Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer im Jahre 1994 in Slowenien gegründeten Bank, die Rückzahlung einer Devisenspareinlage, die er auf sein Konto bei der Hauptfiliale Z. (Kroatien) der L. d.d. über deren damalige M. Repräsentanz eingezahlt hat.
Der aus Bosnien-Herzegowina stammende, aber seit langem in Deutschland wohnhafte Kläger legte gemäß Vertrag vom 9. Mai 1990 für zwölf Monate einen mit 7% zu verzinsenden Betrag in Höhe von 171.340,28 DM bei der genannten Hauptfiliale an. Als er nach Vertragsablauf die Auszahlung nebst Zinsen begehrte, teilte ihm diese mit, daß sie zur Überweisung derzeit nicht in der Lage sei, da die Verhältnisse mit der jugoslawischen Nationalbank bezüglich der deponierten Devisen-Ersparnisse nicht geklärt seien.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 270.636,88 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1. März 1998, hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung seiner Forderungen gegen die L. d.d..
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte mit der L. d.d. identisch bzw. deren Rechtsnachfolgerin ist und die vom Kläger begehrte Zahlung zu leisten hat, oder ob die Beklagte und die L. d.d. unabhängig voneinander bestehen und die Beklagte entsprechend dem behaupteten Inhalt des gesetzlichen Gründungsakts nicht für Verbindlichkeiten der vorliegenden Art haftet.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig. Der Gerichtsstand des Vermögens nach § 23 ZPO indiziere die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die Beklagte unterhalte in F. eine büromäßig ausgestattete Repräsentanz und habe bei der LH. F. ein Guthaben. Der erforderliche Inlandsbezug ergebe sich daraus, daß der Kläger bereits seit Anfang der 70er Jahre in Deutschland wohne und der Devisensparvertrag über die Repräsentanz der L. d.d. in M. geschlossen worden sei.
Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Beklagte sei nicht passiv legitimiert. Der geltend gemachte Anspruch sei gemäß Art. 28 EGBGB nach slowenischem Recht zu beurteilen, da bei einem Devisensparvertrag die charakteristische Leistung von der Bank zu erbringen sei; sowohl die L. d.d. als auch die Beklagte unterhielten ihre Hauptniederlassungen in der heutigen Republik Slowenien als einem der Nachfolgestaaten der Jugoslawischen Föderation.
Nach der abschließenden Regelung in dem Verfassungsgesetz über die Ergänzungen des Verfassungsgesetzes zur Vollziehung der Grundverfassungsurkunde über die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Slowenien vom 27. Juli 1994 hafte die Beklagte nicht für die Verbindlichkeiten der L. d.d. aus dem Devisensparguthaben des Klägers. Zwar habe nach Art. 22 b des Verfassungsgesetzes die L. d.d. ihre Geschäftstätigkeit und das Vermögen der Beklagten überlassen; ausgenommen hiervon seien allerdings sämtliche Verbindlichkeiten für Devisen auf Devisenkonten und Devisensparbüchern, für welche die Republik Slowenien nach Art. 19 des Verfassungsgesetzes nicht die Haftung übernommen habe. Diese Verbindlichkeiten seien indessen nicht bei der L. d.d. verblieben, sondern nach Art. 22 d Abs. 1 des Verfassungsgesetzes als „verbleibende Verbindlichkeiten” der L. d.d. von der Beklagten übernommen worden, soweit nicht die Republik Slowenien nach Art. 19 des Verfassungsgesetzes für Devisenverbindlichkeiten von Banken auf ihrem Staatsgebiet, für die die frühere Jugoslawische Föderation haftete, in die Haftung eingetreten sei. Zu den von der Beklagten zu übernehmenden Verbindlichkeiten gehöre der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht. Da die Haftungsübernahme durch die Republik Slowenien alle Devisensparguthaben bei Banken, die auf ihrem Staatsgebiet ansässig seien, umfasse und die an sich rückzahlungspflichtige L. d.d. ihre Hauptniederlassung in L. (Slowenien) habe, sei die Republik Slowenien, nicht aber die Beklagte für den Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Devisenguthabens passiv legitimiert.
II.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die – auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende – internationale Zuständigkeit in den Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO über die örtliche Zuständigkeit mitgeregelt; soweit danach ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, indiziert dies regelmäßig – auch beim Gerichtsstand des Vermögens – die internationale Zuständigkeit (vgl. Senatsurteil vom 20. April 1993 – XI ZR 17/90, WM 1993, 1109, 1110).
Das Berufungsgericht hat zutreffend die Voraussetzungen des Vermögensgerichtsstandes nach § 23 ZPO bejaht. Die Beklagte unterhält in F. eine Repräsentanz und verfügt über ein Konto bei der LH. F. Der erforderliche Inlandsbezug (vgl. BGHZ 115, 90, 94 ff.; BGH, Urteil vom 24. April 1996 – IV ZR 263/95, WM 1996, 1979) ist ebenfalls gegeben, da der Kläger seit Anfang der 70er Jahre in Deutschland seinen Wohnsitz hat, den Devisensparvertrag über die Repräsentanz der L. d.d. in M. abgeschlossen und die Einzahlungen darauf von Deutschland aus vorgenommen hat (vgl. dazu Senatsurteile vom 22. Oktober 1996 – XI ZR 261/95, WM 1996, 2255, 2256, und vom 18. März 1997 – XI ZR 34/96, WM 1997, 989, 990).
2. Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, daß der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach slowenischem Recht zu beurteilen ist. Dabei kann dahinstehen, ob slowenisches Recht nach Auflösung der Jugoslawischen Föderation als Nachfolgerechtsordnung zur Anwendung kommt. In jedem Fall ist die von der Revision zu Recht in den Mittelpunkt gestellte Frage, ob die Beklagte nach dem slowenischen Verfassungsgesetz vom 27. Juli 1994 für die Verbindlichkeiten der L. d.d. haftet, nach slowenischem Recht zu entscheiden.
3. Mit Recht beanstandet die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht den Inhalt des anzuwendenden slowenischen Rechts ermessensfehlerhaft nicht ausreichend festgestellt hat.
a) Nach § 293 ZPO hat der Tatrichter das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebliche ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Eine Verletzung dieser Ermittlungspflicht kann mit der Verfahrensrüge beanstandet werden (BGHZ 118, 151, 162; BGH, Urteile vom 16. Oktober 1986 – III ZR 121/85, WM 1987, 25, 26 und vom 24. März 1987 – VI ZR 112/86, NJW 1988, 648). Zu ermitteln und anzuwenden ist dabei nicht nur das ausländische Gesetzesrecht, sondern das Recht, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. Die Ermittlungspflicht des Tatrichters umfaßt daher gerade auch die ausländische Rechtspraxis, wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des betreffenden Landes zum Ausdruck kommt. In welcher Weise er sich die notwendigen Erkenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Vom Revisionsgericht überprüft werden darf lediglich, ob der Tatrichter dieses Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (BGHZ 118, 151, 163; Senatsurteil vom 30. Januar 2001 – XI ZR 357/99, WM 2001, 502, 503 m.w.Nachw.). Gibt das Berufungsurteil keinen Aufschluß darüber, daß der Tatrichter seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht zu ermitteln, wie es in Rechtsprechung und Rechtslehre Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daß eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 1992 – V ZR 95/91, WM 1992, 1510, 1511; Senatsurteil vom 22. Oktober 1996 – XI ZR 261/95, WM 1996, 2255, 2256).
b) So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat keine eigenen auf die Ermittlung des slowenischen Rechts gerichteten Ermittlungen angestellt. Es hat sich weder darum bemüht, umfassend die anzuwendenden Rechtsnormen zu erfassen, noch deren Anwendung in der slowenischen Rechtspraxis erforscht. Statt dessen hat es sich damit begnügt, eine von der Beklagten vorgelegte Übersetzung des Verfassungsgesetzes vom 27. Juli 1994 ohne vorhandene Sachkenntnis nach eigenem Verständnis und nach Grundsätzen deutscher Rechtsanwendung auszulegen, und nicht beachtet, daß die Auslegung von dem ausländischen Recht angehörenden Normen nicht von deren Übersetzung auszugehen hat, sondern der fremdsprachige Originaltext der Normen einer an der ausländischen Rechtspraxis zu orientierenden Auslegung zugrunde zu legen ist. Damit hat das Berufungsgericht von seinem Ermessen bei der Feststellung des anzuwendenden slowenischen Rechts in fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht.
III.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird seiner tatrichterlichen Pflicht nachkommen müssen, von Amts wegen das für die Entscheidung relevante slowenische Recht, wie es in der slowenischen Rechtspraxis verstanden und angewendet wird, gegebenenfalls unter Mithilfe eines slowenischen Rechtslehrers zu ermitteln.
Unterschriften
Nobbe, Siol, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bungeroth ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Nobbe, van Gelder, Wassermann
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.06.2001 durch Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 614786 |
BGHR 2001, 894 |
NJOZ 2001, 1616 |