Leitsatz (amtlich)
a) Wird der Ruhegehaltsanspruch eines Vorstandsmitglieds an bestimmte Voraussetzungen geknüpft (Arbeitsunfähigkeit, Altersgrenze usw.), so wird die Verpflichtung des Dienstherrn im Zweifel nur wirksam, wenn sich der Berechtigte beim Eintritt der Voraussetzung noch in seinen Diensten befindet.
b) Für die Anwendung des Grundsatzes, daß ein Ruhegehaltsanspruch unter besonderen Umständen aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben und der nachwirkenden Fürsorgepflicht hergeleitet werden kann, wenn die vertraglichen Voraussetzungen für den Anspruch noch nicht erfüllt waren (vgl. BGHZ 22, 375, 381), ist regelmäßig kein Raum, wenn sich das vorzeitig ausgeschiedene Vorstandsmitglied in einem anderen Dienstverhältnis eine Pensionsberechtigung verschafft hat.
c) Pflichtwidrigkeiten und strafbare Handlungen des Ruhegehaltsempfängers gegenüber Dritten berechtigen den Dienstherrn grundsätzlich nicht, das Ruhestandsverhältnis zu kündigen.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 14.03.1967) |
LG Berlin |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 14. März 1967 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Dem Berufungsgericht bleibt auch die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz vorbehalten.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, der am 4. Juni 1964 das 65. Lebensjahr vollendet hat, nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Pension in Anspruch. Er war seit 1929 ihr Vorstandsmitglied. Ab Mai 1945 befand er sich mehr als drei Jahre lang im Gewahrsam der sowjetischen Besatzungsmacht. Danach ist er bei der Beklagten, deren Geschäftsbetrieb seit Kriegsende ruht, nicht mehr tätig gewesen. In Oktober 1949 trat er in die Dienste der B. f. G. in H. Dort ist er am 31. März 1955 ohne Altersversorgung ausgeschieden. Er behauptet, die Beklagte habe ihm im Anstellungsvertrag, den er nicht mehr vorlegen könne, ein monatliches Ruhegeld in Höhe von 75 % des letzten Monatsgehalts für die Zeit nach Erreichung des 65. Lebensjahres versprochen. Die Beklagte bestreitet das. Vorsorglich hat sie das etwa bestehende Ruhestandsverhältnis gekündigt und dies damit begründet, der Kläger habe ihr und der B. f. G. gegenüber verschiedene Verfehlungen begangen.
Bei der Beklagten bezog der Kläger zuletzt ein Monatsgehalt von 2000 RM. Im ersten Rechtszuge hat er die Pension nur für einen Monat, im zweiten Rechtszuge für ein Jahr, also 18.000,– DM verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 18.000,– DM nebst Zinsen verurteilt. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Gegen den Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, der Anstellungsvertrag des Klägers habe entgegen der Behauptung der Beklagten eine Pensionszusage enthalten, läßt sich aus Rechtsgründen ebensowenig etwas einwenden wie gegen die Feststellung, die Zusage habe jedenfalls den Inhalt gehabt;, daß dem Kläger ein Ruhegehalt von 75 % seines letzten Gehalts für die Zeit nach Erreichung des 65. Lebensjahres versprochen worden sei. Insoweit erhebt die Revision auch keine Bedenken. Das Berufungsgericht hat aber weiter angenommen, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche zu. Das Dienstverhältnis, so hat es ausgeführt, habe zwar im Jahre 1949 sein Ende gefunden. Die Beweislast für die Behauptung, die Ruhegehälter der Vorstandsmitglieder seien üblicherweise vom Fortbestand der Dienstverhältnisse bis zum 65. Lebensjahr abhängig gemacht worden, trage aber die Beklagte. Da sie in diesem Punkte beweisfällig geblieben sei, sei als Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellen, daß die Beklagte eine Pension ohne eine solche einschränkende Klausel versprochen habe. Die Ruhegehaltszusage dieses Inhalts sei „zwanglos” dahin auszulegen, daß der Kläger den Anspruch auch dann habe erwerben sollen, wenn er das Pensionsalter erreiche, ohne bis dahin in den Diensten der Beklagten gestanden zu haben. Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht.
Ihr kann allerdings nicht darin gefolgt werden, das Berufungsgericht sei an jener Vertragsauslegung schon deshalb gehindert gewesen, weil der Kläger einen entgegenstehenden Vertragsinhalt zugestanden habe. Der Kläger hat zwar zunächst schriftsätzlich ausführen lassen, sein Dienstverhältnis zur Beklagten sei niemals beendet und das Ruhegehalt für den Fall vereinbart worden, daß er durch Invalidität oder Erreichung des 65. Lebensjahres „aus dem Amt” ausscheide (Klageschrift S. 3; Schriftsatz vom 17. Februar 1965 S. 2). Aus dem Beweisthema des Beweisbeschlusses des Landgerichts vom 24. Mai 1965, das insoweit mit dem im erstinstanzlichen Urteil festgestellten Vorbringen des Klägers übereinstimmt, geht aber hervor, daß der Kläger diese Behauptung in der ersten mündlichen Verhandlung entweder gar nicht vorgetragen oder jedenfalls sogleich geändert und statt dessen behauptet hat, es sei nicht vereinbart worden, daß seine Ansprüche vom Verbleib in den Diensten der Beklagten bis zum 65. Lebensjahre abhängig seien. Die Beklagte hat in diesem Prozeßstadium noch jegliche Pensionszusage bestritten (Schriftsatz vom 22. Mai 1965 S. 2). Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob sie – wie die Revision meint – in einem späteren Schriftsatz vom 15. Oktober 1965 das anfängliche Vorbringen des Klägers aufgegriffen und zum Gegenstand ihres Vertrages gemacht hat. Ein sogenanntes „vorweggenommenes” Geständnis einer Partei, an das sie gemäß §§ 288, 290 ZPO gebunden wäre, liegt nicht vor, wenn sie ihre Behauptung widerruft, bevor sich der Gegner diese zu eigen macht (RG WarnRspr 1940, 13).
Gegen die Annahme, dem Kläger stehe das Ruhegehalt zu, obgleich er im Jahre 1949 aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden sei, bestehen jedoch insbesondere deshalb rechtliche Bedenken, weil das Berufungsgericht die Beweislast verkannt hat. Die vertraglichen Voraussetzungen, von denen der Anspruch auf Ruhegehalt abhängig sein soll, sind „anspruchsbegründende Tatsachen”, die nach allgemeinen Beweisgrundsätzen der Dienstverpflichtete, der aus dem Vertrag Rechte herleiten will, darlegen und im Streitfalle beweisen muß. Hierzu gehört die vom Kläger behauptete Tatsache, ihm sei im Anstellungsvertrag die Pensionsberechtigung ohne Rücksicht auf die Dauer des Dienstverhältnisses eingeräumt und nur ihre Fälligkeit sei an die Vollendung des 65. Lebensjahres geknüpft worden. Die Beklagte hat das bestritten und, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, mit ihrem Hilfsvortrag, daß Ruhegehaltsvereinbarungen mit Vorstandsmitgliedern üblicherweise Einschränkungen für den Fall ihres vorzeitigen Ausscheidens enthielten, sinngemäß behauptet, sie habe dem Kläger das Ruhegehalt allenfalls unter der ausdrücklichen Voraussetzung versprochen, daß er bis zum 65. Lebensjahre in ihren Dienerten stehe. Unter diesen Umständen war es nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, Sache der Beklagten, ihre Hilfsbehauptung zu beweisen, sondern Sache des Klägers, sie zu widerlegen; er hätte beweisen müssen, daß der Anstellungsvertrag keine ausdrückliche Bestimmung dieses Inhalts enthielt. Eine Feststellung, daß er diesen Beweis erbracht habe, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Die Ausführungen, die Beklagte sei insoweit „beweisfällig” geblieben und habe ihre Behauptung nicht näher substantiiert und unter Beweis gestellt, sprechen vielmehr dafür, daß das Berufungsgericht zu einem bestimmten Beweisergebnis in diesem Punkte nicht gekommen ist. Wäre das der Fall, wäre die Feststellung, der Anstellungsvertrag habe ein Ruhegehaltsversprechen ohne ausdrückliche Einschränkung für den Fall der früheren Beendigung des Dienstverhältnisses enthalten, rechtlich nicht haltbar. Wegen der sonstigen Erörterungen des Berufungsgerichts zum Beweisergebnis läßt sich allerdings nicht völlig ausschließen, daß es lediglich von der Feststellung eines bestimmten Beweisergebnisses zugunsten des Klägers abgesehen hat, weil es das wegen seiner irrtümlichen Beurteilung der Beweislastfrage für entbehrlich gehalten hat. Eine abschließende und diesen Punkt klarstellende tatrichterliche Würdigung der Beweisaufnahme ist infolgedessen noch erforderlich. Das angefochtene Urteil muß daher aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits kann es außerdem noch auf folgende rechtliche Gesichtspunkte ankommen:
1. Sollte das Berufungsgericht nach den dargelegten Beweisgrundsätzen wiederum zu der Feststellung gelangen, der Anstellungsvertrag enthalte keine ausdrückliche Bestimmung, daß die Ruhegehaltszusage nur bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zur Altersgrenze gelten solle, so wird es zunächst seine weitere Ansicht überprüfen müssen, eine Ruhegehaltsvereinbarung dieses Inhalts habe dem Kläger bereits bei Vertragschluß eine feste, vom Verbleib in den Diensten der Beklagten nicht abhängige Versorgungsberechtigung verschafft. Wird der Anspruch auf Ruhegehalt – wie hier – an bestimmte Voraussetzungen (Arbeitsunfähigkeit, Altersgrenze usw.) geknüpft, so ist in Zweifel anzunehmen, die Verpflichtung des Dienstherrn solle nur wirksam werden, wenn sich der Berechtigte in dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzung eintritt, noch in seinen Diensten befindet. Das hat seinen Grund darin, daß die Ruhegehaltszahlung in der Regel eine Fürsorgeleistung des Arbeitgebers ist und der Fürsorgegedanke im allgemeinen nur Platz greift, wenn der Dienstverpflichtete bis zum Eintritt des Versorgungsfalles bei ihm tätig bleibt, nicht aber, wenn er vorher ausscheidet und damit Gelegenheit hat, sich anderswo eine vertragliche Altersversorgung zu beschaffen. Die Verpflichtung, möglicherweise für lange Zeit erhebliche Versorgungsbeiträge aufzubringen, wird zumeist auch nur dann als sozial gebotene und wirtschaftlich angemessene Anerkennung der Verdienste eines Arbeitnehmers um das Unternehmen angesehen, wenn dieser seine Arbeitskraft langfristig zur Verfügung gestellt hat. Die Zusage einer Altersversorgung, die weder vom Fortbestand des Dienstverhältnisses bis zur Arbeitsunfähigkeit oder bis zur Erreichung der Altersgrenze noch von einer bestimmten Mindestdauer der Zugehörigkeit zum Unternehmen abhängig gemacht wird, ist daher die Ausnahme; sie kommt im allgemeinen nur unter besonderen Umständen in Betracht, so etwa dann, wenn es sich um eine umworbene Spitzenkraft handelt oder der Arbeitgeber aus anderen Gründen großes Interesse hat, einer bestimmten Persönlichkeit auf diene Weise einen Anreiz zu geben, in seine Dienste zu treten.
Im vorliegenden Falle kann daher die Vereinbarung der Parteien, wenn sie ausdrücklich über die Abhängigkeit des Ruhegehalts von der Dauer des Dienstverhältnisses weder positiv noch negativ etwas aussagt, nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, „zwanglos” als sofort wirksame und an keine weitere Bedingung geknüpfte Pensionszusage angesehen werden. Eine dahingehende Vertragsauslegung ist vielmehr nur möglich, wenn der Kläger die für das Gegenteil sprechende Vermutung ausräumt und bestimmte Tatsachen behauptet und beweist, die den Schluß rechtfertigen, dem Parteiwillen habe bei Vertragschluß eine an die Beschäftigungsdauer nicht gebundene feste Pensionszusage entsprochen. Hiermit muß sich das Berufungsgericht gegebenenfalls noch auseinandersetzen. Es wird dabei zugunsten des Klägers berücksichtigen können, daß nach der bereits in anderem Zusammenhang gewürdigten Aussage des Zeugen K. im Aufsichtsrat der Beklagten die Ansicht vorgeherrscht habe, den Vorstandsmitgliedern stehe nur dann kein Ruhegehalt zu, wenn sie aus eigener Initiative vorzeitig ausscheiden sollten. Die Beendigung des Dienstverhältnisses im Jahre 1949 wäre entgegen der Ansicht der Revision kein solcher Fall, auch wenn der Kläger von sich aus zu erkennen gegeben hätte, an einer Weiterbeschäftigung nicht interessiert zu sein; denn die Beklagte bot ihm, seit ihr Geschäftsbetrieb ruhte, kein ausreichendes Betätigungsfeld mehr. Dagegen ist die Auskunft des Deutschen Genossenschaftsverbandes von 25. Januar 1967 über die Ruhegehaltsvereinbarungen, die bei Volksbanken und gewerblichen Zentralkassen üblich sind, nicht ohne weiteres zugunsten des Klägers verwertbar. Sie sagt über die Handhabung in der Kriegs- und Vorkriegszeit, auf die es hier ankommt, nichts aus, sondern gibt nur – der Antrage des Berufungsgerichts entsprechend – den gegenwärtigen Zustand wieder. Das Berufungsgericht wird daher die Ergänzung der Auskunft veranlassen müssen. Für die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung eingegangene Auskunft der Industrie- und Handelskammer gilt dasselbe. Auf der anderen Seite wird das Berufungsgericht darauf einzugehen haben, daß der Kläger erstmals im Jahre 1929 für zunächst fünf Jahre eingestellt worden und nach der Aussage des Zeugen K. zumindest zweifelhaft ist, ob nicht die vom Kläger behauptete Pensionsvereinbarung bereits damals getroffen und in die späteren Verträge, mit denen die Parteien das Vertragsverhältnis jeweils um fünf Jahre verlängert haben, unverändert übernommen worden ist. Wäre davon auszugehen, würde es darauf ankommen, ob es für die Beklagte besondere Gesichtspunkte gegeben hat, dem im Jahre 1929 erst 30jährigen und zunächst nur für fünf Jahre eingestellten Kläger die von ihm behauptete weitgehende Zusage zu machen oder nicht gerade diese Umstände dafür sprechen, daß dies – zumal noch in wirtschaftlich ungünstiger Zeit – nicht geschehen ist. Jedenfalls würde der Kläger die Behauptung, große Verdienste um die Entwicklung der Beklagten zu haben, nur dann als einen Umstand für sich in Anspruch nehmen können, der für eine ihm günstige Vertragsauslegung spricht, wenn er zugleich beweisen könnte, die Pensionsvereinbarung sei erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgehandelt worden.
2. Auf die Vertragsauslegung kommt es nicht an, sofern der Kläger die Behauptung der Beklagten nicht widerlegen kann, man habe die Zahlung des Ruhegehalts im Anstellungsvertrag ausdrücklich davon abhängig gemacht, daß er den Versorgungsfall in ihren Diensten erlebe. Der Kläger könnte in diesem Falle unmittelbar aus dem Vertrage keine Pensionsberechtigung herleiten. Dasselbe würde gelten, könnte der Kläger zwar widerlegen, daß die Pensionszusage die von der Beklagten behauptete ausdrückliche Einschränkung enthalten habe, aber keine ausreichenden Tatsachen beweisen, die es rechtfertigen würden, die Klausel in dem für ihn günstigen Sinne auszulegen. Unter diesen Umständen wäre jedoch noch zu prüfen, ob es gegen Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht der Beklagten verstößt, wenn sie dem Kläger ein – wenn auch möglicherweise nur geringeres – Ruhegehalt unter Berufung darauf versagt, daß nicht alle vertraglichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Pension erfüllt seien. Allerdings kann ein Pensionsanspruch ohne das Vorliegen seiner vertraglichen Voraussetzungen nur unter ganz besonderen Umständen gegeben werden (BGHZ 22, 375, 381 m.w.Nachw.). Aber das kommt für den Kläger nicht in Betracht, wenn er bei der Vertragsverlängerung im Jahre 1944 eine langfristige vertragliches Bindung ausgeschlagen hätte, wie K. als Zeuge bekundet hat. Nur wenn angenommen werden könnte, der Kläger wäre ohne sein persönliches Nachkriegsschicksal und ohne die kriegs- und nachkriegsbedingte Einstellung des Geschäftsbetriebes der Beklagten bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres in den Diensten der Beklagten geblieben, könnte dem Kläger unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ein Pensionsanspruch zugebilligt werden.
Das könnte jedoch unter einem anderen Gesichtspunkt ausgeschlossen sein. Der Kläger hat durch § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 seines Anstellungsvertrages mit der Bank für Gemeinwirtschaft eine Pensionsberechtigung erworben. Durch den Erwerb einer anderweiten Pensionsberechtigung entfällt in der Regel die Möglichkeit, gegenüber dem früheren Dienstherrn noch einen Pensionsanspruch zu erwerben, ohne daß die vertraglich festgelegten Voraussetzungen erfüllt werden. Denn dann wird sich ein Pensionsanspruch gegen den früheren Dienstherrn im allgemeinen kaum noch aus Treu und Glauben und einer Fürsorgepflicht begründen lassen. Das würde nicht minder zu gelten haben, wenn der Kläger, wie die Beklagte behauptet, seine Pensionsberechtigung gegenüber der B. f. G. aus Gründen verloren hätte, die er zu vertreten hat. Denn der schuldhafte Verlust einer jüngeren Pensionsberechtigung kann grundsätzlich nicht zu Lasten des früheren Dienstherrn gehen und zum Wiederaufleben der erloschenen Fürsorgepflicht führen.
Eine abschließende Beurteilung dieser Fragen ist nach dem gegenwärtigen Stand des Rechtsstreits nicht möglich, da das Berufungsgericht von seinem bisherigen Standpunkt keinen Anlaß hatte, die dazu erforderlichen Feststellungen zu treffen. Diese müssen daher, sollte es darauf ankommen, noch nachgeholt und unter Berücksichtigung sonst etwa noch in Betracht kommender Umstände zusammenfassend gewürdigt werden.
3. Gegen die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts im angefochtenen Urteil läßt sich rechtlich nichts einwenden. Sollte der Kläger eine feste, vom Verbleib in den Diensten der Beklagten unabhängige Pensionsberechtigung erworben haben, so bestünde zwischen den Parteien seit der Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers ein Ruhestandsverhältnis. Dieses konnte die Beklagte nicht rechtswirksam kündigen. Die behaupteten Verfehlungen des Klägers bei der Bank für Gemeinwirtschaft und seine darauf zurückzuführende strafgerichtliche Verurteilung sind in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Pflichtwidriges Verhalten und strafbare Handlungen gegenüber Dritten sind grundsätzlich kein wichtiger Grund, Ruhegehaltszahlungen einzustellen; für die Annahme, daß die Beklagte hierdurch selbst ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen worden wäre und ihr die Fortsetzung des Ruhestandsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden könne, gibt ihr Sachvortrag nichts her. Die weitere Ansicht den Berufungsgerichte, die Beklagte könne auch wegen bestimmter Vorgänge in ihrem eigenen Bereich, die sich in den letzten Kriegsmonaten abgespielt haben, keine nachteiligen Folgerungen zu Lasten des Klägers ziehen, beruht auf einer revisionsrechtlich nicht nachprüfbaren tatrichterlichen Würdigung, die keinen Rechtsfehler erkennen läßt.
Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend die Frage verneint, ob sich der Kläger die Kürzung eines etwaigen Vertragsanspruchs gefallen lassen muß. Insofern kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, daß der Geschäftsbetrieb der Beklagten ruht, sofern die Beklagte neben der Zahlung des Ruhegehalts ihre sonstigen Verpflichtungen erfüllen kann. Daß sie dazu nicht in der Lage oder ein sonstiges lebenswichtiges Interesse bedroht wäre, hat sie aber nicht behauptet; die unwiderlegten Behauptungen des Klägers über ihre Vermögenslage sprechen dagegen.
Unterschriften
Dr. Kuhn, Dr. Nörr, Dr. Schulze, Fleck, Stimpel
Fundstellen
Haufe-Index 1502417 |
BGHZ |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 1969, 32 |