Leitsatz (amtlich)
Zur schuldrechtlichen Anpassung eines „Pachtvertrages”, der anläßlich der Ausreise der Grundstückseigentümerin aus der ehemaligen DDR geschlossen worden ist.
Normenkette
SchuldRAnpG § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 1, §§ 47, 51; SachenRBerG § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
OLG Dresden (Aktenzeichen 3 U 1818/95) |
LG Dresden (Aktenzeichen 12 O 1191/94) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. April 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Anpassung eines im Jahre 1969 abgeschlossenen und vor dem Staatlichen Notariat F. beurkundeten Pachtvertrages über eine 2.340 m² große Grundstücksfläche sowie die Zahlung rückständigen Pachtzinses.
Frühere Eigentümerin des aus drei Flurstücken bestehenden Grundstückes war die Mutter der Klägerin, die 1969 wegen ihres fortgeschrittenen Alters die ehemalige DDR verließ und zu ihrer Tochter, der Klägerin, nach West-Berlin übersiedelte. Bei endgültiger Ausreise aus der DDR wurden die Ausreisewilligen von den Behörden als Voraussetzung für die Genehmigung des Ausreiseantrags verpflichtet, unter anderem die Eigentums- und Besitzverhältnisse an ihrem Grundbesitz zuvor zu regeln; ihnen wurde vorgegeben, den Grundbesitz zu veräußern, zu verschenken, langfristige Nutzungsvereinbarungen zu treffen oder Verwalter zu bestellen. Die Mutter der Klägerin schloß dazu am 29. Januar 1969 mit dem damals 33-jährigen Beklagten einen notariellen „Pachtvertrag” ab. Darin heißt es:
„… Ich werde in Kürze nach B. übersiedeln. Demzufolge schließe ich, Frau R., nachfolgenden Pachtvertrag. Herr H. als Pächter zieht in dieses Grundstück mit schriftlicher Genehmigung des Rates der Gemeinde Hä. .
…
- Frau R. verpachtet das ihr gehörige in Hä., A., und am Hö. gelegene Grundstück – siehe Einleitung zum Vertrag – an Herrn H., und zwar ab Wegzug aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik oder ab meinem Tode auf Lebenszeit des Herrn H., auch mit Grundstücksinventar.
- Ein Pachtzins sowie ein Mietzins für die Räume im Grundstück ist für diese Dauer nicht zu zahlen, weil Herr H. nachfolgende Verpflichtung übernimmt, die betragsmäßig auf diesen Zins zu verrechnen sind.
- Der Pächter trägt alle öffentlichen Lasten. Er verpflichtet sich, die Gebäude und Anlagen des Grundstücks auf seine Kosten instand zu halten. Kosten für eine Generalreparatur übernimmt zur Zeit der Pächter, der im Falle des Kaufs dieses Grundstücks mit dem Kaufpreis aufrechnen wird. Evtl. vorhandenes Material kann der Pächter hierzu verwenden.
- Der Pächter erhält das Recht auf das Grundstück Umbauten und Neubauten mit Genehmigung des zuständigen Bauamts und anderer staatlicher Dienststellen vorzunehmen. Insoweit kann die Verpächterin nicht widersprechen. Der Pächter kann im Namen der Verpächterin die Um- oder Neubauten beim zuständigen Bauamt beantragen.
- Die von dem Pächter neuerrichteten Baulichkeiten fallen, soweit sie mit dem Grund und Boden bzw. mit dem Gebäude fest verbunden sind, in das Eigentum der Verpächterin. Soweit sich diese Bestandteile ohne wesentliche Veränderung herauslösen lassen, können sie von dem Pächter entfernt werden. Nach Aufhebung oder Beendigung des Pachtvertrages kann der Pächter eine Entschädigung nach den Bestimmungen der ungerechtfertigten Bereicherung von der Verpächterin bzw. deren Rechtsnachfolger fordern. Im Falle des Kaufs erfolgt Verrechnung wie unter Ziff. 3. d. Vertrages vereinbart. Der Wert ist von einem Schätzer zu ermitteln.
- Im Krankheitsfalle kann der Pächter das Land weiter verpachten.
- Die Verpächterin hat das Recht, diese Grundstücke jederzeit zu betreten und sich vom Zustand der darauf befindlichen Anlagen zu unterrichten.
Für den Fall des Todes des Pächters verlängert sich das Pachtverhältnis um ein weiteres Jahr jeweils, wenn nicht der Pachtvertrag aufgekündigt wird, und zwar mit jährlicher Frist, schriftlich, erstmalig zum 31. Dezember des dem Tode folgenden Jahres.
Insoweit treten seine Rechtsnachfolger in diesen Pachtvertrag ein.
- Die Verpächterin räumt dem Pächter für alle Verkaufsfälle ein Vorkaufsrecht an dem verpachteten Grundstück, nur für die Dauer des Pachtverhältnisses, ein, und zwar an den Grundstücken Blätter 52 für Hä., W., und bewilligt und beantragt die Eintragung dieses Vorkaufsrechts.
- Die Kosten dieses Vertrages und seiner Ausführung sowie die Kosten für die Eintragung des Vorkaufsrechts in den Grundbuchheften trägt der Pächter.
Der Wert der Nutzungen usw. wird mit M 500.– jährlich angegeben. …”
Mit der Ausreise der Mutter der Klägerin nahm der Beklagte die Grundstücke in Besitz. Er sanierte das vorhandene, nicht bewohnbare Einfamilienhaus vollständig und bewohnt dies noch heute. Seit 1983 übt er auf dem Grundstück sein Tischlergewerbe aus. Zu diesem Zweck errichtete er 1985 mit bauaufsichtlicher Genehmigung ein neues Werkstattgebäude.
Die Klägerin ist Alleinerbin ihrer 1973 verstorbenen Mutter. Im vorliegenden Verfahren hat sie unter Anpassung des Pachtvertrages vom 29. Januar 1969 zunächst Zahlung eines erhöhten „Pachtzinses” ab 1. April 1994 von insgesamt monatlich 2.200 DM sowie rückständige Beträge ab 1. März 1993 in Höhe von 28.600 DM verlangt. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat unter anderem die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Zivilgerichten gerügt, weil der Rechtsstreit – nach seiner Ansicht – dem Vermögensgesetz unterliege und deshalb öffentlich-rechtlicher Natur sei.
Das Landgericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten im Urteil bejaht und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen, mit der die Klägerin nur noch laufenden Pachtzins in Höhe eines Betrages von monatlich 1.000 DM seit 1. April 1994 und von 1.294,67 DM seit 1. März 1995 und Mietrückstände in Höhe von 13.000 DM begehrt hat. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr ermäßigtes Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Oberlandesgericht hat die Rechtswegfrage trotz erneuter Rüge des Beklagten im Berufungsverfahren nicht mehr selbständig geprüft, weil es geglaubt hat, nach § 17a Abs. 5 GVG an die Entscheidung des Landgerichts gebunden zu sein. Dies war – wie die Revision zutreffend rügt – verfahrensfehlerhaft. Der Verfahrensverstoß wirkt sich indessen nicht aus, weil das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, daß der Zivilrechtsweg eröffnet ist.
1. Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 121, 367, 371; 130, 159, 163) ist dem Berufungsgericht nur dann eine Prüfung des Rechtsweges versagt, wenn die Vorinstanz unter Beachtung und Anwendung des nach § 17a GVG vorgeschriebenen Verfahrens vorgegangen ist. Denn die Beschränkung der Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts rechtfertigt sich daraus, daß die Zuständigkeitsfrage zuvor im Beschwerdeverfahren zu prüfen ist. Hält dagegen das Gericht erster Instanz das Verfahren des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht ein und entscheidet es – wie hier das Landgericht – über den Rechtsweg trotz entsprechender Rüge nicht vorab durch Beschluß, sondern erst im Urteil, ist die Zuständigkeit vom Berufungsgericht bei seiner Entscheidung in der Hauptsache zu prüfen (BGH, jeweils aaO). Dies hat das Berufungsgericht versäumt.
2. Auf diesen Verfahrensfehlern der Vorinstanzen beruht das Urteil gleichwohl nicht. Da das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht geprüft hat, weil es sich zu Unrecht an die Entscheidung des Landgerichts gebunden fühlte, hat nunmehr das Revisionsgericht über den Rechtsweg zu entscheiden (BGHZ 130, 159, 163/164). Die Zuständigkeit der Zivilgerichte ist gegeben. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten, ihr für die weitere Nutzung des Grundstücks ein angemessenes Entgelt zu zahlen, ist bürgerlich-rechtlicher Natur. Der Streit hierüber gehört nach § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte, wenn nicht die Zuweisung an einen besonderen Gerichtszweig erfolgt ist. Eine solche Zuweisung liegt nicht vor, insbesondere unterfällt der Rechtsstreit nicht dem Vermögensgesetz.
a) Das Vermögensgesetz hat für bestimmte „vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten” einen ausschließlichen, öffentlich-rechtlichen Rückübertragungsanspruch geschaffen und zugleich jeden Rechtsstreit über Vermögen, das danach Gegenstand einer Rückübertragung sein kann, den Verwaltungsgerichten zugeordnet (BGHZ 118, 34, 36 f.; BGH, Urteil vom 13. Dezember 1996 - V ZR 134/95 = WM 1997, 771 = DtZ 1997, 122 unter II 2). Dies betrifft nach § 1 Abs. 3 VermG auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, z.B. durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.
b) Um einen solchen vom Vorrang des Vermögensgesetzes erfaßten Anspruch handelt es sich hier – entgegen der in den Vorinstanzen geäußerten Ansicht des Beklagten – nicht. Die Klägerin macht keinen Restitutionsanspruch geltend, denn sie verlangt gerade keine Rückgängigmachung eines Eigentums- oder Rechteverlustes, der auf Teilungsunrecht, insbesondere auf dem Restitutionstatbestand des § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 VermG beruht. Sie verfolgt vielmehr, ohne Herausgabeansprüche geltend zu machen oder den Bestand des Vertragsverhältnisses in Frage zu stellen, einen Anspruch mit dem Ziel, vom Beklagten ein angemessenes Entgelt für die weitere Grundstücksnutzung zu erzielen. Auf einen derartigen Anspruch finden die allgemeinen Vorschriften, insbesondere auch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz bzw. das Schuldrechtsanpassungsgesetz Anwendung. Die Ausschlußwirkung des Vermögensgesetzes soll nur verhindern, daß der im Vermögensgesetz vorgesehene Schutz des redlichen Erwerbers (§ 4 Abs. 2 und 3 VermG) durch einen allgemeinen Rechtsbehelf unterlaufen wird, der die Besonderheiten des Teilungsunrechts nicht berücksichtigt (BGH, Urteil vom 20. Juni 1997 - V ZR 392/95 = WM 1997, 2036 = DtZ 1997, 356 unter II 4). Das ist hier aber nicht der Fall, weil weder das Eigentum noch der Bestand des Vertrages in Frage gestellt sind.
II. Zur Sache hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Die Klage sei nicht begründet, weil der Klägerin schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Vertragsanpassung zustehe. Der zugrundeliegende Vertrag sei als Pachtvertrag anzusehen. Da die vertragliche Nutzung des Grundstücks nicht Erholungszwecken im Sinne des Art. 232 § 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB diene oder gedient habe, für die Art. 232 § 4 Abs. 1 EGBGB eine Sonderregelung enthält, richte sich das Nutzungsverhältnis gemäß Art. 232 § 3 EGBGB nach den Vorschriften der §§ 581 bis 597 BGB. Hiernach sei eine Anpassung des Pachtzinses nicht vorgesehen. Der Vertrag selbst gelte nach seiner Nr. 1 für die Lebenszeit des Beklagten und bestimme in Nr. 2, daß ein Pacht- oder Mietzins für die Dauer des Vertrages nicht zu zahlen sei. Ein Anspruch auf Vertragsänderung nach § 593 BGB scheide aus, da dieser nur für einen Landpachtvertrag im Sinne des § 585 BGB gelte. Schließlich komme auch eine Anpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht, weil die Mutter der Klägerin auch dann, wenn sie die Ereignisse des Jahres 1989 vorausgesehen hätte, bei Abschluß des Pachtvertrages keine andere Regelung getroffen hätte. Sie sei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits 74 Jahre alt gewesen. Angesichts ihres fortgeschrittenen Alters sei es ihr auf eine rasche Übersiedelung zu ihrer in Westberlin lebenden Tochter angekommen. Eine alleinige Verwaltung ihres Grundbesitzes sei ihr nicht mehr möglich gewesen, sie selbst habe von Familienangehörigen versorgt werden wollen. Sie habe deshalb die Eigentums- und Besitzverhältnisse an ihrem Grundbesitz nach den in der ehemaligen DDR geltenden Bestimmungen geregelt und sich dabei für eine der vorhandenen Möglichkeiten, den Abschluß einer langfristigen Nutzungsvereinbarung, entschieden. Die Mutter der Klägerin habe diese Entscheidung frei verantwortlich und bewußt getroffen; dabei habe sie offensichtlich dem Umstand Rechnung getragen, daß sie mit dem Beklagten ein freundschaftliches Verhältnis verbunden habe.
III. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie berücksichtigen insbesondere nicht, daß sich nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ein Anspruch der Klägerin auf Anpassung des Vertrages dem Grunde nach aus § 51 in Verbindung mit § 47 des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538) ergibt.
1. Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß sich die von der Klägerin begehrte Zahlung von Nutzungsentgelt nicht auf Vorschriften außerhalb des Schuldrechtsanpassungsgesetzes stützen läßt.
a) Eine Anpassung des Nutzungsentgelts gemäß Art. 232 § 4 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit §§ 3 f. der Nutzungsentgeltverordnung vom 22. Juli 1993 (BGBl. I 1339, abgedruckt in Thiele/Krajewski/Winterstein/Röske, Schuldrechtsänderungsgesetz, Stand: Juli 1997, unter B VI) scheidet aus, weil es sich hier – wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat – nicht um einen Vertrag nach §§ 312 – 315 ZGB handelt; denn das Grundstück ist dem Beklagten nicht zu Zwecken der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung überlassen worden.
b) Entgegen der Ansicht der Vorinstanz stellt der Vertrag vom 29. Januar 1969 zwar keinen Pachtvertrag im Sinne des Art. 232 § 3 EGBGB, sondern – wie noch auszuführen ist – einen Wohnraummietvertrag im Sinne des Art. 232 § 2 EGBGB dar. Eine Mietzinserhöhung, wie sie nach der für Mietverträge über Wohnraum im Beitrittsgebiet geltenden Sonderregelung der §§ 11 f. MHG grundsätzlich möglich wäre, kommt hier indes nicht in Betracht. Sie bleibt dem Vermieter nach § 1 Satz 3 MHG versagt, wenn eine Erhöhung – wie hier – durch Vereinbarung ausgeschlossen ist; denn nach der Verrechnungsabrede in Nr. 2 des Vertrages war der Beklagte nicht verpflichtet, neben der Übernahme der Instandhaltungskosten und der öffentlichen Lasten weitere Zahlungen zu leisten.
c) Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage greifen hier ebenfalls nicht ein. Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob – wie das Berufungsgericht meint – die Parteien den Vertrag in seiner Ausgestaltung auch dann abgeschlossen hätten, wenn sie die Veränderungen des politischen und wirtschaftlichen Systems vorausgesehen hätten. Da das Rechtsverhältnis der Parteien im Schuldrechtsanpassungsgesetz geregelt ist (vgl. unten zu III 2 und 3), bleibt für die (ergänzende) Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kein Raum (vgl. für das Schuldrechtsanpassungsgesetz auch Görk, Deutsche Einheit und Wegfall der Geschäftsgrundlage, S. 172 zu § 20 SchuldRAnpG).
2. Das Berufungsgericht hat jedoch – wie die Revision zutreffend rügt – übersehen, daß das Schuldrechtsanpassungsgesetz auf den vorliegenden Vertrag Anwendung findet. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 und § 43 SchuldRAnpG werden von diesem Gesetz Rechtsverhältnisse an Grundstücken erfaßt, die aufgrund eines Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsvertrages von einem anderen als dem Grundstückseigentümer bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem Wohn- oder gewerblichen Zwecken dienenden Bauwerk bebaut worden sind. Ein solches Rechtsverhältnis liegt hier vor.
a) Der Beklagte hat in der Zeit vor Oktober 1990 auf dem ihm überlassenen Grundstück, das im Eigentum der Mutter der Klägerin stand, ein Bauwerk errichtet, das (vorrangig) Wohnzwecken dient.
aa) Er hat zunächst das Wohngebäude, das sich bereits auf dem Grundstück befand, vollständig saniert. Diese Sanierung steht nach § 50 Abs. 2 SchuldRAnpG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) der in § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchuldRAnpG vorgesehenen Errichtung eines Gebäudes gleich. Als Errichtung eines Gebäudes gelten danach auch die baulichen Maßnahmen an bestehenden Gebäuden, wenn schwere Bauschäden vorlagen und die Nutzbarkeit des Gebäudes wiederhergestellt wurde (Rekonstruktion) und die baulichen Maßnahmen nach ihrem Umfang und Aufwand einer Neuerrichtung entsprechen. Wie im Tatbestand des Berufungsurteils als unstreitig festgehalten, war das Gebäude bei Übernahme durch den Beklagten nicht bewohnbar, mithin nicht mehr nutzbar; dies räumt auch die Revision ein. Der Beklagte hat nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag das vorhandene Gebäude bis auf das Dach und die Außenmauern erneuert und es hierdurch erst wieder bewohnbar gemacht. Mithin ist, worauf der Gesetzgeber entscheidend abgestellt hat, das bestehende Bauwerk nicht nur verändert worden, sondern ein im wesentlichen neues Bauwerk entstanden (vgl. Amtliche Begründung zum Entwurf des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, BT-Drucksache 12/5992 vom 27. Oktober 1993, S. 110, im folgenden: RegE SachenRBerG, abgedruckt in Krauß, Sachenrechtsbereinigung und Schuldrechtsanpassung im Beitrittsgebiet, S. 246). Auf die von der Revisionserwiderung aufgeworfene und vom Berufungsgericht nicht im einzelnen untersuchte Frage, inwieweit die Unbewohnbarkeit des Hauses auf schweren Bauschäden beruhte, kommt es daher nicht mehr an.
bb) Der Beklagte hat später auf dem Grundstück noch ein weiteres Bauwerk errichtet. Dieses Werkstattgebäude dient zwar gewerblichen Zwecken. Es ist indes nach § 50 Abs. 1 SchuldRAnpG wie ein Wohnhaus zu behandeln, weil es ein Nebengebäude im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG darstellt. Nach dieser Vorschrift werden Eigenheimen, d.h. zu Wohnzwecken dienenden Ein- oder Zweifamilienhäusern (§ 5 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG), die „mit Billigung staatlicher Stellen errichtete[n] Nebengebäude (wie Werkstätten, Lagerräume)” gleichgestellt. Diese Regelung knüpft an die in der ehemaligen DDR verbreitete Bebauung eines Wohnhausgrundstücks mit einem Werkstattgebäude oder einer kleinen Lagerhalle an, die zulässig war, wenn dieses Bauwerk ein Nebengebäude war oder das Gebäude weiterhin im wesentlichen Wohnzwecken diente (vgl. RegE SachenRBerG, aaO S. 104 = Krauß aaO S. 225; Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 5 Rdnr. 154). Daß die vom Beklagten errichtete Werkstatt über die vorbezeichnete Größenordnung nicht hinausging, räumt auch die Revisionserwiderung ein.
b) Beide Gebäude sind auch mit Billigung staatlicher Stellen errichtet worden. Für die Werkstatt ergibt sich dies bereits aus dem vorliegenden Prüfbescheid der staatlichen Bauaufsicht vom 4. Dezember 1985. Für das Wohngebäude ist die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG entsprechend heranzuziehen. Danach wird zugunsten des Nutzers vermutet, daß die bauliche Nutzung des Grundstücks mit Billigung staatlicher Stellen erfolgt ist, wenn – wie hier – in einem Zeitraum von fünf Jahren nach Fertigstellung des Gebäudes vor Ablauf des 2. Oktober 1990 eine behördliche Verfügung zum Abriß nicht ergangen ist.
c) Schließlich erfolgte die Bebauung auf der Grundlage des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages, der – entgegen der Annahme der Vorinstanz – in seiner Gesamtheit als (Wohnraum)Mietvertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchuldRAnpG anzusehen ist. Zwar enthält der notarielle Vertrag vom 29. Januar 1969 selbst die Bezeichnung „Pachtvertrag”. Auch wurde dem Beklagten neben dem vorhandenen, nicht bewohnbaren Einfamilien(wohn)haus eine größere Fläche unbebauten Landes überlassen. Das Schwergewicht dieses gemischten Vertrages lag indessen in der Nutzung des – noch zu sanierenden – Gebäudes zu Wohnzwecken. Dies wurde auch durch die spätere Errichtung des Werkstattgebäudes nicht berührt, weil der gewerblichen Nutzung im Verhältnis zur Wohnraumnutzung nur untergeordnete Bedeutung zukam. Wird aber in erster Linie ein Wohnhaus mit „Nutzgarten” überlassen, ist dies regelmäßig als Wohnraummiete anzusehen (Reimstorf in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Auflage Kap. I Rdnr. 24). Den entgeltlichen Charakter des Vertrages hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die vom Beklagten übernommene Verpflichtung zur Instandhaltung und Tragung der öffentlichen Lasten mit Recht bejaht.
3. Die Anwendung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ist hier nicht nach § 2 SchuldRAnpG ausgeschlossen. Das in Streit stehende Rechtsverhältnis unterfällt insbesondere nicht dem nach § 2 Abs. 1 SchuldRAnpG vorrangigen Sachenrechtsbereinigungsgesetz.
a) Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SchuldRAnpG enthaltenen Fallgruppen, in denen Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz geltend gemacht werden können, sind nicht einschlägig. Namentlich handelt es sich hier nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SchuldRAnpG um Baumaßnahmen aufgrund eines Überlassungsvertrages.
Nach der Legaldefinition in Art. 232 § 1a EGBGB, an die der Begriff anknüpft (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 - V ZR 390/97 unter II 3 b aa m.w.N., zur Veröffentlichung bestimmt), ist dies ein vor dem 3. Oktober 1990 geschlossener Vertrag, durch den ein bisher staatlich verwaltetes (§ 1 Abs. 4 VermG) Grundstück durch den staatlichen Verwalter oder die von ihm bestimmte Stelle gegen Leistung eines Geldbetrages für das Grundstück sowie etwa aufstehende Gebäude und gegen Übernahme der öffentlichen Lasten einem anderen zur Nutzung überlassen wurde. Der Gesetzgeber wollte damit die Verträge in die Sachenrechtsbereinigung einbeziehen, die nach vom Ministerium der Finanzen der ehemaligen DDR erarbeiteten Mustern von staatlichen Verwaltern über sogenannte Westgrundstücke abgeschlossen worden waren. Hiervon betroffen ist das in der ehemaligen DDR belegene Grundvermögen der in den alten Bundesländern und in West-Berlin lebenden Eigentümer, das gemäß § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 13. Juli 1952 (GBl. I Nr. 100 S. 615) unter staatliche Verwaltung gestellt worden war (RegE SachenRBerG aaO S. 102 f.= Krauß aaO S. 222; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO m.w.N.). Um einen Überlassungsvertrag handelt es sich hier nicht. Zwar war das Grundstück der Mutter der Klägerin ein sogenanntes Westgrundstück, es war indes zu keinem Zeitpunkt unter staatliche Verwaltung gestellt. Im übrigen ist der Vertrag weder nach einem amtlichen Muster (vgl. etwa das Muster eines Überlassungsvertrages bei Krauß aaO S. 724 f.) noch durch einen staatlichen Verwalter abgeschlossen worden.
b) Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist auch nicht über diese Fallgruppen hinaus anwendbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SchuldRAnpG). Zwar handelt es sich vorliegend um ein Rechtsverhältnis an einem Grundstück, das mit Billigung staatlicher Stellen von einem anderen als dem Grundstückseigentümer für bauliche Zwecke in Anspruch genommen wurde. Hierauf findet das Sachenrechtsbereinigungsgesetz nach dessen § 1 Abs. 1 Nr. 1c grundsätzlich Anwendung. Ausgenommen sind indessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG solche Fälle baulicher Nutzung, die – wie hier – aufgrund eines Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsvertrages erfolgt sind. Diese sind in die Sachenrechtsbereinigung nur dann einbezogen, wenn die vorgenommene bauliche Investition den Unterausnahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) und b) SachenRBerG unterfällt. Dies ist bei den Baumaßnahmen des Beklagten nicht der Fall, insbesondere handelt es sich nicht um eine bauliche Investition im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG. Der zu beurteilende Sachverhalt unterfällt zunächst nicht – wovon auch die Parteien ausgehen – dem in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 SachenRBerG enthaltenen Katalog von Regelbeispielen, der den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes konkretisiert. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung wird der Streitfall aber auch nicht durch den als Auffangtatbestand ausgestalteten § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 SachenRBerG erfaßt, der nach dem Willen des Gesetzgebers für im Katalog nicht erwähnte „unentdeckte” Fälle der in die Sachenrechtsbereinigung einzubeziehenden Nutzungsverhältnisse vorgesehen ist (Regierungsentwurf aaO S. 102 = Krauß aaO S. 221; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 a, II 3 c aa m.w.N.).
aa) Die Baumaßnahmen des Beklagten stellen keine Errichtung eines Eigenheims mit Billigung staatlicher Stellen dar, bei der die Verleihung oder Zuweisung eines Nutzungsrechts jedoch ausgeblieben ist, wie sie nach den Rechtsvorschriften der DDR für diese Art der Bebauung vorgeschrieben war (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. g SachenRBerG). Diese Vorschrift greift den in § 3 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG verankerten Grundsatz der sogenannten Nachzeichnung auf: Die vorgefundenen „hängenden Fälle”, d.h. bauliche Investitionen, für die nach dem Boden- und Wirtschaftsrecht der DDR die Bestellung eines Nutzungsrechts oder eine andere dingliche Absicherung vorgesehen war, aber ausgeblieben ist, werden so behandelt, als sei die jeweilig vorgeschriebene Absicherung noch vor dem Beitritt erfolgt (Regierungsentwurf aaO = Krauß S. 214 und 224; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c bb). Um einen solchen „hängenden Fall” geht es hier nicht. Die Baumaßnahmen des Beklagten erfolgten auf der Grundlage der in Nr. 4 des Vertrages vereinbarten Gestattung, auf dem Grundstück Um- und Neubauten vorzunehmen. Die Absicherung einer Bebauung durch ein dingliches Nutzungsrecht, die – wie hier – aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages erfolgte, war nach dem Recht der DDR indes nicht vorgesehen (Regierungsentwurf aaO = Krauß aaO S. 225; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c bb a.E.; Eickmann/Rothe aaO § 5 Rdnr. 63). Die Bebauung fremder Privatgrundstücke aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages führte nach dem Recht der DDR – abgesehen von den in die Sachenrechtsbereinigung einbezogenen Fällen des § 459 Abs. 1 ZGB – nicht dazu, daß der Nutzer Gebäudeeigentum erlangte. Das gleiche gilt für die häufigen Um- und Ausbauten an bestehenden Gebäuden durch Mieter. Soweit derartige Maßnahmen in ihrem Umfang einem Neubau vergleichbar waren, hatte ein Ausgleich auf vertraglicher Basis zu erfolgen; ein Recht am Grundstück erlangte der Nutzer nicht (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO m.w.N.). Dies entspricht auch der hier getroffenen vertraglichen Regelung. Nach Nr. 5 des Vertrages sollten neuerrichtete Baulichkeiten, soweit sie mit dem Grund und Boden oder dem Gebäude fest verbunden sind, in das Eigentum der Mutter der Klägerin fallen. Dem Beklagten blieb zum Ausgleich ein vertraglicher Entschädigungsanspruch bei Beendigung des Vertrages.
bb) Das hier in Streit stehende Rechtsverhältnis unterfällt auch nicht dem Auffangtatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 SachenRBerG. Diese Regelung erfaßt zwar nach ihrem Wortlaut grundsätzlich alle Sachverhalte, in denen – wie hier – Grundstücke mit Billigung staatlicher Stellen in Besitz genommen und mit Eigenheimen bebaut worden sind. Sie ist gleichwohl bei der gebotenen, den Gesetzeswillen berücksichtigenden Auslegung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
(1) Mit der Bestimmung in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 SachenRBerG wollte der Gesetzgeber jene Fälle erfassen, die zwar – weil bisher unentdeckt – nicht unter die in Satz 2 Buchst. a – g aufgelisteten, auf rechtstatsächlichen Erhebungen beruhenden Regelbeispiele fallen, die jedoch mit diesen vergleichbar und deshalb in die Sachenrechtsbereinigung mit einzubeziehen sind (sogenannte unentdeckte Fälle, vgl. Regierungsentwurf aaO S. 102 = Krauß aaO S. 221; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c aa; Vossius, SachenRBerG, 2. Auflage 1996, § 5 Rdnr. 13, § 1 Rdnr. 8 f.). Die Bildung von Tatbeständen mit der Sachenrechtsbereinigung unterfallenden Fallgruppen, die jedoch „unentdeckte Fälle” nicht ausgrenzen, hat der Gesetzgeber allgemein im Sachenrechtsbereinigungsgesetz vorgesehen (vgl. § 1 Abs. 1, §§ 4 ff. SachenRBerG). Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat daher entschieden, daß die Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes für einen Nutzungstatbestand, der im Zusammenspiel von § 1 Abs. 1 und §§ 4 ff. SachenRBerG nicht unmittelbar geregelt ist, dann in Betracht kommt, wenn die Rechtsposition des Nutzers den Fallgruppen in § 1 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 4 ff. SachenRBerG und nicht den Fällen des § 1 Abs. 2 und § 2 SachenRBerG vergleichbar ist (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c aa). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
(2) Die Grundstücksnutzung durch den Beklagten beruht auf einem schuldrechtlichen Vertrag. Diese ist vom Grundsatz her nicht Gegenstand der Sachenrechtsbereinigung, sondern der Schuldrechtsanpassung. Die Sachenrechtsbereinigung regelt im Kern Rechtsverhältnisse, bei denen die Bebauung von fremden Grundstücken durch natürliche Personen zu selbständigem, vom Eigentum am Grundstück unabhängigen Gebäudeeigentum (§§ 288 Abs. 4, 292 Abs. 3 ZGB) des Nutzers geführt hat, weil er eine dingliche Absicherung – regelmäßig die Verleihung (§§ 287 ff. ZGB) oder Zuweisung (§§ 291 f. ZGB) eines Nutzungsrechts – erhalten hat. Gleiches gilt entsprechend dem Nachzeichnungsgrundsatz für die Fälle, in denen eine dingliche Absicherung zwar nicht erteilt wurde, diese indes vorgesehen war und dem Nutzer hätte eingeräumt werden müssen. Die Bebauung eines fremden Grundstücks aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrages führte demgegenüber regelmäßig nicht zu Gebäudeeigentum des Nutzers. Eine dingliche Absicherung war hier regelmäßig nicht vorgesehen. Solche Rechtsverhältnisse unterliegen daher grundsätzlich der Schuldrechtsanpassung (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO m.w.N.).
(3) Für das vorliegende Rechtsverhältnis gilt nichts anderes. Es unterliegt nicht deshalb ausnahmsweise der Sachenrechtsbereinigung, weil der Vertrag vom 29. Januar 1969 ähnlich ausgestaltet ist wie ein Überlassungsvertrag zu Wohnzwecken.
Allerdings hat der Gesetzgeber die Wohnungsbebauung aufgrund von Überlassungsverträgen in die Sachenrechtsbereinigung mit einbezogen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. c SachenRBerG), obwohl hier eine dingliche Absicherung – wie dies dem Nachzeichnungsgrundsatz entspricht – regelmäßig nicht in Betracht kam. Gegenüber anderen schuldrechtlichen Nutzungsverhältnissen wie Miete und Pacht, die von der Sachenrechtsbereinigung ausgenommen sind, stellt dies eine Ungleichbehandlung dar. Ihre sachliche Rechtfertigung findet diese in der weitgehenden Annäherung des Überlassungsvertrages an einen Grundstückskaufvertrag. Die Rechtsposition eines Überlassungsnehmers war danach ungleich stärker als die eines Mieters oder Pächters (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c bb m.w.N.). Wesentlich hierfür ist, daß der Überlassungsnehmer wie bei dem Ankauf eines Grundstücks einen dem echten Rechtserwerb entsprechenden „Kaufpreis” zahlen mußte, der dem Wert des Grundstücks und etwaig aufstehender Gebäudes entsprach. Dieser Betrag wurde zwar formal als „Sicherheit” hinterlegt. Der Nutzer, dem der spätere Erwerb des Grundstücks – unverbindlich – in Aussicht gestellt wurde, erhielt dadurch jedoch gleichsam eine „Anwartschaft” eingeräumt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO m.w.N.). Daneben hatte der Überlassungsnehmer zwar für die Dauer des Vertrages kein Nutzungsentgelt zu zahlen; er hatte jedoch – wie ein Eigentümer – das Grundstück auf seine Kosten zu unterhalten und alle öffentlichen Lasten zu tragen. In den meisten Fällen war der Überlassungsnehmer berechtigt, das Grundstück zu bebauen. Werterhöhende Maßnahmen waren bei Vertragsbeendigung, wenn es nicht zum Kauf kam, auszugleichen und während der Vertragslaufzeit hypothekarisch zu sichern (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c bb a.E.; Eickmann/Rothe, Sachenrechtsbereinigung, Stand: Februar 1998, § 5 Rdnr. 25 f.; Krauß, aaO, S. 34 f.; Schnabel, Schuldrechtsänderungsgesetz, Vorb. § 34 Rdnr. 1 m.w.N.).
Wenn sich der vorliegende Vertrag auch in weiten Teilen nicht von einem Überlassungsvertrag unterscheidet, so hat er doch eine dem Überlassungsnehmer vergleichbare Rechtsposition des Beklagten nicht begründet.
Zwar hatte der Beklagte nach dem Vertrag Nutzungsentgelt während der Dauer der Mietzeit nicht zu zahlen, dafür hatte er die öffentlichen Lasten zu tragen sowie Gebäude und Anlagen des Grundstücks auf seine Kosten instandzuhalten (Nr. 2, 3). Auch hatte der Beklagte das Recht, Umbauten und Neubauten vorzunehmen, für die er nach Beendigung des Vertrages eine Entschädigung erhalten sollte, wenn es nicht zum Kauf kam (Nr. 4, 5). Ihm war zudem ein dingliches Vorkaufsrecht eingeräumt (Nr. 9). In einem wesentlichen Punkt weicht der Vertrag aber von einem Überlassungsvertrag ab. Die Zahlung und Hinterlegung eines dem Wert des Grundstücks und des aufstehenden Gebäudes entsprechenden Betrages durch den Beklagten war weder vereinbart noch erfolgt. Der Beklagte mußte daher nicht wie ein Grundstückskäufer vorab einen dem Wert der Immobilie entsprechenden „Kaufpreis” bezahlen und gegebenenfalls finanzieren. Damit fehlte gerade der Vertragsbestandteil, der die Nähe des Überlassungsnehmers zu einem Grundstückskäufer begründete (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c cc). Die Erwartung des Überlassungsnehmers, Eigentum bzw. eigentumsähnliche Rechte an dem überlassenen Grundstück zu erwerben, wurde durch die Hinterlegung des „Kaufpreises” und durch den – hier ebenfalls nicht gegebenen – Abschluß des Vertrages durch einen staatlichen Verwalter entscheidend gefestigt. Eine entsprechende Erwartung des Beklagten und damit eine dem Überlassungsnehmer vergleichbare Rechtsposition ist daher aufgrund des vorliegenden Vertrages nicht begründet worden. Die Schwäche seiner Stellung gegenüber einem Überlassungsnehmer zeigt sich auch darin (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1998 aaO unter II 3 c cc), daß eine grundpfandrechtliche Absicherung von Wertersatzansprüchen, insbesondere auch für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, im Vertrag nicht vorgesehen war und daß er wegen seiner Investitionen auf Wegnahmerechte und Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung verwiesen wurde (Nr. 5 des Vertrages).
4. Da das Rechtsverhältnis der Parteien somit den §§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 43 SchuldRAnpG unterfällt, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Anpassung des Vertrages – wenn auch erst ab dem 1. April 1995 – dem Grunde nach zu.
a) Für ein zu Wohnzwecken genutztes Grundstück gewährt § 51 Abs. 1 Satz 1 SchuldRAnpG dem Grundstückseigentümer gegen den Nutzer einen Anspruch auf Zahlung des für die Nutzung des Grundstücks ortsüblichen Entgelts. Dem steht die bisherige vertragliche Abrede, wonach der Beklagte Mietzins für die Dauer des Vertrages vom 29. Januar 1969 nicht zu zahlen hat (Nr. 2 des Vertrages), nicht entgegen.
Zwar bleiben nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG Vereinbarungen, die die Beteiligten bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, von den jeweiligen Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes unberührt, wenn sie vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und wenn von ihnen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten. Mit dieser Vorschrift beabsichtigte der Gesetzgeber, solche individuell vertraglichen Abreden zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer aus der typisierten Übergangsregelung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes auszunehmen, bei denen die Interessen der Beteiligten im Einzelfall angemessene Berücksichtigung gefunden haben und die Vereinbarung auch unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen getroffen worden wäre (Amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des Schuldrechtsänderungsgesetzes – SchuldRÄndG, BT-Drucksache 12/7135 vom 23. März 1994 S. 40, abgedruckt in Krauß aaO S. 588).
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Zwar mag, wie es das Berufungsgericht im Rahmen seiner Erwägungen zur Anwendbarkeit der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgeführt hat, die Mutter der Klägerin unter den damaligen Verhältnissen in der ehemaligen DDR die vorliegende Vereinbarung frei verantwortlich und bewußt getroffen haben. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die Erblasserin hätte einen Vertrag mit demselben Inhalt auch dann geschlossen, wenn sie den Zusammenbruch des sozialistischen Systems der DDR vorausgesehen hätte, ist jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, von Rechtsfehlern beeinflußt. Denn die Mutter der Klägerin war – wie es auch das Berufungsgericht gesehen hat – bei der Regelung ihrer Eigentums- und Besitzverhältnisse anläßlich ihrer Ausreise in den Westen auf die Möglichkeiten beschränkt, die nach den in der ehemaligen DDR geltenden Bestimmungen bestanden. Sie konnte demnach lediglich (zu DDR-Preisen) veräußern, verschenken, langfristige Nutzungsvereinbarungen treffen oder einen Verwalter bestellen. Von diesem Bezug zu dem planwirtschaftlichen System der DDR war der Vertragsinhalt geprägt (vgl. zum Erfordernis der „Systemunabhängigkeit” Thiele/Krajewski/Winterstein/Röske aaO B II § 6 Rdnr. 26 f.; Kiethe, Kommentar zum Schuldrechtsanpassungsgesetz, Stand: Oktober 1997, § 6 Rdnr. 46). Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß die Mutter der Klägerin unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen eine andere Regelung getroffen hätte, die ihren Interessen mehr entgegengekommen wäre – wie etwa der Abschluß eines Mietvertrages gegen Zahlung von Mietzins und ohne die Veräußerung des gesamten Inventars (Nr. 1 des Vertrages). Außerdem führte der Vertrag, der dem seinerzeit 33 Jahre alten Beklagten auf Lebenszeit eine mietfreie Nutzung des Grundstücks sicherte und ihn nur zur Tragung der öffentlichen Lasten und zur Instandhaltung der Gebäude und Anlagen des Grundstücks verpflichtete, zu einer unangemessenen Benachteiligung der Vermieterseite.
b) Der Zahlungsanspruch der Klägerin nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SchuldRAnpG ist allerdings erst ab dem 1. April 1995 begründet. Er ist zwar bereits mit Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes am 1. Januar 1995 (Art. 6 SchuldRÄndG) entstanden. Die Zahlungspflicht des Beklagten beginnt indes nach § 51 Abs. 3 in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 3 SchuldRAnpG erst mit dem Beginn des dritten auf den Zugang des Zahlungsverlangens folgenden Monats. Dies ist hier der 1. April 1995.
Zwar hat die Klägerin ihr Zahlungsverlangen schon mit Schreiben vom 12. Februar 1993 und damit weit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes erhoben. Die in § 47 Abs. 1 Satz 3 SchuldRAnpG bestimmte Frist ist jedoch ersichtlich der in § 2 Abs. 3 MHG dem Mieter eingeräumten Frist nachgebildet und stellt daher ebenso wie diese eine Überlegungsfrist dar (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 57. Auflage, § 2 MHG Rdnr. 30). Die damit verbundene Prüfung, ob das Zahlungsverlangen nach Grund und Höhe begründet ist, konnte der Beklagte erst ab Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes vornehmen, weil erst ab diesem Zeitpunkt der Anpassungsanspruch entstanden war. Die Überlegungsfrist konnte somit trotz vorherigem Zahlungsverlangen erst ab dem 1. Januar 1995 beginnen.
c) Soweit die Klägerin dagegen Ansprüche für den Zeitraum vor Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes geltend macht, hat der Gesetzgeber keine Anpassung von Nutzungsentgelt für die hier gegebene Fallgestaltung vorgesehen. Das Schuldrechtsanpassungsgesetz selbst sieht keine rückwirkende Erhöhung von Nutzungsentgelt vor.
Dies begegnet auch von Verfassungs wegen keinen Bedenken. Wie das Bundesverfassungsgericht zur Wirksamkeit von Überlassungsverträgen (Art. 232 § 1a EGBGB) entschieden hat, war der Gesetzgeber bei der Angleichung der unterschiedlichen Rechtsordnungen zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der bisherigen Nutzungsberechtigten befugt, für eine Übergangszeit den betreffenden Grundstückseigentümern Ansprüche auf Nutzungsentgelt zu versagen; hierin liegt keine Enteignung, sondern lediglich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfG DtZ 1995, 360). In gleicher Weise durfte der Gesetzgeber bei der Schuldrechtsanpassung von Nutzungsverträgen dem Grundstückseigentümer für eine Übergangszeit ein über die vertraglichen Vereinbarungen hinausgehendes Nutzungsentgelt versagen. Daß das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 8. April 1998 das sogenannte sachenrechtliche Moratorium (Art. 233 § 2a Abs. 8 Satz 1 EGBGB in der Fassung des Sachenrechtsänderungsgesetzes vom 21. September 1994) insoweit für unvereinbar mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erklärt hat, als es sich auf Entgeltansprüche für Grundstücksnutzungen in der Zeit vom 22. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1994 bezieht (WM 1998, 1824 ff), steht dem nicht entgegen. Abgesehen davon, daß das streitige Rechtsverhältnis nach den vorstehenden Darlegungen nicht der Sachenrechtsbereinigung, sondern der Schuldrechtsanpassung unterliegt, fehlt es vorliegend bereits an einer von Verfassungs wegen nicht mehr hinnehmbaren einseitigen Benachteiligung des Grundstückseigentümers. Diesem wird bereits regelmäßig aufgrund des abgeschlossenen Miet- oder Pachtvertrages ein Nutzungsentgelt zustehen, sofern es nicht – wie hier – mit der Verpflichtung zur Instandhaltung und Tragung der öffentlichen Lasten abgegolten wird. Daß dem Eigentümer der marktübliche Nutzungswert durchgängig verschafft werden muß, ergibt sich aus der Gewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht (BVerfG aaO). Wenn es danach bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes bei der getroffenen vertraglichen Regelung zu verbleiben hat, liegt ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Grundstückseigentümer, die erst aufgrund der Wiedervereinigung ihre Ansprüche nunmehr durchsetzen können, nach Auffassung des Senats nicht vor.
IV. In Ermangelung tatrichterlicher Feststellungen zur Höhe des Anspruchs der Klägerin ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Die Sache war daher zu weiterer Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball, Wiechers
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.11.1998 durch Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539204 |
NZM 1999, 312 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 1999, 220 |
WM 1999, 596 |
ZAP-Ost 1999, 135 |
ZMR 1999, 306 |
ZfIR 1999, 360 |
NJ 1999, 259 |
WuM 1999, 234 |
OVS 1999, 144 |