Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldverhältnis
Leitsatz (amtlich)
- Die Berufung auf eine vom Schuldner nicht rechtzeitig gekündigte Unterwerfungserklärung kann ausnahmsweise eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Gläubiger infolge der Gesetzesänderung offensichtlich nicht mehr sachbefugt ist.
- Die Auflösung eines Unterlassungsvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage setzt eine entsprechende Gestaltungserklä rung des Schuldners voraus.
- Der Schuldner, der vor dem 1. August 1994 gegenüber einem Wettbewerbsverein eine Unterwerfungserklärung abgegeben hat, kann den Unterlassungsvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn die Sachbefugnis des Gläubigers hinsichtlich des zugrunde liegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs auf Grund des UWG-Änderungsgesetz vom 25.7.1994 (BGBl I, 1738) entfallen ist.
- Zum Merkmal der Spürbarkeit des Wettbewerbsverstoßes in Fällen der irreführenden Werbung.
Normenkette
BGB §§ 242, 339; UWG §§ 3, 13 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger, ein Verband, der nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder fördert, macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe geltend.
Der Beklagte betreibt ein Autohaus. Er gab am 18. Januar 1993 gegenüber dem Kläger folgende Unterwerfungserklärung ab:
Unterzeichner verpflichten sich und das von ihnen vertretene Unternehmen unter Verzicht auf eine Annahmeerklärung gegenüber dem ... (Kläger)
1.
es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in Zeitungsanzeigen, für Finanzierungen zu werben ohne einen ausdrücklichen und unmißverständlichen Hinweis darauf, daß die angebotene Leistung in einer lediglich finanzierungsvermittelnden Tätigkeit besteht;
2.
es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in der Zeitungswerbung, Waren mit Zinssätzen zu bewerben, deren Gewährung von einer Anzahlung abhängig gemacht wird, ohne ausdrücklich und unmißverständlich darauf hinzuweisen;
3.
für jeden Fall einer zukünftig eintretenden Verletzung eines der vorstehenden Unterlassungsversprechen eine Vertragsstrafe von DM 6.500 an den... (Kläger) zu zahlen.
In einer örtlichen Tageszeitung ließ der Beklagte am 27. August 1994 die folgende Anzeige veröffentlichen:
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Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe mit diesem Inserat in zweifacher Weise gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen und damit zweimal die Vertragsstrafe in Höhe von 6.500 DM verwirkt. Er hat behauptet, der Beklagte biete die angekündigte Finanzierung nicht selbst an, sondern vermittele lediglich ein entsprechendes Darlehen der V. Bank. Darüber hinaus werde der Kredit nur bei einer Anzahlung von 20 bis 25 % gewährt. Über beide Umstände schweige die Anzeige.
Das Landgericht hat den Beklagten nach Beweisaufnahme antragsgemäß zur Zahlung von 13.000 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (OLG Stuttgart WRP 1996, 65).
Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß dem Kläger nach dem Inkrafttreten des UWG-Änderungsgesetzes am 1. August 1994 aufgrund des beanstandeten Verhaltens kein entsprechender gesetzlicher Unterlassungsanspruch mehr zustehe. Die in Rede stehende Werbung sei nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem fraglichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen:
Zum einen sei es aus der Sicht der Verbraucher ohne Bedeutung, ob ein Kredit zur Finanzierung eines Autokaufs vom Vertragshändler oder von der mit dem Hersteller (und somit mittelbar auch mit dem Vertragshändler) verbunden Bank gewährt werde, solange dieser Umstand keinen Einfluß auf die Konditionen habe, solange also insbesondere bei dem von der Bank gewährten Kredit keine Provision des vermittelnden Händlers anfalle; daß dies so sei, habe der Kläger indessen nicht vorgetragen. Das Fordern einer Anzahlung sehe das Publikum - zum anderen - bei Teilzahlungsgeschäften weithin als üblich an und gehe auch ohne einen Hinweis von einer entsprechenden Bedingung der Kreditgewährung aus. Auch wenn von einer Anzahlung in einer Anzeige nicht ausdrücklich die Rede sei, entstehe deshalb nur selten der Eindruck, man könne zu den genannten Konditionen eine Vollfinanzierung erhalten; hierfür spreche auch, daß es vielfach üblich sei, es in der Werbung besonders hervorzuheben, wenn eine Anzahlung ausnahmsweise einmal nicht verlangt werde.
Fehle seit dem Inkrafttreten des UWG-Änderungsgesetzes ein Merkmal des Unterlassungsanspruchs, so sei mit diesem Zeitpunkt die Geschäftsgrundlage des Unterlassungsvertrags weggefallen. Ein Gewerbetreibender, der sich aufgrund einer Abmahnung unterwerfe, tue dies regelmäßig nur deshalb, weil er davon ausgehe, daß dem Abmahnenden ein entsprechender Unterlassungsanspruch zustehe, den dieser gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen könne. Die Vorstellung des Unterlassungsschuldners, dem Gläubiger stehe ein entsprechender rechtlicher Anspruch zu, sei deshalb Geschäftsgrundlage der Unterlassungsverpflichtung. Mit der Gesetzesänderung sei diese Grundlage entfallen. Das Fortbestehen des vertraglichen Anspruchs sei dem Schuldner auch nicht zuzumuten, weil dies dem mit der Gesetzesänderung verfolgten Zweck zuwiderlaufe und der Schuldner andernfalls schlechtergestellt wäre, als wenn er rechtskräftig zur Unterlassung verurteilt worden wäre, denn in diesem Fall stünde ihm die Möglichkeit offen, Vollstreckungsabwehrklage zu erheben. Angesichts der Einseitigkeit der Verpflichtung sei auch eine Kündigung des Unterlassungsvertrages nicht erforderlich.
II.
Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Mit der Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG aufgrund des am 1. August 1994 in Kraft getretenen UWG-Änderungsgesetzes vom 25. Juli 1994 (BGBl. I S. 1738) könnte der Kläger wegen der in Rede stehenden Werbung einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG nicht mehr geltend machen. Der Wegfall der Sachbefugnis hinsichtlich des gesetzlichen Anspruchs wirkt sich auf den bestehenden Unterwerfungsvertrag dahin aus, daß dem Beklagten grundsätzlich ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (§ 242 BGB) zuzubilligen ist; ausnahmsweise könnte dem Kläger die Berufung auf den Vertrag auch als unzulässige Rechtsausübung verwehrt sein. Insoweit bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen. Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht ist die von dem Beklagten übernommene Unterlassungsverpflichtung nicht unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage automatisch mit Wirkung vom 1. August 1994 entfallen.
1.
Das Berufungsgericht hat allerdings ohne Rechtsfehler angenommen, daß der Kläger nach der Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG nicht mehr verfolgen könnte.
a)
Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist davon auszugehen, daß der Beklagte durch sein Verhalten gegen § 3 UWG verstoßen hat. Dabei ist, da das Berufungsgericht dies offengelassen hat, zu unterstellen, daß der Beklagte mit dem in Rede stehenden Inserat nicht für eine Eigen-, sondern für eine Fremdfinanzierung geworben hat, bei der darüber hinaus eine Anzahlung zu leisten gewesen wäre.
b)
Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß die fragliche Werbung nicht geeignet sei, den Wettbewerb auf dem hier einschlägigen Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
Dieses durch das UWG-Änderungsgesetz eingeführte Merkmal der Wettbewerbsbeeinträchtigung, das eine zusätzliche materiell-rechtliche Voraussetzung für den von einem Wettbewerbsverein geltend gemachten Unterlassungsanspruch darstellt, enthält objektive und subjektive Momente, an denen Art und Schwere des Verstoßes zu messen sind. Dabei sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, zu denen u. a. ein besonderes Interesse der Allgemeinheit einschließlich der Verbraucher, eine besondere Anreizwirkung der Werbung für den Umworbenen sowie die Größe des erzielten Wettbewerbsvorsprungs gehören können (BGH, Urt. v. 29.9.1994 I ZR 138/92, GRUR 1995, 122, 124 = WRP 1995, 104 - Laienwerbung für Augenoptiker; vgl. auch Urt. v. 9.2.1995 - I ZR 35/93, GRUR 1995, 353, 354 = WRP 1995, 485 - Super-Spar-Fahrkarten; Urt. v. 22.6.1995 - I ZR 153/93, GRUR 1995, 760 - WRP 1995, 824 - Frischkäsebereitung). In den Fällen der irreführenden Werbung nach § 3 UWG können danach unter anderem die Höhe der Irreführungsquote, das Maß der wettbewerblichen Relevanz, die Zahl der auf diese Weise Umworbenen sowie der Umstand von Bedeutung sein, daß eine zunächst beim Verbraucher erweckte Fehlvorstellung bei näherer Befassung mit dem beworbenen Angebot ausgeräumt wird.
Daran gemessen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die Spürbarkeitsschwelle im Streitfall nicht als überschritten angesehen hat. Insbesondere widerspricht die Feststellung nicht der Lebenserfahrung, daß es dem Publikum gleichgültig sei, ob ein Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises unmittelbar vom Händler oder von der auf Kfz-Finanzierungen spezialisierten Bank des Herstellers gewährt werde, solange nicht in letzterem Fall eine zusätzliche Provision anfalle. Die Revision meint demgegenüber, die Durchführung eines finanzierten Kraftfahrzeugkaufes mit einem Vertragspartner sei wesentlich einfacher als mit zwei verschiedenen Vertragspartnern. Die von der Revision angeführten - lediglich im Falle des Widerrufs relevant werdenden - Unterschiede betreffen freilich nur die Rückabwicklung (vgl. BGHZ 131, 66, 72 f.) und ändern nichts daran, daß das Verbraucherkreditgesetz eine Schlechterstellung des Verbrauchers im Falle des Auseinanderfallens von Verkäufer und Darlehensgeber gerade verhindert (§ 9 VerbrKrG). Soweit geringfügige Unterschiede im Falle der Rückabwicklung bestehen und Eingang in die Verbrauchervorstellung gefunden haben sollten, wird dadurch die tatrichterliche Feststellung des Berufungsgerichts nicht erschüttert.
Auch die Annahme des Berufungsgerichts, ein Verbraucher werde aufgrund der in Rede stehenden Anzeige nur ausnahmsweise die Vorstellung erhalten, den Kaufpreis zu 100 % zu den angegebenen Bedingungen finanzieren zu können, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision rügt insoweit, es sei nicht ersichtlich, worauf sich diese Annahme stütze. Bei der Würdigung einer sich an das breite Publikum richtenden Anzeige brauchte das Berufungsgericht indessen nicht ausdrücklich hervorzuheben, daß sich seine Feststellungen zur Verkehrsauffassung auf die eigene Sachkunde gründen.
c)
Für die Prüfung in der Revisionsinstanz kann mangels eines entsprechenden Vorbringens auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger unter seinen Mitgliedern eine ausreichende Zahl von Gewerbetreibenden hat, die Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie der Beklagte vertreiben. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, so steht dem Kläger wegen der beanstandeten Werbung ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch nicht mehr zur Seite. Infolge der Doppelnatur der Verbandsklagebefugnis als Prozeßführungsrecht und als materielle Anspruchsvoraussetzung fehlt einem Verband, der nach dem Inkrafttreten des UWG-Änderungsgesetzes nicht (mehr) über die notwendige Zahl von Mitgliedern verfügt, für die Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes nicht nur die Prozeßführungs-, sondern auch die Sachbefugnis (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, GRUR 1996, 804, 805 = WRP 1996, 1034 - Preisrätselgewinnauslobung III).
2.
Der Umstand, daß der Kläger einen aufgrund des beanstandeten Verhaltens in Betracht kommenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Wegfalls der Sachbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG n.F. nicht mehr verfolgen könnte, läßt es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) grundsätzlich gerechtfertigt erscheinen, daß der Beklagte sich von der vertraglichen Unterlassungs- und Zahlungsverpflichtung lösen kann. Ihm ist ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zuzubilligen, das allerdings nur für die Zukunft wirkt.
a)
Das UWG-Änderungsgesetz von 1994 enthält keine Regelung darüber, ob derjenige, dessen gesetzlicher Unterlassungsanspruch durch die Änderung des § 13 Abs. 2 UWG entfallen ist, in Zukunft weiterhin aus bestehenden Unterwerfungsverträgen vorzugehen berechtigt ist. Die Frage nach den Auswirkungen dieser Änderung auf bestehende Altverträge , die der Senat bislang ausdrücklich offengelassen hat (BGH, Urt. v. 18.10.1995 - I ZR 4/94, GRUR 1996, 292, 293 re. Sp. oben = WRP 1996, 194 - Aknemittel), bestimmt sich daher nach den allgemeinen von der Rechtsprechung entwickelten Regeln über eine im Ausnahmefall mögliche Lösung der vertraglichen Bindung. Dabei geht es - entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung - nicht um eine Rückwirkung der Gesetzesänderung; denn eine Veränderung der vertraglichen Verpflichtungen, die zwischen den Parteien vor dem 1. August 1994 galten, steht nicht in Rede (vgl. dazu BGH GRUR 1996, 292, 293 - Aknemittel).
b)
Ein Unterwerfungsvertrag kann wie jedes andere Dauerschuldverhältnis grundsätzlich auch ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung aus wichtigem Grunde gekündigt werden (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., Einl. UWG Rdn. 296; Großkomm/Köhler, vor § 13 UWG Rdn. B 89; Petersen, GRUR 1978, 156, 157 f.; Völp, GRUR 1984, 486, 490). Voraussetzung für eine solche außerordentliche Kündigung ist, daß dem Schuldner die weitere Erfüllung des Vertrages unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann (st. Rspr.; BGHZ 41, 104, 108; BGH, Urt. v. 10.5.1984 - I ZR 94/82, GRUR 1984, 754, 756 - Gesamtdarstellung rheumatischer Krankheiten; Urt. v. 2.2.1989 - IX ZR 182/87, NJW 1989, 1482, 1483; Urt. v. 2.5.1991 - I ZR 184/89, GRUR 1992, 112, 114 - pulp-wash).
An das Vorliegen eines Kündigungsgrundes sind dabei nicht notwendig die strengen Anforderungen zu stellen, die für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage gelten. Die Kündigung aus wichtigem Grund und der Wegfall der Geschäftsgrundlage haben zwar ihre Grundlage übereinstimmend in den Treuepflichten der Vertragsparteien zueinander; sie setzen jeweils voraus, daß einem Vertragspartner die (weitere) Erfüllung der vertraglichen Pflichten nicht zugemutet werden kann. Dennoch unterscheiden sich beide Institute im Anwendungsbereich und im Zumutbarkeitsmaßstab. Die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses stellt - anders als eine Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage - ein vertragsimmanentes Mittel zur Auflösung der Vertragsbeziehung dar; denn es geht um die Ausübung des in jedem auf längere Zeit geschlossenen Vertrag angelegten, im Kern nicht abdingbaren Kündigungsrechts, das sich im allgemeinen nur auf Gründe stützen kann, die im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.1991 - IV ZR 130/90, NJW 1991, 1828, 1829, Urt. v. 29.11.1995 - XII ZR 230/94, NJW 1996, 714; Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 241 Rdn. 9). Das Kündigungsrecht trägt damit auch dem Umstand Rechnung, daß sich bei einem auf Dauer angelegten Vertragsverhältnis im Laufe der Zeit unvorhergesehene Umstände einstellen können, die die Parteien - wären sie ihnen bekannt gewesen - bei Vertragsschluß berücksichtigt hätten. Der Grundsatz, daß geschlossene Verträge einzuhalten sind, wird hierdurch nicht unmittelbar berührt. Dagegen begründet die Auflösung eines Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine außerhalb des Vertrages liegende, von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, sich von den vertraglich übernommenen Verpflichtungen zu lösen. Die Auflösung (oder Anpassung) eines Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage muß zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweislich erscheinen (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1990 - I ZR 233/88, GRUR 1990, 1005, 1007 - Salome I; Urt. v. 18.1.1996 - I ZR 65/94, GRUR 1996, 763, 764 - Salome II; Urt. v. 4.7.1996 - I ZR 101/94 - Klimbim, Umdr. S. 22, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; vgl. zum Verhältnis zwischen Wegfall der Geschäftsgrundlage und Kündigung aus wichtigem Grund Soergel/Teichmann aaO. § 242 Rdn. 270; Haarmann, Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Dauerrechtsverhältnissen, 1979, S. 127 ff.).
c)
Der Wegfall des dem vertraglich vereinbarten Verbot zugrunde liegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs bildet einen wichtigen Grund, der die Kündigung des Unterlassungsvertrages wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung rechtfertigt.
aa)
Der nachträgliche Wegfall der Sachbefugnis durch das UWG-Änderungsgesetz ist grundsätzlich ein - der Sphäre des Gläubigers zuzurechnender - Umstand, den die Parteien des Unterlassungsvertrages bei Vertragsschluß berücksichtigt hätten, wenn er ihnen bekannt gewesen wäre. Ein wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgemahnter Gewerbetreibender verfolgt mit der Unterwerfungserklärung den Zweck, die drohende gerichtliche Durchsetzung des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs zu vermeiden. Dabei kann der durch die Annahme der Erklärung zustandekommende Unterlassungsvertrag den Charakter eines Vergleichs (§ 779 BGB) haben, wenn der Schuldner zwar auf dem Standpunkt steht, sich nicht wettbewerbswidrig verhalten zu haben, gleichwohl eine - kostenintensive - gerichtliche Klärung dieser Streitfrage scheut. Daß dem Abmahnenden bei Bejahung eines Wettbewerbsverstoßes ein Unterlassungsanspruch zusteht, steht dagegen zwischen den Parteien des Unterlassungsvertrags im allgemeinen außer Streit.
bb)
Für die Frage der Zumutbarkeit ist ferner zu berücksichtigen, daß der Gläubiger - im Streitfall der klagende Verband - kein schützenswertes Interesse an der Vertragsfortsetzung, insbesondere an der Erfüllung des Vertragsstrafeversprechens, hat. Mit Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß der Gesetzgeber mit dem UWG-Änderungsgesetz die Verfolgung von Bagatellverstößen durch Wettbewerbsvereine unterbinden wollte (vgl. Amtl. Begründung des Entwurfs eines UWG-Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 12/7345 S. 4, 5 f., 10 ff. u. 14). Diesem Ziel dienen sowohl die neu eingeführte Spürbarkeitsschwelle als auch das Erfordernis, daß ein Verband nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu seinen Mitgliedern eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden zählen muß, die auf demselben Markt (wie der Verletzer) tätig sind. Denn sowohl die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, die für das Wettbewerbsgeschehen insgesamt oder für einzelne Mitbewerber allenfalls eine marginale Bedeutung haben, als auch das Tätigwerden von Wettbewerbsvereinen in Fällen, in denen Mitgliederinteressen nicht in nennenswertem Umfang berührt werden, hat der Gesetzgeber als einen Mißstand angesehen, den er bekämpfen wollte. Diesem mit der UWG-Novelle 1994 verfolgten Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn den Wettbewerbsvereinen die Möglichkeit eingeräumt wäre, mit Hilfe von bestehenden Unterlassungsverträgen Bagatellverstöße oder Verstöße, die jedenfalls die Interessen ihrer Mitglieder nicht nennenswert berühren, in großem Umfang weiterzuverfolgen.
cc)
Daß die Vertragsfortsetzung für den Schuldner der Altunterwerfung in Fällen der genannten Art unzumutbar erscheint, gründet sich ferner - worauf das Berufungsgericht ebenfalls mit Recht hinweist - darauf, daß im Falle des Vorliegens eines Unterlassungstitels die Möglichkeit besteht, die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO für unzulässig erklären zu lassen.
Für die Frage, ob die nach einem Wettbewerbsverstoß abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung ausreicht, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen, wird mit Recht auf die Parallele zum gerichtlichen Unterlassungstitel verwiesen, den der Gläubiger erstreiten kann, wenn sich der Schuldner nicht unterwirft. Denn die Unterwerfung dient der außergerichtlichen Streiterledigung und soll dem Gläubiger ein Mittel an die Hand geben, das dem Vollstreckungstitel zwar nicht gleichsteht, als Sanktionsmittel aber vergleichbare Wirkungen hat (vgl. BGHZ 130, 288, 294 - Kurze Verjährungsfrist; ferner Teplitzky, WRP 1996, 171 ff. und WRP 1996, 1004, 1006). Daraus folgt, daß der Gläubiger an der Fortsetzung des Unterlassungsvertrages dann kein schützenswertes Interesse haben kann, wenn ein entsprechender Unterlassungstitel mit der Vollstreckungsabwehrklage aus der Welt geschafft werden könnte. Dies ist aber der Fall, wenn das UWG-Änderungsgesetz die Sachbefugnis eines Vollstreckungsgläubigers hat entfallen lassen.
Ohne Erfolg verweist die Revision demgegenüber auf die Ansicht, daß eine nachträgliche Gesetzesänderung die Vollstreckungsabwehrklage nicht begründen könne (vgl. etwa MünchKomm/K. Schmidt, ZPO, § 767 Rdn. 70). Anders als der auf eine einmalige Leistung, etwa auf Zahlung eines bestimmten Betrages, gerichtete Titel wirkt ein Titel auf wiederkehrende Leistungen, namentlich ein Unterlassungstitel, in die Zukunft und kann in dieser Wirkung von einer späteren Gesetzesänderung betroffen sein. Mit Recht wird daher angenommen, daß die Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel für unzulässig erklärt werden kann, wenn das dem Titel zugrundeliegende Verbot durch eine Gesetzesänderung weggefallen ist (BGHZ 70, 151, 157; BGH, Urt. v. 15.4.1977 - IV ZR 125/76, FamRZ 1977, 461, 462; Schuschke, Achtes Buch der ZPO, Band I, § 767 Rdn. 22; Völp aaO. S. 488). Entsprechendes muß gelten, wenn durch die Änderung zwar nicht das Verbot, aber die Sachbefugnis eines bestimmten Gläubigers entfällt (KG GRUR 1995, 149; Engler, NJW 1995, 2185, 2186; Melullis, Festschrift für Piper, 1996, S. 375, 377; Ulrich, WRP 1995, 86, 87 f.; anders für den Fall des fehlenden Mitgliederbestandes KG GRUR 1995, 150). Entgegen der Auffassung der Revision ist damit keine Rückwirkung der Gesetzesänderung verbunden; denn die Vollstreckung aus dem bestehenden Titel kann lediglich für die Zeit ab der Gesetzesänderung für unzulässig erklärt werden (vgl. Münzberg, WRP 1990, 425 f.).
dd)
Die Revision wendet weiter ohne Erfolg ein, es könne für den Schuldner nicht unzumutbar sein, ein Verhalten zu unterlassen, das nach wie vor als wettbewerbswidrig anzusehen sei. Dieser Einwand, der auch in der Rechtsprechung und im Schrifttum gegen die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage ins Feld geführt wird (OLG Saarbrücken NJWE-WettbR 1996, 184, 185; Teplitzky, WRP 1995, 275, 276 f., Köhler in Köhler/Piper, vor § 13 UWG Rdn. 166; Melullis aaO. S. 381 f.; vgl. auch Rieble, GRUR 1995, 252, 259), ist jedenfalls für die Frage einer Kündigung des Unterlassungsvertrags aus wichtigem Grund nicht begründet.
Das Interesse des Schuldners an einer Auflösung des Vertrages hat zwar in den Fällen noch mehr Gewicht, in denen das der Unterwerfung zugrundeliegende Verbot vom Gesetzgeber vollständig aufgehoben worden ist. So wäre es im Blick auf die (zulässigen) Werbemöglichkeiten seiner Mitbewerber für einen Kaufmann unzumutbar, an einem - vor dem 1. August 1994 begründeten - vertraglichen Verbot der Werbung mit mengenmäßigen Beschränkungen oder an einem Verbot der Eigenpreisgegenüberstellung (§ 6 d und § 6 e UWG a.F.) festgehalten zu werden (vgl. für den Fall der Änderung der Rechtsprechung BGH, Urt. v. 21.4.1983 - I ZR 201/80, GRUR 1983, 602, 603 = WRP 1983, 609 - Vertragsstraferückzahlung). Den Änderungen des § 13 Abs. 2 UWG durch das UWG-Änderungsgesetz liegt indessen die Vorstellung zugrunde, das gesetzgeberische Ziel, der gewerblichen Wirtschaft verlorene Freiräume durch Deregulierung wiederzuverschaffen, könne bereits dadurch erreicht werden, daß der als mißbräuchlich angesehenen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen ein Riegel vorgeschoben werde (Amtl. Begründung aaO. S. 4 u. 10 f.). Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, daß Verstöße, die allenfalls eine marginale Wirkung auf das Wettbewerbsgeschehen haben, häufig nur von Wettbewerbsvereinen, deren Mitglieder durch die fragliche Werbung nicht nennenswert berührt wurden, und von Mitbewerbern verfolgt wurden, die zu den Inanspruchgenommenen in keinem konkreten Wettbewerbsverhältnis standen. Durch die Einschränkung der Sachbefugnis dieser Anspruchsberechtigten wollte der Gesetzgeber eine gewisse Liberalisierung erreichen, ohne die Rechte des unmittelbar betroffenen Wettbewerbers beschneiden zu müssen. Stünde dem Schuldner eines entsprechenden Unterlassungsvertrages nicht die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund offen, käme ihm der durch die Gesetzesänderung - faktisch - geschaffene Freiraum nicht zugute. Er wäre insofern gegenüber seinen lediglich dem Gesetz unterworfenen Mitbewerbern benachteiligt.
ee)
Auch der von der Revision und im Schrifttum (vgl. Teplitzky, WRP 1995, 275, 276 f.; Rieble, GRUR 1995, 252, 259; Melullis aaO. S. 383; Köhler in Köhler/Piper aaO.) angeführte Gesichtspunkt der Drittwirkung von Unterwerfungserklärungen läßt die Vertragsfortsetzung nicht zumutbar erscheinen.
Zutreffend ist allerdings, daß die vom Beklagten im Januar 1993 abgegebene Unterwerfungserklärung - nach den damaligen Maßstäben zu urteilen - auch im Verhältnis zu anderen Berechtigten die Wiederholungsgefahr hat entfallen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.1982 - I ZR 121/80, GRUR 1983, 186 f. = WRP 1983, 264 - Wiederholte Unterwerfung I). Maßgeblich hierfür waren allein die Umstände des Einzelfalls; insbesondere war zum damaligen Zeitpunkt zu fragen, ob die Erklärung geeignet erschien, den Versprechenden ernsthaft von Wiederholungen abzuhalten. Auf die Zukunft bezogen bedarf es hierbei immer einer Prognose: Ist zum Beispiel zu erwarten, daß ein Wettbewerber, dem gegenüber sich der Verletzer unterworfen hat, alsbald sein Geschäft einstellt oder daß ein Wettbewerbsverein kaum über die Mittel verfügen wird, seine Tätigkeit über längere Zeit aufrechtzuerhalten, so läßt die Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr in der Regel nicht entfallen. Bestehen aber - bezogen auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung - keine derartigen Zweifel, entfällt die Wiederholungsgefahr, auch wenn sich die Prognose später als unrichtig erweisen sollte. Um einen solchen (seltenen) Fall, in dem sich die getroffene Prognoseentscheidung nicht bestätigt, handelt es sich, wenn ein Unterlassungsvertrag im Hinblick auf den gesetzlich geregelten Wegfall der Sachbefugnis des Gläubigers gekündigt wird. Denjenigen Wettbewerbern und anderen Berechtigten, deren Unterlassungsansprüche infolge der Unterwerfung erloschen waren, kann nunmehr entweder ein vorbeugender Unterlassungsanspruch oder - im Falle einer erneuten Verletzungshandlung - ein auf eine neue Wiederholungsgefahr gegründeter Anspruch zustehen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl., Kap. 8 Rdn. 67). Allein der Umstand, daß sie im Blick auf die vorher abgegebene Altunterwerfung selbst keine Unterwerfung oder keinen Titel erlangen konnten und jetzt neu vorgehen müssen, rechtfertigt es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten nicht, dem Schuldner die Kündigungsmöglichkeit zu versagen.
d)
Im Streitfall kann die Kündigung auf die geltend gemachte Vertragsstrafe allerdings keinen Einfluß haben. Dabei kommt es auf die Frage, innerhalb welcher Frist in Fällen der vorliegenden Art gekündigt werden muß (vgl. dazu Urteil vom selben Tag in der Sache I ZR 194/95 - Altunterwerfung II), nicht an. Denn die Kündigung kann als ein dem Kündigenden zustehendes Gestaltungsrecht nur zu einer Beendigung des Schuldverhältnisses für die Zukunft führen. Vorliegend hat der Beklagte den Unterlassungsvertrag zeitlich erst nach dem - behaupteten - Verstoß vom 27. August 1994 fristlos gekündigt, nämlich in der Klageerwiderung vom 24. November 1994. Die Unterlassungsverpflichtung hatte danach ebenso wie das Vertragsstrafeversprechen bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses Gültigkeit, so daß in der Vergangenheit verwirkte Vertragsstrafen grundsätzlich zu entrichten sind.
Es kommt deshalb auf die - vom Berufungsgericht offengelassene - Frage an, ob der Beklagte der Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt hat.
3.
Das angefochtene Urteil kann auch nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung Bestand haben. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit einem Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums (KG GRUR 1995, 144; LG Frankfurt WRP 1995, 67; LG München I WRP 1996, 810, 811; Wiebe, WRP 1995, 75, 80 ff.; Ulrich, WRP 1995, 86 f.; so wohl auch Engler, NJW 1995, 2185, 2188 f.; Baumbach/Hefermehl aaO. § 13 UWG Rdn. 33c) angenommen, daß durch die Gesetzesänderung ein Wegfall der Geschäftsgrundlage eingetreten sei und die durch die Unterwerfung begründeten Verpflichtungen des Beklagten damit ohne weitere Gestaltungserklärung von selbst entfallen seien. Ein Wegfall der vertraglichen Verpflichtung allein aufgrund der Gesetzesänderung kommt indessen nicht in Betracht.
Wie bereits dargelegt, sind an die Vertragsauflösung aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage strengere Anforderungen zu stellen als an die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses. Ob diese Anforderungen im Streitfall erfüllt sind, bedarf indessen keiner Entscheidung. Denn auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage kann bei einem Dauerschuldverhältnis nach allgemeiner Auffassung lediglich ein außerordentliches Kündigungsrecht begründen; kommt eine Anpassung nicht in Betracht und wird die für die Auflösung des Vertragsverhältnisses notwendige Gestaltungserklärung nicht abgegeben, besteht das Vertragsverhältnis mit den dort begründeten Rechten und Pflichten in der Regel fort (vgl. BGHZ 101, 143, 150; BGH, Urt. v. 22.1.1993 - V ZR 165/91, NJW 1993, 1641, 1642).
Dies hat an sich auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Es hat jedoch im Anschluß an eine im Schrifttum vertretene Auffassung (vgl. Wiebe, WRP 1995, 75, 84) gemeint, auf das Erfordernis einer Kündigung im Blick auf die Einseitigkeit der Verpflichtung verzichten zu können. Dem kann nicht beigetreten werden.
Die rechtsgestaltende Erklärung der Kündigung dient der Rechtssicherheit. Ihre Notwendigkeit für eine Auflösung des Vertrages wird außerhalb des Wettbewerbsrechts in der Rechtsprechung nicht mehr in Frage gestellt und auch im Schrifttum ganz überwiegend bejaht (vgl. Soergel/Teichmann aaO. § 242 Rdn. 270; Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 242 Rdn. 132; Staudinger/J. Schmidt, BGB (1995), § 242 Rdn. 950 u. 1392 f.; Haarmann aaO. S. 103 ff. u. 135 f.; a.A. MünchKomm/Roth, BGB, 3. Aufl., § 242 Rdn. 552a, vgl. aber auch Rdn. 583). Allein der Gesichtspunkt, daß es einfacher und praktikabler erscheint, die Ansprüche aus Altunterwerfungen mit der Gesetzesänderung ipso iure entfallen zu lassen, rechtfertigt es nicht, einen bestehenden Vertrag ohne gestaltende Erklärung als hinfällig zu betrachten. Eine derartige Ausnahmeregel müßte Geltung auch für andere Fallkonstellationen beanspruchen, in denen der zugrundeliegende gesetzliche Unterlassungsanspruch durch eine Veränderung der tatsächlichen Umstände erlischt - beispielsweise durch eine möglicherweise nur vorübergehende Veränderung von Zahl und Zusammensetzung der Mitglieder des Verbandes, der Gläubiger der Unterlassungsverpflichtung war. Das Erfordernis der Kündigungserklärung dient vor allem in den Fällen der Rechtssicherheit, in denen unklar ist, ob die tatsächlichen Umstände eine Lösung vom Unterlassungsvertrag erlauben. Aufgrund der Kündigung hat der Gläubiger die Möglichkeit, eine Klärung herbeizuführen, bevor es zu weiteren Verstößen kommt. Schließlich sind die Interessen anderer Unterlassungsgläubiger zu bedenken, deren Ansprüche durch die Unterwerfungserklärung erloschen sind. Das Erfordernis der Kündigung bedeutet, daß sich der Schuldner entscheiden muß, ob er an dem Unterlassungsvertrag festhalten möchte oder nicht. Spricht er die Kündigung aus, macht er damit deutlich, daß nunmehr die Gefahr eines erneuten Wettbewerbsverstoßes besteht; ein unmittelbar betroffener Wettbewerber oder ein Verband, dessen Klagebefugnis außer Frage steht, kann daraus gegebenenfalls einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch herleiten (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl., Kap. 8 Rdn. 67). Daraus ergibt sich weiter, daß es sich im Einzelfall für den Schuldner auch als vorteilhaft erweisen kann, an dem bestehenden Unterlassungsvertrag festzuhalten, wenn andernfalls die Gefahr einer Inanspruchnahme durch Dritte bestünde.
4.
Das die Klage abweisende Berufungsurteil könnte sich allerdings dann als zutreffend erweisen, wenn dem Kläger die Berufung auf den vertraglichen Vertragsstrafeanspruch ausnahmsweise als unzulässige Rechtsausübung verwehrt wäre. Dies läßt sich indessen noch nicht abschließend beurteilen.
a)
Kann sich der Schuldner eines Unterwerfungsvertrages im allgemeinen nur durch fristlose Kündigung von der übernommenen vertraglichen Verpflichtung lösen, kann es doch im Einzelfall rechtsmißbräuchlich sein, wenn sich der Gläubiger auf ein nicht rechtzeitig gekündigtes Vertragsstrafeversprechen beruft. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn der vertraglich gesicherte gesetzliche Unterlassungsanspruch dem Gläubiger aufgrund der erfolgten Gesetzesänderung unzweifelhaft, d.h. ohne weiteres erkennbar, nicht mehr zusteht.
Hierunter fallen zum einen die Fälle, in denen die vertragliche Verpflichtung allein der Sicherung eines vom Gesetzgeber aufgehobenen Verbots - etwa dem Verbot der Werbung mit mengenmäßigen Beschränkungen oder der Eigenpreisgegenüberstellung (§§ 6 d, 6 e UWG a.F.) - dient; unter Umständen sind hierunter auch die Fälle einer beachtlichen Rechtsprechungsänderung zu zählen. Zum anderen ist einem Gläubiger die Geltendmachung des vertraglichen Anspruchs dann aus Treu und Glauben verwehrt, wenn seine Sachbefugnis aufgrund der Änderung des § 13 Abs. 2 UWG eindeutig entfallen ist, weil er selbst (Nr. 1) oder seine Mitglieder (Nr. 2) auf dem einschlägigen Markt überhaupt nicht tätig sind oder weil er als Verband - die im Gesetz angesprochenen gewerblichen Interessen tatsächlich nicht mehr verfolgt.
Im Streitfall besteht zwar der gesetzliche Unterlassungsanspruch des Klägers nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts mangels hinreichender Eignung zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht mehr. Die Frage nach der Spürbarkeit des Verstoßes im Wettbewerb kann indessen nicht derart eindeutig beantwortet werden, daß einem Gläubiger die Berufung auf den vertraglich gesicherten Anspruch bereits als rechtsmißbräuchlich entgegengehalten werden könnte. Anders kann es sich aber verhalten, wenn ein Verband seine Prozeßführungs- und Sachbefugnis für den gesetzlichen Unterlassungsanspruch durch die Novelle deshalb unzweifelhaft verloren hat, weil er unter seinen Mitgliedern auch bei Anlegen eines großzügigen Maßstabs keine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden hat, die ihre Waren oder Leistungen auf demselben Markt wie der Schuldner anbieten. Es stünde weder mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel (Amtl. Begründung zum UWG-Änderungsgesetz aaO. S. 4 u. 10 f.) noch mit der Funktion der Unterwerfungserklärung als eines in seinen Wirkungen dem gerichtlichen Unterlassungstitel angenäherten Instruments in Einklang, wenn der seiner Sach- und Prozeßführungsbefugnis durch die Gesetzesänderung eindeutig entledigte Gläubiger für vor der Kündigung liegende Verstöße noch Vertragsstrafe beanspruchen könnte.
b)
Der Kläger hat bislang nichts zum Fortbestand seiner Prozeßführungs- und Sachbefugnis vorgetragen, obwohl hierzu mit Blick auf die Möglichkeit einer unzulässigen Rechtsausübung, die bei prozessualem Schweigen zu dieser allein von ihm aufzuklärenden Frage nahegelegt wird, Anlaß bestanden hätte. Dem Senat ist gleichwohl unter den gegebenen Umständen eine abschließende, die K
Fundstellen
Haufe-Index 1456517 |
BGHZ, 316 |
NJW 1997, 1702 |
NWB 1997, 514 |
GRUR 1997, 382 |
ZIP 1997, 331 |
JZ 1997, 900 |
MDR 1997, 569 |
ZBB 1997, 269 |