Leitsatz (amtlich)
1. Die Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen den Zahlungsdienstleister auf Erteilung vorvertraglicher Entgeltinformationen aus § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB und des Verbrauchers aus § 5 ZKG erlöschen mit Abschluss des Zahlungsdiensterahmenvertrags durch Zeitablauf.
2. Der Anspruch des Verbrauchers gegen den Zahlungsdienstleister auf Zurverfügungstellung von Entgeltaufstellungen aus § 10 ZKG besteht nicht rückwirkend, sondern erst seit Inkrafttreten der Norm und damit seit dem 31. Oktober 2018.
3. Ein Anspruch des Zahlungsdienstnutzers aus § 675c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB auf Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung bezüglich der an den Zahlungsdienstleister entrichteten Entgelte besteht insoweit, als das Auskunftsbegehren über die nach § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB zu erteilenden Informationen im Einzelfall hinausgeht.
4. Die Abtretung von Ansprüchen gegen den Zahlungsdienstleister auf Entgeltinformationen aus § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB, auf Zurverfügungstellung von Entgeltaufstellungen aus § 10 ZKG sowie auf Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung aus § 675c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB ist nicht gemäß § 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen.
5. Die Ansprüche gegen den Zahlungsdienstleister auf Entgeltinformationen aus § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB, auf Zurverfügungstellung von Entgeltaufstellungen aus § 10 ZKG sowie auf Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung aus § 675c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB sind grundsätzlich nicht isoliert, das heißt ohne den Hauptanspruch, dessen Vorbereitung und Berechnung sie in der Regel dienen, abtretbar (Anschluss an Senatsurteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 91/88, BGHZ 107, 104, 110 und vom 11. September 2018 - XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 28).
Normenkette
BGB § 399 Alt. 1, §§ 666, 675c Abs. 1, § 675d Abs. 1; EGBGB Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 5; ZKG §§ 5, 10
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 09.05.2023; Aktenzeichen 5 S 75/22) |
AG Bonn (Entscheidung vom 24.08.2022; Aktenzeichen 103 C 191/21) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 9. Mai 2023 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, ein Inkassounternehmen, begehrt von der beklagten Bank aus abgetretenem Recht im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die von einer Kundin der Bank geleisteten Entgelte, um anschließend Rückzahlung rechtsgrundlos gezahlter Entgelte zu verlangen.
Rz. 2
Frau L. K. (im Folgenden: Kundin) schloss mit der Beklagten im Jahr 2012 einen Zahlungsdiensterahmenvertrag. Sie trat ausweislich einer von der Klägerin vorgelegten Abtretungserklärung vom 23. August 2021 Erstattungsansprüche wegen unwirksamer Gebührenerhöhungen und zu viel berechneter Entgelte sowie Ansprüche auf Zurverfügungstellung einer vollständigen Entgeltaufstellung seit dem 1. Januar 2018 und auf Erteilung aktueller, vorangegangener und vorvertraglicher Entgeltinformationen an die Klägerin ab.
Rz. 3
Die Klägerin begehrt im Rahmen der ersten Stufe ihrer Klage von der Beklagten Mitteilung vorvertraglicher Entgeltinformationen und Zurverfügungstellung einer Aufstellung über sämtliche Entgelte, die seit dem 1. Januar 2018 im Zusammenhang mit dem von der Kundin geschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrag angefallen sind.
Rz. 4
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage auf der ersten Stufe abgewiesen. Mit der - von dem Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in juris (LG Bonn, Urteil vom 9. Mai 2023 - 5 S 75/22) veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 7
Es könne dahinstehen, ob die von der Klägerin geltend gemachten Auskunftsansprüche an sie abgetreten worden seien. Denn gemäß § 399 Fall 1 BGB bestehe ein Abtretungsverbot. Die Auskunftsansprüche könnten unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks und der Natur des Rechtsverhältnisses, dem sie entstammten, gegenüber einer gewinnorientierten Kapitalgesellschaft, wie der Klägerin, nicht ohne Inhaltsänderung erfüllt werden.
Rz. 8
Ein Anspruch auf Mitteilung vorvertraglicher Entgeltinformationen bestehe aus § 5 ZKG. Die Vorschrift sei zum 31. Oktober 2018 in Kraft getreten und gelte ab dem Tag des Inkrafttretens auch für Altverträge. Da die Informationen zudem während des laufenden Vertragsverhältnisses zur Verfügung gestellt werden müssten, bestehe ein Anspruch aus § 5 ZKG auch für Altverträge wie den streitgegenständlichen Vertrag.
Rz. 9
Ein Anspruch auf vorvertragliche Entgeltinformationen habe auch im Jahr 2012 nach § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB bestanden. Damit der Kontoinhaber im Streitfall überprüfen könne, welche Rechte und Pflichten sich aus dem Vertrag für ihn ergäben, könne er diese Informationen nach Art. 248 § 5 EGBGB auch während der Vertragslaufzeit verlangen.
Rz. 10
Der Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Entgeltaufstellung folge für die Zeit ab dem 31. Oktober 2018 aus § 10 ZKG. Ob die Kundin auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 30. Oktober 2018 einen Anspruch auf eine Entgeltaufstellung aus § 675d BGB oder aus § 242 BGB habe, könne wegen des bestehenden Abtretungsverbots offenbleiben.
Rz. 11
Die vorgenannten Auskunftsansprüche dienten dem Verbraucherschutz sowie der Transparenz und Vergleichbarkeit von Konten für Verbraucher. Dieser Zweck könne nicht mehr erreicht werden, wenn die Ansprüche von einer Kapitalgesellschaft zum Zweck des Gewinnstrebens geltend gemacht würden. Auch wenn der Verbraucher nach Abzug des an die Klägerin für deren Leistungen der Rechtsverfolgung zu leistenden Entgelts eine Zahlung erhalte, stehe nicht der Verbraucherschutz, sondern das Ziel der Gewinnerzielung durch die Klägerin im Vordergrund. Die Klägerin reduziere mithilfe der abgetretenen Auskunftsansprüche ihr wirtschaftliches Risiko zu Lasten der Beklagten. Der Beklagten sei die aufwendige Erfüllung der Auskunftsansprüche gegenüber der Klägerin nicht zuzumuten. Das Geschäftsmodell der Klägerin gehe aufgrund der hohen Anzahl der geltend gemachten Auskunftsansprüche im Ergebnis zu Lasten der übrigen Kunden und Verbraucher, die sich entweder längeren Bearbeitungszeiten oder der Umlage höherer Kosten ausgesetzt sähen.
Rz. 12
Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe sich, dass vom Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1 BGB auch solche Ansprüche erfasst seien, die von einer nicht übertragbaren Eigenschaft des Gläubigers abhingen. Vorliegend sei die Verbrauchereigenschaft der Kundin nicht auf die klagende Kapitalgesellschaft übertragbar. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (ZIP 2020, 2585 Rn. 25), wonach der Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO nicht übertragbar sei, weil er im Fall des Übergangs auf einen Dritten seinen ideellen Charakter als Transparenzrecht und als Fundament zur Durchsetzung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten verlöre und nur noch der Gewinnung eines wirtschaftlich verwertbaren Wissens diene, spreche vorliegend ebenfalls für ein Abtretungsverbot.
II.
Rz. 13
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin auf der ersten Stufe geltend gemachten Auskunftsansprüche nicht verneint werden.
Rz. 14
1. a) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Kundin zum Zeitpunkt der im Streit stehenden Abtretung im August 2021 noch Inhaberin von Ansprüchen gegen die Beklagte auf Erteilung vorvertraglicher Entgeltinformationen aus § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB und aus § 5 ZKG war.
Rz. 15
Diese Ansprüche waren mit Abschluss des Zahlungsdiensterahmenvertrags im Jahr 2012 und damit bereits vor der streitigen Abtretung erloschen. Die nach den vorgenannten Vorschriften zu erteilenden Informationen hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer vor dessen Vertragserklärung mitzuteilen. Sie sollen die Markttransparenz erhöhen, den Wettbewerb fördern und es dem Zahlungsdienstnutzer ermöglichen, die Vertragsbedingungen der Zahlungsdienstleister zu vergleichen (vgl. MünchKommBGB/Casper, 8. Aufl., Art. 248 § 4 Rn. 2 EGBGB; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2020, Art. 248 § 4 Rn. 1 EGBGB; BeckOGK/Zahrte, 1.9.2024, EGBGB Art. 248 § 4 Rn. 3; Böger in Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 5 ZKG Rn. 1; Franck/Massari, WM 2009, 1117, 1119). Mit Abschluss des Zahlungsdiensterahmenvertrags erlöschen die vorvertraglichen Auskunftsansprüche durch Zeitablauf (vgl. für § 5 ZKG zutreffend Lühmann/Taufmann/Fürbringer, NJW 2023, 3121 Rn. 11).
Rz. 16
b) Während der Vertragslaufzeit bestehen Informationspflichten des Zahlungsdienstleisters gegenüber dem Zahlungsdienstnutzer bezüglich der mit dem Zahlungskonto anfallenden Entgelte aus § 10 ZKG und bezüglich aller Entgelte, die der Zahlungsdienstnutzer an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat, aus § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB. Ein Anspruch auf Zurverfügungstellung von Entgeltaufstellungen aus § 10 ZKG besteht in zeitlicher Hinsicht allerdings erst seit Inkrafttreten der Norm und damit seit dem 31. Oktober 2018. § 10 ZKG ist gemäß Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes vom 11. April 2016 zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (BGBl. I, S. 720) am 31. Oktober 2018 in Kraft getreten (vgl. Schmieder in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 26 Rn. 2a). Die Vorschrift beansprucht in Ermangelung einer Regelung über eine rückwirkende Anwendbarkeit ab dem Tag ihres Inkrafttretens Geltung und begründet daher erst ab dem 31. Oktober 2018 eine Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters, Entgeltaufstellungen zur Verfügung zu stellen.
Rz. 17
Ein Anspruch der Kundin aus § 675c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB auf Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung bezüglich der von ihr an die Beklagte entrichteten Entgelte besteht ebenfalls, soweit das Auskunftsbegehren über die nach § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB zu erteilenden Informationen im Einzelfall hinausgeht (vgl. Schmieder in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 26 Rn. 24c; MünchKommBGB/Schäfer, 9. Aufl., § 666 Rn. 6; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2020, § 675d Rn. 1, 10; aA Walz/Ahmendi in Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675c BGB Rn. 14 Fn. 29). Insoweit kommen insbesondere Auskünfte in Betracht, die zur Überprüfung der Richtigkeit einzelner Buchungen erforderlich sind (BGH, Urteil vom 4. Juli 1985 - III ZR 144/84, WM 1985, 1098, 1099; Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - XI ZR 183/00, WM 2001, 621, jeweils zu § 675 Abs. 1 BGB in der bis zum 13. August 1999 bzw. bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung).
Rz. 18
c) Danach kommen für den von der Klägerin geltend gemachten Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 als Gegenstand der streitigen Abtretung nach § 398 BGB Ansprüche der Kundin auf Erteilung von Entgeltinformationen nach § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB und Auskunftsansprüche aus § 675c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB sowie ab dem 31. Oktober 2018 Ansprüche auf Zurverfügungstellung von Entgeltaufstellungen aus § 10 ZKG in Betracht (im Folgenden einheitlich: Auskunftsansprüche).
Rz. 19
2. Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerhaft angenommen, dass die vorgenannten Auskunftsansprüche der Kundin wegen der Regelung des § 399 Fall 1 BGB nicht an die Klägerin abgetreten werden können.
Rz. 20
a) In der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten, ob Auskunftsansprüche der vorgenannten Art abtretbar sind. Überwiegend wird angenommen, dass solche Ansprüche nach § 399 Fall 1 BGB nicht wirksam abgetreten werden können (vgl. AG Duisburg, BeckRS 2022, 27038 Rn. 5 ff.; AG Frankfurt am Main, WM 2023, 879 f. und Urteile vom 25. Oktober 2022 - 29 C 2133/22 (40), juris Rn. 15 ff. und vom 14. November 2022 - 29 C 1644/22 (85), juris Rn. 15 ff.; AG Berlin-Mitte, BeckRS 2022, 50822 Rn. 18 f. und BeckRS 2023, 22364 Rn. 24 f.; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 399 Rn. 4; Rosch in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. (Stand: 1. Februar 2023), § 399 BGB Rn. 12; Edelmann, BKR 2023, 537, 539; Lühmann/Taufmann/Fürbringer, NJW 2023, 3121 Rn. 12 ff.). Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass § 399 Fall 1 BGB einer wirksamen Abtretung nicht entgegensteht (AG Berlin-Mitte, Urteil vom 12. Januar 2023 - 25 C 274/21, juris Rn. 37 ff.; BeckOK BGB/Schmalenbach, 71. Ed. 1.8.2024, § 675d Rn. 9a).
Rz. 21
b) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. Die Abtretung der Auskunftsansprüche ist nicht gemäß § 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen.
Rz. 22
aa) Forderungen und andere Rechte sind grundsätzlich übertragbar (§§ 398, 413 BGB). Nur in Ausnahmefällen ist die Übertragbarkeit ausgeschlossen.
Rz. 23
Nach § 399 Fall 1 BGB kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erbracht werden kann. Eine solche Inhaltsänderung wird bei höchstpersönlichen, unselbständigen akzessorischen sowie bei solchen Ansprüchen angenommen, bei denen ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist (BGH, Urteile vom 24. Oktober 1985 - VII ZR 31/85, BGHZ 96, 146, 149, vom 2. Juli 2003 - XII ZR 34/02, WM 2003, 2191, 2192, vom 30. Oktober 2009 - V ZR 42/09, NJW 2010, 1074 Rn. 14, vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 23, vom 8. April 2020 - VIII ZR 130/19, WM 2020, 991 Rn. 76, vom 6. Mai 2020 - VIII ZR 120/19, juris Rn. 77 und vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 129/19, ZIP 2020, 1619 Rn. 30). Ein schutzwürdiges Interesse in diesem Sinne besteht bei Ansprüchen, bei denen es für den Schuldner entscheidend darauf ankommt, welcher Person gegenüber er die Leistung erbringt (BGH, Urteil vom 2. Juli 2003 aaO). § 399 Fall 1 BGB erfasst danach Forderungen, die aufgrund ihres Leistungsinhalts eine so enge Verknüpfung zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses herbeiführen, dass ein Wechsel in der Gläubigerperson als unzumutbar anzusehen ist bzw. die Identität der Forderung nicht gewahrt bleibt (BGH, Beschluss vom 8. November 2017 - VII ZB 9/15, WM 2018, 91 Rn. 13). Darüber hinaus liegt eine Inhaltsänderung im Sinne der Vorschrift auch dann vor, wenn durch die Abtretung die Leistungshandlung des Schuldners geändert wird, der Schuldner aufgrund der Abtretung also etwas anderes als ursprünglich geschuldet zu leisten hat, oder wenn die Leistungshandlung als solche im Hinblick auf den Empfänger einen besonderen Charakter annimmt, obwohl die geforderte Handlung des Schuldners sich nicht verändert (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1985 aaO).
Rz. 24
bb) Gemessen hieran verändert sich der Inhalt der Leistung der Beklagten, die diese aufgrund der Auskunftsansprüche der Kundin zu erbringen hat, nicht dadurch, dass die Beklagte nicht an ihre Kundin, sondern an die Klägerin leistet.
Rz. 25
(1) Die Auskunftsansprüche der Kundin haben keinen höchstpersönlichen Gehalt, der einer Abtretung entgegenstünde.
Rz. 26
Auskunftsansprüche, die für die Durchsetzung von Zahlungsansprüchen erforderlich sind, sind nach senatsübergreifender höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich abtretbar (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 91/88, BGHZ 107, 104, 110; BGH, Beschluss vom 16. Juni 2000 - BLw 30/99, WM 2000, 2555, 2556; Urteile vom 26. Juni 2013 - IV ZR 39/10, WM 2013, 1462 Rn. 45 und vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89 Rn. 165). Das gilt auch für die streitgegenständlichen Auskunftsansprüche, die den vermögensrechtlichen Interessen des Zahlungsdienstnutzers dienen. Sie haben keinen personenbezogenen Inhalt. Die von der Beklagten zu erteilenden Auskünfte betreffen ausschließlich die von ihr im Zusammenhang mit dem Zahlungsdiensterahmenvertrag und dem Zahlungskonto erhobenen Entgelte. Diese lassen keinen Rückschluss auf die persönliche Lebensgestaltung oder auf personenbezogene Daten der Kundin zu, so dass die vom Berufungsgericht zur Begründung herangezogene Erwägung des Bundesverwaltungsgerichts (ZIP 2020, 2585 Rn. 25), die sich mit Auskünften über personenbezogene Daten befasst (BVerwG, ZIP 2020, 2585 Rn. 21), nicht auf die vorliegenden Auskunftsansprüche übertragbar ist.
Rz. 27
(2) Das Interesse der Beklagten als Zahlungsdienstleisterin an der Beibehaltung des Zahlungsdienstnutzers als Gläubigerperson ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht besonders schutzwürdig.
Rz. 28
Durch die Abtretung verändert sich die von der Beklagten geschuldete Leistungshandlung nicht. Diese erschöpft sich in der Erteilung von Auskünften über die von ihr im Rahmen des mit der Kundin geschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrags vereinnahmten Entgelte. Die Beklagte hat die von ihr geschuldeten standardisierten Entgeltinformationen und die Entgeltaufstellung nach der Abtretung in gleicher Art und Weise mitzuteilen und zur Verfügung zu stellen wie dies ohne Abtretung gegenüber der Kundin der Fall gewesen wäre. Ein besonderes schutzwürdiges Interesse der Beklagten, die entgeltbezogenen Informationen ausschließlich ihrer Vertragspartnerin, der Kundin, zu erteilen, obwohl diese infolge einer Abtretung die Auskunftserteilung an einen Dritten wünscht, ist nicht erkennbar (vgl. zur Wirksamkeit der Abtretung zu viel entrichteter Gasentgelte an einen Verbraucherschutzverein BGH, Urteil vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 23; zur Wirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen auf Rückzahlung zu viel entrichteter Miete und auf Auskunftserteilung nach § 556g Abs. 3 BGB an ein Inkassounternehmen bereits BGH, Urteile vom 8. April 2020 - VIII ZR 130/19, WM 2020, 991 Rn. 79, vom 6. Mai 2020 - VIII ZR 120/19, juris Rn. 80 und vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 129/19, ZIP 2020, 1619 Rn. 30).
Rz. 29
(3) Die Übertragung der Auskunftsansprüche scheitert auch nicht daran, dass der Anspruch aus § 10 ZKG nicht vom Zahlungsdienstnutzer als Verbraucher getrennt werden kann. § 399 Fall 1 BGB steht der Übertragung eines in der Person des Verbrauchers entstandenen Anspruchs aus § 10 ZKG nicht entgegen (aA AG Duisburg, BeckRS 2022, 27038 Rn. 21; AG Frankfurt am Main, WM 2023, 879 f.; Urteile vom 25. Oktober 2022 - 29 C 2133/22 (40), juris Rn. 18 f. und vom 14. November 2022 - 29 C 1644/22 (85), juris Rn. 17 f.; Lühmann/Taufmann/Fürbringer, NJW 2023, 3121 Rn. 13 ff.).
Rz. 30
Aus der Gesetzgebungsgeschichte zu § 399 Fall 1 BGB ergibt sich zwar, dass die Abtretung einer Forderung ausgeschlossen sein soll, wenn die Forderung "von einer nicht übertragbaren Eigenschaft des Gläubigers abhängt" (Protokolle I, S. 384). Eine solche Abhängigkeit des Anspruchs aus § 10 ZKG von der Verbrauchereigenschaft besteht aber nicht. Die Verbrauchereigenschaft ist lediglich Voraussetzung für die Entstehung dieses Anspruchs. Der weitere Bestand des einmal nach § 10 ZKG entstandenen Auskunftsanspruchs hängt nicht vom Fortbestand der Verbrauchereigenschaft ab (vgl. zur Übertragbarkeit des dem Verbraucher nach § 495 Abs. 1 BGB zustehenden Widerrufsrechts Senatsurteil vom 11. September 2018 - XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 27).
Rz. 31
(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht auch der Zweck der Auskunftsansprüche nicht für einen Abtretungsausschluss nach § 399 Fall 1 BGB.
Rz. 32
(a) Die Unterrichtungspflichten nach § 675d Abs. 1 BGB beruhen auf der Umsetzung der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. L 319, S. 1, berichtigt in ABl. 2009, L 187, S. 5; im Folgenden: ZDRL 2007). Durch sie sollen Zahlungsdienstnutzer transparente Vertragsbedingungen und -informationen erhalten (BT-Drucks. 16/11643, S. 99 rechte Spalte; Erwägungsgrund 18 der ZDRL 2007), um die Konditionen verschiedener Anbieter vergleichen und ihre Wahl in voller Kenntnis der Sachlage treffen zu können (Erwägungsgrund 21 der ZDRL 2007). Darüber hinaus soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden, die Dienste seines Zahlungsdienstleisters mit den Vertragsbedingungen zu vergleichen und im Streitfall überprüfen zu können, welche Rechte und Pflichten sich für ihn aus dem Vertrag ergeben (Erwägungsgrund 26 der ZDRL 2007). Die Unterrichtungspflichten dienen folglich auch dazu, dem Verbraucher die Überprüfung zu ermöglichen, ob sich sein Zahlungsdienstleister vertragstreu verhält und ob ihm verneinendenfalls Ansprüche gegen ihn zustehen. Zu diesen Ansprüchen gehören insbesondere auch Ansprüche, die, wie hier, auf Rückforderung von Entgelten gerichtet sind, die der Zahlungsdienstleister im Zusammenhang mit dem Zahlungsdiensterahmenvertrag ohne Rechtsgrund vereinnahmt hat.
Rz. 33
(b) Gleiches gilt für die vom Zahlungsdienstleister geschuldete Entgeltaufstellung gemäß § 10 ZKG. Diese Pflicht beruht auf der Umsetzung von Art. 5 der Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (ABl. L 257, S. 214; im Folgenden: Zahlungskontenrichtlinie) (vgl. BT-Drucks. 18/7204, S. 59, 64). Mit ihr bezweckt der Gesetzgeber ebenfalls, die Transparenz und Vergleichbarkeit von Entgelten zu erhöhen, die Verbrauchern für ihre Zahlungskonten in Rechnung gestellt werden (vgl. Art. 1 Abs. 1 sowie Erwägungsgründe 1, 4, 5, 8, 9 und 19 der Zahlungskontenrichtlinie; BT-Drucks. 18/7204, S. 47, 60, 65, 66). Verbraucher sollen die Entgelte nachvollziehen, Angebote verschiedener Zahlungsdienstleister vergleichen und fundierte Entscheidungen darüber treffen können, welches Zahlungskonto ihren Bedürfnissen am ehesten gerecht wird (Erwägungsgrund 15 der Zahlungskontenrichtlinie;BT-Drucks. 18/7204, S. 45). Sie sollen außerdem erkennen können, wofür ihnen die Entgelte in Rechnung gestellt werden, damit sie beurteilen können, ob eine Verhaltensänderung und ein Anbieterwechsel sinnvoll sind (Erwägungsgrund 19 der Zahlungskontenrichtlinie; BT-Drucks. 18/7204, S. 65) und ob ihnen gegebenenfalls Ansprüche gegen den Zahlungsdienstleister zustehen.
Rz. 34
(c) Die gegenüber dem Zahlungsdienstleister bestehenden Auskunftsansprüche haben danach nicht lediglich "ideellen" Charakter (aA AG Frankfurt am Main, WM 2023, 879, 880; Urteile vom 25. Oktober 2022 - 29 C 2133/22 (40), juris Rn. 19 und vom 14. November 2022 - 29 C 1644/22 (85), juris Rn. 18). Sie dienen dem Verbraucher nämlich nicht nur dazu, auf informierter Grundlage das für ihn passende Angebot für ein Zahlungskonto zu finden, sondern auch dazu, von den Zahlungsdienstleistern rechtsgrundlos vereinnahmte Entgelte zurückzufordern (aA Lühmann/Taufmann/Fürbringer, NJW 2023, 3121 Rn. 15). Insoweit handelt es sich bei den Auskunftsansprüchen um Hilfsansprüche zur Vorbereitung von Zahlungsansprüchen. Ein Sachgrund dafür, warum es einem registrierten Inkassodienstleister als Zessionar gestattet sein soll, für den Zahlungsdienstnutzer zwar die Ansprüche auf Rückzahlung von Entgelten, nicht aber die zu deren Vorbereitung dienenden Auskunftsansprüche geltend zu machen, ist nicht ersichtlich (vgl. zur Wirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen auf Rückzahlung zu viel entrichteter Miete und auf Auskunftserteilung nach § 556g Abs. 3 BGB an ein Inkassounternehmen BGH, Urteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89 Rn. 165).
Rz. 35
(5) Das Bankgeheimnis und datenschutzrechtliche Aspekte stehen, wie der Senat (Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, BGHZ 171, 180 Rn. 16 ff.) im Zusammenhang mit der Abtretung von Darlehensforderungen eines Kreditinstituts bereits entschieden und eingehend begründet hat, der Abtretbarkeit der Auskunftsansprüche nicht entgegen (aA AG Berlin-Mitte, BeckRS 2022, 50822 Rn. 18 und BeckRS 2023, 22364 Rn. 24). Das Bankgeheimnis verpflichtet Kreditinstitute zur Verschwiegenheit über kundenbezogene Tatsachen und Wertungen, die ihnen aufgrund, aus Anlass oder im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind und die der Kunde geheim zu halten wünscht (BGH, Urteil vom 12. Mai 1958 - II ZR 103/57, BGHZ 27, 241, 246; Senatsurteile vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 35 und vom 27. Februar 2007 aaO Rn. 17). Mit der Erklärung über die Abtretung der Auskunftsansprüche bringt die Kundin allerdings zum Ausdruck, dass sie bezüglich der von der Beklagten zu erteilenden Auskünfte über die von ihr geleisteten Entgelte keine Geheimhaltung und keinen Datenschutz wünscht.
III.
Rz. 36
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Rz. 37
Das Berufungsgericht wird sich zunächst mit der Frage der Wirksamkeit der Abtretung der Auskunftsansprüche entsprechend der von der Klägerin vorgelegten "Abtretungserklärung" vom 23. August 2021 zu befassen haben. Dabei wird es zu beachten haben, dass die Klägerin ihre Aktivlegitimation auf die von ihr behauptete Abtretung (§ 398 BGB) stützt und daher die Umstände einer wirksamen Abtretung, insbesondere die Echtheit der Unterschrift der Kundin, nachzuweisen hat. Darüber hinaus wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass die vorliegenden Auskunftsansprüche grundsätzlich nicht isoliert, das heißt ohne den Hauptanspruch, dessen Vorbereitung und Berechnung sie in der Regel dienen, abtretbar sind (vgl. Senatsurteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 91/88, BGHZ 107, 104, 110 mwN zu § 666 BGB und vom 11. September 2018 - XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 28 zur Abtretung des Widerrufsrechts und des aufschiebend bedingten Anspruchs aus dem Rückgewährschuldverhältnis). Außerdem wird das Berufungsgericht, wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat näher ausgeführt hat, - nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag erhalten haben - zu prüfen haben, ob die streitige Abtretungsvereinbarung gemäß § 307 Abs. 1 BGB oder gemäß § 138 BGB unwirksam ist.
Rz. 38
Das Berufungsgericht wird sich weiter mit dem Einwand der Beklagten auseinanderzusetzen haben, diese habe während des streitgegenständlichen Zeitraums ihre Informationspflichten ordnungsgemäß erfüllt, indem die Kundin Kontoauszüge einschließlich vollständig aufgeführter Entgelte erhalten habe. Die Beweislast hierfür liegt bei der Beklagten. Für die Informationspflichten aus § 675d Abs. 1 i.V.m. Art. 248 § 5 EGBGB folgt dies aus § 675d Abs. 3 BGB, für die Ansprüche aus § 10 ZKG und § 675c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB ergibt sich die Beweislast der Beklagten aus dem materiellem Recht (§ 362 Abs. 1 BGB). Soweit die Beklagte ihre Informationspflichten zeitlich nach der im Streit stehenden Abtretung gegenüber der Kundin erfüllt haben sollte, wird das Berufungsgericht die Regelung des § 407 Abs. 1 BGB zu beachten haben.
Ellenberger Matthias Schild von Spannenberg
Sturm Ettl
Fundstellen
NWB 2024, 2892 |
ZAP 2024, 956 |
ZIP 2024, 4 |