Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsbedürftigkeit einer Grundschuldbestellung
Leitsatz (redaktionell)
Die Begründung einer Grundschuld (Bürgschaft, Darlehen, Kaufpreisschuld) ist auch dann kein der Zustimmung des anderen Ehegatten bedürftiges Rechtsgeschäft, wenn sie zur Heranziehung des ganzen Vermögens führt; salvatorische Klausel bei der Sicherung eines Kredits durch Grundschuldbestellung und Bürgschaftsverpflichtung; Einrede der Arglist gegenüber einer Berufung auf § 139 BGB; Wirksamkeit der formlosen Einschränkung einer schriftlichen Bürgschaftsverpflichtung.
Normenkette
BGB §§ 139, 766, 1365
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. März 1981 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Ende Januar 1978 löste die Klägerin als neue Hausbank der Firma Gebrüder H… m…-bau-bedarf GmbH & Co. KG (im folgenden: Firma H…), deren eine Million DM übersteigende Verbindlichkeiten gegenüber einer anderen Bank ab und verhandelte über einen weiteren Kredit. Laut Schreiben der Klägerin vom 26. Januar 1978 an die Firma H… war „als Sicherheit für das gesamte Kreditengagement” unter anderem eine „Bürgschaft ihres Mitarbeiters Josef Ha… (des Beklagten), zu unterlegen durch eine an dem Wohngrundstück des Herrn Ha… noch einzutragende Grundschuld in Höhe von DM 150.000”, vorgesehen.
Am 30. Januar 1978 bewilligte und beantragte der im gesetzlichen Güterstand lebende Beklagte zu Gunsten der Klägerin die Eintragung einer Grundschuld von 150.000 DM nebst 14% Zinsen ab Eintragung auf seinem 1016 qm großen Grundstück mit Einfamilienhaus samt Einliegerwohnung zur Sicherung „aller bestehenden und künftigen, auch bedingten Forderungen”, der Bank gegen ihn selbst sowie gegen die Firma H… Ziffer 7 der Grundschuldbestellung lautet:
„Sollten Erklärungen in dieser Urkunde ganz oder teilweise der Rechtswirksamkeit ermangeln oder …, so sollen dennoch die übrigen Erklärungen wirksam bleiben”.
In einer am 1. Februar 1978 unterzeichneten Urkunde übernahm der Beklagte die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Forderungen der Klägerin gegen die Firma H… aus ihrer Geschäftsverbindung (insbesondere aus laufender Rechnung, Krediten und Darlehen jeder Art) bis zum Betrage von 150.000 DM und für die auf die Bürgschaftssumme entfallenden Zinsen, Provisionen und Kosten. In dieser Urkunde ist auch bestimmt:
„Sollten die Bestimmungen der Bürgschaftserklärung ganz oder teilweise der Rechtswirksamkeit ermangeln oder …, so sollen dennoch die übrigen Bestimmungen wirksam bleiben.”
Am selben Tage erkannte die Firma H… an, von der Klägerin Darlehen in Höhe von 200.000,– DM und 800.000,– DM erhalten zu haben.
Am 8. Februar 1978 bat das Grundbuchamt unter Hinweis auf § 1365 BGB den Beklagten, die Zustimmung seiner Ehefrau zur Eintragung der Grundschuld nachzureichen. Die Ehefrau gab die geforderte Erklärung nicht ab. Am 15. Juni 1978 versicherte der Beklagte in einem an das Grundbuchamt gerichteten Schreiben, daß der Wert seines Hausgrundstücks 265.000 DM betrage und daß er über zwei PKW und zusätzliche Ersparnisse von ca. 20.000 DM verfüge; daher sei die Zustimmung seiner Ehefrau gemäß § 1365 BGB nicht erforderlich. Am 28. Juni 1978 wurde die Grundschuld nach zwei anderen noch mit etwa 34.000 DM valutierten Grundschulden im Grundbuch eingetragen.
Am 24. November 1978 wurde über das Vermögen der Firma H… das Konkursverfahren eröffnet. Nach dem Vortrag der Klägerin steht ihr nach teilweiser Befriedigung aus ihren Sicherheiten noch eine Forderung von 464.287,76 DM zu. Der Klage auf Zahlung von 10.000 DM aus der Bürgschaft gab das Landgericht statt. Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage gegen den Antrag der Klägerin ab; deren Anschlußberufung mit dem Antrag, ihr weitere 31.000 DM zuzuerkennen, wies es zurück. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre im zweiten Rechtszug gestellten Anträge weiter. Der Beklagte bittet, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
Das Berufungsgericht hält die Klage und die Anschlußberufung für unbegründet, weil die Grundschuldbestellung nach §§ 1365, 1366 BGB unwirksam und die Bürgschaftsverpflichtung als Teil eines einheitlichen die Grundschuldbestellung umfassenden Rechtsgeschäfts gemäß § 139 BGB nichtig sei.
Das trifft nach den bisherigen Feststellungen nicht zu.
1. Dem Zusammenhang der Gründe des Berufungsurteils ist die Meinung des Tatrichters zu entnehmen, daß die Begründung einer Bürgschaftsverpflichtung, hier die Hingabe der Bürgschaftsurkunde vom 1. Februar 1978 an die Klägerin, selbst dann kein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 1365 Abs. 1 BGB sei, wenn der Ehegatte sich über den Wert seines gesamten Vermögens hinaus verbürgt habe, also zur Erfüllung sein ganzes Vermögen herangezogen werden müßte. Das ist richtig. Der Wortlaut der Vorschrift läßt keine andere Auffassung zu. Das Eingehen einer Geldschuld (Bürgschaft, Darlehen, auch Kaufpreisschuld) ist weder eine Verfügung noch die Verpflichtung, über bestimmte das ganze oder nahezu das ganze Vermögen verkörpernde Gegenstände zu verfügen (allgemeine Meinung: MünchKomm/Gernhuber § 1365 Rz. 41; Staudinger/Thiele BGB 12. Aufl. § 1365 Rz. 6, jeweils mit weiteren Nachweisen; abweichend nur Hägele in Rechtspfleger 1959, 242, 247 und Mülke in AcP 161, 129, 131, 144). Hier versagt die Berufung auf den Zweck der Norm, nämlich die wirtschaftliche Grundlage der Familie zu erhalten und den künftigen Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten vor einer Gefährdung zu schützen (vgl. BGHZ 35, 135, 137 m. Nachw.). Nach der engen Fassung des § 1365 BGB ist den Erfordernissen des reibungslosen Rechtsverkehrs bei Eingehung von Geldverbindlichkeiten der Vorrang eingeräumt.
2. Es kann offen bleiben, ob die Bestellung der Grundschuld an dem Grundstück des Beklagten mangels Zustimmung seiner Ehefrau nach §§ 1365, 1366 BGB unwirksam ist und ob die Bürgschaftsverpflichtung und die Belastung mit dem Grundpfandrecht Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäftes sind.
Die Nichtigkeit auch der Bürgschaft nimmt das Berufungsgericht an, weil nicht festzustellen sei, daß die Parteien den Bürgschaftsvertrag auch dann abgeschlossen hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Grundschuld bei Vornahme des Geschäfts bekannt gewesen wäre. Die Klägerin wäre an dem Beklagten als Bürgen nicht interessiert gewesen, wenn sie gewußt hätte, daß er die Grundschuld nicht wirksam bestellen könne. Bei Kenntnis dieses Unvermögens wäre die Klägerin zur Gewährung der im Schreiben vom 26. Januar 1978 vorgesehenen Kredite nicht bereit gewesen. Da die Kreditgewährung demgemäß mit der Grundschuld habe stehen und fallen sollen, habe ihre Unwirksamkeit die Unwirksamkeit der gesamten Kreditvereinbarung zur Folge.
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat die im Tatbestand wiedergegebenen salvatorischen Klauseln sowohl in der Bewilligung vom 30. Januar 1978 als auch in der Bürgschaftsurkunde vom 1. Februar 1978 übersehen. Gerade wenn man trotz des äußeren Anscheins zweier selbständiger Rechtsgeschäfte von dem Abschluß eines einheitlichen, weil der Sicherung des Kreditengagements der Klägerin bei der Firma H… dienenden Rechtsgeschäfts und von der Unwirksamkeit der Grundschuldbestellung ausgeht, müssen die Klauseln beachtet werden. Sie sind möglicherweise keine sich auf die Bürgschaftserklärung oder die Grundschuldbestellung beschränkende Regelungen, sondern könnten für das einheitliche Kreditsicherungsgeschäft maßgebend sein. In diesem Fall ließe die Unwirksamkeit einer Sicherung, etwa der Grundschuld, die andere Sicherung der Gläubigerin, die Bürgschaft, unberührt. Das entspräche auch der Interessenlage des kreditgebenden Gewerbes (vgl. BGH Urteil vom 18. Oktober 1978 – VIII ZR 278/77 = NJW 1979, 646 = WM 1978, 1267). Die Auffassung, die Klägerin habe eine Sicherheit für den tatsächlich am 1. Februar 1978 ausbezahlten Kredit aufgeben wollen, wenn eine andere an sich stärkere Sicherung nicht wirksam werde, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Das rügt die Revision mit Recht. Der Klägerin müßte gerade dann an der Bürgschaft gelegen sein, wenn die am 30. Januar 1978 bewilligte Grundschuld etwa mangels Eintragung im Grundbuch oder wegen Unwirksamkeit nach §§ 1365, 1366 BGB ihren Sicherungszweck verfehlen würde.
b) Außerdem hat das Berufungsgericht nicht beachtet, daß sowohl die Grundschuldbestellung als auch die Bürgschaftsverpflichtung allein im Interesse der Klägerin vereinbart worden sind. Wenn aber eine Partei sich auf die Nichtigkeit von einzelnen Bestimmungen, die nur dem Vorteil und dem Schutz der anderen Partei dienen sollen, und damit auf die nach § 139 BGB eintretende Nichtigkeit des ganzen Vertrages zu dem Zweck beruft, sich ihrer Vertragspflichten insgesamt zu entledigen, kann die andere Partei, die im übrigen am Vertrag festhalten will, dieser Berufung die Einrede der Arglist entgegensetzen (BGH NJW 1967, 245; WM 1971, 98, 99).
Da im Streitfall die möglicherweise nichtige Grundschuldbestellung und die Bürgschaft nur die Klägerin begünstigen und diese auch bei dem Vertrag stehen bleiben will, muß sich der Beklagte dem fügen. Er darf sich nicht auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Nichtigkeit einer Vertragsbestimmung nach § 139 BGB ergeben, zu dem Zweck berufen, um von seinen vertraglichen Pflichten loszukommen.
3. Nach alledem wird das angefochtene Urteil aufgehoben. Der Senat kann jedoch nicht in der Sache entscheiden. Der Beklagte hat vorgetragen, Zweck der Bürgschaft und Grundschuld sei es gewesen, der Firma H… über den seit langem bestehenden Kreditrahmen hinaus zusätzliche Kredite zu verschaffen. Der Kreditrahmen sei jedoch nur zu 75% ausgeschöpft gewesen und trotz der neuen vom Beklagten gestellten Sicherheiten nicht aufgestockt worden. Darin kann die Behauptung liegen, die Parteien hätten sich abweichend vom Inhalt der Bürgschaftsurkunde (vgl. dazu BGH NJW 1968, 393 = MDR 1968, 235) darauf geeinigt, daß der Beklagte für die Hauptschuld der Firma H… nicht einzustehen habe, soweit das ursprüngliche Kreditengagement nicht ausgeweitet worden sei. Feststellungen dazu und auch zur Höhe der Hauptforderung hat der Tatrichter nicht getroffen. Der Rechtsstreit wird deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Fundstellen