Leitsatz (amtlich)
a) Bei einer stillen Sicherungszession macht der Zedent die abgetretene Forderung grundsätzlich als Berechtigter geltend und führt damit die Unterbrechung der Verjährung herbei, auch wenn er die Abtretung nicht aufdeckt.
b) In einer späteren Umstellung des Klagantrages auf Zahlung an den Zessionar nach Offenlegung der Zession liegt keine Änderung des Streitgegenstandes.
Normenkette
BGB §§ 209, 398
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Aktenzeichen 12 U 1546/96) |
LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 469/95) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 9. März 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
H., über dessen Vermögen im Laufe des Rechtsstreits der Konkurs eröffnet wurde, ist Eigentümer eines Rennwagens, den der Beklagte als Fahrer dieses Fahrzeuges am 26. August 1994 bei einer sogenannten Einstellfahrt anläßlich eines Pokalrennens beschädigte. Der Kläger als Konkursverwalter hat den vom Gemeinschuldner angestrengten Prozeß aufgenommen, mit dem er den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch nimmt.
Schon vor Einreichung der Klage am 26. September 1995 hatte der Gemeinschuldner die Forderung gegen den Beklagten wegen der Beschädigung des Rennwagens am 25. Oktober 1994 an seine Ehefrau abgetreten. Die Abtretung wurde jedoch gegenüber dem Beklagten erst mit Schreiben vom 3. März 1997 offengelegt. In der Berufungsverhandlung am 16. Februar 1998 hat die Ehefrau diese Forderung an den Kläger abgetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Schadensersatzanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage, soweit der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf eigenes Recht des Gemeinschuldners gestützt werde, unbegründet, weil diesem ein etwaiger Anspruch gegen den Beklagten mangels Aktivlegitimation nicht mehr zugestanden habe. Soweit die Klage darauf gestützt werde, daß die Ehefrau des Gemeinschuldners den hier allein in Betracht kommenden deliktischen Anspruch an den Kläger abgetreten oder diesen zur Einziehung ermächtigt habe, sei dieser Anspruch verjährt. Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist habe weder durch die ursprüngliche Klageerhebung von Seiten des Gemeinschuldners noch durch die Aufnahme des Verfahrens durch den Kläger stattgefunden, da der an die Ehefrau abgetretene Anspruch erst am 16. Februar 1998 nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist gerichtlich geltend gemacht worden sei. Vorher sei dieser Anspruch nicht Gegenstand des Streits gewesen. Es könne auch nicht angenommen werden, daß die an die Ehefrau abgetretene Forderung von dem Gemeinschuldner bei Erhebung der Klage im Wege der Prozeßstandschaft mitverfolgt worden sei. Eine gewillkürte Prozeßstandschaft setze grundsätzlich die Offenlegung der Prozeßführungsermächtigung in den Tatsacheninstanzen voraus. Eine in Prozeßstandschaft erhobene Klage unterbreche die Verjährung daher nur dann, wenn aus ihr deutlich ersichtlich sei, daß der Kläger ein fremdes Recht im eigenen Namen fordere.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klageforderung sei verjährt, weil der den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Anspruch nicht schon mit der Erhebung der Klage durch den Gemeinschuldner, sondern erst am 16. Februar 1998 mit der Abtretung an den Kläger oder mit dessen Ermächtigung geltend gemacht worden sei, ist von Rechtsirrtum beeinflußt. Die Revision rügt zu Recht, daß sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage befaßt hat, ob es sich bei der Abtretung vom 25. Oktober 1994 an die Ehefrau des Gemeinschuldners um eine stille Sicherungszession gehandelt hat, die diesen berechtigte, mit verjährungsunterbrechender Wirkung Zahlung an sich selbst zu verlangen.
1. Die Verjährung wird gemäß § 209 BGB unterbrochen, wenn der Berechtigte Klage erhebt. Die Klage eines Nichtberechtigten unterbricht die Verjährung nicht (BGHZ 78, 1, 3 f.). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt daher maßgeblich davon ab, ob der Gemeinschuldner die Klage als Berechtigter erhoben hat.
a) Wer Berechtigter im Sinne des § 209 BGB ist, richtet sich nach sachlichem Recht (BGHZ 46, 221, 229; 78, 1, 5). Danach ist Berechtigter, wem die materiell-rechtliche Befugnis zur Verfügung über den Gegenstand zusteht (BGHZ 46, 221, 229 m.w.N). Diese Verfügungsbefugnis besitzt nach ständiger Rechtsprechung auch derjenige, der aufgrund einer Einziehungsermächtigung berechtigt ist, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen, also Zahlung an sich zu verlangen (BGHZ 78, 1, 5; BGH, Urteil vom 26. November 1957 - VIII ZR 70/57 - JZ 1958, 245, 246 m.w.N.). Bei der Einziehungsermächtigung handelt es sich um ein abgespaltenes Gläubigerrecht, das dem Ermächtigten die Sachlegitimation verschafft, Leistung an sich selbst zu verlangen (BGHZ 125, 196, 205).
Eine solche Einziehungsermächtigung kann auch mit einer fiduziarischen Abtretung, um die es sich hier – wie die Revision zu Recht geltend macht – bei der Zession an die Ehefrau des Gemeinschuldners gehandelt haben könnte, verbunden sein. Denn auch bei der Sicherungsabtretung wird dem Zedenten trotz Abtretung des Vollrechts regelmäßig die Befugnis eingeräumt, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen (RGZ 155, 50, 52; 166, 218, 238; BGHZ 120, 387, 395; BGH, Urteil vom 22. Dezember 1988 - VII ZR 129/88 - WM 1989, 585, 586). Insoweit handelt es sich um eine treuhänderische Abtretung, die mit einer Einziehungsermächtigung kombiniert ist .
Aufgrund einer solchen, mit einer Sicherungsabtretung verbundenen Einziehungsermächtigung kann der Gemeinschuldner die Zahlungsklage gegen den Beklagten auch hier erhoben haben. Ausweislich der Abtretungserklärung vom 25. Oktober 1994 erfolgte die Zession, wie die Revision zu Recht geltend macht, nämlich „zur Deckung der Darlehen von meiner Frau B.H. an mich”.
b) Die mangelnde Offenlegung der Sicherungsabtretung hinderte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Verjährungsunterbrechung durch die vom Gemeinschuldner erhobene Klage nicht. Für die gewillkürte Prozeßstandschaft wird allerdings in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich verlangt, daß die Prozeßführungsbefugnis in den Tatsacheninstanzen offengelegt wird, weil im Prozeß klar sein muß, wessen Recht verfolgt wird (BGHZ 94, 117, 122; 96, 151, 155; 108, 52, 58; 125, 196, 201). Zum einen gilt dies jedoch nicht für die Prozeßstandschaft im Falle einer stillen Sicherungszession (BGH, Urt. vom 11. November 1977 - I ZR 80/75 - NJW 1978, 698 und vom 6. Oktober 1978 - I ZR 103/76 - WM 1978, 1406, 1407; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1327). Zum anderen dürfen die prozeßrechtlichen Gesichtspunkte nicht mit dem sachlich-rechtlichen Gehalt einer Sicherungsabtretung und der mit ihr verbundenen Einziehungsermächtigung vermengt werden (BGHZ 78, 1, 5).
aa) Materiell-rechtlich ist für die Wirksamkeit einer fiduziarischen Abtretung die Offenlegung der Zession – im Gegensatz zur Verpfändung einer Forderung (§ 1280 BGB) – nicht erforderlich. Haben die Beteiligten die Nichtaufdeckung der Abtretung vereinbart, handelt es sich um eine sog. stille Zession, die den Zedenten berechtigt, Leistung an sich selbst zu verlangen. Lediglich im Falle der offenen Sicherungsabtretung muß er Zahlung an den Abtretungsempfänger verlangen (BGHZ 32, 67, 71; 96, 151, 155; BGH, Urteil vom 6. November 1980 - VII ZR 200/79 - NJW 1981, 678, 679), wobei die spätere Offenlegung im Prozeß der von vornherein offenen Abtretung gleichsteht (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1988 aaO).
bb) Aber auch die Unterbrechung der Verjährung gemäß § 209 BGB ist von einer Offenlegung der Zession nicht abhängig, denn es gehört gerade zum Wesen der stillen Abtretung, daß der Zedent gegenüber dem Abtretungsempfänger berechtigt ist, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen, ohne die Abtretung offenlegen zu müssen. Deshalb macht der Zedent die Forderung als Berechtigter geltend und führt damit – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – die Unterbrechung der Verjährung herbei, auch wenn er die Abtretung nicht kundtut (BGH, Urt. vom 11. November 1977 und vom 6. Oktober 1978 - jew. aaO; vgl. auch BGHZ 78, 1, 7).
2. Die Unterbrechungswirkung der vom Gemeinschuldner erhobenen Klage erstreckt sich freilich auf den vom Kläger verfolgten, im Laufe des Rechtsstreits an ihn abgetretenen Anspruch nur dann, wenn es sich insoweit um denselben Streitgegenstand handelt. Denn die Verjährung wird nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang unterbrochen, wie sie mit der Klage geltend gemacht worden sind; sie erstreckt sich nicht auf solche Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klageerhebung waren (BGHZ 104, 268, 271 ff.; 132, 240, 242 f.; Senatsurteil vom 17. Oktober 1995 - VI ZR 246/94 - VersR 1996, 76, 77; BGH, Urteil vom 6. April 1995 - VII ZR 73/94 - NJW 1995, 1675, 1676).
In dem Übergang von der anfänglichen Geltendmachung eigener Ansprüche des Gemeinschuldners zu einer solchen seiner Ehefrau auf Grund vorprozessualer Abtretung liegt entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kein Wechsel des Streitgegenstandes im Sinne einer Klageänderung, denn der an die Ehefrau des Gemeinschuldners abgetretene und von dieser auf den Kläger weiter übertragene Anspruch war von Anfang an Gegenstand des Verfahrens. Bei einer stillen Zession macht nämlich der Zedent aufgrund der ihm eingeräumten Einziehungsermächtigung, auch wenn er Zahlung an sich verlangt, grundsätzlich die an den Sicherungszessionar abgetretene Forderung geltend. In einer etwaigen späteren Umstellung des Klagantrags auf Zahlung an den Zessionar nach Offenlegung der Zession läge daher keine Änderung des Streitgegenstandes, sondern lediglich eine notwendige Anpassung an die nach Offenlegung der Abtretung veränderte prozessuale Lage. Nach Aufdeckung der Sicherungsabtretung kann der Zedent nämlich, wie bereits ausgeführt, nur noch Zahlung an den Abtretungsempfänger verlangen.
3. Das angefochtene Urteil kann auch nicht aus anderen Gründen gehalten werden.
Soweit die Revision geltend macht, die Klageansprüche unterlägen der kurzen, sechsmonatigen Verjährung gemäß §§ 558 Abs. 2, 606 BGB, erlauben die Feststellungen des Berufungsgerichts dem Senat keine abschließende Entscheidung.
Das Berufungsgericht hat die Gesamtumstände dahin gewürdigt, daß sich die Parteien nicht „mit rechtlicher Bindungswirkung zur Teilnahme an dem fraglichen Autorennen” hätten verpflichten wollen. Diese Würdigung ist jedoch zu kurz und schöpft den Gehalt der beiderseitigen Beziehungen nicht aus. Einmal beruft sich das Berufungsgericht nur auf die Gesamtumstände, ohne diese darzulegen. Zum anderen erwähnt es ausdrücklich nur einen fehlenden Bindungswillen in bezug auf die Teilnahme am Autorennen, prüft aber nicht, ob die Überlassung des Wagens an den Beklagten am Tage zuvor vertragliche Beziehungen zwischen den Beteiligten in Form einer Leihe oder eines leiheähnlichen Verhältnisses begründete oder ob zwischen den Parteien gesellschaftsrechtliche Beziehungen bestanden. Der Senat kann daher nicht endgültig beurteilen, ob die Verneinung rechtlicher Verpflichtungen auch in dieser Richtung rechtsfehlerfrei erfolgt ist.
III.
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Unterschriften
Dr. Lepa, Bischoff, Dr. von Gerlach, Dr. Dressler, Dr. Greiner
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 23.03.1999 durch Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538981 |
BB 1999, 1030 |
DB 1999, 1316 |
NJW 1999, 2110 |
EWiR 1999, 679 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1065 |
WuB 1999, 819 |
WuB 1999, 849 |
ZIP 1999, 927 |
InVo 1999, 265 |
MDR 1999, 884 |
VRS 1999, 324 |
VersR 1999, 892 |
LL 1999, 630 |