Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 7. Oktober 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 17. Februar 1995, geändert durch notariellen Vertrag vom 7. April 1995, kauften die Beklagten von der Klägerin jeweils fünf Eigentumswohnungen in einer Wohnungseigentumsanlage in Hamburg. Für die Beklagten wurden entsprechende Auflassungsvormerkungen eingetragen, deren Löschung die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit verlangt.
Nach dem ursprünglichen Vertrag war der Kaufpreis von 740.000 DM spätestens am 14. Mai 1995 auf Anderkonto zu zahlen. In der Vertragsänderung heißt es, daß die Kaufpreisfälligkeit unverändert bleibe, „aber mit der Maßgabe, daß der Kaufpreis auf dem Anderkonto erst zu hinterlegen ist, wenn Vorkaufsrechte der Mieter nicht mehr bestehen”.
Der Vertrag enthält einen Gewährleistungsausschluß für Größe, Güte und Beschaffenheit des Grundstücks sowie wegen etwaiger Mängel des Wohnungseigentums. Die Klägerin (soweit es im Tatbestand des angefochtenen Urteils „Der Käufer” heißt, ist das eine offensichtliche Unrichtigkeit) verpflichtete sich, einen bestimmten Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens „betr. Schwammbefall” in dem Vertragsobjekt zu beauftragen. Sollte der Sachverständige einen Schwammbefall feststellen, den die Klägerin nicht zu beseitigen verpflichtet war oder nicht beseitigte, so waren die Beklagten zum Rücktritt berechtigt. Ferner verpflichtete sich die Klägerin, die Ursachen der auftretenden Nässe und deren Schäden in einer der gekauften Wohnungen und im Dachgeschoß von einem Fachbetrieb beseitigen zu lassen.
Im Auftrag der Klägerin erstattete der Sachverständige unter dem 8. Mai 1995 einen Bericht über eine Objektbegehung. Darin heißt es, daß er Schwammbefall im Dachbodenraum, nach seiner Einschätzung Porenschwammbefall, festgestellt habe. Außerdem sei „ein mittlerer Anobienbefall” vorhanden.
Mit Schreiben vom 19. Juli 1995 forderte die Klägerin unter gleichzeitiger Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung die Beklagten erfolglos zur Kaufpreishinterlegung auf. Mit Schreiben vom 14. Juni 1996 wiederholte die Klägerin die Zahlungsaufforderung mit Ablehnungsandrohung unter Fristsetzung bis zum 19. Juni 1996. Zuvor, unter dem 12. Juni 1996, hatte der Sachverständige der Klägerin bestätigt, daß er aufgrund erneuter Beauftragung am 3. Juni 1996 eine Untersuchung des Hauses auf Schwammbefall unter Begutachtung von etwa 20 bis 30 optischen Punkten vornehmen werde.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Erfüllungsanspruch sei nach § 326 Abs. 1 BGB untergegangen, so daß die Auflassungsvormerkungen zu löschen seien. Die Beklagten meinen demgegenüber, der Kaufpreis sei noch nicht fällig, da weder ein vollständiges Sachverständigengutachten vorliege, noch die Nässeschäden – wie vertraglich vereinbart – beseitigt worden seien.
Die Klage auf Löschung der Auflassungsvormerkungen hat in den Tatsacheninstanzen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB für gegeben. Es geht davon aus, daß die Fälligkeit der Kaufpreisforderung durch Vertrag kalendermäßig bestimmt worden sei, so daß zur Verzugsbegründung eine Mahnung entbehrlich gewesen sei. Die Fälligkeit habe bei interessegerechter Vertragsauslegung unabhängig davon eintreten sollen, ob und wann die Klägerin ihrer Pflicht zur Einholung eines Gutachtens über etwaigen Schwammbefall nachkomme. Ein Verzugseintritt sei jedenfalls ab dem 4. Juni 1996 nicht mehr durch ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten gehindert gewesen; denn spätestens mit dem am 3. Juni 1996 bei dem Sachverständigen eingegangenen Gutachtenauftrag sei die Klägerin ihrer dahingehenden Pflicht nachgekommen. Zu einer Beseitigung eines Schwammbefalls sei sie nicht verpflichtet gewesen. Auch wegen der Ursachenbeseitigung der aufgetretenen Nässe und deren Schäden stehe den Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht zu. Die Beklagten hätten nämlich nicht substantiiert dargetan, daß die Klägerin diese Verpflichtung nicht erfüllt habe. Außerdem hätten sich die Beklagten hierauf erst berufen, nachdem die von der Klägerin zur Erfüllung der Zahlungspflicht gesetzte Nachfrist verstrichen gewesen sei.
II.
Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten den Angriffen der Revision stand.
1. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein Verzug der Beklagten habe nach § 284 Abs. 2 BGB eintreten können. Zwar sah der ursprüngliche Vertrag einen kalendermäßig bestimmten Fälligkeitstermin für die Kaufpreiszahlung vor („spätestens 14. Mai 1995”). Doch wurde diese Regelung durch den Änderungsvertrag vom 7. April 1995 eingeschränkt. Der Eintritt der Fälligkeit zu dem genannten Zeitpunkt wurde an die Voraussetzung geknüpft, daß Vorkaufsrechte der Mieter nicht mehr bestanden. Damit hing die Fälligkeit u.a. von dem nicht kalendermäßig festgelegten Zeitpunkt ab, wann die Mitteilung über den Kaufvertrag und die Unterrichtung über ein bestehendes Vorkaufsrecht den Mietern zuging (§§ 570 b Abs. 2, 510 Abs. 2 BGB). Der Zahlungstermin konnte infolgedessen nicht mehr allein aus dem Kalender bestimmt werden.
2. Ein Verzugseintritt kann daher nur unter den Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 BGB angenommen werden. Dazu fehlt es nicht an der für eine Mahnung erforderlichen unbedingten Zahlungsaufforderung. Diese enthält jedenfalls das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 1996. Eine wirksame Mahnung setzt aber die Fälligkeit der Kaufpreisschuld voraus. Die bisher getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Annahme der Fälligkeit nicht.
a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, der Eintritt der Fälligkeit des Kaufpreises sei von der bislang nicht eingetretenen Voraussetzung abhängig, daß das von der Klägerin in Auftrag zu gebende Sachverständigengutachten über den Schwammbefall vorliege.
Fehl geht dabei zunächst die Rüge, das Berufungsgericht habe die Auslegungsfähigkeit des Vertrages mit Rücksicht auf den „eindeutig(en)” Zahlungstermin verneint. Damit verkennt die Revision die Ausführungen des Berufungsgerichts. Als „eindeutig” ist – bei verständiger Würdigung – nur die kalendermäßige Bestimmung eingeschätzt worden. Das Berufungsgericht hat hingegen nicht angenommen, es sei an einer Auslegung des Vertrages im Hinblick auf das Verhältnis von Gutachtenerteilung und Zahlungspflicht gehindert. Vielmehr hat es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vertragsbestimmungen – im Wege der Auslegung also – angenommen, daß die Verpflichtung zur Beschaffung des Gutachtens auf die Fälligkeit des Kaufpreises ohne Einfluß bleibe, da die Interessen der Beklagten durch das ihnen eingeräumte Rücktrittsrecht ausreichend gewahrt seien. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie läßt insbesondere – entgegen der Auffassung der Revision – keine für die Auslegung bedeutsamen Umstände außer Betracht.
Soweit die Revision meint, die Parteien seien bei Vertragsschluß davon ausgegangen, daß die Kaufpreisfälligkeit von einer vorherigen Gutachtenerstattung habe abhängig sein sollen, richtet sich dieser Einwand nicht gegen die Vertragsauslegung, sondern spricht die jeder Auslegung vorgehende Prüfung eines übereinstimmenden Parteiwillens an. Der von ihr dafür in Anspruch genommene Sachvortrag rechtfertigt aber nicht den Schluß, daß die Parteien die Fälligkeit des Kaufpreises bis zur Vorlage des Gutachtens hinausgeschoben hätten. Wenn sie – wie die Beklagten unter Beweisantritt dargelegt haben – bei Vertragsschluß davon ausgegangen sind, daß vor dem Fälligkeitstermin 14. Mai 1995 das Gutachten vorliegen solle und daß man darüber auch gesprochen habe, so läßt das – zumal mit Blick auf die Vertragsgestaltung – nur den Schluß zu, daß die Parteien von einer rechtzeitigen Vorlage des Gutachtens ausgegangen sind, nicht aber, daß sie die Fälligkeit daran knüpfen wollten. Nichts anderes kann dem unter Beweis gestellten Vortrag entnommen werden, im Notartermin habe man darüber gesprochen, daß der Zeitraum, in dem sich der Kaufpreis auf dem Anderkonto befände, möglichst kurz gehalten werden solle; „auch deshalb” habe „der Kaufpreis nicht vor Gutachtenerteilung gezahlt werden” sollen. Es mag sein, daß nicht vor Auftragserteilung gezahlt werden sollte. Hier geht es aber um die Frage der Abhängigkeit der Zahlung des Kaufpreises von der Gutachtenvorlage. Schließlich ist auch der Hinweis auf das Hinausschieben des zunächst für den 30. April 1995 vorgesehenen Fälligkeitstermins auf den 14. Mai 1995 für den Standpunkt der Revision unergiebig. Wenn diese Terminsänderung mit Rücksicht auf das Gutachten vorgenommen wurde, nämlich „um … sicherzugehen, daß das Gutachten auch wirklich bis zur Fälligkeit vorliegt”, so besagt das wiederum nicht mehr, als daß die Parteien annahmen, das Gutachten liege bei Fälligkeit der Zahlung vor. Auf einen übereinstimmenden Willen, die Fälligkeit an die Gutachtenvorlage zu koppeln, läßt das nicht schließen. Dies gilt auch für den weiteren von der Revision hervorgehobenen Beklagtenvortrag.
b) Im Ergebnis erfolglos bleibt auch der Angriff der Revision dagegen, daß das Berufungsgericht eine Anpassung des Fälligkeitszeitpunkts an die Gutachtenvorlage unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage abgelehnt hat.
Einer Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage geht die Prüfung einer ergänzenden Vertragsauslegung vor (vgl. Senat, Urt. v. 3. Oktober 1980, V ZR 100/79, WM 1981, 14). Damit läßt sich das von der Beklagten erstrebte Ergebnis indes nicht erreichen. Zweifel bestehen schon, ob der Vertrag eine Lücke aufweist, die durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann. Wenn der von den Parteien erwartete Umstand, daß das Gutachten bei Fälligkeit vorliegen werde, nicht eintrat, so bestand kein zwingender Bedarf für eine darauf abgestimmte Regelung. Der Fälligkeitstermin mußte nach der Vertragskonzeption nicht an den Zeitpunkt der Gutachtenertattung gekoppelt werden. Denn die Beklagten behielten auch dann ihr Rücktrittsrecht, wenn das Gutachten, aus dem sich die Rücktrittsgründe ergeben konnten, erst später vorgelegt wurde. Jedenfalls tritt hierdurch auch keine Situation ein, die – eine Vertragslücke unterstellt – dazu führt, daß sich die Kläger nach § 242 BGB auf ein Hinausschieben der Fälligkeit bis zur Vorlage des Gutachtens einlassen müßten. Auch ohne eine solche Regelung war die Vertragsgestaltung nicht unbillig. Der über Anderkonto abzuwickelnden Zahlung stand der durch Vormerkung gesicherte Eigentumserwerb gegenüber. Für einen etwaigen Schwammbefall haftete die Klägerin ohnehin nur im Falle der Arglist. Durch das Rücktrittsrecht wurden die Interessen der Beklagten – über das üblicherweise in solchen Fällen Vereinbarte hinausgehend – angemessen berücksichtigt.
Bei dieser Sachlage ist auch für die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kein Raum. Das kann entgegen der Meinung des Berufungsgerichts zwar nicht mit dem Umstand begründet werden, daß die Beklagten seit dem mit dem Fälligkeitstermin verbundenen Besitzübergang die Mieten eingezogen haben. Denn die Entgegennahme der Mieten beruhte nach dem von der Revision in Bezug genommenen Vorbringen der Beklagten auf einer besonderen Parteivereinbarung. Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann jedoch deswegen nicht gesprochen werden, weil das Risiko der nicht rechtzeitigen Gutachtenerstattung nach der Vertragsgestaltung bei den Beklagten lag (vgl. Senat, BGHZ 74, 370, 373 m.w.N.).
c) Die Revision bleibt auch erfolglos, soweit sie sich gegen den Eintritt der Fälligkeit auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft. Allerdings stand den Beklagten aus demselben Rechtsverhältnis ein fälliger Anspruch gegen die Klägerin auf Beauftragung eines Sachverständigen zur Begutachtung des Schwammbefalls zu (§ 273 Abs. 1 BGB). Dieser Verpflichtung ist die Klägerin aber nachgekommen. Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, daß der im Juni 1996 erteilte Gutachtenauftrag den Erfordernissen entspricht. Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagten hätten unter Beweisantritt vorgetragen, daß die in Aussicht genommene Untersuchung von lediglich 20 bis 30 optischen Punkten nicht genüge, um zuverlässige Feststellungen treffen zu können, verkennt sie, daß der Gutachter – was naheliegt – nur die Bereiche „mit stark erhöhtem Risiko für Schwammbefall” untersuchen wollte. Daß eine solche Untersuchung nicht den Anforderungen entspricht, haben die Beklagten nicht substantiiert dargelegt.
d) Die Revision hat jedoch Erfolg, soweit sie sich darauf stützt, daß der Fälligkeit des Zahlungsanspruchs die – nach Behauptung der Beklagten – nicht erfüllte Pflicht der Klägerin entgegensteht, die Feuchtigkeitsschäden und ihre Ursachen in einer Wohnung und im Dachgeschoß beseitigen zu lassen.
Dieses Vorbringen konnte das Berufungsgericht nicht mit der Begründung für unerheblich erachten, die Beklagten hätten sich auf ein daraus folgendes Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Abs. 1 BGB) erst zu einem Zeitpunkt berufen, als die Leistungspflichten aus dem Kaufvertrag wegen Ablaufs der Nachfrist (§ 326 Abs. 1 BGB) bereits erloschen gewesen seien. Die Beklagten machen nämlich, wenn sie sich auf die mit der Feuchtigkeit zusammenhängenden Mängel der Kaufsache berufen, kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB geltend, das, um wirksam zu werden, ausgeübt werden muß (vgl. BGH, Urt. v. 5. Mai 1971, VIII ZR 69/70, WM 1971, 1020). Sie machen vielmehr entweder Gewährleistungsrechte oder die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) geltend. Die Parteien haben wegen des Sachmangels die Rechte der §§ 459 ff BGB modifiziert und einen Anspruch auf Behebung des Sachmangels begründet. Behandelt man diesen Anspruch wie die gesetzlichen Gewährleistungsrechte, so schließt schon das Bestehen der Mängeleinrede den Eintritt des Verzuges aus, sofern die Einrede – wie hier im Berufungsrechtszug – überhaupt einmal erhoben wird (Senat, BGHZ 113, 232, 236). Erblickt man in dem Recht auf Behebung des Mangels eine von der Sachmängelgewährleistung zu unterscheidende Verpflichtung der Klägerin, so handelt es sich dabei um eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht, für die § 320 BGB gilt. Es bedarf dann nicht der Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts. Sein bloßes objektives Bestehen hindert den Eintritt des Schuldnerverzuges (BGHZ 84, 42, 44).
Das Vorbringen der Beklagten zu den Voraussetzungen der Mängeleinrede bzw. des Leistungsverweigerungsrechts war – entgegen der Meinung des Berufungsgerichts – hinreichend substantiiert. Die Beklagten durften sich, nachdem die Klägerin die Beseitigung der Schäden behauptet hatte, darauf beschränken, die Erfüllung zu bestreiten.
III.
Das Berufungsgericht wird daher aufzuklären haben, ob mit Rücksicht auf die Vertragsänderung (Erlöschen der Vorkaufsrechte der Mieter) der Kaufpreisanspruch grundsätzlich fällig werden konnte und ob im Zeitpunkt der Mahnung und des Vorgehens nach § 326 Abs. 1 BGB die Mängeleinrede bzw. das Leistungsverweigerungsrecht bestand.
Unterschriften
Wenzel, Lambert-Lang, Tropf, Krüger, Klein
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 23.04.1999 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen