Leitsatz (amtlich)
Es stellt erst dann einen Verhinderungsfall i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 3 LwVG dar, wenn nach der von dem Vorsitzenden aufgestellten Besetzungsliste in einer Landpachtsache zwei Landwirte zur Mitwirkung berufen wären, die nach der Liste - abgesehen von einer ggf. zusätzlichen Eigenschaft als selbstwirtschaftender Eigentümer - entweder nur Verpächter oder nur Pächter sind. Die Mitwirkung zumindest eines Richters, der nach der Liste zugleich Verpächter und Pächter und ggf. zusätzlich selbstwirtschaftender Eigentümer ist, schließt einen Verhinderungsfall aus.
Normenkette
GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; ZPO § 547 Nr. 1; LwVfG § 6 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 05.07.2021; Aktenzeichen 20 U 4/20) |
AG Alsfeld (Entscheidung vom 01.07.2020; Aktenzeichen 31 Lw 8/18) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juli 2021 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Vater des Beklagten war Eigentümer eines Grundstücks (Flurstück 9), das die klagende Stadt (im Folgenden: Klägerin) zum Teil (späteres Flurstück 9/1) erwerben wollte. Das Grundstück liegt in einem Gebiet, für das die Klägerin einen Bebauungsplan aufgestellt hatte, über dessen wirksame Bekanntmachung die Parteien streiten. Die Klägerin beabsichtigte, sämtliche in dem Plangebiet liegenden Grundstücke zu erwerben, um die Bebauungsplanung umzusetzen. Hierzu gehörte auch das benachbarte Flurstück 8, das Gegenstand des Parallelverfahrens LwZR 6/21 ist. Seit dem Jahr 2002 führte die Klägerin Kaufverhandlungen (u.a.) mit dem Vater des Beklagten sowie mit dem früheren Eigentümer des Flurstücks 8. Am 2. Oktober 2007 ließ der Vater des Beklagten ein Verkaufsangebot für sein Grundstück zu einem Preis von 29.700 € beurkunden. Das Angebot galt ab dem 1. April 2010 und war bis zum Ablauf des 30. September 2010 bindend. Die Klägerin nahm das Angebot am 30. September 2010 an und wurde im August 2011 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen; mittlerweile hat sie sämtliche in dem Gebiet des Bebauungsplans liegende Grundstücke erworben. Nachdem die Klägerin als neue Eigentümerin eingetragen war, legte der Beklagte ihr einen auf den 30. Oktober 2009 datierten Pachtvertrag vor. Hiernach hatte er das gesamte Flurstück 9 von seinem Vater zur landwirtschaftlichen Nutzung für den Zeitraum vom 1. November 2009 bis zum 31. Oktober 2039, mithin für 30 Jahre, zu einem Pachtpreis von 67,50 € pro Jahr gepachtet. Der Pachtvertrag war am 17. August 2010 dem Amt für den ländlichen Raum angezeigt worden. Der Beklagte zahlte den mit seinem Vater vereinbarten Pachtzins an die Klägerin; die Nutzung des Grundstücks überließ er unentgeltlich seinem Vater. Mit Schreiben vom 11. September 2014 sprach die Klägerin die Kündigung des Pachtverhältnisses zum 31. Dezember 2014 aus. Unter dem 13. Dezember 2017 kündigte sie das Pachtverhältnis erneut zum 31. Dezember 2017.
Rz. 2
Mit der Klage verlangt die Klägerin Herausgabe des Grundstücks. Sie hält den Pachtvertrag für unwirksam, weil der Beklagte von dem verbindlichen Verkaufsangebot seines Vaters gewusst habe und es Sinn und Zweck des Pachtvertrages gewesen sei, die Bebauung des Grundstücks unmöglich zu machen. Der Beklagte hat hilfsweise für den Fall, dass die Klägerin mit ihrer Klage durchdringen sollte, Widerklage mit dem Ziel erhoben, die Klägerin zur Zahlung einer Pachtaufhebungsentschädigung von 6.168,30 € zu verurteilen. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist vor dem Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Das Berufungsgericht lässt dahinstehen, ob das Landwirtschaftsgericht vorschriftsmäßig besetzt war, da sich das Urteil jedenfalls als im Ergebnis richtig darstelle. Die Klägerin könne von dem Beklagten nach § 985 BGB Herausgabe des Grundstücks verlangen. Ein Recht zum Besitz stehe dem Beklagten nicht zu. Zwar sei die Klägerin mit dem Eigentumserwerb in den Landpachtvertrag vom 30. Oktober 2009 eingetreten, so dass zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen sei. Der Beklagte könne sich aber auf die in dem Pachtvertrag vereinbarte Laufzeit von 30 Jahren nicht berufen, weil dies gegen § 242 BGB verstoße. Er müsse sich das ihm bekannte widersprüchliche und damit rechtsmissbräuchliche Verhalten seines Vaters zurechnen lassen. Dieser habe gewusst, dass die Klägerin beabsichtigt habe, sämtliche Grundstücke in dem Gebiet des Bebauungsplans zu erwerben. In Kenntnis dessen habe er mit der Klägerin verhandelt und am 2. Oktober 2007 ein Verkaufsangebot zu einem Preis abgegeben, der deutlich über den Preisen für landwirtschaftliche Flächen gelegen habe. Danach und noch vor der Annahme des Angebotes durch die Klägerin sei der Pachtvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren geschlossen worden. Obwohl dieser Umstand für die Annahmeentscheidung der Klägerin von entscheidender Bedeutung gewesen sei, weil sie die Grundstücke ohne den unmittelbaren Besitz hieran nicht für die beabsichtigte Bebauung hätte verwenden können, habe der Vater des Beklagten den Abschluss des Pachtvertrages nicht mitgeteilt. Auch im Hinblick auf das weitere im Plangebiet liegende Flurstück 8 - dies ist Gegenstand des Parallelverfahrens LwZR 6/21 - habe der Vater des Beklagten (als Pächter) mit dem dortigen Voreigentümer in Kenntnis der von der Klägerin beabsichtigten Bebauung einen Pachtvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren geschlossen, ohne dies der Klägerin mitzuteilen. Dieses Gesamtverhalten sei unredlich. Die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass der Vater des Beklagten nicht durch zielgerichtetes, verdecktes Vorgehen eine Vertragslage schaffen werde, die unter Missachtung der Interessen der Klägerin ausschließlich seinem eigenen Vorteil diente. Auf die Geltendmachung etwaiger Ansprüche gegen den Vater des Beklagten könne die Klägerin nicht verwiesen werden, da sie hiermit den Zweck, den sie mit Abschluss der beiden Kaufverträge verfolgt habe und der zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben diene, nicht mehr erreichen könne.
Rz. 4
Ein Recht des Beklagten zum Besitz ergebe sich auch nicht aus einem mit der Klägerin als neuer Eigentümerin konkludent geschlossenen Landpachtvertrag. Dieses Pachtverhältnis sei spätestens durch die Kündigung der Klägerin vom 13. Dezember 2017 mit Ablauf der Kündigungsfrist des § 594a BGB (31. Dezember 2019) beendet worden. Die von dem Beklagten zulässigerweise erhobene Eventualwiderklage sei unbegründet. Die Voraussetzungen des § 596a BGB lägen nicht vor.
II.
Rz. 5
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Rz. 6
1. Unbegründet sind die Rügen des Beklagten, sowohl das Landwirtschaftsgericht als auch das Berufungsgericht seien nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, so dass bereits aus diesem Grund das Berufungsurteil keinen Bestand haben könne.
Rz. 7
a) Ob das Landwirtschaftsgericht vorschriftsmäßig besetzt war, bedarf keiner Entscheidung. Die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des erstinstanzlichen Gerichts stellt nämlich keinen absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO dar. Das erkennende Gericht im Sinne dieser Vorschrift ist nur das Berufungsgericht, dessen Entscheidung mit der Revision angegriffen wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1958 - V ZR 232/56, NJW 1958, 1398 zu § 551 Ziff. 1 ZPO aF). Da das Berufungsgericht nach § 48 Abs. 1 Satz 1, § 1 Nr. 1a LwVG, § 538 Abs. 1 ZPO eine eigene Sachentscheidung mit eigener Würdigung getroffen und sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht lediglich auf die Übernahme der Feststellungen des Landwirtschaftsgerichts beschränkt hat, ist das Berufungsurteil durch eine etwaige fehlerhafte Besetzung des Landwirtschaftsgerichts auch nicht beeinflusst worden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juli 1986 - IVb ZR 54/85, NJW 1987, 1772).
Rz. 8
b) Die auf § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge des Beklagten, das Berufungsgericht sei in Bezug auf die Berufsrichter nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist schon nicht ordnungsgemäß begründet worden. Die Revision macht insoweit geltend, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. K. habe an der Entscheidung mitgewirkt, obwohl nicht feststellbar sei, dass das Präsidium des Oberlandesgerichts sie dem Senat für Landwirtschaftssachen zugewiesen habe. Für die Beurteilung der vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts ist jedoch auf die letzte mündliche Verhandlung abzustellen, auf welche das Urteil ergangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2016 - XII ZR 50/14, NJW-RR 2017, 635 Rn. 16; Urteil vom 12. März 2015 - VII ZR 173/13, NJW 2015, 1685 Rn. 27). Hier fand die letzte mündliche Verhandlung am 7. Juni 2021 statt, während sich die Ausführungen des Beklagten auf die Jahre 2019 und 2020 beschränken. Zu der Geschäftsverteilung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung verhält sich der Beklagte nicht. Dass er insoweit das Berufungsgericht erfolglos um Aufklärung ersucht hätte und deshalb keine Angaben hätte machen können, trägt er nicht vor; dies wäre zur ordnungsgemäßen Begründung einer Verfahrensrüge aber erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 1986 - III ZR 114/85, NJW 1986, 2115).
Rz. 9
c) Schließlich ist auch die Besetzung mit den ehrenamtlichen Richtern R. und W. nicht zu beanstanden. Mit seiner darauf bezogenen Rüge ist der Beklagte zwar nicht deshalb ausgeschlossen, weil er sie nicht bereits in der Berufungsinstanz erhoben hat (vgl. Senat, Beschluss vom 21. April 1993 - BLw 40/92, RdL 1993, 179, 180). Die Richterin W. durfte aber mitwirken; sie war nicht nicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 LwVG verhindert.
Rz. 10
aa) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 LwVG sollen die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden, die der Vorsitzende des Gerichts vor Beginn des Geschäftsjahres aufstellt. Würden hiernach bei der Verhandlung in Pachtsachen zwei ehrenamtliche Richter, die beide Pächter oder beide Verpächter sind, teilnehmen, so gilt der auf Grund der Liste als zweiter heranstehende ehrenamtliche Richter für die Sitzung als verhindert (§ 6 Abs. 1 Satz 3 LwVG).
Rz. 11
bb) Ausweislich der von dem Beklagten vorgelegten Verfügung des Vorsitzenden des Berufungsgerichts vom 8. Dezember 2020 waren dem Landwirtschaftssenat für das Jahr 2021 insgesamt vier ehrenamtliche Richter zugewiesen, von denen der unter 3. aufgeführte Richter R. als „E“ (= Eigentümer) und „P“ (= Pächter) und die unter 4. aufgeführte Richterin W. als „E“ (= Eigentümerin), „P“ (= Pächterin) und „V“ (= Verpächterin) bezeichnet werden. Anders als der Beklagte meint, führt die Mitwirkung der Richter R. und der Richterin W. nicht dazu, dass das Berufungsgericht mit zwei Pächtern und damit fehlerhaft besetzt war. Es stellt erst dann einen Verhinderungsfall i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 3 LwVG dar, wenn nach der von dem Vorsitzenden aufgestellten Besetzungsliste in einer Landpachtsache zwei Landwirte zur Mitwirkung berufen wären, die nach der Liste - abgesehen von einer ggf. zusätzlichen Eigenschaft als selbstwirtschaftender Eigentümer - entweder nur Verpächter oder nur Pächter sind. Die Mitwirkung zumindest eines Richters, der nach der Liste zugleich Verpächter und Pächter und ggf. zusätzlich selbstwirtschaftender Eigentümer ist, schließt einen Verhinderungsfall aus.
Rz. 12
(1) Allein anhand des Wortlauts des § 6 Abs. 1 Satz 3 LwVG lässt sich nicht abschließend entscheiden, ob der Verhinderungsfall schon dann eintritt, wenn der als zweiter heranstehende ehrenamtliche Richter zwar nicht ausschließlich, aber jedenfalls auch die gleiche Funktion als Verpächter oder Pächter wahrnimmt wie der andere ehrenamtliche Richter. Zwar lässt sich die Norm in dieser Weise verstehen; mit dem Wortlaut vereinbar ist es aber auch, in diesem Fall eine Verhinderung mit der Begründung zu verneinen, dass der zweite Richter jedenfalls auch die von dem ersten Richter nicht wahrgenommene Funktion innehat und deshalb nicht (ausschließlich) nur Pächter bzw. Verpächter mitwirken.
Rz. 13
(2) Entscheidend sind daher Sinn und Zweck der Vorschrift. Daraus ergibt sich, dass die Frage im zuletzt genannten Sinne zu beantworten ist. Wären in Landpachtsachen in einer Sitzung nach der Liste nur Pächter oder nur Verpächter als Beisitzer vorgesehen, könnte hierdurch das Vertrauen in die Objektivität des Gerichts beeinträchtigt werden. Dies soll durch die Anordnung der Verhinderung vermieden werden, und zwar auch dann, wenn die Landwirte neben ihrer Eigenschaft als Pächter oder Verpächter zusätzlich selbstwirtschaftende Eigentümer sind. Dagegen erschien es dem Gesetzgeber nicht zweckmäßig zu bestimmen, dass in Landpachtsachen stets je ein Verpächter und ein Pächter als landwirtschaftliche Beisitzer zuzuziehen sind. Denn die landwirtschaftlichen Beisitzer werden nicht als Interessenvertreter, sondern wegen ihrer Sachkunde und ihrer Verbundenheit mit den ländlichen Lebensverhältnissen zugezogen (BT-Drs. 1/3819, S. 20). Auch wenn zumindest ein ehrenamtlicher Richter die Eigenschaften eines Verpächters und Pächters in seiner Person vereint, bringen die beiden ehrenamtlichen Richter bei der gebotenen objektiven und typisierenden Betrachtungsweise sowohl die Erfahrung eines Pächters als auch diejenige eines Verpächters in das Verfahren ein, ohne dass das Vertrauen in die Objektivität des Gerichts beeinträchtigt wird (so im Ausgangspunkt auch v. Selle in v. Selle/Huth, LwVG, 2017, § 6 Rn. 9). Maßgeblich für die Einordnung ist grundsätzlich die sich aus der Besetzungsliste ergebende Qualifizierung.
Rz. 14
(3) Gemessen daran war die Richterin W. nicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 LwVG verhindert, weil sie nach der Liste Eigentümerin, Pächterin und Verpächterin ist. Unabhängig davon ist die Besetzung des Berufungsgerichts - erst recht - nicht objektiv willkürlich; nur eine willkürliche Besetzung könnte einer Besetzungsrüge zum Erfolg verhelfen (vgl. allgemein zu dem Prüfungsmaßstab bei der Rüge einer fehlerhaften Geschäftsverteilung BGH, Urteil vom 22. November 1994 - X ZR 51/92, NJW 1995, 332, 335 mwN).
Rz. 15
2. In der Sache erachtet das Berufungsgerichts die auf § 985 BGB gestützte Klage zutreffend als begründet, weil der Beklagte kein Recht zum Besitz (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB) hat. Ein Pachtvertrag besteht zwischen den Parteien nicht (mehr).
Rz. 16
a) Richtig geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin in dem Zeitpunkt ihres Eigentumserwerbs gemäß § 566 Abs. 1 i.V.m. § 593b BGB in die Rechte und Pflichten des zwischen dem Beklagten und seinem Vater am 30. Oktober 2009 geschlossenen Pachtvertrages eingetreten ist. Hierdurch ist zunächst ein Recht zum Besitz für den Beklagten begründet worden. Für die von den genannten Vorschriften vorausgesetzte Überlassung genügt der mittelbare Besitz des Pächters, wenn dies - wie hier - der vertraglichen Abrede mit dem Verpächter entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - IX ZR 87/14, BGHZ 204, 1 Rn. 16).
Rz. 17
b) Das durch den Eigentumsübergang zwischen den Parteien zustande gekommene Pachtverhältnis ist aber durch die Kündigungserklärung der Klägerin vom 11. September 2014 wirksam beendet worden. Die Klägerin konnte den Vertrag innerhalb der Kündigungsfristen des § 594a Abs. 1 BGB ordentlich kündigen, weil der Beklagte sich nach § 242 BGB auf die Laufzeit von 30 Jahren nicht berufen kann; vielmehr muss er sich so behandeln lassen, als wenn die Pachtzeit nicht bestimmt wäre. Hiervon geht das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler aus und bezieht in seine Überlegungen auch zu Recht das treuwidrige Verhalten des Vaters des Beklagten mit ein.
Rz. 18
aa) Die tatrichterliche Wertung, ein Verhalten stelle eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB dar, unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung. Das Revisionsgericht prüft lediglich, ob der Tatrichter den unbestimmten Rechtsbegriff des Rechtsmissbrauchs richtig erfasst hat, seine Entscheidung auf eine zutreffende und zureichende Tatsachengrundlage gestützt, nicht widersprüchlich geurteilt und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2017 - I ZR 39/15, WRP 2017, 962 Rn. 99 mwN).
Rz. 19
bb) Einer solchen Überprüfung hält das Berufungsurteil stand.
Rz. 20
(1) Ein widersprüchliches Verhalten einer Partei ist dann rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Partei aus ihrem früheren Verhalten Vorteile gezogen hat und ihr jetziges Verhalten hierzu in einem unauflösbaren Widerspruch steht. Für die Unzulässigkeit der Rechtsausübung kommt es darauf an, ob ein objektiver Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt. Selbst wenn eine Rechtsausübung an sich nicht zu missbilligen ist, kann sie unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2017 - I ZR 39/15, WRP 2017, 962 Rn. 96; Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 291/13, RdL 2014, 335, 336 f. jeweils mwN).
Rz. 21
(2) Unabhängig davon verstößt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich ein Berechtigter auf eine formale Rechtsposition beruft, die er durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 Rn. 24). Deshalb kann die Geltendmachung vertraglicher Rechte unzulässig sein, wenn der Vertragsschluss in Gänze oder einzelne vertragliche Regelungen durch unredliches Verhalten herbeigeführt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2013 - XII ZB 81/11, NJW 2013, 1676 Rn. 18).
Rz. 22
(3) Diese Grundsätze beachtet das Berufungsgericht. Seine Würdigung, das Verhalten des Vaters des Beklagten sei unredlich, weil er sich durch ein zielgerichtetes und der Klägerin gegenüber verdecktes und widersprüchliches Verhalten eine Vertragslage geschaffen habe, die unter Missachtung der schutzwürdigen Interessen der Klägerin ausschließlich seinem eigenen Vorteil diente, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Durchgreifende Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf.
Rz. 23
(a) Die Revision wendet ohne Erfolg ein, das Berufungsgericht habe dem Umstand, dass der Vater des Beklagten den Pachtvertrag erst mit deutlichem Zeitverzug nach Abschluss dem Amt für den ländlichen Raum anzeigte, keine Bedeutung zukommen lassen dürfen. Zwar unterliegt der mit dem Beklagten geschlossene Pachtvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG keiner Anzeigepflicht, da er zwischen in gerader Linie verwandten Personen geschlossen wurde. Angesichts der gleichwohl erfolgten Anzeige ist aber die Wertung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der späte Zeitpunkt der Anzeige, ohne die Klägerin von dem Vertrag in Kenntnis zu setzen, für das verdeckte Verhalten des Vaters des Klägers spreche.
Rz. 24
(b) Ebenfalls rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass das Vertrauen der Klägerin darin, dass das Grundstück nicht langfristig verpachtet sei, schutzwürdig ist. Die Einwände der Revision hiergegen verfangen nicht. Die Klägerin hatte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Kenntnis von dem Pachtvertrag. Sie hatte es lediglich unterlassen, bei Vertragsschluss zu erfragen, ob aktuell ein Pachtverhältnis besteht. Zudem hatte sie nicht darauf gedrungen, in den Kaufvertrag eine Vereinbarung zu einem Verbot der Verpachtung aufzunehmen. Das ändert aber nichts an dem treuwidrigen Verhalten des Vaters des Beklagten. Denn die Klägerin musste angesichts ihres erkennbaren Interesses an dem Erwerb bebaubarer Flächen nicht damit rechnen, dass der Verkäufer zeitnah zum Abschluss des Kaufvertrages noch einen Pachtvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren und damit der maximalen Dauer (vgl. § 594b BGB) über das zu erwerbende Grundstück schließen würde. Eine solch lange Laufzeit ist, wie die Landwirtschaftsrichter des Senats bestätigt haben, sehr ungewöhnlich. Die Klägerin hat nicht bewusst auf eine Sicherung ihrer Interessen verzichtet, sondern hatte keinen Anlass, auf eine Sicherung ihrer Interessen in rechtsgeschäftlicher Form hinzuwirken. In einem solchen Fall ist das Vertrauen des Gutgläubigen schutzwürdig (vgl. Singer, Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, 1993, S. 257).
Rz. 25
(4) Das unredliche Verhalten des Vaters des Beklagten kann die Klägerin auch dem Beklagten entgegenhalten.
Rz. 26
(a) Allerdings hat der Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Allgemeinen grundsätzlich keine Drittwirkung (ebenso für den Vorwurf unlauteren Verhaltens im Wettbewerbsrecht BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 - I ZR 130/96, NJW 2000, 2504, 2506; Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 277). Anders verhält es sich aber, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die die Rechtsausübung durch die jetzige Vertragspartei ebenfalls rechtsmissbräuchlich machen, insbesondere, wenn diese an dem treuwidrigen Verhalten des Dritten partizipiert, wie dies beispielsweise bei einem kollusiven Zusammenwirken der Fall ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1983 - II ZR 56/82, NJW 1984, 1461, 1462). Selbst die Kenntnis des unredlichen Verhalten eines Dritten kann je nach den Umständen des Einzelfalls schon genügen, um es dem eigenen Vertragspartner entgegenzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 1987 - II ZR 128/86, GmbHRdsch 1988, 18, 20 für das arglistige Verhalten des Ehegatten; PWW/Kramme, BGB, 17. Aufl., § 242 Rn. 35).
Rz. 27
(b) Ein solch eigenes rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten bejaht das Berufungsgericht hier ohne Rechtsfehler. Der Beklagte kannte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Umstände, die das Verhalten seines Vaters unredlich machten. Er schloss dennoch den langfristigen Pachtvertrag mit seinem Vater, ohne ein eigenes Interesse an der Nutzung des Grundstücks zu haben. Stattdessen stellte er seinem unredlich handelnden Vater das Grundstück unentgeltlich zur Nutzung zur Verfügung. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei seinen Feststellungen keinen abstrakten Erfahrungssatz zur Kenntniserlangung in familiären Näheverhältnissen zugrundegelegt, sondern lediglich mehrere Umstände des Einzelfalls (jahrelange Verhandlungen, familiäre Nähe zwischen den Beteiligten, gemeinsame Anschrift, Interesse des Beklagten an der Hofübernahme), also Indizien, in ihrer Gesamtheit gewürdigt. Das ist rechtsfehlerfrei. Denn ein Gericht kann sich die Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung aufgrund von Indizien bilden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 50).
Rz. 28
(5) Das treuwidrige Verhalten des Vaters des Beklagten und des Beklagten selbst haben zur Folge, dass der Pachtvertrag anzupassen ist. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Verstoß gegen Treu und Glauben ausreichend begegnet werden kann, indem der Pachtvertrag als ordentlich kündbar angesehen wird. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Wirksamkeit des Bebauungsplans in diesem Zusammenhang unerheblich. Maßgeblich ist, dass der Vater des Beklagten durch den Pachtvertrag treuwidrig eine langfristige Bindung der Klägerin herbeiführen wollte, die deren Planungen unterlaufen sollte; auf diese treuwidrig herbeigeführte Bindung kann der Beklagte sich nicht berufen. Dass die Klägerin die Umsetzung des Bebauungsplanes weiterhin vorantreibt, stellt auch der Beklagte nicht in Abrede.
Rz. 29
bb) Die für die Beendigung des Pachtverhältnisses erforderliche Kündigungserklärung ist in dem Schreiben der Klägerin vom 11. September 2014 enthalten. Eine etwaig von der Klägerin beabsichtigte außerordentliche Kündigung wäre jedenfalls in eine ordentliche Kündigung umzudeuten (vgl. zur Umdeutung BGH, Urteil vom 24. Juli 2013 - XII ZR 104/12, NJW 2013, 3361 Rn. 17 mwN).
Rz. 30
cc) Die Klägerin konnte eine wirksame Kündigung auch allein aussprechen. Der Vater des Beklagten musste an der Kündigung nicht mitwirken. Zutreffend ist allerdings der Einwand des Beklagten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein Mietverhältnis über ein Grundstück nicht in zwei getrennte Mietverträge geteilt wird, wenn der Vermieter das Grundstück teilt und einen Teil veräußert. Vielmehr tritt der Erwerber nach § 566 Abs. 1 BGB auf Vermieterseite in den Mietvertrag ein (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 62/14, NJW-RR 2015, 1039 Rn. 25 mwN). Übertragen auf einen Pachtvertrag wären sowohl die Klägerin als auch der Vater des Beklagten Mitglieder einer Verpächtergemeinschaft. Denn das Flurstück 9, das der Vater des Beklagten an den Beklagten verpachtet hatte, wurde vor der Übereignung des Flurstücks 9/1 an die Klägerin, aber erst nach Abschluss des Pachtvertrages geteilt. Das hätte zur Folge, dass beide, die Klägerin und der Vater des Beklagten, die Kündigung hätten aussprechen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 62/14, NJW-RR 2015, 1039 Rn. 25). Aus den oben genannten Gründen kann sich der Beklagte auf diese formale Rechtsposition aber ebenso wenig wie auf die 30jährige Laufzeit berufen. Denn der Vater des Beklagten hat die Bindung der Klägerin durch sein unredliches Verhalten treuwidrig herbeigeführt. Er wäre daher nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, an der Kündigung mitzuwirken. Da sich der Beklagte das treuwidrige Verhalten seines Vaters zurechnen lassen muss, muss er sich nun so behandeln lassen, als hätten beide Verpächter die Kündigung des Pachtverhältnisses ausgesprochen.
Rz. 31
dd) Die Kündigungserklärung durch die Klägerin beendete damit das auf die Klägerin übergegangene Pachtverhältnis mit dem Beklagten. Ist die Pachtzeit nicht bestimmt, kann nach § 594a Abs. 1 BGB das Pachtverhältnis spätestens zum dritten Werktag eines Pachtjahres für den Schluss des nächsten Pachtjahres gekündigt werden. Da ausweislich des von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Pachtvertrages vom 30. Oktober 2009 das Pachtjahr vom 1. November bis zum 31. Oktober lief, entfaltete die Kündigung somit Wirksamkeit spätestens mit Ablauf des 31. Oktober 2016.
Rz. 32
c) Ein Recht des Beklagten zum Besitz folgt auch nicht aus der Fortsetzung des alten Pachtvertrages oder einem nach dem vorgenannten Datum geschlossenen Pachtvertrag.
Rz. 33
aa) Das gekündigte Pachtverhältnis verlängerte sich nicht schon deshalb, weil der Beklagte das Grundstück auch nach der Kündigung noch nutzte. Insbesondere trat eine Verlängerung des Pachtverhältnisses nicht nach § 545 BGB ein. Hiernach verlängert sich ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fortsetzt und nicht eine Partei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. § 545 BGB findet nach allgemeiner und zutreffender Ansicht mangels Verweisung in § 585 Abs. 2 BGB auf Landpachtverträge keine Anwendung (vgl. Faßbender/Hötzel/Lukanow, Landpachtrecht, 3. Aufl., § 594 BGB Rn. 26; Michel in HLBS-Kommentar, Landpachtrecht, 2012, § 594 BGB Rn. 13; Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl., § 545 BGB Rn. 3). Für den Landpachtvertrag enthält das Gesetz nämlich in § 594 BGB eine spezielle Vorschrift, deren Voraussetzungen hier nicht gegeben sind.
Rz. 34
bb) Ob und unter welchen Umständen ein konkludenter Vertragsschluss bei Fortsetzung des Gebrauchs des gepachteten Grundstücks in Betracht kommt (vgl. OLG Koblenz, ZMR 2008, 369 f.; OLG Celle, ZMR 2014, 782, 783), bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Ein Recht zum Besitz könnte ein konkludent geschlossener Pachtvertrag jedenfalls nicht mehr begründen. Denn ein solcher - unbefristeter - Pachtvertrag wäre durch die weitere Kündigungserklärung der Klägerin vom 13. Dezember 2017, die zumindest in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann, beendet worden. Mangels abweichender Regelung gilt als Pachtjahr das Kalenderjahr (§ 594a Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Kündigungserklärung entfaltete daher spätestens zum 31. Dezember 2019 Wirkung, wie das Berufungsgericht richtig ausführt.
Rz. 35
cc) Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass sich ein etwaiges Pachtverhältnis nicht durch die nach der Kündigung vom 13. Dezember 2017 fortgesetzte Nutzung durch den Beklagten bzw. durch seinen Vater stillschweigend verlängert hat. § 545 BGB findet - wie ausgeführt - auf Landpachtverträge keine Anwendung. Es spricht auch nichts dafür, dass die Parteien das Pachtverhältnis konkludent verlängern wollten. Der Beklagte beruft sich letztlich nur darauf, dass er weiter den Pachtzins an die Klägerin entrichtete. Das allein genügt für die konkludente Fortführung des Pachtvertrages nicht. Denn nach § 597 BGB kann der Verpächter die vereinbarte Pacht als Entschädigung verlangen, wenn der Pächter die Pachtsache nicht zurückgibt. Aus welchen anderen Umständen er auf ein Einverständnis der Klägerin mit der Fortsetzung des Pachtverhältnisses hätte schließen können, trägt der Beklagte nicht vor. Hierfür ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil hat die Klägerin ihren Beendigungswillen mit der im Jahr 2018 erhobenen Räumungsklage unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.
Rz. 36
3. Auch in Bezug auf die erhobene Eventualwiderklage hat die Revision keinen Erfolg.
Rz. 37
a) Allerdings ist die Revision entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch insoweit statthaft (§ 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG i.V.m. § 543 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision nicht auf die Klage beschränkt, sondern insgesamt zugelassen. Soweit es in den Entscheidungsgründen auf die seiner Meinung nach klärungsbedürftige Frage der Auslegung von § 242 BGB verweist, wird hierdurch nur das Motiv für die Zulassung der Revision angegeben, ohne dass hieraus eindeutig auf eine Beschränkung auf die Klage geschlossen werden kann.
Rz. 38
b) Die Revision ist aber in Bezug auf die Eventualwiderklage ebenfalls unbegründet. Das Berufungsgericht verneint zu Recht einen Anspruch des Beklagten auf Zahlung einer Pachtaufhebungsentschädigung, die er auf der Grundlage einer Pachtzeit bis zum Jahr 2039 verlangt.
Rz. 39
aa) Ein Entschädigungsanspruch nach § 596a Abs. 1 BGB scheidet aus. Nach dieser Vorschrift hat der Verpächter dem Pächter den Wert der noch nicht getrennten, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung vor dem Ende des Pachtjahres zu trennenden Früchte zu ersetzen. Ausgeglichen wird danach aber nur der Wert der nicht getrennten Früchte, die bis zum Ende des Pachtjahres hätten getrennt werden können (vgl. Schuhmacher in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 596a BGB Rn. 7). Eine Entschädigung für den Zeitraum bis 2039 lässt sich deshalb schon nicht begründen. Doch auch eine anteilige Entschädigung kann der Beklagte nicht geltend machen. Das Pachtverhältnis endete spätestens zum 31. Dezember 2019. Dass der Beklagte auch noch nach diesem Zeitpunkt im Besitz des Grundstücks war und er diesen erst am 2. September 2020 aufgrund der Vollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts verloren hat, gibt ihm kein Recht auf eine Pachtaufhebungsentschädigung für das Jahr 2020.
Rz. 40
bb) Ein Schadensersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO oder nach §§ 280, 281 BGB scheidet bereits deshalb aus, weil die Besitzentziehung im Wege der Zwangsvollstreckung rechtmäßig war. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob, wie die Revision geltend macht, die Grundsätze der Drittschadensliquidation anzuwenden sind, weil nicht der Beklagte, sondern sein Vater das Grundstück genutzt hat.
III.
Rz. 41
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner Göbel Haberkamp
Fundstellen
Haufe-Index 15507885 |
JZ 2023, 115 |
AuUR 2023, 102 |