Bedeutung war. Der ungewöhnliche Gesamtumfang des Mandats und die mit der Überprüfung der Kundenlisten und der Rechnungen verbundene Mühewaltung wurde bereits dadurch angemessen berücksichtigt, daß dem Beklagten für jede Mahnung nicht nur eine Gebühr nach § 120, sondern eine solche nach § 118 BRAGO zuzubilligen gewesen wäre. Deshalb hätte sich ein über die Mindestgebühr hinausgehender Gebührensatz allenfalls aufgrund überdurchschnittlicher Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Klägerin rechtfertigen lassen. Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Klägerin mit der Umstellung auf die Marktwirtschaft erhebliche Anpassungsprobleme zu bewältigen hatte und daß der Beklagte die Befürchtung geäußert hat, sie befinde sich "in argen finanziellen Schwierigkeiten". Bei einer Gesamtabwägung aller Umstände wäre dem Beklagten nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand mithin für jede Mahnung eine gesetzliche Gebühr von 5/10 einer vollen Gebühr zuzubilligen gewesen.

Zu dieser Feststellung bedarf es nicht der in § 12 Abs. 2 BRAGO vorgeschriebenen Einholung eines Gutachtens des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer. Diese Norm greift nicht ein, weil der Beklagte nicht eine von ihm im Einzelfall bestimmte gesetzliche Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO geltend macht, sondern sich auf eine Bestimmung im Sinn von § 12 Abs. 1 BRAGO nur deshalb beruft, um darzutun, daß eine vertraglich vereinbarte Vergütung unter den ihm nach dem Gesetz zustehenden Gebühren liege.

Demzufolge ist im Streitfall davon auszugehen, daß die in dem Einziehungsvertrag vereinbarte Vergütung entgegen dem geäußerten Willen der Parteien nicht unter, sondern über den gesetzlichen Gebühren liegt.

bb)

Dies hat indessen nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach § 138 Abs. 1 BGB zur Folge.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Beklagte habe der Klägerin "suggeriert", die vereinbarte Vergütung sei geringer als die gesetzlichen Gebühren, legen die Annahme einer arglistigen Täuschung durch den Beklagten nahe. In diesem Fall käme grundsätzlich nur eine Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86, WM 1988, 1156, 1159; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 138 Rdn. 15). Daß die Klägerin eine solche Anfechtung fristgerecht (§ 124 Abs. 1, 2 BGB) erklärt hätte (§ 143 Abs. 1 BGB), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Die Annahme einer Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB setzte mindestens voraus, daß der Beklagte als der mit dem anwaltlichen Gebührenrecht besser Vertraute die infolge der Unerfahrenheit mit diesem Recht schwächere Lage der Klägerin bewußt zu seinem Vorteil ausgenutzt oder sich leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, daß die Klägerin sich nur wegen ihrer Unerfahrenheit auf für sie grob nachteilige vertragliche Bestimmungen einließ (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1979 - III ZR 182/77, NJW 1980, 445, 446; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 138 Rdn. 25).

Auch diese Voraussetzungen lassen sich nach dem bisherigen Sachstand nicht bejahen. Es kann schon nicht davon ausgegangen werden, daß der Ansatz einer 7,5/10-Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO unter den gegebenen Umständen offensichtlich unhaltbar war. Bei der anwaltlichen Gebührenbemessung ist es gängige Praxis, in den Fällen des § 118 BRAGO grundsätzlich vom Mittelwert auszugehen (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert a.a.O. § 12 Rdn. 6; § 118 Rdn. 18). Dies war insbesondere bei der Größe und dem hohen Umsatz der Klägerin nicht von vornherein unrealistisch. Deshalb liegt die Annahme fern, der Beklagte sei sich der Unhaltbarkeit einer Mittelgebühr bewußt gewesen oder habe sich einer solchen Erkenntnis leichtfertig verschlossen.

Die (nachträgliche) Feststellung der Unbilligkeit einer Mittelgebühr ändert daran nichts. Für die Annahme des Gegenteils fehlt es an hinreichendem Vortrag der Klägerin.

e)

Danach ist der Einziehungsvertrag grundsätzlich wirksam.

Der Beklagte ist jedoch gemäß § 242 BGB nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage gehindert, die Klägerin auf Zahlung der vollen vereinbarten Gebühren in Anspruch zu nehmen.

Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung gebildet durch die nicht zum Vertragsinhalt erhobenen, aber bei Vertragsschluß zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des einen Vertragsteils oder durch entsprechende gemeinsame Vorstellungen beider Vertragspartner, auf denen der Geschäftswille aufbaut (vgl. BGHZ 120, 10, 23; zuletzt BGH, Urt. v. 5. Januar 1995 - IX ZR 85/94, WM 1995, 237, 239, z.V.b. in BGHZ). Hier gingen beide Vertragsparteien bei Vertragsschluß davon aus, daß die gesetzlichen Gebühren höher lägen als die vereinbarten. Erst dadurch erhielt der Vertrag seinen Sinn. Diese Vorstellung war unrichtig. Es fehlte demnach die Grundlage für die vereinbarten und vom Beklagten verlangten Vergütungen.

Das Fehlen der Geschäftsgrundlage führt regelmäßig nicht zu einer Auflösung des Vertrages, sondern zu einer Anpassung des Vertragsinhalts an die tatsächlichen Verhältnisse, sofern das Festhalten an dem vereinbarten Vertragsinhalt einem Partner nicht zumutbar ist und dem anderen Partner ein Abgehen von dem Vereinbarten angesonnen werden kann (vgl. BGHZ 40, 334, 337; 46, 268, 273; 47, 48, 51 f; 109, 224, 229; 121, 378, 393; BGH, Urt. v. 13. Mai 1993 - IX ZR 166/92, WM 1993, 1233, 1234; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 242 Rdn. 130 ff, 149). Das trifft hier jedenfalls im Hinblick auf die noch offenen Gebührenforderungen des Beklagten zu. Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, daß sich bei der Vielzahl (mehrere Tausend) der ausstehenden Forderungen schon eine verhältnismäßig geringe Herabsetzung der einzelnen Gebühr ganz erheblich auf die Höhe der gesamten Gebührenforderungen des Beklagten auswirkt.

3.

Demzufolge kann das angefochtene Urteil teilweise keinen Bestand haben.

Zur Beantwortung der Frage, auf welche Beträge die vereinbarte Vergütung herabzusetzen ist, erscheint eine Zurück Verweisung der Sache geboten. Den Parteien wird so Gelegenheit gegeben, zu dieser bislang nicht erörterten Frage eingehend vorzutragen. Das Berufungsgericht wird zudem in die Lage versetzt, die von ihm nicht behandelten Einwendungen der Klägerin gegen die Gebührenforderungen einer Prüfung zu unterziehen. Das gilt u.a. für den Umstand, daß der Beklagte die Mahnschreiben, die seiner Gebührenforderung zugrunde liegen, nicht abgesendet hat (vgl. in diesem Zusammenhang Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert a.a.O. § 13 Rdn. 54 ff; Schumann/Geißinger, BRAGebO 2. Aufl. § 13 Rdn. 92 ff). Der Einholung eines Gutachtens des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 BRAGO vor einer Herabsetzung der Vergütung bedarf es nicht. Die Vorschrift hat - wie § 3 Abs. 3 Satz 1 BRAGO deutlich macht - nur solche Verträge im Auge, mit denen die gesetzlichen Gebühren überschreitende Vergütungen vereinbart werden. Dies trifft im Streitfall nicht zu. Jedenfalls die hier erhebliche Frage, in welchem Maße vereinbarte Entgelte nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage herabzusetzen sind, liegt außerhalb des Normbereichs von § 3 Abs. 3 BRAGO.

4.

Auch die Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer Sittenwidrigkeit des Beratervertrages vom 10. Juli 1991 erweisen sich als rechtsfehlerhaft.

a)

Dieser Vertrag entbehrt nicht etwa mit Rücksicht auf die erwähnten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1987 (BVerfGE 76, 171 und 76, 196) der Wirksamkeit.

In außergerichtlichen Angelegenheiten waren Vereinbarungen von Pauschalhonoraren, sofern sie in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung des Rechtsanwalts standen, durch § 53 Abs. 1 der Standesrichtlinien als zulässig anerkannt. Sie wurden allgemein praktiziert und sind auch nach § 3 Abs. 5 BRAGO n.F. selbst dann möglich, wenn niedrigere Vergütungen als die gesetzlichen Gebühren vereinbart werden. Durch die Zulassung derartiger Vereinbarungen wird die Berufsfreiheit des Rechtsanwalts nicht eingeschränkt, so daß aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts eine Unzulässigkeit solcher Verträge nicht gefolgert werden kann (so auch Richtlinienausschuß der Bundesrechtsanwaltskammer, BRAK-Mitt, 1988, 16; Feuerich, BRAO 2. Aufl. § 43 Rdn. 198; anders wohl Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich a.a.O. N Rdn. 117; Swolana/Hansens a.a.O. vor § 3 Rdn. 16).

b)

Bei der Überprüfung des Vertrages anhand von § 138 Abs. 1 BGB ist davon auszugehen, daß die tatsächlichen Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit von der Partei darzutun und zu beweisen sind, die sich auf sie beruft (vgl. BGHZ 53, 369, 379; BGH, Urt. v. 29. Juni 1979 - III ZR 156/77, NJW 1979, 2089; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht 2. Aufl. Bd. 1 § 138 Rdn. 1). Das ist hier die Klägerin. Im Urkundenprozeß kann sie einen Beweis nur durch Parteivernehmung oder Urkunden führen (§ 595 Abs. 2 ZPO). Dies ist ihr im Streitfall nicht gelungen.

c)

Der Beklagte hat vorgetragen, die je Anwalt vereinbarte Pauschale von 5.000,00 DM nebst Mehrwertsteuer und die zusätzlich vereinbarten Gebühren hätten dem Beratungsbedarf der Klägerin mit ihren noch 1600 bis 2000 Mitarbeitern entsprochen. In den Jahren 1991 und 1992 sei der Beklagte an mehr als 50 Tagen entweder in B. oder bei einer der Niederlassungen der Klägerin gewesen. Darüber hinaus sei täglich eine Vielzahl von Anrufen mit Antragen zu fast allen in Betracht kommenden Rechtsproblemen eingegangen. Die Klägerin habe aufgrund des vorangegangenen Probevertrages bei Abschluß des Vertrages im Juli 1991 genau gewußt, in welchem Umfang Beratungstätigkeiten erforderlich würden, und habe die Angemessenheit des zu entrichtenden Honorars einschätzen können. Die damalige Geschäftsleitung der Klägerin sei sehr wohl mit den marktwirtschaftlichen Gepflogenheiten vertraut gewesen. Der jetzige Alleingeschäftsführer der Klägerin sei seit dem 1. Oktober 1981 Leiter des Unternehmens gewesen, das früher nahezu 4000 Personen beschäftigt und im Jahre 1982 einen Umsatz von 114,3 Mio Mark der DDR gehabt habe. Zudem sei es für die Klägerin ein leichtes gewesen, sich während der Dauer des ersten Beratervertrages bei der Treuhandanstalt oder anderweitig über die Angemessenheit des Vertrages zu unterrichten. Ihr späterer Geschäftsführer Harald L., der als Mitarbeiter der Treuhand für den Betrieb der Klägerin zuständig und über sämtliche Vorgänge informiert gewesen sei, habe dem Unternehmen täglich mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Auch habe bei der Klägerin ein Aufsichtsrat bestanden, der sich im wesentlichen aus erfahrenen westlichen Wirtschaftsmanagern und Unternehmern zusammengesetzt habe.

d)

Legt man diesen Vortrag zugrunde, dem die Klägerin mit den im Urkundenprozeß zulässigen Beweismitteln nicht entgegengetreten ist, kann entgegen der Annahme des Berufungsgerichts von einer Sittenwidrigkeit des Beratervertrages nicht ausgegangen werden.

aa)

Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGHZ 106, 269, 272; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 138 Rdn. 7, 8, 23). Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann bei wucherähnlichen Rechtsgeschäften anzunehmen sein, auch wenn die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB nicht in vollem Umfang vorliegen. Dies kann zutreffen, wenn zwischen den Leistungen der Vertragsparteien ein auffälliges Mißverhältnis besteht und eine Vertragspartei die Unterlegenheit - etwa Unerfahrenheit oder mangelndes Urteilsvermögen - der anderen bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt (vgl. BGHZ 80, 153, 160 f; BGH, Urt. v. 11. Januar 1995 - VIII ZR 82/94, Umdruck S. 6, 7, z.V.b. in BGHZ). Auch eine unangemessene Häufung von übermäßigen Belastungen kann ein sittenwidriges Ausbeutungsgeschäft anzeigen (BGHZ 80, 153, 171).

bb)

Im Streitfall hat das Berufungsgericht angenommen, der Beratervertrag berücksichtige einseitig die Interessen der Rechtsanwälte. In Absatz 1 hätten sich die Anwälte zu einer "umfassenden" Beratung verpflichtet. Laut Absatz 3 sei das in Absatz 2 dafür festgelegte Honorar von 5.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer pro Monat und Rechtsanwalt insbesondere für "Besprechungen an einem Tag pro Woche" geschuldet worden, nicht etwa für die in Absatz 1 in Aussicht gestellte "umfassende Beratung". Für weitere Anwesenheit in der Hauptniederlassung der Klägerin sei ein zusätzliches Tageshonorar von 2.500,00 DM nebst Mehrwertsteuer und Spesen je Rechtsanwalt vereinbart worden, und für "besonders umfangreiche außergerichtliche Beratungsleistungen" hätten die Anwälte ein weiteres Honorar erhalten sollen. Zudem sei von diesen Leistungen der Forderungseinzug ausgenommen gewesen.

cc)

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Vertrag nicht ohne weiteres ein Mißverhältnis zwischen den danach zu erbringenden Leistungen der Rechtsanwälte und der dafür von der Klägerin geschuldeten Vergütung zu entnehmen. Dies gilt zunächst für die in Absatz 2 festgelegte Monatspauschale von 5.000,00 DM netto pro Anwalt. Sie sollte nicht nur je einen wöchentlichen Besprechungstag vor Ort abclecken, sondern sämtliche Beratungsleistungen, die von den Büros der Rechtsanwälte aus erbracht wurden. Nach der Behauptung des Beklagten hat er bis zur Kündigung des Vertrages an mehr als fünfzig Tagen Besprechungen in Niederlassungen der Klägerin gehabt. Ferner hat die Klägerin telefonisch täglich Rat zu den verschiedensten Rechtsfragen eingeholt. Daß für diese Tätigkeiten, die durchaus als "umfassende Beratung" verstanden werden können, eine Pauschalgebühr von 5.000,00 DM netto unangemessen hoch wäre, läßt sich bei der Größenordnung des Unternehmens der Klägerin, die vordem neun Diplomjuristen beschäftigte, nicht ohne weiteres feststellen. Das gleiche gilt für den Umstand, daß für die Anwesenheit der Anwälte in Niederlassungen der Klägerin an weiteren Wochentagen ein zusätzliches Tageshonorar von jeweils 2.500,00 DM netto zu zahlen war. Es ist davon auszugehen, daß derartige zusätzliche Besprechungen vor Ort nur bei einem besonderen Beratungsbedarf erforderlich wurden. Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist ferner die in Nummer IV des Vertrages aufgenommene Klausel, wonach für besonders umfangreiche außergerichtliche Beratungsleistungen und für Beratungen außerhalb der Niederlassungen der Klägerin ein zusätzliches Honorar zu vereinbaren war. Eine ähnliche Regelung wird im anwaltlichen Schrifttum als "auf jeden Fall empfehlenswert" bezeichnet (von Gleichenstein, AnwBl 1977, 401 unter Nr. 8). Daß nach Nummer V die Vertretung im Gerichtsverfahren oder formellen Verwaltungsverfahren gesondert abzurechnen war, entsprach in bezug auf die Gerichtsverfahren § 53 Abs. 2 der Standesrichtlinien und ist nicht als die Klägerin einseitig belastend anzusehen (vgl. nunmehr § 3 Abs. 5 BRAGO n.F.). Endlich ist auch der Umstand, daß die Forderungseinziehung aus dem Beratervertrag ausgeklammert wurde, nicht geeignet, die in diesem Vertrag enthaltene Vergütungsregelung von vornherein als die Klägerin einseitig belastend zu bewerten. Vielmehr erscheint die Belastung der Klägerin durch den Beratervertrag, der ihr eine umfassende rechtliche Beratung durch zwei Rechtsanwälte sicherte, mit monatlich mindestens 10.000,00 DM netto schwerlich unangemessen und steht kaum in einem Mißverhältnis zu den Leistungen der Anwälte.

dd)

Darüber hinaus kann entgegen der Meinung des Berufungsgerichts von einer Ausnutzung der Unerfahrenheit der Geschäftsführung der Klägerin durch die Rechtsanwälte bei Abschluß des Beratervertrages nach dem Vorbringen des Beklagten nicht die Rede sein. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, geschäftliche Unerfahrenheit liege in der Regel bei einer Partei vor, die erst vor kurzem aus einem Land mit einer anderen Wirtschaftsordnung in die Bundesrepublik gekommen sei und weder mit der vergleichenden Abschätzung eines Warenangebots unter Qualitäts- und Preismerkmalen vertraut sei noch abschätzen könne, wie hoch sich ihr allgemeiner Lebensbedarf darstelle und welche Verdienstmöglichkeiten bestünden. Ähnlich liege der Fall hier. Die (damaligen) Geschäftsführer der Klägerin stammten aus der ehemaligen DDR. Sie hätten von dem Anwaltsgebührenrecht der Bundesrepublik im Gegensatz zu den Anwälten keine Ahnung gehabt. Die beiden Verträge stammten aus der Feder der beiden Anwälte und seien von der Klägerin akzeptiert worden, ohne daß ihren Organen offenbar die einseitige Ausrichtung auf die Belange der Rechtsanwälte bewußt geworden sei.

Dem ist nicht zu folgen. Soweit Rechtsprechung und Literatur Personen aus Ländern mit anderen Wirtschaftsordnungen - etwa Polenaussiedler (vgl. OLG Hamm JMBlNW 1974, 32; Soergel/Hefermehl, BGB 12. Aufl. § 138 Rdn. 160; Meier/Wehlau VuR 1991, 141 ff) - als mit den Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland nicht vertraut und deshalb als geschäftlich unerfahren angesehen haben, handelt es sich um Fälle, die mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sind. Die Geschäftsführer der Klägerin waren sämtlich im Geschäftsleben erfahren. Daß sie möglicherweise das Anwaltsgebührenrecht nicht beherrschten, ist keine Besonderheit von Geschäftsführern von Unternehmen in der ehemaligen DDR. Entscheidend ist, daß sie sich etwa durch Einholung von Konkurrenzangeboten oder Rücksprache bei der Treuhandanstalt vor Vertragsabschluß leicht über die Angemessenheit der vereinbarten Honorare hätten unterrichten können. Das gilt für den Beratervertrag insbesondere auch deshalb, weil zuvor ein ähnlicher Vertrag mit kürzerer Laufzeit abgeschlossen worden war. Demzufolge läßt sich die Annahme einer Sittenwidrigkeit des Beratervertrages mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht halten.

ee)

Das Berufungsurteil stellt sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

Insbesondere ist die Laufzeit des Vertrages von mindestens fünf Jahren nicht geeignet, den Vertrag - etwa aus dem Gesichtspunkt unvertretbarer Einschränkung der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 138 Rdn. 39) - als sittenwidrig erscheinen zu lassen. Der Anwaltsvertrag ist in besonderer Weise durch gegenseitiges Vertrauen geprägt. Aus diesem Grund sieht § 627 BGB auch für den Anwaltsvertrag grundsätzlich eine gegenüber § 626 BGB erleichterte Kündigungsmöglichkeit vor (vgl. BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986 - III ZR 67/85, LM BGB § 627 Nr. 8 = NJW 1987, 315). Diese ist für den Anwaltsvertrag jedoch nicht schlechthin kennzeichnend. Sie scheidet aus, wenn der Anwalt zu dem Mandanten in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen steht; ferner, wenn die Möglichkeit der Kündigung nach § 627 BGB vertraglich ausgeschlossen ist (zu dieser Möglichkeit vgl. BGH, Urt. v. 13. Dezember 1990 - III ZR 333/89, LM BGB § 627 Nr. 11 = WM 1991, 604, 606). Insbesondere die in § 627 Abs. 1 BGB auch für den Anwaltsvertrag vorausgesetzte Möglichkeit eines "dauernden" Dienstverhältnisses deutet darauf hin, daß die Vereinbarung einer bestimmten Laufzeit des Vertrages nicht von vornherein unzulässig ist. In der anwaltlichen Literatur wird sogar empfohlen, für Pauschalverträge eine feste Laufzeit "mit Verlängerungsklausel für jeweils weitere 1 oder 2 Jahre" vorzusehen (vgl. von Gleichenstein, AnwBl 1977, 401, 402).

Gewiß gibt es Grenzen einer zulässigen Vertragsdauer. Diese werden bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch §§ 9, 11 Nr. 12 Buchst. a und b AGBG gezogen (vgl. etwa BGHZ 90, 280, 283 f). Im Streitfall handelt es sich um einen Individualvertrag, für den sich die Grenzen aus §§ 138, 242 BGB ergeben. Diese sind hier nicht überschritten. Auf der Grundlage des Beklagtenvortrages ist insbesondere nicht erkennbar, daß die Rechtsanwälte insoweit durch einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten der Klägerin durchzusetzen versucht hätten und ihnen deshalb sittenwidriges oder gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten vorzuwerfen wäre. Die Interessen der Klägerin wurden auch dadurch gewahrt, daß ihr die Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 BGB verblieb.

5.

Der demnach als bindend anzusehende Beratervertrag ist jedenfalls in bezug auf die allein in Rede stehende Monatspauschale von 5.000,00 DM nebst Mehrwertsteuer nicht wirksam von der Klägerin gekündigt worden.

Eine Kündigung nach § 627 BGB scheidet schon deshalb aus, weil der Beklagte aufgrund des Beratervertrages Dienste höherer Art zu leisten hatte, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, und daß er zu der Klägerin insoweit in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen stand (vgl. BGH, Urt. v. 19. November 1992 - IX ZR 77/92, LM BGB § 627 Nr. 13 = WM 1993, 515 f). Entscheidend für die Annahme fester Bezüge ist, ob der Dienstberechtigte sich darauf verlassen kann, daß ihm auf längere Sicht bestimmte, von vornherein festgelegte Beträge als Dienstbezüge zufließen werden. Einen Gegensatz stellen Entgelte dar, die von außervertraglichen Entwicklungen abhängen und deshalb der Höhe nach schwanken. Sie sind jedoch insoweit feste Bezüge, als den Dienstverpflichteten ein bestimmtes Mindesteinkommen versprochen ist (vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 1993 - VIII ZR 112/92, LM BGB § 627 Nr. 14 = WM 1993, 795, 796). Dies trifft hier für die vereinbarte Pauschale von 5.000,00 DM nebst Mehrwertsteuer zu. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob eine Kündigung des Beratervertrages nach § 627 BGB zwischen den Parteien wirksam ausgeschlossen worden ist. Die Voraussetzungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) hat die Klägerin nicht dargetan.

Mangels wirksamer Kündigung des Beratervertrages steht dem Beklagten, der seine Dienste der Klägerin weiter angeboten hat, der Anspruch auf die vereinbarte Pauschale gemäß § 615 Satz 1 BGB grundsätzlich in vollem Umfang zu (vgl. BGH, Urt. v. 19. November 1992 - IX ZR 77/92, WM 1993, 515, 516 f; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 628 Rdn. 1). Für § 615 Satz 2 BGB fehlt es an einem Vortrag der darlegungspflichtigen Klägerin.

6.

Das angefochtene Urteil ist mithin insgesamt aufzuheben. Es erscheint geboten, die Sache in vollem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich im gegenwärtigen Verfahrensstand nicht feststellen läßt, in welchem Umfang die Klageforderung begründet ist.

Für das weitere Verfahren ist zu bemerken, daß der Beklagte stets nur mit fälligen Ansprüchen aufrechnen konnte und kann (§ 387 BGB).

Der Beklagte kam daher durch die mit Schreiben der Klägerin vom 13. Januar 1993 erfolgte Mahnung (GA I 5, 21) insoweit in Verzug, als der Klageforderung zu diesem Zeitpunkt fällige Gegenansprüche nicht gegenüberstanden. Die Klägerin kann den durch den Verzug entstandenen Schaden gemäß § 286 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen. Dieser Schaden kann in einem Zinsentgang bis zum Fälligwerden der jeweiligen Honorarforderung des Beklagten und der (erst) damit eingetretenen Aufrechnungslage (§ 389 BGB; vgl. MünchKommBGB/von Feldmann, 3. Aufl. § 389 Rdn. 3, 4) gesehen werden. Die Klägerin hat ab 14. Januar 1993 12 % Zinsen auf die Klageforderung verlangt, die ihr vom Berufungsgericht zugesprochen worden sind. Nach § 396 Abs. 2, § 367 Abs. 1 BGB wird grundsätzlich zunächst gegen Zinsen aufgerechnet. Die Zurückverweisung gibt den Parteien die Möglichkeit, sich auch zu diesem Fragenbereich zu äußern und die gebotenen Folgerungen zu ziehen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3018916

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