Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe eines Grundstücks
Leitsatz (amtlich)
Verlangt der Kläger Räumung und Herausgabe eines ihm gehörigen Grundstücks, auf dem der Beklagte ein Bauwerk errichtet hat, so wird mit der Erhebung dieser Klage nicht zugleich eine Anspruch auf Beseitigung des Bauwerks (§ 1004 BGB) rechtshängig.
Ob der Abbruch eines Gebäudes, dessen Beseitigung der Kläger begehrt, der baupolizeilichen Genehmigung bedarf, ist nicht im Erkenntnisverfahren zu entscheiden, sondern bleibt dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten.
Normenkette
ZPO §§ 263, 265, 281; Verordnung über den Abbruch von Gebäuden vom 3. April 1937 (RGBl. I 440) § 1
Verfahrensgang
OLG München |
LG München II |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 1956 insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur sofortigen Beseitigung der auf dem Grundstück Plan-Nummer 810 der Steuergemeinde S… befindlichen Werkhalle nebst allen Ein- und Ausbauten und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Grundstücks auf seine Kosten sowie zur Tragung von mehr als zwei Dritteln der Kosten des Berufungsverfahrens verurteilt worden ist. Die Sache wird in diesem Umfang zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Der Beklagte hat zwei Drittel von den Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Die Entscheidung über das restliche Drittel dieser Kosten wird dem Berufungsgericht übertragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die beiden Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks in S… am Starnberger See (Plan-Nummer 810, Grundbuch von S… Band 17 Blatt 602 Seite 62). Dieses Grundstück war während des letzten Krieges auf Grund des Reichsleistungsgesetzes in Anspruch genommen und der Firma des Beklagten bis auf weiteres zur Benutzung zugewiesen worden; der Beklagte hatte darauf eine massive Werkhalle mit Betonfundament errichtet. Nachdem das zuständige Landratsamt im Jahre 1948 die Inanspruchnahme aufgehoben hatte und ein vom Beklagten gegen die Aufhebungsverfügung eingeleitetes Verwaltungsgerichtsverfahren erfolglos geblieben war, wollten die Eigentümer das Grundstück zurückhaben und es kam im Mai 1950 zu dem gegenwärtigen Rechtsstreit.
Mit der Klage ist ursprünglich Räumung und Herausgabe des Grundstücks mitsamt der Werkhalle begehrt worden, ferner Herausgabe der vom Beklagten seit Juli 1948 gezogenen Grundstücksnutzungen abzüglich eines im Verhältnis 10:1 umgestellten Wertersatzes für die Halle. Auf Zwischenfeststellungsklage des Beklagten hat das Landgericht durch Teilurteil vom 6. September 1954, das am 28. Oktober 1954 rechtskräftig geworden ist, festgestellt, daß die Halle, da sie nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet worden sei, dem Beklagten gehöre. Die Kläger haben daraufhin unter Abwägung ihres bisherigen Begehrens um Verurteilung des Beklagten gebeten, das Grundstück zu räumen und herauszugeben, ferner sofort auf seine Kosten die Werkhalle nebst allen Ein- und Ausbauten zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand des Grundstücks wiederherzustellen, endlich für die Benutzung des Grundstücks angemessenen Wertersatz zu leisten und sämtliche gezogenen und bis zur Räumung noch zu ziehenden Nutzungen herauszugeben. Dieser abgeänderte Klageantrag ist von den Klägern schriftsätzlich unter dem 9. Und 18. Dezember 1954 angekündigt und im Termin vom 17. Januar 1955 erstmals verlesen worden.
Der Beklagte, der um Klageabweisung bittet, hat sich in erster Linie auf eine Vereinbarung vom 26. Juni 1953 berufen, worin die Parteien sich zu einer außergerichtlichen Bereinigung der Grundstücksangelegenheit im beiderseitigen Einvernehmen bereit erklärt hätten; diese Vereinbarung, die unbefristet und nach wie vor gültig sei, stehe als Teilvergleich dem Räumungs- und Beseitigungsanspruch der Kläger entgegen. Ferner habe das Grundstück, das früher eine Schafweide gewesen sei, durch die Bebauung mit der Werkhalle seinen Charakter völlig geändert, es sei Fabrikgelände geworden und könne unmöglich in den früheren Zustand zurückversetzt werden; durch diese grundlegende Umgestaltung hätten die Kläger ihr bisheriges Grundeigentum verloren. Weiterhin sei er nicht passiv legitimiert, da er sich nicht mehr im Besitz des Grundstücks und der Werkhalle befinde; letztere habe er nämlich am 15. September 1954 – und zwar im Einverständnis mit dem Vater des Erstklägers, der dabei als Bevollmächtigter der beiden Kläger aufgetreten sei – an eine Frau A…, Gesellschafterin der A… GmbH, verkauft und übergeben, und die Firma A… habe darin alsbald ihre Fabrikation aufgenommen. Das Klagebegehren ermangele daher auch des Rechtsschutzbedürfnisses; außerdem sei es arglistig und stelle bloße Schikane dar. Schließlich bedürfe der Abbruch eines Bauwerks der verwaltungsbehördlichen Genehmigung, die bisher nicht erteilt sei.
Die Kläger haben die Behauptungen des Beklagten bestritten und sind seinen Rechtsausführungen entgegengetreten. Die Vereinbarung vom 26. Juni 1953 insbesondere sei, da die beabsichtigte gütliche Regelung sich als undurchführbar erwiesen habe, längst gegenstandslos geworden. Es treffe nicht zu, daß der Vater des Erstklägers einer Besitzübertragung an die „A…-Leute” – eine A… GmbH gebe es nicht – zugestimmt habe. Er hätte dazu auch keine Vertretungsmacht gehabt. Im übrigen sei die erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgte Veräußerung auf den Prozeß ohne Einfluß.
Das Landgericht hat durch Teilurteil den Beklagten verurteilt, das Grundstück sofort zu räumen und herauszugeben, ferner die darauf befindliche Werkhalle mit allen Ein- und Ausbauten auf seine Kosten sofort zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand des Grundstücks wiederherzustellen; die Entscheidung über die Kosten hat es dem Schlußurteil vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist vom Oberlandesgericht auf seine Kosten zurückgewiesen worden.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag im Rahmen der bisherigen Verurteilung weiter. Die Kläger bitten um Zurückweisung des Rechtsmittels
Entscheidungsgründe
1. Den Klageanspruch auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks hat das Berufungsgericht gemäß § 985 BGB für berechtigt erachtete, denjenigen auf Beseitigung der Werkhalle und Wiederherstellung des früheren Zustandes gemäß § 1004 BGB. Es ist von der unstreitigen Tatsache ausgegangen, daß beide Kläger als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen stehen. Dem Einwand des Beklagten, sie seien trotzdem nicht mehr Eigentümer des Grundstücks, weil dieses infolge der Bebauung seinen Charakter geändert habe, hat das Berufungsgericht mit Recht den Erfolg versagt, indem es ausgeführt hat, die Reichsgerichtsentscheidung RGZ 133, 293, auf die sich der Beklagte für seine Rechtsansicht bezogen hatte, betreffe einen anders gelagerten Sachverhalt und besage im übrigen auch nicht, daß wirtschaftliche Veränderungen an einem Grundstück zu einem Eigentumswechsel führen könnten. Der Standpunkt des angefochtenen Urteils, den gesamten tatsächlichen Umständen nach sei hier – anders als in dem vom Reichsgericht entschiedenen Fall – weder die Herausgabe des Grundstücks noch die Beseitigung der Halle unmöglich geworden, läßt ebenfalls einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
Von ihr wird auch der Einwand des Beklagten aus den Vorinstanzen nicht wiederholt, daß die gerichtliche Vereinbarung der Parteien vom 26. Juni 1953, wonach eine gütliche Regelung der Angelegenheit unter beiderseitiger Mitwirkung erfolgen sollte, einer Weiterverfolgung der beiden Ansprüche im Wege stehe. Das Berufungsurteil hat das mit der Begründung verneint, die genannte Vereinbarung stelle keinen streitbeendenden Vergleich dar, mit ihr habe vielmehr nur eine „Atempause” geschaffen werden sollen; außerdem hätten sich später beide Parteien einverständlich von ihr losgesagt. Dieser Standpunkt erweist sich bei Nachprüfung von Amts wegen – wie sie wegen der möglicherweise sachlich-rechtlichen Auswirkungen eines etwaigen Vergleichs (Rosenberg, Lehrbuch 7. Aufl. § 128, II 1) geboten erscheint – als rechtlich bedenkenfrei.
2. Die Revision wendet sich aber dagegen, daß das Berufungsgericht den Einwand der Schikane (§ 226 BGB) nicht hat durchgreifen lassen. Dieses vermißt den Nachweis, daß die Rechtsausübung der Kläger ausschließlich den Zweck haben könne, dem Beklagten Schaden zuzufügen. Nach der Sachlage dürfe den Klägern nicht verwehrt werden, die Folgerungen aus der rechtskräftigen Aufhebung der Grundstücks-Inanspruchnahme zu ziehen. Daran ändere auch nicht die gelegentliche Äußerung eines ihrer Prozeßbevollmächtigten, der Beklagte müsse für sein Verhalten „bestraft” werden. Denn daraus gehe nicht hervor, daß es ihnen einzig darauf ankäme, ihm „einen Denkzettel zu versetzen”, und daß sie nach Erwirkung eines obsiegenden Urteils keine weiteren Maßnahmen gegen die nunmehrigen unmittelbaren Besitzer der Halle und des Grundstücks in Erwägung ziehen würden. Vielmehr müsse mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, daß die Kläger ihr Eigentum am Grundstück in jeder Beziehung und gegenüber jedem Dritten durchzusetzen gewillt seine. Von der Revision wird demgegenüber unter Hinweis auf §§ 286, 138 Abs. 3 ZPO die Nichtbeachtung des Vorbringens im Schriftsatz des Beklagten vom 15. Oktober 1956 gerügt: dort sei behauptet und unter Beweis gestellt worden, der Vater des Erstklägers, Josef D…, habe am 6. Mai 1956 dem Zeugen Gernot A… zugesichert, daß die Kläger nichts gegen ihn bezw. die Firma A… zu unternehmen beabsichtigen; die Gegenseite habe diese Behauptung nicht bestritten.
Die Rüge ist unbegründet. Vorab sei bemerkt, daß die erwähnte Behauptung des Beklagten keineswegs unbestritten geblieben ist; das Bestreiten findet sich im Schriftsatz des Erstklägers vom 22. Oktober 1956 (S. 6, wo zugleich Gegenbeweis angetreten wird). Auf jeden Fall kam es für die Entscheidung auf diese Behauptung nicht an. Sie war vom Beklagten nicht im Zusammenhang mit seinem Schikane-Einwand vorgetragen worden, sondern – wie der Schriftsatz vom 15. Oktober 1956 im Schlußabschnitt und in der Einleitung unmißverständlich zum Ausdruck brachte (vgl. insbesondere die einleitenden Worte: „mit dieser Einschränkung”) – ausschließlich wegen des Streitpunktes, ob der Zeuge Josef D… auf seine Aussage beeidigt werden sollte; die Kläger hatten die Beeidigung beantragt, der Beklagte hatte sich ihr widersetzt (vgl. die Protokolle vom 3. Juli und 1. Oktober 1956). Da das Berufungsgericht den Zeugen nicht beeidigt hat (BU S. 24), ist damit das Vorbringen im Schriftsatz vom 15. Oktober 1956 gegenstandslos geworden; zum mindesten wurde durch seine Nichtberücksichtigung der Beklagte nicht beschwert. Abgesehen hiervon wäre die Behauptung auch dann unerheblich gewesen, wenn der Beklagte durch sie seinen Schikane-Einwand hätte rechtfertigen wollen. Denn nach seiner Darstellung ging die angebliche Zusicherung des Josef D… vom 6. Mai 1956 gar nicht dahin, daß die Kläger nichts gegen die „A…-Leute” unternehmen würden; sie besagt vielmehr (vgl. das in Bezug genommene Schreiben des Zeugen Gernot A… vom 6. August 1956), er – d.h. Josef D… selbst – beabsichtige nicht, gegen sie vorzugehen; daß Josef D… auch bei dieser Gelegenheit noch als Vertreter der Kläger gehandelt habe, ist vom Beklagten, soweit ersichtlich, nicht behauptet worden. Außerdem soll es sich bei dem „Ansinnen” des Josef D…, nichts zu unternehmen, sondern gemeinsam mit A… gegen den Beklagten „fifty-fifty zu machen”, nur um ein Angebot gehandelt haben und A… soll dieses „natürlich sofort abgelehnt” haben; danach wäre also – die Richtigkeit der Darstellung des Beklagten unterstellt – Josef D… an die Zusicherung nicht mehr gebunden, geschweige denn die Kläger. Endlich scheitert der Einwand der Schikane, auch unabhängig von der erwähnten Behauptung des Beklagten, schon von vornherein an einer Erwägung, die das Berufungsgericht zwar nicht in diesem Rahmen, sondern gegenüber der Behauptung des Beklagten, das Klagebegehren sei arglistig und entbehre des Rechtsschutzbedürfnisses, angestellt hat, die jedoch auch gegenüber dem Schikane-Einwand durchgreift. Das Urteil führt nämlich aus (Nr. II der Entscheidungsgründe): Den Klägern müsse das Recht zugebilligt werden, eine endgültige und vollständige Klärung der Eigentumsverhältnisse herbeizuführen und vor allem durch das Gericht auch eine Entscheidung über ihre Räumungs- und Beseitigungsansprüche fällen zu lassen; denn einmal berühme der Beklagte sich sogar noch in der Berufungsinstanz des Eigentums an dem Grundstück, und zum anderen bildeten die Feststellungen des Gerichts über die jetzt zur Entscheidung stehenden Klageansprüche eine notwendige Voraussetzung für die im nächsten Abschnitt des Prozesses zu behandelnden weiteren Forderungen der Kläger auf Herausgabe der Nutzungen und Schadensersatz. Dem ist unbedenklich beizupflichten, und damit steht zugleich fest, daß die Voraussetzungen des § 226 BGB nicht gegeben sind.
Aus dem zuletzt angeführten Grunde erweisen sich auch die weiteren Rügen der Revision als nicht stichhaltig, Berufungsgericht habe zu Unrecht und unter Verstoß gegen § 826 BGB den Einwand des Beklagten, daß die Kläger arglistig und wider die guten Sitten zu seinem Schaden handelten und daß ihrem Räumungs- und Herausgabeanspruch das Rechtsschutzbedürfnis fehle, unbeachtet gelassen und es hätte gemäß § 286 ZPO den Zeugen Gernot A… über den Inhalt des Gesprächs vom 6. Mai 1956 vernehmen müssen.
3. Die Angriffe der Revision richten sich ferner dagegen, daß das Berufungsgericht die Behauptung des Beklagten nicht für erwiesen erachtet hat, der Vater des Erstklägers, Josef D…, habe am 15. September 1954 von sich aus den „A…-Leuten” den Besitz an dem streitigen Grundstück eingeräumt, indem er ihnen namens der Kläger gestattet habe, alsbald in die Werkhalle einzuziehen und darin mit ihrer Fabrikation zu beginnen. Diese Behauptung ist dem Berufungsgericht deshalb entscheidungserheblich erschienen, weil nach seiner Ansicht im Falle ihrer Richtigkeit das Rechtsschutzbedürfnis für den Räumungsanspruch entfallen wäre. Ihre Erheblichkeit ergab sich wohl außerdem auch daraus, daß durch die behauptete, zugleich dem Beklagten gegenüber abgegebene Einverständiniserklärung der Kläger nicht nur ihrem Eigentumsherausgabeanspruch – wegen Begründung eines Rechts zum Besitz gemäß § 986 BGB – die Grundlage entzogen worden wäre, sondern daß sie damit zugleich auf den Beseitigungsanspruch verzichtet hätten. Auf jeden Fall ist das Berufungsgericht der Behauptung mit Recht nachgegangen und hat geprüft, ob sie zutreffe. Es hat dann aber auf Grund eingehender Beweiswürdigung den Nachweis, daß Josef D… sich in dem angegebenen Sinne geäußert habe, als nicht geführt angesehen, wobei es von seinem Standpunkt aus die weitere unter den Parteien streitige Frage, ob der Genannte von den Klägern überhaupt zur Abgabe einer solchen Erklärung bevollmächtigt gewesen sei oder doch wenigstens auf Grund einer sogenannten Anscheins- oder Duldungsvollmacht gehandelt habe, unentschieden lassen konnte.
Die Revision rügt in erster Linie Verletzung der Beweislast-Regeln und führt dazu unter Hinweis auf RGZ 102, 231 und BGH LM § 286 (C) Nr. 1 aus: die Grundsätze der freien Beweiswürdigung könnten im Wege des Anzeichenbeweises dazu führen, dem Richter auf Grund der bewiesenen Umstände die Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache zu verschaffen; dafür genüge bereits ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, daß er nach der Lebenserfahrung der Gewißheit gleichzuachten sei; das Berufungsgericht hätte deshalb hier aus der „von ihm selbst festgestellten hohen Wahrscheinlichkeit der Darstellung des Beklagten” die Umkehr der Beweislast folgern müssen. Hierzu ist indessen zu bemerken, daß das Berufungsgericht eine Feststellung des von der Revision behaupteten Inhalts keineswegs getroffen hat. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wird zunächst der wesentliche Inhalt der für den Beklagten günstigen Zeugenaussagen Maria A…, Gernot A… und Hermann S… über die Unterredung vom 15. September 1954 wiedergegeben und erwogen, für die Richtigkeit dieser Aussagen spreche zusätzlich das Verhalten der Zeugin A…, die ausweislich eines bei den Akten befindlichen schriftlichen Vertrages noch am selben Tage dem Beklagten die Werkhalle für 25.000 DM abgekauft und sofort 10.000 DM angezahlt habe, sowie das Verhalten des Zeugen S…, der nach seiner Bekundung umgehend das neue Betonfundament in Auftrag gegeben, die erforderlichen Maschinen in die Halle gebracht und alsbald mit der Anfertigung von Mustern für die Schuhfabrikation begonnen habe. Diesen Beweistatsachen – so fährt das Urteil dann fort – ständen jedoch „andere Beweisanzeichen” entgegen, die „eine Besitzeinräumung durch Josef D… als unwahrscheinlich erscheinen” ließen Hieran schließt sich eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem übrigen Beweisergebnis, insbesondere den Aussagen anderer Zeugen, dem Inhalt des Schriftwechsels und der Tatsache, daß eine schriftliche Niederlegung eines so wichtigen Geschäfts unterblieben sei. Die Beweiswürdigung gipfelt dann in der Feststellung, daß ein ausreichender Beweis für die Behauptung des Beklagten nicht erbracht sei, woran sich übrigens auch im Falle einer Beeidigung der „A…-Leute”, die an dem Ausgang des Rechtsstreits interessiert seien, nichts ändern würde. Aus dem Zusammenhang dieser Darlegungen, die aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sind, ergibt sich, daß das Berufungsgericht bei seiner Abwägung der für und gegen die Darstellung des Beklagten sprechenden Umstände nicht, wie die Revision meint, eine „hohe Wahrscheinlichkeit” der genannten Darstellung festgestellt hat. Es hat sie im Gegenteil als „unwahrscheinlich” angesehen; an einer Stelle des Urteils ist ausdrücklich von dem „Gewicht” der „gegen die Behauptung des Beklagten sprechenden Beweistatsachen” die Rede. Damit erweist sich bereits der Ausgangspunkt der Revisionsrüge als verfehlt. Für eine Umkehrung der Beweislast ist bei dieser Sachlage kein Raum.
Auch die weiteren Rügen, welche die Revision gegen die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils erhebt, können keinen Erfolg haben. Wenn sie zu diesem Zweck eine Reihe von Tatsachen anführt, die ihrer Ansicht nach dem Berufungsgericht die „Umkehr der Beweislast unter dem Gesichtspunkt des Indizienbeweises” hätten „nahelegen müssen”, so handelt es sich dabei um einen unzulässigen Versuch, das Beweisergebnis in tatsächlicher Hinsicht anders zu würdigen, als das Oberlandesgericht es getan hat. Das gilt insbesondere von ihren Darlegungen über die Vorgeschichte der Unterredung vom 15. September 1954, wobei sie im übrigen übersieht, daß die Parteien keineswegs, wie sie behauptet, an der früheren Vereinbarung vom 26. Juni 1953 „festgehalten” haben, daß vielmehr die letztere nach der für die Revisionsinstanz bindenden Feststellung des Berufungsgerichts im beiderseitigen Einverständnis aufgehoben worden ist und zwischen ihr und späteren Lösungsversuchen „als trennende Wand die gemeinsame Fortsetzung des Rechtsstreits” gestanden hat (BU S. 16). Der Wortlaut des schriftlichen Kaufvertrages zwischen dem Beklagten und der Zeugin A… vom 15. September 1954 ist bei der Beweiswürdigung ebenso unberücksichtigt geblieben wie die Leistung einer Anzahlung von 10.000 DM, der alsbaldige Beginn der Fabrikation und die Investitionen seitens der „A…-Leute”. Dem von der Revision wörtlich angeführten Schreiben des Beklagten vom 22. September 1954, worin die angebliche Vereinbarung vom 15. September 1954 „bestätigt” wurde, hat der Vater des Erstklägers, der Zeuge Josef D…, der unstreitig alsbald widersprochen (vgl. sein bei den Akten befindliches Antwortschreiben vom 27. September 1954). Wenn das Berufungsgericht schließlich ausgeführt hat, aus den Akten ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß dieser Zeuge etwa nach anfänglicher Zusage plötzlich anderer Meinung geworden wäre, so wird auch diese Erwägung durch die Angriffe der Revision nicht erschüttert. Entgegen ihrer Darstellung war in den früheren Schriftsätzen des Beklagten vom 26. Mai, 24. Juli und 11 Dezember 1950 nicht die Behauptung aufgestellt worden, daß für Josef D… „das Umfallen nach abgeschlossenen Verträgen geradezu typisch” sei; die Schriftsätze befaßten sich vielmehr lediglich, allerdings in polemischer Form, mit der unter den Parteien streitigen Frage, ob zwischen ihnen bereits vor der behördlichen Inanspruchnahme des Grundstücks ein Pachtvertrag zustandegekommen sei oder nicht; wenn – wie die Revision behauptet – die Kläger das Vorbringen in den genannten Schriftsätzen seit dem Dezember 1950 nicht mehr ausdrücklich bestritten haben sollten, so lag das ersichtlich daran, daß diese alten Streitpunkte durch die weitere Entwicklung der Grundstücksangelegenheit überholt waren und es darauf für den Prozeß nicht mehr ankam. Das Beweisangebot über den Inhalt eines Gesprächs vom 3. September 1956, aus dem hervorgehen sollte, daß Josef D… „nach dem 15. September 1954 auf Betreiben seiner Ehefrau umgefallen sei” (Schriftsatz des Beklagten vom 15. Oktober 1956, Nr. I 2b), konnte unberücksichtigt bleiben, weil es in der Tat, wie das angefochtene Urteil zutreffend ausführt, für die Entscheidung ohne Bedeutung war: Die Äußerung über den angeblichen Meinungsumschwung soll nach der Sachdarstellung des Beklagten aus dem Munde der Zeugin Maria A… stammen, von der indessen nicht ersichtlich ist, auf welche Weise sie von einem solchen internen Vorgang innerhalb der Familie D… Kenntnis erlangt haben könnte. Selbst wenn aber nicht Maria A…, sondern ihre Gesprächspartnerin R…, eine Tochter des Josef D…, die Äußerung getan haben sollte, würde dadurch noch keineswegs bewiesen, daß der Genannte wirklich bei der maßgeblichen Unterredung vom 15. September 1954 eine mehr entgegenkommende Haltung eingenommen habe als bald danach in seinem Schreiben vom 27. September 1954, zumal da bisher nie behauptet worden ist, daß die Zeugin R… bei dieser Unterredung überhaupt zugegen gewesen sei (nach Schilderung der Zeugen Maria und Gernot A… war sie es nicht); es hätte sich dann allenfalls um eine Vermutung der Zeugin R… gehandelt, durch die nichts bewiesen würde.
4. In einem Punkt war der Revision indessen der Erfolg nicht zu versagen: ihr ist zuzugeben, daß die Begründung, mit der das angefochtene Urteil die Passivlegitimation des Beklagten auch hinsichtlich des Beseitigungsanspruchs bejaht hat, die Entscheidung nicht trägt.
Das Berufungsgericht hat der Schutzbehauptung des Beklagten, daß er sich nicht mehr im Besitz des Grundstücks und der Werkhalle befinde, weil er letztere am 15. September 1954 an Frau A… verkauft und übergeben habe, keine Bedeutung beigemessen, und zwar im Hinblick auf die Vorschrift des § 265 ZPO. Hiernach hat eine nach Eintritt der Rechtshängigkeit vorgenommene Veräußerung der im Streit befangenen Sache auf den Prozeß keinen Einfluß. Das traf hier in der Tat zu, soweit es sich um den Anspruch der Kläger auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks handelt; dieser Anspruch aus § 985 BGB ist bereits seit Mai 1950 rechtshängig, seine gerichtliche Geltendmachung wurde daher durch die angebliche Besitzaufgabe des Beklagten im September 1954 nicht berührt. Nach Ansicht des Berufungsgerichts muß aber dasselbe auch für den aus § 1004 BGB hergeleiteten Anspruch auf Beseitigung der Werkhalle und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gelten, obgleich die Kläger ihn erst am 9. und 18. Dezember 1954 schriftsätzlich geltend gemacht und den entsprechenden Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 1955 erstmals verlesen haben. Wenn auch – so führt das Berufungsurteil aus – der Beklagte, was zu seinen Gunsten unterstellt werden könne, am 15. September 1954 die Halle nebst Einbauten verkauft und gleichzeitig Besitz und Eigentum daran auf die Käuferin übertragen habe, so sei doch durch das Teilurteil vom 6. September 1954, das den Beklagten als Eigentümer der Halle feststellt, überhaupt erst die Voraussetzung für den Beseitigungsanspruch geschaffen worden; bis dahin hätten die Kläger nicht nur das Grundstück, sondern auch die Werkhalle als ihr Eigentum in Anspruch genommen und demgemäß Herausgabe des Grundstücks mitsamt der Halle gefordert. Der Beseitigungsanspruch stelle unter diesen Umständen nach § 268 ZPO nicht einmal eine Klageänderung dar, er bedeute vielmehr lediglich die Anpassung an die durch das Teilurteil herbeigeführte neue Lage. Im übrigen hätten die Parteien seit Beginn des Prozesses um das Eigentum an Grundstück und Werkhalle gestritten, woraus sich ergebe, daß beide Gegenstände von Anfang an streitbefangen gewesen seien (RGZ 102, 179).
Dieser Standpunkt des Berufungsgerichts wird von der Revision mit Recht beanstandet. Es kann dahingestellt bleiben, ob ihr auch insoweit beizupflichten ist, als sie eine Anwendbarkeit des § 265 ZPO auf den Beseitigungsanspruch des § 1004 BGB schlechthin verneinen möchte (so Stein/Jonas/Schönke, 18. Aufl. § 265 ZPO Anm. II 1; wohl auch Wieczorek § 265 ZPO Anm. B I b 1), oder ob nicht – entsprechend der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Recht vorhandenen Neigung, den Begriff der „in Streit befangenen Sache” im Interesse der Prozeßwirtschaftlichkeit weit auszulegen (RGZ 102, 177, 179; BGHZ 18, 223, 226; vgl. auch Rosenberg, Lehrbuch 7. Aufl. § 101, II 1) – § 265 ZPO bei einem Anspruch aus § 1004 BGB im Falle einer Veränderung auf Seiten des Anspruchsgegners auch dann anwendbar ist, wenn die Eigentumsbeeinträchtigung nicht in einem bloßen Tun des Störers, einem störenden Verhalten besteht, sondern sich, wie hier, durch Errichtung und Aufrechterhaltung eines Bauwerks auf dem Grundstück gleichsam „verdinglicht” hat. Auf jeden Fall verbietet sich aber, wie die Revision mit Recht geltend macht, eine Anwendung auf den vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt aus dem Grunde, weil es an der Rechtshängigkeit des Beseitigungsanspruchs fehlt.
Von „Streitbefangenheit” im Sinne von § 265 ZPO kann immer nur die Rede sein in Beziehung auf einen den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden konkreten Anspruch. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die Parteien zur Vermeidung von Doppelprozessen trotz Veräußerung der Streitsache an dem einmal eingeleiteten Rechtsstreit festzuhalten (Stein/Jonas/Schönke a.a.O. Anm. I 4); ferner ergibt es sich aus den Wirkungen der Rechtshängigkeit (§§ 263, 267 ZPO) sowie vor allem aus dem Umfang der Rechtskraft (§ 322 ZPO; Stein/Jonas/Schönke § 253 Anm. III 2). Dieses Erfordernis der Anspruchsbezogenheit hat das Berufungsgericht verkannt, wenn es den Umstand, daß die Parteien bereits früher im Zusammenhang mit dem Eigentumsherausgabeanspruch aus § 985 BGB zugleich über das Eigentum an der Werkhalle gestritten haben, für ausreichend erachtet, um eine Streitbefangenheit der Halle ganz allgemein, d.h. auch hinsichtlich eines damals noch gar nicht rechtshängigen Beseitigungsanspruchs aus § 1004 BGB zu begründen. „In Streit befangen” im Sinne des § 265 ZPO war die Halle, als sie – nach der Unterstellung des Berufungsgerichts – am 15. September 1954 vom Beklagten veräußert wurde, nur mit Bezug auf den Räumungs- und Herausgabeanspruch. Eine Streitbefangenheit mit Bezug auf den Beseitigungsanspruch trat erst ein, als dieser Anspruch rechtshängig wurde. Das aber war gemäß § 281 ZPO frühestens im Dezember 1954 der Fall.
Es geht auch nicht an, den Eintritt der Rechtshängigkeit, wie das Berufungsgericht dies tun möchte, mit der Erwägung auf einen früheren Zeitpunkt vorzuverlegen, daß das Teilurteil vom 6. September 1954, indem es die Eigentumsverhältnisse an der Werkhalle klarstellte, „die Voraussetzungen für den Beseitigungsanspruch geschaffen” habe; auf die Gründe, weshalb ein Anspruch nicht gleich zu Beginn des Prozesses, sondern erst in seinem späteren Verlauf geltend gemacht wird, kommt es angesichts der eindeutigen Regelung des § 281 ZPO nicht an. Ebensowenig trifft es zu, daß das Beseitigungsverlangen nach § 1004 BGB „nicht erst als ein völlig neuer und selbständiger Anspruch in den Rechtsstreit eingeführt worden” sei. Wenn das angefochtene Urteil diese Ansicht damit zu begründen versucht, daß Sich-Anpassen der Kläger an die durch das Teilurteil herbeigeführte „neue Lage” stelle gemäß § 268 ZPO keine Klageänderung dar, so ist nicht ersichtlich, welcher der in dieser Vorschrift aufgezählten drei Ausnahmetatbestände hier gegeben sein soll. Nr. 1 scheidet von vornherein aus, und auch der Fall der Nr. 3 liegt nicht vor, weil die nachträgliche Erkenntnis eines Prozeßbeteiligten über die wahre Rechtslage anstelle einer zunächst irrtümlichen Rechtsauffassung keine „später eingetretene Veränderung” im Sinne von § 268 Nr. 3 ZPO darstellt (Urteil des Senats vom 30. Oktober 1957, V ZR 195/56, WM 1958, 47; in NJW 1958, 184 insoweit nicht abgedruckt). Ob etwa die Voraussetzungen des § 268 Nr. 2 zu bejahen wären, kann dahinstehen, da die ganze Fragestellung, ob Klageänderung gegeben sei oder nicht, neben der Sache liegt. Mit einem „erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruch” hat man es nämlich sowohl bei Klageänderung als auch in den Fällen des § 268 Nr. 2 und 3 ZPO zu tun (Stein/Jonas/Schönke § 281 Anm. I 1); § 281 ZPO muß also unter allen Umständen zur Anwendung kommen. Das ergibt sich ohne weiteres auch aus der Überlegung, daß z.B. Prozeßzinsen (§ 291 BGB) bei einer Erweiterung des Klageanspruchs im Sinne von § 268 Nr. 2 ZPO keinesfalls für die Zeit vor Stellung des erweiterten Klageantrags verlangt werden können. Nicht stichhaltig ist ferner in diesem Zusammenhang der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Entscheidung RGZ 102, 177; in dem dort entschiedenen Fall lag, anders als hier, das Rechtshängigwerden des streitigen Anspruchs zeitlich vor der Veräußerung.
Die Anwendung des § 265 ZPO auf den Beseitigungsanspruch läßt sich endlich auch nicht mit der abschließenden Erwägung des Berufungsgerichts rechtfertigen, daß andernfalls der Beklagte es in der Hand hätte, die Eigentumsansprüche der Kläger zu vereiteln oder noch erheblich zu erschweren. Das von Rechtshängigkeit der einzelnen Ansprüche ab zu verhindern, ist gerade der oben bereits hervorgehobene Zweck des § 265 ZPO; seine Wirkungen aber bereits vor dem Zeitpunkt des Rechtshängigwerdens eintreten zu lassen, geht nicht an.
5. Das Berufungsurteil kann daher, soweit es die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung des Beklagten zur Beseitigung der Werkhalle und Wiederherstellung des früheren Grundstückszustandes bestätigt hat, nicht aufrechterhalten werden. In dem Urteil wird allerdings an anderer Stelle (Nr. VIII der Entscheidungsgründe) – anscheinend im Sinne einer Hilfserwägung – noch ausgeführt, der Beseitigungsanspruch der Kläger bestehe auch „unabhängig davon, ob der Beklagte in der Zwischenzeit Eigentum und Besitz an der Halle und den Besitz an dem Grundstück weiter übertragen” habe, und es wird insoweit zur Begründung auf Ausführungen des landgerichtlichen Urteils (S. 13 bis 15) verwiesen, die das Berufungsgericht als zutreffend bezeichnet. Die in Bezug genommenen Ausführungen halten jedoch einer rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand. Nach Ansicht des Landgerichts soll der Beklagte trotz Weiterveräußerung der Halle Anspruchsgegner des Beseitigungsverlangens der Kläger geblieben sein, weil sein Eigentumsrecht, zumal nach Aufhebung der Inanspruchnahmeverfügung, „inhaltlich beschränkt” gewesen sei; er habe das Grundstück nur für seine eigenen Zwecke benutzen dürfen und sei nicht berechtigt gewesen, die Halle an andere zu überlassen, deshalb müsse er sich an dem von ihm geschaffenen und zu vertretenden Zustand festhalten lassen; sonst wäre jeder Eigentümer oder Besitzer der Halle, sobald er von den Klägern auf Beseitigung in Anspruch genommen würde, immer in der Lage, sich durch Weiterveräußerung den notwendigen Rechtsfolgen zu entziehen. Diese Auffassung läuft auf eine unzulässige Ausweitung des „Störer”-Begriffs hinaus. Der Umstand allein, daß der Beklagte auf dem Grundstück der Kläger berechtigterweise eine Bauwerk errichtet hat, macht ihn hinsichtlich dieses Bauwerks nicht zum Störer im Sinne von § 1004 BGB (vgl. BGHZ 19, 126, 130 und das zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung vorgesehene Urteil des Senats vom 9. Juli 1958, V ZR 20257. Es geht aber auch nicht an, ihn deshalb als Störer zu behandeln, weil er das Bauwerk, wenn auch möglicherweise ohne Berechtigung, an einen Dritten weiterveräußert hat. Nach dem vom Tatrichter unterstellten Sachverhalt hat der Beklagte sich durch die Weiterveräußerung der Werkhalle jeglicher Verfügungsmacht darüber begeben. Gegner des Anspruchs aus § 1004 BGB ist in einem solchen Falle derjenige, der die störende Anlage „hält” und von dessen Willen ihre Beseitigung abhängt, also der Rechtsnachfolger des Veräußerers (RGZ 103, 174, 176 f.; BGH LM § 1004 BGB Nr. 14; Urteil des Senats vom 18. September 1957, V ZR 86/56, S. 15 und 21; Palandt/Hoche 17. Aufl. § 1004 BGB Anm. 4 c), während der Veräußerer selbst allenfalls, d.h. sofern die Voraussetzungen der §§ 823 ff. BGB vorliegen, aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes in Anspruch genommen werden könnte.
Der Beseitigungsanspruch ist damit indessen noch nicht zur Abweisung reif. Die Passivlegitimation des Beklagten wäre nämlich dann zu bejahen, wenn sich ergeben sollte, daß er trotz Verkaufs der Werkhalle weiterhin Besitzer derselben geblieben sei. Um das festzustellen, reicht allerdings die im Berufungsurteil (Nr. VIII der Entscheidungsgründe am Ende) angeführte briefliche Äußerung des Beklagten, er sei, solange die Kläger den Prozeß nicht gewonnen hätten, „Besitzer auch des Grundstücks”, schwerlich aus, zumal da der Brief bereits vom 1. Oktober 1954 datiert und der Beseitigungsanspruch damals noch gar nicht erhoben war. Das Berufungsgericht wird aber die Sachdarstellung des Beklagten über seine angebliche Besitzentäußerung, die es bisher zu seinen Gunsten als richtig unterstellt hat, nunmehr im einzelnen nachprüfen müssen. Der Sach- und Streitstand ist in dieser Hinsicht bisher ungeklärt. Aus der Darstellung des Beklagten geht nicht einmal eindeutig hervor, ob er den Besitz eigentlich an die Käuferin Maria A… selbst übertragen haben will oder an die Firma A… GmbH oder aber an die einzelnen Gesellschafter dieser Firma; er bedient sich insoweit mit Vorliebe des unklaren Ausdrucks „A…-Leute”, der von ihm in den Rechtsstreit eingeführt worden ist (Schriftsatz vom 13. Juni 1955, S. 8). Die Kläger haben demgegenüber nicht nur die Existenz einer Gesellschaft mit der angegebenen Firma überhaupt bestritten, sondern auch in Abrede gestellt, daß die „A…-Leute” den Besitz an der Halle erlangt hätten; zum mindesten sei der Beklagte mittelbarer Besitzer geblieben (vgl. z.B. Bl. 236, 241 R, 294, 296, 304, 380 f. GA). Im Schriftsatz der Zweitklägerin vom 19. Oktober 1956 ist sogar behauptet worden, die „A…-Leute” seien inzwischen „ohne Kündigung ausgezogen”, und der Beklagte hat dies unter dem 26. November 1956 nicht ausdrücklich bestritten, sondern lediglich erklärt, „bei Unterstellung der Richtigkeit des Vorbringens der Klagepartei” sei „der Räumungsanspruch erledigt”. Angesichts dieses Vorbringens wird auch zu klären sein, ob der Beklagte, selbst wenn er sich zunächst jeglicher Einwirkungsmöglichkeiten auf die Werkhalle begeben haben sollte, nicht etwa in der Zwischenzeit wieder Besitzer geworden ist.
Die angefochtene Entscheidung muß daher, soweit es sich um den Anspruch aus § 1004 BGB handelt, aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Sollte dieses auf Grund erneuter mündlicher Verhandlung wiederum zu einer Bejahung des Anspruchs gelangen, so würde die Verordnung über den Abbruch von Gebäuden vom 3. April 1937 (RGBl. I 440), auf die sich der Beklagte noch berufen hat, seiner Verurteilung zur Beseitigung der Werkhalle nicht entgegenstehen. Ob eine solche Beseitigung nach § 1 der Verordnung baupolizeilicher Genehmigung bedarf, hatte das angefochtene Urteil dahingestellt gelassen und dazu ausgeführt, das zu entscheiden sei gegebenenfalls Sache der Vollstreckungsorgane. Dieser Standpunkt, um dessen Nachprüfung die Revision bittet, läßt einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Die Frage, ob die Genehmigungsbedürftigkeit nach Maßgabe der genannten Verordnung bereits im Erkenntnis- oder erst im Zwangsvollstreckungsverfahren geprüft werden müsse, ist zwar in BGHZ 23, 61 offen geblieben (S. 64 a.a.O.). In seinem – nicht veröffentlichten – Urteil vom 17. September 1954, V ZR 35/54, hat sie jedoch der Senat in dem gleichen Sinne beantwortet wie hier das Oberlandesgericht. Ausschlaggebend war dabei vor allem der Gedanke, die Verordnung vom 3. April 1937 sei damals im Zuge des Vierjahresplans zur planmäßigen Lenkung des Arbeits- und Baustoffeinsatzes in der Erwägung erlassen worden, daß dem Abbruch eines Bauwerks in der Regel ein Ersatzbau folge, der dann zwangsläufig einen zusätzlichen Bedarf an Rohstoffen mit sich bringe (Pfundtner/Neubert IV g 17 S. 1 und Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 25. Februar 1938, RArbBl I 72); sie bezwecke daher nicht in erster Linie die Erhaltung bestehenden Wohnraums, sondern ihre Bedeutung sei – wenn auch bei der Durchführung möglicherweise zugleich wohnungspolitische Gesichtspunkte zur Geltung kämen – doch überwiegend aufsichtsrechtlicher Art (vgl. auch Urteil des Senats vom 16. Mai 1956, V ZR 146/54, S. 14; insoweit in LM PreisstopVO Nr. 7 nicht mit abgedruckt). Aus diesem Grunde vermöge das Fehlen einer baupolizeilichen Abbruchsgenehmigung den sachlich-rechtlichen Anspruch aus § 1004 BGB nicht zu beeinträchtigen. Indessen erscheine es geboten, entsprechend einem Hilfsantrag der Klagepartei die Vollstreckung von dem Nachweis der nach der Verordnung vom 3. April 1937 etwa erforderlichen Genehmigung abhängig zu machen und das in der Urteilsformel zu Ausdruck zu bringen. An der wiedergegebenen Rechtsauffassung hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest.
Im übrigen war die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Dabei konnte, da es sich um mehrere selbständige Klageansprüche handelt, über einen entsprechenden Teil der Kosten schon abschließend nach § 97 Abs. 1 ZPO entschieden werden. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beseitigungsanspruchs dagegen war, da sie von dem endgültigen Ausgang der Sache abhängt, dem Berufungsgericht zu belassen.
Fundstellen
Haufe-Index 609587 |
BGHZ, 153 |
NJW 1958, 1969 |
MDR 1958, 913 |
VerwRspr 1959, 190 |
VerwRspr 1959, 800 |