Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbeugung
Leitsatz (amtlich)
Der Nachlaßrichter hat die Pflicht, bis zur Annahme der Erbschaft die Vermögensinteressen des zukünftigen Erben wahrzunehmen.
Der Rechtspfleger, der als Nachlaßrichter die Vergütung des Nachlaßpflegers festsetzt, übt damit richterliche Tätigkeit aus.
Normenkette
StGB 1975 § 266 Abs. 1, § 336
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 26.03.1987) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 26. März 1987 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen – fortgesetzter – Untreue in Tateinheit mit Rechtsbeugung und Verwahrungsbruch zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat festgestellt:
Der Angeklagte war als Rechtspfleger in Nachlaßsachen beim Amtsgericht E. tätig. Er unterhielt persönliche Beziehungen zu der Mitangeklagten B.. Als er erfuhr, daß sie – eine Finanzbeamtin – in ihrer Freizeit als Flohmarkthändlerin tätig war und stark an alten Gegenständen interessiert war, die entweder Sammlerwert hatten oder auch nur als Flohmarktartikel verkäuflich waren, „beschloß er …, die ihm aufgrund seiner amtlichen Stellung als Rechtspfleger in Nachlaßsachen gebotenen Möglichkeiten auszunutzen, um zum Vorteil der Angeklagten B. dieser zum Nachteil der Erben Hausrats- und Wohnungsnachlässe zukommen zu lassen” (UA S. 7). Um dieses Ziel besser erreichen zu können, setzte er in sechs Nachlaßangelegenheiten als Nachlaßpfleger unerfahrene Personen ein, die sich von ihm in ihren Entscheidungen leiten ließen, und gewährte ihnen in drei Fällen später bewußt weit überhöhte Vergütungen aus dem Nachlaß. Dabei war in keinem Fall eine Nachlaßpflegschaft angezeigt. In drei Fällen bestimmte der Angeklagte jeweils den eingesetzten Nachlaßpfleger, mit der Mitangeklagten B. – in einem weiteren Fall mit ihrer Mutter – Räumungsverträge über die Räumung des Anwesens der Verstorbenen abzuschließen, wobei ihm bewußt war, daß die Bedingungen der Verträge für den Nachlaß ungünstig waren und außerdem kein Grund für die Räumungen bestand. In einem Fall veranlaßte der Angeklagte den Nachlaßpfleger, der Mitangeklagten B. einen zum Nachlaß gehörenden Reservistenkrug, ein persönliches Erinnerungsstück an den Erblasser, weit unter Wert zu veräußern, entnahm aus dem Nachlaß fünf Holzbalken, um sie für das von ihm und der Mitangeklagten B. bewohnte Haus zu verwenden, und gestattete ihr, aus dem Haus des Erblassers einen wertvollen Kachelofen abzubauen und unentgeltlich für sich zu behalten. In einer anderen Nachlaßsache ließ der Angeklagte durch die Mutter der Mitangeklagten B. zum Nachlaß gehörendes Brennmaterial verkaufen und behielt den Verkaufserlös für sich. Darüber hinaus nahm er verschiedene Nachlaßgegenstände, die er zunächst an sich genommen hatte, um sie dem Nachlaßpfleger oder den Erben zu übergeben, aus der amtlichen Verwahrung und verschenkte sie – bis auf eine Brosche, die er für sich verwendete – an die Mitangeklagte B..
Entscheidungsgründe
II. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue. Der Angeklagte stand als zuständiger Rechtspfleger des Amtsgerichts in den der Verurteilung zugrunde liegenden Nachlaßfällen in einem Treueverhältnis zu den jeweiligen Erben des Nachlasses; er hat die ihm innerhalb dieses Verhältnisses obliegende Pflicht, die Vermögensinteressen der Erben wahrzunehmen, vorsätzlich verletzt.
Nach § 1960 Abs. 1 BGB hat das Nachlaßgericht, soweit ein Bedürfnis besteht, bis zur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Diese Verpflichtung, die nach § 72 FGG, § 3 Nr. 2 c RPflG grundsätzlich dem Rechtspfleger des Amtsgerichts übertragen ist, ist Ausfluß der allgemeinen staatlichen Fürsorge- und Aufsichtspflicht und dient zunächst der Erfüllung staatlicher Klärungs- und Ordnungsaufgaben auf dem Gebiet des Nachlaßwesens (Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts 2. Aufl. § 40 IV 2 S. 645). Entgegen einer teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (OLG Düsseldorf JMBl NW 1962, 35; Maurach/Schroeder, Strafrecht BT I 6. Aufl. § 47 II A 2 a; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 22. Aufl. § 266 Rdn. 26) erschöpft sich die in § 1960 Abs. 1 BGB statuierte Verpflichtung des Nachlaßgerichts allerdings nicht in der Wahrnehmung solcher allgemeiner staatlicher Fürsorge- und Aufsichtsbelange. Wie sich aus dem Inhalt und der konkreten Ausgestaltung der dem Nachlaßgericht gesetzlich zugewiesenen Rechte und Pflichten ergibt, haben der Nachlaßrichter und im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben der Rechtspfleger vielmehr unmittelbar fremde Vermögensinteressen, nämlich diejenigen der Erben, zu betreuen. Auch wenn das Nachlaßgericht in der Auswahl der Sicherungsmittel frei und die Art der Fürsorge im einzelnen seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen ist, hat es sich bei der Frage, ob und in welcher Weise es bei Nachlaßangelegenheiten gemäß § 1960 BGB tätig wird, stets von den Interessen der endgültigen Erben leiten zu lassen (Firsching, Nachlaßrecht 6. Aufl. IV B 2 S. 127; Johannsen in BGB – RGRK Bd. V 1. Teil 12. Aufl. § 1960 Rdn. 7). Diese Interessen der Erben sind – anders als bei der Vormundschaft nach §§ 1793 ff. BGB – ausschließlich und ausnahmslos auf die Sicherung und den Erhalt des Nachlasses gerichtet und sonach ohne Einschränkung vermögensrechtlicher Natur. Hierbei sind die dem Rechtspfleger in Nachlaßsachen zur Verfügung stehenden Sicherungsmöglichkeiten nicht auf solche Tätigkeiten beschränkt, die – wie etwa Ermittlungen über den Nachlaßbestand oder die Anordnung der Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses – die vermögensrechtlichen Interessen der Erben nur mittelbar berühren. Vielmehr ist dem Rechtspfleger auch eine unmittelbare Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis eingeräumt; er kann, falls ein Nachlaßpfleger nicht oder noch nicht bestellt ist, mit Wirkung für und gegen die Erben über Nachlaßgegenstände verfügen und für den Nachlaß Verbindlichkeiten eingehen und damit als Nachlaßgericht selbst in unmittelbarer Vertretung für die Erben handeln (Palandt-Edenhofer, BGB 47. Aufl. § 1960 Anm. 4; Kipp/Coing, Erbrecht 1978 3 124 II S. 702; Lange/Kuchinke a.a.O. § 40 IV 3 S. 656; Leipold in MünchKomm Bd. VI § 1960 Rdn. 27).
Angesichts der Stellung und der Aufgaben, die dem Rechtspfleger in Nachlaßsachen von Gesetzes wegen zugewiesen sind, ist demnach von dem Bestehen einer unmittelbaren und speziellen Vermögensbetreuungspflicht des Rechtspflegers gegenüber den Erben im Sinne des § 266 StGB auszugehen (ebenso OLG Koblenz RPfl 1985, 442 mit zustimmender Anmerkung von Reiß; Hübner in LK 10. Aufl. § 266 Rdn. 40 und Rdn. 53; Palandt-Edenhofer a.a.O. § 1962 Anm. 2). Verletzt der Rechtspfleger diese Pflicht vorsätzlich, kann darin eine Untreue zum Nachteil der Erben sowohl in der Form des Mißbrauchstatbestandes als auch des Treubruchstatbestandes liegen. Untreue in der Form des Mißbrauchstatbestandes kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Rechtspfleger ohne sachliches Bedürfnis eine Nachlaßpflegschaft anordnet und den Nachlaß auf diese Weise einem unnötigen Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch des Nachlaßpflegers aussetzt, wenn er dem Nachlaßpfleger eine überhöhte Vergütung aus dem Nachlaß zubilligt oder wenn er bei fehlender Nachlaßpflegerbestellung einen Nachlaßgegenstand selbst in unmittelbarer Vertretung für die Erben unter Wert veräußert. Untreue in der Form des Treubruchstatbestandes kann beispielsweise dann angenommen werden, wenn der Rechtspfleger, ohne selbst mit unmittelbarer Wirkung für und gegen den Nachlaß zu verfügen, den Nachlaßpfleger zu sachlich nicht gerechtfertigten und für den Nachlaß ungünstigen Verwaltungsmaßnahmen veranlaßt oder – möglicherweise im Zusammenwirken mit dem Nachlaßpfleger – sich selbst oder dritten Personen unberechtigt Nachlaßwerte zuführt.
Die abweichende Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (a.a.O.) und dem folgend eines Teils des Schrifttums (Maurach/Schroeder a.a.O.; Lenckner in Schönke/Schröder a.a.O.), welche die Tätigkeit des Rechtspflegers in Nachlaßsachen lediglich als Wahrnehmung allgemeiner staatlicher Fürsorge- und Aufsichtsbelange begreift und eine Treuepflicht des Rechtspflegers gegenüber den Erben im Sinne des § 266 StGB verneint, läßt den oben aufgezeigten speziellen vermögensrechtlichen Pflichtenbezug des Nachlaßgerichts zu den Erben außer Betracht. Abgesehen davon, daß sich die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die Tätigkeit des Rechtspflegers in Vormundschaftssachen bezieht, trägt diese Auffassung insbesondere dem Umstand nicht genügend Rechnung, daß der Rechtspfleger in Nachlaßsachen – wie oben dargelegt – mit unmittelbarer vermögensrechtlicher Wirkung für und gegen den Nachlaß und damit die Erben handeln und entscheiden kann.
Entgegen der Auffassung der Revision endet die spezielle vermögensrechtliche Fürsorgepflicht des Nachlaßgerichts gegenüber den Erben nicht mit der Bestellung eines Nachlaßpflegers. Wie sich aus § 1960 Abs. 2 BGB ergibt, ist die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft nur eine – wenn auch in der Praxis häufige und wichtige – der dem Nachlaßgericht zur Verfügung stehenden und von ihm nach pflichtgemäßem Ermessen zu wählenden Sicherungsmaßnahmen. Entscheidet sich der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts für diese Maßnahme, so ist er zwar in der Folge gemäß §§ 1962, 1915 Abs. 1, 1837 Abs. 1 BGB im wesentlichen darauf beschränkt, den Nachlaßpfleger bei der Durchführung seiner Aufgaben zu beaufsichtigen (Palandt-Edenhofer a.a.O. § 1960 Anm. 5 b, § 1962 Anm. 2; Leipold in MünchKomm Bd. VI § 1960 Rdn. 61). Auch im Rahmen dieser Aufsicht bestehen jedoch wesentliche, den Vermögensinteressen der Erben dienende Eingriffsmöglichkeiten und Handlungspflichten des Rechtspflegers fort: So ist er berechtigt und verpflichtet, bei Pflichtwidrigkeiten des Nachlaßpflegers durch geeignete Gebote und Verbote sowie durch Festsetzung von Zwangsmitteln einzuschreiten (§ 1837 Abs. 1 und Abs. 2 BGB) und, falls durch pflichtwidriges Verhalten des Nachlaßpflegers das Interesse der Erben an der Sicherung und Erhaltung des Nachlasses gefährdet wird, den Nachlaßpfleger zu entlassen (§ 1886 BGB); ferner hat er, falls der Nachlaßpfleger an der Erfüllung seiner Pflichten rechtlich oder tatsächlich verhindert ist, gemäß § 1846 BGB das Recht und die Pflicht, selbst die im Interesse des Nachlasses und damit der Erben erforderlichen einstweiligen Maßregeln zu treffen und hierbei mit unmittelbarer Wirkung für und gegen die Erben als deren Vertreter über Nachlaßgegenstände zu verfügen und Verbindlichkeiten für den Nachlaß einzugehen (Palandt-Diederichsen, BGB 47. Aufl. § 1846 Anm. 2 m.w.Nachw.). In diesen im Rahmen der Aufsicht über den Nachlaßpfleger fortbestehenden gesetzlichen Möglichkeiten des Eingreifens zeigt sich, daß die Vermögensbetreuungspflicht des Nachlaßgerichts für die Erben durch die Bestellung eines Nachlaßpflegers nicht etwa auf diesen übergeht, sondern – wenn auch inhaltlich modifiziert und weitgehend auf den Bereich der Überwachung reduziert – neben der des Pflegers weiterbesteht (so auch Hübner in LK a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.; Palandt-Edenhofer a.a.O. § 1962 Anm. 2).
Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei die Überzeugung verschafft, daß der Angeklagte vorsätzlich diese Vermögensfürsorgepflicht verletzte, indem er ohne sachliche Veranlassung Nachlaßpflegschaften anordnete und damit den Nachlaß einer Vergütungsforderung des Pflegers aussetzte und die Nachlaßpfleger zum Abschluß für den jeweiligen Nachlaß ungünstiger Räumungsverträge veranlaßte; das stellt auch die Revision nicht in Frage. Gleiches gilt, soweit das Tatgericht in den drei Fällen, in denen überhöhte Vergütungen aus dem Nachlaß zugebilligt wurden, direkten Vorsatz des Angeklagten angenommen hat. Die Strafkammer stützt sich für ihre Überzeugung, der Angeklagte habe in diesen drei Fällen sein Ermessen bei der Festsetzung der Vergütung der Nachlaßpfleger bewußt überschritten, in zulässiger Weise auf die Bekundungen der Zeugen B. und S., die zur Üblichkeit von Vergütungssätzen im Amtsgerichtsbezirk Erding Angaben gemacht haben, sowie auf die langjährige Tätigkeit des Angeklagten als Nachlaßpfleger. Ihre Ausführungen widersprechen auch nicht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Bemessung von Vergütungen für Nachlaßpfleger (vgl. BayObLG RPfl 1985, 402). Schließlich erfüllt auch die Zueignung von Nachlaßgegenständen den Tatbestand des § 266 StGB.
2. Zu Recht hat die Strafkammer den Angeklagten in den Fällen, in denen er die Vergütung für die Nachlaßpfleger vorsätzlich überhöht festgesetzt hat, auch wegen Rechtsbeugung verurteilt. Der Angeklagte war zumindest insoweit als Amtsträger im Sinne der §§ 336, 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB mit der Leitung und Entscheidung einer Rechtssache befaßt.
Nach der Rechtsprechung sowohl des Reichsgerichts als auch des Bundesgerichtshofs kommt ein Amtsträger, der nicht Richter ist, als Täter einer Rechtsbeugung nur dann in Betracht, wenn er die jeweilige Rechtssache „wie ein Richter” zu leiten oder zu entscheiden hat (RGSt 71, 315; BGHSt 24, 326, 327 f.; BGH NJW 1960, 253; vgl. auch OLG Hamm NJW 1979, 2114 sowie Bemmann JZ 1972, 599). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 29. Juli 1986 – 1 StR 330/86 – (BGHSt 34, 146) ausgeführt, daß die bisher in Rechtsprechung und Literatur verwendeten Kriterien für die nähere Umschreibung einer solchen Tätigkeit, die im Sinne des § 336 StGB wie die eines Richters zu werten ist, zum Teil durch die Rechtsentwicklung überholt oder – etwa weil sie nur einzelne Aspekte dieser Tätigkeit aufgreifen – unzureichend sind. Da in dem in BGHSt 34, 146 entschiedenen Fall der Bereich möglicher Rechtsbeugung eindeutig nicht erreicht war, hat der Senat von einer nähereren Untersuchung und Bewertung dieser Kriterien abgesehen. Auch der vorliegende Fall nötigt nicht zu einer grundsätzlichen und abschließenden Beurteilung. Die in einer Nachlaßangelegenheit durch den Rechtspfleger des Amtsgerichts vorgenommene Festsetzung der Vergütung des Nachlaßpflegers ist jedenfalls eine Tätigkeit, die im Sinne des § 336 StGB als richterliche zu werten ist und damit Gegenstand einer Rechtsbeugung sein kann.
Nach § 1960 BGB, § 72 FGG ist das Amtsgericht als Nachlaßgericht für die Sicherung des Nachlasses zuständig. Durch § 3 Nr. 2 c RPflG sind die daraus erwachsenden Geschäfte vorbehaltlich einzelner Aufgaben, die vom Richter wahrzunehmen sind, grundsätzlich dem Rechtspfleger übertragen. Gleichwohl bleiben auch diese übertragenen Geschäfte ihrem Wesen nach richterliche Tätigkeit im Sinne von § 336 StGB. Dies zeigt zunächst der im Rechtspflegergesetz enthaltene Richtervorbehalt; diejenigen Geschäfte, für deren Erledigung dem Rechtspfleger nach Auffassung des Gesetzgebers die berufliche Eignung fehlt, sollen beim Richter verbleiben, die übrigen Geschäfte werden dem Rechtspfleger überlassen. Auch die enge Verzahnung der Aufgaben, die dem Rechtspfleger obliegen, und derjenigen des Richters – wobei die Leitfunktion beim Richter liegt – weist auf ihre Wesensgleichheit hin. Sie ergibt sich aus § 5 RPflG, der dem Rechtspfleger in bestimmten Fällen die Vorlage an den Richter vorschreibt, und aus §§ 6 und 7 RPflG, nach denen der Richter bestimmte Angelegenheiten an sich ziehen kann. Nach alledem sind auch die dem Rechtspfleger nach § 3 Nr. 2c RPflG übertragenen Geschäfte in Nachlaßsachen richterliche Aufgaben, die der Rechtspfleger nach § 9 RPflG selbständig und in sachlicher Unabhängigkeit bearbeitet (vgl. Riedel, Kommentar zum Rechtspflegergesetz 5. Aufl. § 3 Rdn. 130).
Weist der Gesetzgeber – wie hier bei der Tätigkeit des Rechtspflegers in Nachlaßsachen – eine Aufgabe eindeutig und ausdrücklich dem Bereich richterlicher Tätigkeit zu, kann sich der mit ihr betraute Amtsträger insoweit der Rechtsbeugung schuldig machen. Das in der Rechtsprechung anerkannte Erfordernis der richterlichen oder richterähnlichen Tätigkeit des Täters leistet in diesem Fall eine hinreichend klare und sichere Abgrenzung zu den reinen Verwaltungsaufgaben; weiterer Kriterien bedarf es nicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei der fraglichen Aufgabe um eine Tätigkeit handelt, bei der der Amtsinhaber eine Rechtsangelegenheit in einem rechtlich geordneten Verfahren unter Berücksichtigung widerstreitender Interessen zu behandeln und zu entscheiden hat. Bei der nach §§ 1962, 1915, 1836 BGB durch den Rechtspfleger des Amtsgerichts zu treffenden Entscheidung über Bewilligung und Festsetzung der Vergütung des Nachlaßpflegers ist dies der Fall.
Unterschriften
Schauenburg, Maul, Foth, Granderath, Schimansky
Fundstellen
Haufe-Index 1742371 |
BGHSt |
BGHSt, 224 |
NJW 1988, 2809 |
Nachschlagewerk BGH |
JZ 1988, 881 |