Tatbestand
Der am 19. September 1965 geborene Kläger nimmt den Beklagten, seinen Vater, auf Unterhalt in Anspruch. Die Ehe der Eltern wurde im Jahre 1972 geschieden. Seither lebt der Kläger bei der Mutter, die als Filialleiterin in einem Wäschegeschäft tätig ist.
Der Kläger war Schüler eines Gymnasiums in K., mußte dort die achte und die zehnte Klasse wiederholen und brach den Schulbesuch im November 1983 ab mit der Absicht, bei einer Spedition zu arbeiten und später in einer Musikband mitzuwirken. Am 26. November 1983 erlitt er bei einem Unfall schwere Verletzungen, aufgrund deren er rund viereinhalb Monate lang stationär behandelt werden mußte. In der Folgezeit erreichte er seine erneute Zulassung zum Gymnasium und konnte 1984/85 die elfte Klasse wiederholen. Seit September 1985 nimmt er an einem Grundausbildungslehrgang für kaufmännische Berufe teil und erhält seit dem 9. September 1985 Leistungen nach § 56 ArbeitsförderungsG in Höhe von insgesamt monatlich 330 DM. Außerdem bekommt er das Kindergeld.
Der im Jahre 1945 geborene Beklagte hatte 1964 ein Studium an einer Ingenieurschule begonnen, diese Ausbildung aber 1965 mit Rücksicht auf seine Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau und dem damals geborenen Kläger wieder aufgegeben und sich für eine zwölfjährige Dienstzeit als Zeitsoldat verpflichtet. Während des Wehrdienstes holte er 1976 an einem Abendgymnasium das Abitur nach und bewarb sich im Frühjahr 1976 für den gehobenen Dienst bei der Finanzverwaltung. Er wurde im August 1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Finanzanwärter ernannt, Ende März 1977 jedoch wegen nicht erfolgreichen Abschlusses eines Lehrgangs wieder entlassen. Weitere Bewerbungen für den gehobenen öffentlichen Dienst blieben im wesentlichen erfolglos. zum 30. September 1977 schied er mit dem Dienstgrad eines Oberfeldwebels aus der Bundeswehr aus. Er erhielt eine Übergangsbeihilfe von 20.000 bis 21.000 DM und in den folgenden drei Jahren Übergangsgebührnisse in Höhe von monatlich 1.000 bis 1.200 DM. Im Oktober 1977 nahm er ein Studium an der Universität Karlsruhe auf. Er bestand im Mai 1984 die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien und ist seit dem 10. September 1984 zum Vorbereitungsdienst zugelassen.
Im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren hatten der Beklagte und die Mutter des Klägers am 16. August 1972 folgende Vereinbarung getroffen:
Durch das Vormundschaftsgericht K. wurde am 14.8.1972 die elterliche Gewalt für das minderjährige Kind T. R. M., geboren am 19.9.1965, nach § 1671 BGB der Mutter, R. C. M. geborene W., übertragen.
Der Verpflichtete E. F. M., geboren am 26.7.1945, erklärt sich bereit, dem Berechtigten T. R. M. einen Unterhalt zu gewähren.
Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente in Höhe von 200 DM ... monatlich im voraus zu bezahlen.
Bis August 1982 leistete der Beklagte den vereinbarten Unterhalt von monatlich 200 DM. In der Folgezeit zahlte er bis einschließlich Juni 1983 monatlich 130 DM; danach stellte er die Zahlungen ein.
Der Kläger forderte ihn darauf mit Anwaltschreiben vom 26. Januar 1984 zu weiteren Unterhaltsleistungen auf.
Mit der Klage begehrt der Kläger unter Berufung auf die Vereinbarung vom 16. August 1972 restlichen Unterhalt für die Zeit von September 1982 bis Juni 1983 (monatlich 70 DM) in Höhe von - zusammen - 700 DM und für die Zeit von Juli 1983 bis September 1983 (monatlich 200 DM) in Höhe von - zusammen - 600 DM sowie ab 1. Januar 1984 eine laufende Unterhaltsrente von monatlich 318 DM. Er beruft sich auf seine weiter bestehende Unterhaltsbedürftigkeit. Da er nach dem Unfall keine schweren Lasten mehr heben könne, sei eine Tätigkeit in einer Spedition nicht mehr in Betracht gekommen. Er habe versucht, die Schule weiter zu besuchen, um das Abitur zu machen.
Den Beklagten hält der Kläger trotz dessen Studienausbildung für leistungsfähig. Er müsse sich zumindest ein monatliches Nettoeinkommen von 1.900 DM anrechnen lassen, das er erzielen würde, wenn er anstelle des Studiums die Möglichkeit wahrgenommen hätte, als Zeitsoldat eine bevorzugte Übernahme in den öffentlichen Dienst zu erreichen.
Der Beklagte tritt dem Begehren des Klägers entgegen, da er wegen seiner Ausbildung zur Zeit nicht leistungsfähig sei. Nachdem er sich in den Jahren 1976 und 1977 nicht für den gehobenen Dienst habe qualifizieren können, für den mittleren Dienst aber überqualifiziert gewesen sei, sei die Aufnahme des Studiums für ihn aus damaliger Sicht erforderlich gewesen.
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Auf die - überwiegend erfolglose - Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht diesen, unter Neufassung der Entscheidung, verurteilt, an den Kläger einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von September 1982 bis April 1984 in Höhe von 2.266 DM nebst gestaffelten Zinsen, eine monatliche Unterhaltsrente von 305 DM für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 1984 und von 318 DM für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. August 1985 sowie ab 1. Februar 1986 und einen Unterhaltsbetrag von 84,80 DM für die Zeit vom 1. bis 8. September 1985 zu zahlen, sowie darüber hinaus aufgrund Überleitung für die Zeit vom 9. September 1985 bis zum 31. Januar 1986 einen Betrag von 1.505,20 DM an die Bundesanstalt für Arbeit zu leisten.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
I. Zeitraum vom September 1982 bis September 1983:
Der Kläger ist am 19. September 1983 volljährig geworden. Bis zu diesem Zeitraum hat ihm das Berufungsgericht nach § 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Vereinbarung vom 16. August 1972 Unterhalt auf der Grundlage eines geschuldeten Monatsbetrages von 200 DM zugesprochen.
Dagegen bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken.
1. Das Berufungsgericht hat die zwischen dem Beklagten und seiner früheren Ehefrau am 16. August 1972 getroffene Vereinbarung dahin ausgelegt, daß sie dem Kläger eigene Forderungsrechte eingeräumt habe. Das läßt einen Rechtsverstoß nicht erkennen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 80/84 = FamRZ 1986, 254, 255) und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
2. In der Vereinbarung haben die Eltern die gesetzliche Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger der Höhe nach festgelegt, ohne daß die Unterhaltsverpflichtung hierdurch ihren gesetzlichen Charakter auf der Grundlage der §§ 1601 ff BGB verlor.
Die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch des Klägers gegenüber seinem Vater in der in der Vereinbarung von 1972 vereinbarten Höhe waren bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Klägers am 19. September 1983 erfüllt; eine Anpassung der vertraglich festgelegten Unterhaltsrente an veränderte Verhältnisse (§ 242 BGB) kommt daher, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, für diesen Zeitraum nicht in Betracht (vgl. Göppinger, Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 1656).
a) Die Bedürftigkeit des Klägers, der bis November 1983 die Schule besuchte und nicht über eigene Einkünfte verfügte (§ 1602 Abs. 1 BGB), steht außer Zweifel.
b) Von der Leistungsfähigkeit des Beklagten (§ 1603 BGB) ist - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht, wenn auch aus anderen als den von diesem angenommenen Gründen - auszugehen. Der Beklagte macht zwar geltend, er sei als Student seit April 1983 nahezu ohne Einkünfte und daher nicht in der Lage gewesen, Unterhalt an den Kläger zu zahlen. Für die Dauer der Minderjährigkeit des Klägers muß er sich indessen als leistungsfähig behandeln lassen; denn er war nach § 1603 Abs. 2 BGB verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu seinem und dem Unterhalt des Klägers gleichmäßig zu verwenden.
Als der Beklagte im Oktober 1977 das - in der Regel zwölf bis vierzehn Semester dauernde - Studium für das Lehramt an höheren Schulen begann, standen ihm für die ersten drei Jahre bis Herbst 1980 die Übergangsgebührnisse in Höhe von monatlich 1.100 bis 1.200 DM zur Verfügung. Hiervon konnte er - bei Zugrundelegung eines angemessenen Bedarfssatzes für volljährige Studenten, die außerhalb des Elternhauses leben, von monatlich 700 DM, wie ihn die Düsseldorfer Tabelle bis zum Jahre 1980 auswies, den Unterhalt von monatlich 200 DM für den Kläger ohne Schwierigkeit aufbringen. In dieser Zeit hat er den vereinbarten Kindesunterhalt auch regelmäßig gezahlt.
Ab September 1980 bis März 1983 bezog der Beklagte BAföG-Leistungen in Höhe von zunächst durchschnittlich 690 DM, später ab August 1982 monatlich 750 DM bzw. (ab Januar 1983) monatlich 758 DM und dazu seit August 1982 (bis März 1984) eine Hilfsassistentenvergütung von monatlich rund 170 DM. Die BAföG-Leistungen entsprachen nahezu dem zunächst auf monatlich 700 DM, seit 1982 auf monatlich 765 DM bezifferten Bedarfssatz für volljährige Studenten nach der Düsseldorfer Tabelle. Für den Unterhalt des Klägers konnte der Beklagte hiervon nicht aufkommen. Für diesen Zweck stand ihm jedoch zumindest die bei seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr erhaltene Übergangsbeihilfe von rund 21.000 DM zur Verfügung.
Die Übergangsbeihilfe ist dazu bestimmt, dem ausscheidenden Soldaten den Übergang in einen Zivilberuf zu erleichtern (Jungkurz, Soldatenversorgungsgesetz § 12 Anm. 1) und dient damit, ähnlich wie eine aus Anlaß der Aufhebung eines Anstellungsvertrages gezahlte Abfindung, dazu, die Übergangszeit bis zum Erwerb eines (neuen) Arbeitsplatzes zu überbrücken. Insoweit kommt ihr auch eine unterhaltsrechtliche Funktion zu (vgl. dazu Jungkurz aaO Anm. 10). Der aus der Bundeswehr ausscheidende Soldat ist demgemäß - entsprechend den Grundsätzen der Senatsrechtsprechung zur Verwendung arbeitsvertraglicher Abfindungen - verpflichtet, die Übergangshilfe im Rahmen einer sparsamen Wirtschaftsführung auch zur Deckung des Unterhaltsbedarfs der ihm gegenüber unterhaltspflichtigen Personen zu verwenden (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85, zur Veröffentlichung bestimmt, m.w.N.). Mit Rücksicht auf die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB war der Beklagte hiernach gehalten, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel für seinen eigenen Bedarf sparsam einzusetzen, um den notwendigen Unterhalt des Klägers jedenfalls bis zu dessen Volljährigkeit aus der Übergangshilfe sicherstellen zu können. Hierzu benötigte er für die Dauer von drei Jahren (Herbst 1980 bis September 1983) einen Betrag von rund 7.000 DM, also etwa 1/3 der gesamten Übergangsbeihilfe. Da er keine weiteren Unterhaltspflichten zu erfüllen hatte, verblieb ihm der restliche Betrag von 14.000 DM zur Deckung seines eigenen Bedarfs in der Zeit, als er, insbesondere nach Beendigung der BAföG-Unterstützung, abgesehen von den geringen Assistentenbezügen keine sonstigen Einkünfte hatte.
Ein Einsatz der Übergangsbeihilfe in dem genannten Umfang für den Unterhalt des minderjährigen Klägers war dem Beklagten im Hinblick auf § 1603 Abs. 2 BGB zumutbar. Außerdem hätte er in den Jahren 1977 bis 1980 bei der gebotenen Einschränkung seiner eigenen Ausgaben Teilbeträge aus den monatlichen Übergangsgebührnissen zurücklegen können, um sie für den späteren Unterhalt des Klägers zu verwenden.
3. Die Mutter des Klägers hat nach den tatsächlichen Verhältnissen mehr als nur den Naturalunterhalt für ihn geleistet. Sie ist daher nicht auch noch zur Tragung der (restlichen) Barunterhaltsbeträge von monatlich 200 DM heranzuziehen, § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. Senatsurteile vom 8. April 1981 - IVb ZR 587/80 - FamRZ 1981, 543, 544; vom 26. Oktober 1983 - IVb ZR 13/82 - FamRZ 1984, 39, 40; vom 18. April 1984 - IVb ZR 82/82, nicht veröffentlicht).
4. Nach alledem hat das Berufungsgericht den Beklagten im Ergebnis zu Recht verurteilt, an den Kläger für die Monate September 1982 bis Juni 1983 jeweils restliche 70 DM und für die Zeit vom Juli 1983 bis einschließlich September 1983 monatlich 200 DM, d.h. insgesamt einen Unterhaltsrückstand von 1.300 DM zu zahlen.
Insoweit hat die Revision des Beklagten keinen Erfolg.
II. Zeitraum ab Oktober 1983:
1. a) Das Oberlandesgericht hat den Kläger über den Eintritt der Volljährigkeit am 19. September 1983 hinaus weiter für unterhaltsbedürftig gehalten, weil er sich infolge des unmittelbar nach Abbruch des Schulbesuchs erlittenen Unfalls bis Mitte 1984 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden habe, anschließend bis zum Beginn des Schuljahres 1984/85 verletzungsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei und im übrigen wegen der erlittenen Verletzungen eine Beschäftigung in einer Spedition, wie ursprünglich vorgesehen, nicht mehr habe aufnehmen können. Für die Zeit ab Wiederaufnahme des Schulbesuchs im Schuljahr 1984/85 hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB zugebilligt, da er bisher noch keine Berufsausbildung erhalten habe; da die Unfallfolgen ihn in der Berufswahl einschränkten, habe ihm diese letzte Möglichkeit, den Erwerb eines Schulabschlusses zu versuchen, eingeräumt werden müssen; daran ändere der Umstand nichts, daß er das Gymnasium letztlich doch nicht abgeschlossen habe und nunmehr einen Grundausbildungslehrgang für kaufmännische Berufe besuche.
b) Diese Beurteilung unterliegt keinem durchgreifenden Bedenken. Das Berufungsgericht hat den Kläger nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision nicht beanstandeten - tatsächlichen Feststellungen ohne Rechtsverstoß auch für die Zeit nach dem 19. September 1983 für außerstande erklärt, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB) und hat ihn deshalb zutreffend auch für diesen Zeitraum dem Grunde nach für unterhaltsberechtigt gehalten.
Daß der Kläger den Unfall vom 26. November 1983 möglicherweise leichtfertig verursacht war, steht seiner Unterhaltsberechtigung nicht entgegen. Die Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 (vgl. auch § 1611 Abs. 2) BGB liegen insoweit ersichtlich nicht vor; der Kläger ist jedenfalls nicht aufgrund eines "sittlichen Verschuldens" bedürftig geworden.
c) Da er bis zum Abbruch des Schulbesuchs noch keine abgeschlossene Ausbildung erlangt hatte, steht ihm grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch, der auch die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf umfaßt (§ 1610 Abs. 2 BGB), gegenüber dem Beklagten zu. Allerdings ist ein Volljähriger, der sich nicht in der Berufsausbildung befindet - wie es bei dem Kläger etwa in der Zeit nach der Entlassung aus der stationären Behandlung und vor der Wiederaufnahme des Schulbesuchs der Fall war - in erster Linie für sich selbst verantwortlich und verpflichtet, seine Arbeitskraft zur Sicherstellung seines notwendigen Lebensbedarfs zu nutzen (Senatsurteil BGHZ 93, 123, 127). Voraussetzung hierfür ist indessen in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung (BGH aaO), die der Kläger jedoch noch nicht erworben hatte.
2. Die Leistungsfähigkeit des Beklagten hat das Berufungsgericht (wie schon für die Zeit der Minderjährigkeit des Klägers) mit folgender Begründung bejaht:
a) Der Beklagte könne sich auf seine eingeschränkte bzw. mangelnde Leistungsfähigkeit für die Zeit ab 1982 nicht mit Erfolg berufen. Bei Beurteilung der Frage, ob einem Unterhaltspflichtigen die Unterbrechung oder der Abbruch einer begonnenen Ausbildung zugunsten der Ausübung einer Erwerbstätigkeit zuzumuten sei, seien die Interessen des Unterhaltsberechtigten und die des Unterhaltsverpflichteten gegeneinander abzuwägen. Dabei seien das Ausbildungsverhältnis, die Art, das Ziel und die Dauer der Ausbildung des Verpflichteten den Belangen des Unterhaltsberechtigten gegenüberzustellen. Das führe hier dazu, daß das Interesse des Beklagten an einer Hochschulausbildung hinter den Unterhaltsinteressen des Klägers zurückstehen müsse. Der Beklagte habe als Zeitsoldat eine Ausbildung erhalten und sich innerhalb dieses Dienstverhältnisses für den mittleren Dienst qualifiziert. Außerdem habe er eine Chance auf Übernahme in den öffentlichen Dienst und einen Anspruch auf Fachausbildung - als eine Modalität des Übergangs aus dem Beruf des Zeitsoldaten in einen Zivilberuf - erlangt. Damit sei ein Bedürfnis nach einer Ausbildung, wie der Beklagte sie tatsächlich eingeschlagen habe, zu verneinen. Eine Zweitausbildung und Weiterbildung habe in der Regel hinter den Unterhaltsinteressen jedenfalls minderjähriger unverheirateter Kinder zurückzustehen. Aber auch für die Zeit seit der Volljährigkeit des Klägers sei dem Beklagten zuzumuten, seine Arbeitskraft zur Erzielung von Einkünften einzusetzen; insoweit gälten hier im Rahmen des § 1603 Abs. 1 BGB keine anderen Maßstäbe. Das Unterhaltsinteresse eines Kindes, das sich bei Eintritt der Volljährigkeit noch in der Schul- oder sonstigen Ausbildung befinde, rechtfertige keine andere Beurteilung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten. Zugunsten des Klägers falle im übrigen besonders ins Gewicht, daß der Beklagte seine Hochschulausbildung zu einem Zeitpunkt begonnen habe, als der Kläger bereits das Gymnasium besuchte. Da der Beklagte nicht habe annehmen können, der Kläger werde bei Erreichen der Volljährigkeit schon eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, habe er bei seiner eigenen Berufsplanung auf die Unterhaltsbedürftigkeit des Sohnes bis zum Abschluß einer Ausbildung Rücksicht nehmen müssen. Er müsse sich deshalb so behandeln lassen, als ob er aus einer Beschäftigung, die den ihm gegebenen Möglichkeiten entspreche, Einkünfte erzielte. Insoweit stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, daß der Beklagte bei entsprechenden Bemühungen einen Arbeitsplatz hätte finden können, auf dem er die während seiner zwölfjährigen Tätigkeit als Zeitsoldat erworbenen Kenntnisse hätte einsetzen und dabei, da er zuletzt den Rang eines Oberfeldwebels bekleidet hatte, Einkünfte von monatlich rund 1.700 bis 1.900 DM hätte erzielen können. Mit einem solchen Einkommen hätte er nicht nur bis zur Volljährigkeit des Klägers den in der Vereinbarung von 1972 bestimmten Unterhalt von monatlich 200 DM, sondern für die Zeit ab 27. Januar 1984 (nach Inverzugsetzung) die begehrten erhöhten Unterhaltsbeträge von zunächst monatlich 305 DM, später monatlich 318 DM leisten können.
Die Mutter des Klägers brauche sich an dem Barunterhalt nicht zu beteiligen, da sie nach wie vor Betreuungsleistungen erbringe und ihre Erwerbs- und Vermögensverhältnisse nicht wesentlich günstiger seien als die zugrunde gelegten Einkommensverhältnisse des Beklagten.
b) Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts erhebt die Revision zur Recht bedenken.
Nach § 1603 Abs. 1 BGB besteht eine Unterhaltspflicht nicht, wenn der an sich Verpflichtete bei Berücksichtigung seiner sonstigen Belastungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Hierauf beruft sich der Beklagte mit der Behauptung, seine im Jahre 1977 erhaltene Übergangsbeihilfe sei längst für seinen und den Unterhalt des Klägers verbraucht, auch von den Übergangsgebührnissen und den Bafög-Beträgen sei seit geraumer Zeit nichts mehr vorhanden; die Referendarbezüge von monatlich 1298,50 DM benötige er für den eigenen dringenden Lebensbedarf.
Wie der Senat in dem Urteil vom 26. September 1984 (IVb ZR 17/83 = FamRZ 1985, 158) näher ausgeführt hat, ist die tatsächlich bestehende Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen, auch wenn er sie selbst herbeigeführt hat, grundsätzlich zu beachten, und nur schwerwiegende Gründe sind geeignet, ihm - sowohl im Verhältnis zu seinem Ehegatten als auch gegenüber verwandten Unterhaltsberechtigten - nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, der dazu führen kann, daß der Unterhaltsverpflichtete sich trotz Leistungsunfähigkeit oder beschränkter Leistungsfähigkeit weiter als (voll) leistungsfähig behandeln lassen muß, kommt im allgemeinen nur in Betracht, wenn dem Pflichtigen ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten zur Last zu legen ist. Ob das der Fall ist, kann sich insbesondere aus dem Bezug seines Verhaltens zu der Unterhaltspflicht ergeben (vgl. Senatsurteile vom 26. September 1984 aaO; vom 21. Januar 1987 - IVb ZR 94/85, zur Veröffentlichung in BGHR BGB 1603 I Erwerbstätigkeit 1, vorgesehen).
Als Beispiele unterhaltsrechtlich treuwidrigen - und deshalb im Verhältnis zu dem Unterhaltsberechtigten unbeachtlichen - Verhaltens in diesem Sinn sind etwa die Fälle einzuordnen, in denen ein Unterhaltspflichtiger (Ehegatte oder Elternteil) nach Abschluß einer Berufsausbildung oder Ausübung eines erlernten Berufs eine weitere Ausbildung (Berufsaufbauschule, Hochschule) auf sich nahm, ohne daß der Unterhalt seiner Angehörigen gesichert war. Soweit der Unterhaltsschuldner in diesen Fällen Erwerbsmöglichkeiten in seinem erlernten Beruf hatte, die ihm - gegebenenfalls nach einem zumutbaren Ortswechsel - eine ausreichende Lebensgrundlage boten, hat ihm der Senat die Berufung auf die selbst herbeigeführte Leistungsunfähigkeit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben versagt und ihn weiterhin als unterhaltsrechtlich leistungsfähig behandelt (vgl. Senatsurteile vom 10. Juni 1981 - IVb ZR 591/80; vom 15. Juni 1983 - IVb ZR 381/81; vom 9. Juli 1980 - IVb ZR 529/80 = FamRZ 1980, 1113, 1114). In Fällen, in denen ein Unterhaltspflichtiger seine Anstellung aufgab, um sich selbständig zu machen, hat der Senat unter demselben rechtlichen Gesichtspunkt gefordert, der Verpflichtete müsse, bevor er diesen Plan ins Werk setze, zunächst in geeigneter Weise, etwa durch Aufnahme eines Kredits oder Bildung von Rücklagen, sicherstellen, daß er seine Unterhaltspflicht jedenfalls vorerst auch bei geringeren Einkünften weiter erfüllen könne (Senatsurteile vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 651/80 = FamRZ 1982, 365, 366; vom 21. Januar 1987 - IVb ZR 94/85).
Maßgebender Gedanke war hierbei stets die Forderung, daß ein Unterhaltspflichtiger, jedenfalls im Verhältnis zu seinen unverheirateten minderjährigen Kindern und dem diesen im Rang gleichstehender Ehegatten, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einsetzen und sich Einkünfte anrechnen lassen muß, die er bei gutem Willen durch zumutbare Erwerbstätigkeit erreichen könnte (Senatsurteile vom 8. April 1981 - IVb ZR 566/80 = FamRZ 1981, 539, 540; vom 15. Juni 1983 - IVb ZR 381/81). Dieser Obliegenheit hat der Unterhaltsschuldner bei seinen beruflichen Dispositionen, gegebenenfalls schon bei einer ersten Berufswahl oder auch einem späteren Berufswechsel, in angemessener Weise Rechnung zu tragen (vgl. Senatsurteil vom 22. Dezember 1982 - IVb ZR 320/81 = FamRZ 1983, 140 f). Setzt er sich leichtfertig hierüber hinweg und trifft ohne Rücksicht auf seine bestehenden Unterhaltsverpflichtungen eigennützig eine berufliche Entscheidung, die ihn auf längere Sicht unterhaltsrechtlich leistungsunfähig macht, dann kann ein derartiges verantwortungsloses Verhalten dazu führen, daß ihm die Berufung auf die Leistungsunfähigkeit nach Treu und Glauben verwehrt ist.
Das ist jedoch bei dem Beklagten nicht der Fall.
Als er sich im Oktober 1977 nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr entschloß, ein Hochschulstudium zu ergreifen, setzte er sich damit nach dem Scheitern seines Versuchs, in die gehobene Finanzverwaltung übernommen zu werden, nicht in einen unverantwortlichen Widerspruch zu den Interessen des seinerzeit erst 12-jährigen Klägers. Er konnte damit rechnen, daß er den vereinbarten Kindesunterhalt während der drei ersten Studienjahre aus den monatlichen Übergangsgebührnissen und in den folgenden Jahren bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Klägers, notfalls noch für eine gewisse Zeit darüber hinaus (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1987 - IVb ZR 94/85), unter teilweisem Einsatz der Übergangsbeihilfe würde bestreiten können, wobei er allerdings in Erwägung ziehen mußte, unter Umständen in den Semesterferien arbeiten zu müssen, um seinen eigenen restlichen Lebensbedarf sicherzustellen. Anders als in den oben erwähnten Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige nach Abschluß einer (ersten) Berufsausbildung eine (weitere) Ausbildung auf sich genommen hatte, stand der Beklagte im Herbst 1977 nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr erstmals vor der Wahl eines Berufs für das Zivilleben. Da seine Bemühungen um eine Aufnahme in den gehobenen öffentlichen Dienst bei mehreren Verwaltungen gescheitert waren, war er in seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse, auch im Hinblick auf eine etwaige spätere unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit, genötigt, eine seinen Fähigkeiten, seiner Begabung und seinen Neigungen entsprechende andere Berufswahl zu treffen. Wenn er sich in dieser Lage entschloß, das Studium für das Lehramt an höheren Schulen (unter Umständen für die Tätigkeit an einer Berufsschule) zu beginnen, nachdem er bereits 1964 ein Studium an einer Ingenieurschule angestrebt hatte, gereicht ihm dies unterhaltsrechtlich nicht zum Vorwurf, da das Studium, wie die bisherige Entwicklung gezeigt hat, seinen Fähigkeiten entsprach. Der Beklagte hatte noch keinen zivilen Beruf erlernt, der ihm nach Beendigung des Wehrdienstes ausreichende Erwerbsmöglichkeiten gesichert hätte. Da er nur dem Kläger gegenüber unterhaltspflichtig war, brauchte er bei seiner Berufswahl zumutbarerweise nur diese Verpflichtung in Rechnung stellen. Diese konnte er, wie oben näher dargelegt, aus den ihm zur Verfügung stehenden Übergangsgebührnissen und der Übergangsbeihilfe jedenfalls bis zur Volljährigkeit des Klägers erfüllen.
Das Berufungsgericht gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, der Beklagte habe zu Beginn seines Studiums nicht damit rechnen können, daß der Kläger bei Erreichen der Volljährigkeit seine Berufsausbildung bereits abgeschlossen haben würde. Das trifft grundsätzlich zu. Gleichwohl führt diese Überlegung unter den hier gegebenen Umständen nicht dazu, daß sich der Beklagte seinen im Jahre 1977 gefaßten Entschluß, ein Hochschulstudium aufzunehmen - statt einen Arbeitsplatz zu suchen, der seinem Dienstrang bei der Bundeswehr entsprach - als unterhaltsrechtlich verantwortungsloses, treuwidriges Verhalten entgegenhalten lassen müßte. Der Beklagte war bei seiner ersten zivilen Berufswahl berechtigt, seinen Interessen, Fähigkeiten und Neigungen insoweit Rechnung zu tragen, als sie sich mit seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber dem damals minderjährigen Kläger nach § 1603 Abs. 2 BGB in Einklang bringen ließen. Wenn die eingeschlagene Ausbildung später dazu führte, daß er zeitweise nur nach Maßgabe einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit zu Unterhaltsbeträgen für den dann volljährigen Kläger herangezogen werden konnte, mußte der Kläger dies hinnehmen, zumal die Ausbildung des Beklagten auf Dauer die Aussicht auf eine gesteigerte Leistungsfähigkeit eröffnete. Daß sich die Berufspläne des Klägers wegen des im November 1983 erlittenen Unfalles zunächst nicht, wie vorgesehen, verwirklichen lassen würden, konnte der Beklagte bei seiner Ausbildungswahl im Jahre 1977 nicht vorhersehen; die eingetretene Entwicklung gereicht ihm daher aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht - nachträglich - zum Vorwurf.
Ein Abbruch des Studiums mit Rücksicht auf den Unfall des Klägers - etwa Ende 1983/Anfang 1984 - war dem Beklagten nach dem damaligen Stand seiner Ausbildung nicht zumutbar (vgl. Senatsurteil vom 22. Dezember 1982 aaO), zumal nicht ersichtlich ist, welche Erwerbsmöglichkeiten er in diesem Fall ohne abgeschlossene Berufsausbildung gehabt haben könnte.
c) Der Beklagte ist mithin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht so zu behandeln, als ob er ein fiktives Einkommen von monatlich rund 1.700 bis 1.900 DM erzielte. Seine Unterhaltspflicht für die Zeit ab Januar 1984 bemißt sich vielmehr nach seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit. Zu dieser hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bisher keine ausreichenden Feststellungen getroffen.
Aus diesem Grund muß das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 2992892 |
NJW 1987, 1772 |
BGHR BGB § 1603 Abs. 1 Hochschulstudium 1 |
BGHR BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1 Student 1 |
BGHR BGB § 1603 Leistungsunfähigkeit 1 |
FamRZ 1987, 930 |
FamRZ 1987, 930, 932 |
NJW-RR 1987, 706, 707 |
LSK-FamR/Hülsmann, LS 17 |
LSK-FamR/Hülsmann, LS 18 |
LSK-FamR/Hülsmann, LS 19 |
LSK-FamR/Hannemann, LS 43 |