Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasspflegschaft. Bewilligung einer Vergütung für den Nachlasspfleger
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bewilligung einer Vergütung für den Nachlaßpfleger setzt nur dessen wirksame Bestellung voraus (§§ 1962, 1915 Abs. 1, § 1789 BGB), nicht aber, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Nachlaßpflegschaft gemäß § 1960 BGB vorgelegen haben. Grundlage der Vergütungsbewilligung ist die Mühewaltung des Pflegers, die durch Mangel der Pflegschaftsanordnung nicht beseitigt wird.
2. Das Amt eines Nachlaßpflegers ist grundsätzlich unentgeltlich zu fuhren (§ 1960 Abs. 2, § 1915 Abs. 1. § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB) Das Nachlaßgericht kann ihm jedoch eine angemessene Vergütung bewilligen, wenn das verwaltete Vermögen sowie Umfang und Bedeutung der Geschäfte es rechtfertigen. Ist der Nachlaßpfleger mit Rücksicht auf seinen Beruf bestellt worden, erfordert es der Grundsatz der Billigkeit, bei Festsetzung der Vergütung wohlwollend zu verfahren.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 1, § 1915 Abs. 1, § 1960 Abs. 2, § 1960
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 01.06.1989; Aktenzeichen 2 T 75/89) |
AG Passau (Aktenzeichen 2 VI 131/86) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 1. Juni 1989 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat die dem Beteiligten zu 4 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 DM festgesetzt.
IV. Dem Beteiligten zu 2 wird Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde nicht bewilligt.
Tatbestand
I.
Die am 27.4.1986 verstorbene Erblasserin hinterließ Grundbesitz, Wertpapiere und mehrere Bankguthaben. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind ihre Kinder aus erster Ehe. Mit dem Beteiligten zu 3 war sie in zweiter Ehe verheiratet und hatte mit ihm am 6.3.1986 einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen. Die Beteiligten zu 1 und 2 bezweifelten dessen Wirksamkeit und machten geltend, die Erblasserin sei bei Vertragsschluß nicht geschäfts- und testierfähig gewesen. Das Amtsgericht ordnete durch Beschluß vom 30.4.1986 Nachlaßpflegschaft an und bestellte den Beteiligten zu 4, einen Rechtsanwalt, zum Nachlaßpfleger. Dieser erfaßte und verwaltete das Wertpapier- und Geldvermögen der Erblasserin, nahm Nachlaßgegenstände in Besitz und berichtete dem Nachlaßgericht mehrmals über seine Tätigkeit.
Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten die Erteilung eines Erbscheins auf Grund gesetzlicher Erbfolge; das Amtsgericht lehnte dies durch Beschluß vom 20.7.1987 ab. Hiergegen legte die Beteiligte zu 1 Beschwerde ein, die vom Landgericht zurückgewiesen wurde. Ihre weitere Beschwerde hat der Senat durch Beschluß vom 24.11.1988 zurückgewiesen, weil der am 6.3.1986 geschlossene Ehe- und Erbvertrag für die Erbfolge maßgebend sei Danach sind die Beteiligten zu 1 und 2 Erben geworden und mit einem Vermächtnis zugunsten des Beteiligten zu 3 beschwert.
Am 8.2.1989 ist die Nachlaßpflegschaft aufgehoben worden. Durch Beschluß des Rechtspflegers vom 7.2.1989 ist für den Nachlaßpfleger eine Vergütung von 3.000 DM festgesetzt worden Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 „Beschwerde” eingelegt und geltend gemacht, die Nachlaßpflegschaft sei grundsätzlich unentgeltlich zu fuhren. Der Rechtspfleger half der Erinnerung nicht ab. Das Nachlaßgericht legte das Rechtsmittel dem Landgericht vor, das durch Beschluß vom 1.6.1989 die Beschwerde zurückwies. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. Gleichzeitig beantragt er, ihm für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Der Beteiligte zu 4 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere mit Anwaltsschriftsatz vom 13.7.1989 formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG) Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2 ergibt sich aus seiner Stellung als Erbe (vgl. BayObLG JurBürO 1985, 274; Palandt/Edenhofer BGB 49. Aufl. § 1960 Anm. 4 f dd). Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
2 Das Landgericht hat ausgeführt:
Grundsätzlich sei das Amt des Pflegers unentgeltlich zu fuhren. Gleichwohl könne das Nachlaßgericht für die in fremdem Interesse aufgewendete Muhe und Zeitversäumnis insbesondere dann eine Entschädigung bewilligen, wenn der Nachlaßpfleger mit Rücksicht auf seinen Beruf bestellt worden sei, sofern das Nachlaßvermögen und die Bedeutung der Geschäfte des Pflegers dies rechtfertigten. Dies treffe hier zu. Der Nachlaßpfleger sei als Rechtsanwalt bestellt worden, weil die Erben unbekannt gewesen seien. Es habe ein Bedürfnis zur Sicherung des Nachlasses bestanden und die Besorgung von Rechtsangelegenheiten sei erforderlich gewesen. Der Nachlaßpfleger habe den Aktivnachlaß bei übernähme seines Amtes mit 270.000 DM angegeben, der Ehemann der Erblasserin habe ihn sogar auf 530.000 DM beziffert. Die Hohe der Vergütung stehe im Ermessen des Nachlaßgerichts. Der Beschwerde...