Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete. Wasserkostenabrechnung. Berechnungsgrundlage. Gesamtverbrauch abzüglich Wasserverbrauch gewerblichen Mieters
Leitsatz (amtlich)
Der Vermieter ist bei der Abrechnung von Wasserkosten mangels entsprechender Vereinbarungen nicht verpflichtet, verschiedene Nutzergruppen durch jeweils gesonderte Zähler zu erfassen. Der Verbrauch von Wohneinheiten kann in der Weise ermittelt werden, dass der mittels Zwischenzähler gemessene Verbrauch eines gewerblichen Mieters von dem Gesamtverbrauch laut Hauptwasserzähler abgezogen wird.
Normenkette
BGB § 556a Abs. 1
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 11.02.2009; Aktenzeichen 4 S 62/08) |
AG Mannheim (Entscheidung vom 27.05.2008; Aktenzeichen 2 C 492/07) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mannheim vom 11.2.2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung der Klägerin in M. . Das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, besteht aus einer Gewerbeeinheit mit einer Fläche von 312,90 m2 sowie vier Wohneinheiten mit einer Gesamtfläche von 295 m2.
[2] Die Klägerin erteilte dem Beklagten unter dem 28.9.2007 die Nebenkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 1.5.2006 bis zum 30.4.2007. Hiervon sind in der Revisionsinstanz noch die Positionen Wasser, Abwasser und Niederschlagswasser i.H.v. insgesamt 473,31 EUR im Streit.
[3] Die Klägerin ermittelt den auf die vier Wohnungen umzulegenden Wasserverbrauch, indem sie den mittels Zwischenzähler gemessenen Verbrauch der Gewerbeeinheit von dem Gesamtverbrauch laut Hauptwasserzähler abzieht. Die Verteilung innerhalb der Wohneinheiten erfolgt nach dem Maßstab der Wohnfläche.
[4] Das AG hat der auf Zahlung von 1.171,92 EUR nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das LG das Urteil des AG unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin abgeändert, dass der Beklagte (lediglich) zur Zahlung von 688,01 EUR nebst Zinsen verurteilt ist; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht im Hinblick auf die Umlage der Kosten für Wasser, Abwasser und Niederschlagswasser zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und Abweisung der Klage insoweit, als er in den Vorinstanzen zur Zahlung von mehr als 214,70 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Entscheidungsgründe
[5] Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
[6] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
[7] Die Abrechnung der Wasserkosten sei von der Klägerin korrekt vorgenommen worden. Die Anwendung der Differenzmethode nach Vorwegabzug des durch Zwischenzähler gemessenen Verbrauchs der Gewerbeeinheit sei nicht zu beanstanden. Zwar habe der Beklagte geltend gemacht, dass neben dem Zwischenzähler für die Gewerbeeinheit auch Zwischenzähler für die einzelnen Wohnungen vorhanden seien, so dass die Abrechnungen der Wohnungen nach Verbrauch erfolgen müssten. Eine Beweisaufnahme über diesen Streitpunkt sei aber nicht erforderlich. Denn die Klägerin habe das Vorhandensein von Messeinrichtungen für die einzelnen Wohnungen bestritten, und der Beklagte habe daraufhin nicht konkret vorgetragen, dass in seiner Wohnung ein Zwischenzähler eingebaut sei. Üblicherweise befänden sich derartige Messeinrichtungen in der Wohnung selbst, denn die Anbringung von Zwischenzählern für die einzelnen Wohnungen im Keller wäre wegen der dann erforderlichen gesonderten Steigleitungen unwirtschaftlich.
[8] Der Beklagte könne die anteilige Tragung der nach der Differenzmethode ermittelten Wasserkosten der Mieter auch dann nicht verweigern, wenn es dabei zu höheren Messungenauigkeiten komme als bei Vorhandensein eines weiteren Zwischenzählers für die Wohneinheiten. Dass dies zu einer krassen Unbilligkeit und groben Benachteiligung der Mieter führe, sei weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst erkennbar. Die Rechtsprechung des BGH zur Vorerfassung von Heizkosten sei aufgrund der Gesetzeslage nicht ohne Weiteres auf die Wasserkosten übertragbar.
II.
[9] Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte die in der Abrechnung vom 28.9.2007 ausgewiesenen anteiligen Kosten für Wasser, Abwasser und Niederschlagswasser i.H.v. 473,31 EUR zu tragen hat, so dass sich unter Berücksichtigung des in der Revisionsinstanz nicht mehr streitigen Betrages von 214,70 EUR eine Zahlungspflicht des Beklagten in Höhe des der Klägerin vom Berufungsgericht zugesprochenen Betrages von 688,01 EUR ergibt.
[10] 1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Parteien die Umlage der Wasserkosten vereinbart haben und die von der Klägerin erstellte Abrechnung den formellen Anforderungen genügt.
[11] 2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Abrechnung auch materiell richtig.
[12] a) Dass die Klägerin einen Vorwegabzug für die Gewerbeeinheit vorgenommen hat, wird von der Revision nicht beanstandet und begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken.
[13] b) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Abrechnung der Wasserkosten nicht deshalb fehlerhaft, weil die Klägerin nur den Verbrauch der Gewerbeeinheit durch einen gesonderten Zwischenzähler erfasst und den Verbrauch der Wohnungen anhand der sog. Differenzmethode ermittelt hat.
[14] Zwar ist im Geltungsbereich des § 5 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV eine Vorerfassung von Nutzergruppen in der Weise erforderlich, dass der Anteil jeder Nutzergruppe am Gesamtverbrauch durch einen gesonderten Zähler erfasst wird (Senat, Urt. v. 16.7.2008 - VIII ZR 57/07, NZM 2008, 767, Tz. 24). Ein Verstoß hiergegen hat gem. § 12 HeizkostenV ein Kürzungsrecht i.H.v. 15 % bei den zu Unrecht nicht verbrauchsabhängig abgerechneten Kosten zur Folge. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und auch die Revision nicht verkennt, gibt es aber für den Bereich der Abrechnung von Kosten für Wasser, Abwasser und Niederschlagswasser keine der Bestimmung des § 5 Abs. 2 HeizkostenV entsprechende Vorschrift zur Vorerfassung von Nutzergruppen.
[15] Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich auch aus §§ 315, 556a BGB nicht, dass bei der Abrechnung von Wasserkosten verschiedene Nutzergruppen durch jeweils gesonderte Zähler erfasst werden müssten. § 556a Abs. 1 BGB sieht auch für verbrauchsabhängige Kosten eine Abrechnung nach der Wohnfläche vor, sofern nicht die Parteien eine anderweitige Vereinbarung getroffen haben oder tatsächlich eine Verbrauchserfassung für alle Mieter erfolgt (vgl. Senat, Urt. v. 12.3.2008 - VIII ZR 188/07, NZM 2008, 444, Tz. 12). Die gesetzliche Regelung schreibt mithin eine generelle Verbrauchserfassung für Wasserkosten nicht vor und nimmt die damit verbundenen Ungenauigkeiten bei der Abrechnung in Kauf.
[16] Mit dem Vorwegabzug für den gewerblichen Mieter trägt die Klägerin dem unterschiedlichen Verbrauch in der Gewerbeeinheit einerseits und den Wohneinheiten andererseits Rechnung. Eine Verpflichtung der Klägerin, im Interesse einer möglichst genauen Abrechnung den Gesamtverbrauch der Wohneinheiten mit einem weiteren Zwischenzähler gesondert zu erfassen, lässt sich daraus nicht herleiten. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ergibt sich aus der fehlenden Vorerfassung der Wohneinheiten auch keine "krasse Unbilligkeit", die ggf. einen Abänderungsanspruch des Mieters begründen könnte (vgl. Senatsurteil vom 12.3.2008, a.a.O., Tz. 14).
[17] Ohne Erfolg macht die Revision schließlich geltend, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Beklagten zur Messung des Wasserverbrauchs der Wohnungen durch die Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Die Revision stellt selbst nicht in Abrede, dass Einzelzähler für die jeweiligen Wohnungen nicht vorhanden sind. Soweit die Revision darüber hinaus geltend macht, es sei möglich, dass in einem dem Beklagten nicht zugänglichen Kellerraum ein weiterer Zähler (Zwischenzähler) vorhanden sei, mit dem der Gesamtverbrauch aller Wohnungen erfasst werde, zeigt sie einen entsprechenden Vortrag des Beklagten in den Tatsacheninstanzen hierzu nicht auf.
[18] c) Entgegen der Auffassung der Revision durfte die Klägerin den nach der Differenzmethode ermittelten Gesamtverbrauch der Wohnungen nach dem Maßstab der Wohnfläche auf die einzelnen Wohnungen umlegen.
[19] aa) Gemäß § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB sind Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen, sofern die Parteien nicht anderes vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung besteht nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Einen revisionsrechtlich beachtlichen Fehler zeigt die Revision nicht auf. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der (behaupteten) Abrechnungspraxis des Voreigentümers bei den Abrechnungen 2000/2001 und 2001/2002 kein Anhaltspunkt für eine stillschweigende vertragliche Abänderung des Umlageschlüssels (zur Frage einer stillschweigenden Vertragsänderung bei unbeanstandeten Betriebskostenabrechnungen vgl. Senat, Urt. v. 10.10.2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81, Tz. 17 ff.).
[20] bb) Auch aus § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich keine Verpflichtung der Klägerin zu der vom Beklagten verlangten Abrechnung nach Verbrauch. Diese Bestimmung schreibt eine Umlage von Betriebskosten nach einem Maßstab, der dem unterschiedlichen Verbrauch Rechnung trägt, nur dann vor, wenn die Betriebskosten von einem erfassten Verbrauch abhängen. An einer solchen Verbrauchserfassung fehlt es aber nach den - von der Revision insoweit auch nicht beanstandeten - Feststellungen des Berufungsgerichts, da ein gesonderter Zähler für den Wasserverbrauch in der Wohnung des Beklagten nicht vorhanden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2274465 |
DWW 2010, 20 |
EBE/BGH 2010, 10 |
NJW-RR 2010, 515 |
NZM 2010, 195 |
ZAP 2010, 249 |
ZfIR 2010, 83 |
MDR 2010, 199 |
NJ 2010, 7 |
NJ 2011, 136 |
WuM 2010, 35 |
Info M 2010, 65 |
MietRB 2010, 105 |
NJW-Spezial 2010, 195 |
RdW 2010, 324 |
ZGS 2010, 54 |
IGZInfo 2010, 73 |
ImmWert 2010, 52 |
MK 2010, 45 |