Entscheidungsstichwort (Thema)
Umlegungsverfahren nach der Reichsumlegungsordnung
Leitsatz (amtlich)
- Zu den Amtspflichten (hier: insbesondere Benachrichtigungspflichten) des Nachlaßgerichts bei der Eröffnung eines Erbvertrages.
- Zu den Amtspflichten, die wahrzunehmen sind, wenn sich bei der Bearbeitung einer Grundbuchsache herausstellt, daß ein erteilter Erbschein unrichtig ist.
Normenkette
BGB §§ 839, 2300a, 2263a, 2262, 2361, 852 Abs. 1, § 202; FGG n.F § 50 Abs. 1; GBO § 83
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Juni 1989 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszuges.
Tatbestand
Der am 30. Januar 1945 geborene Kläger ist der Enkel der Eheleute Johann Christian B. (geboren am ... 1873, verstorben am 20. April 1947) und Gertrud Bassage, geborene H. (geboren am 17. März 1880, verstorben am 26. März 1943). Aus der Ehe der Großeltern waren die Söhne Konrad B. (geboren am 6. Juli 1903, verwitwet und kinderlos verstorben im April 1945) und der Vater des Klägers, Heinrich B. (geboren am 24. September 1905, verstorben am 30. Juli 1984), hervorgegangen. Die Großeltern, deren Vermögen Grundstücke, die ihnen teils gemeinschaftlich, teils allein gehörten, sowie einen vom Großvater betriebenen Kohlenhandel umfaßte, hatten sich in einem notariellen Ehe- und Erbvertrag vom 24. August 1906 wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Dieser Vertrag blieb jedoch bis 1958 unbekannt; er wurde erst im Jahre 1958 vom Amtsgericht Mönchengladbach nach Ablauf der 50-Jahresfrist des § 2300 a BGB eröffnet. Der Großvater hatte in einem eigenhändigen Testament vom 3. März 1947 den Kläger zu seinem Alleinerben eingesetzt. Der Vater des Klägers wurde von seiner Ehefrau, der Mutter des Klägers, allein beerbt.
Aufgrund des Testaments vom 3. März 1947 erteilte das Amtsgericht Erkelenz am 5. März 1949 dem Kläger, der, vertreten durch seinen Vater, einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, einen Erbschein, der ihn als Alleinerben des Großvaters auswies. Der Vater beantragte im Jahre 1952 Erbscheine nach dem Tode seiner Mutter Gertrud B. (der Großmutter des Klägers) und seines Bruders Konrad B. In Unkenntnis des Erbvertrages vom 24. August 1906 erteilte das Amtsgericht Erkelenz am 3. Oktober 1952 diese Erbscheine nach Maßgabe der (damaligen) gesetzlichen Erbfolge, wonach Erben der Gertrud B. deren Ehemann Johann Christian B. zu 1/4 und deren Söhne Konrad und Heinrich B. zu je 3/8-Anteil, Erben des Konrad B. sein Vater Johann Christian B. und sein Bruder Heinrich B. zu je 1/2-Anteil geworden seien.
Nachdem der Erbvertrag im Jahre 1958 beim Amtsgericht Mönchengladbach eröffnet und an das zuständige Amtsgericht Erkelenz weitergeleitet worden war, ermittelte dieses zwar die Existenz des früheren Vorgangs, betreffend die Erbfolge nach Johann Christian B., nicht jedoch das spätere Erbscheinsverfahren nach Gertrud und Konrad B. aus dem Jahre 1952. Das beklagte Land hat zur Erklärung vorgetragen, das Namensverzeichnis zum Erbrechtsregister beim Amtsgericht Erkelenz sei im Jahre 1953 auf Karteikarten übertragen worden; dabei sei der Vorgang, betreffend den Großvater, richtig unter dem Namen "B.", der spätere Vorgang, betreffend die Großmutter und Konrad B., jedoch unter dem falsch geschriebenen Namen " P. ", vermerkt worden. Aus diesem Grund sei bei Durchsicht des Registers lediglich der Vorgang, betreffend Johann Christian B., nicht jedoch auch der andere Vorgang, ermittelt worden. Das Amtsgericht forderte den Vater des Klägers durch Übersendung eines Fragebogens zur Auskunft über den Nachlaß der Gertrud B. auf; der Vater erteilte diese Auskunft am 20. September 1958 dahin, daß der Nachlaß aus einem Grundstück mit dem Einheitswert von 5.000,00 DM sowie aus einem Kohlenhandel und einer Landwirtschaft bestehe.
Der Kläger lastet dem beklagten Land in diesem Zusammenhang an, daß die Akten über die Erteilung des Erbscheins nach Gertrud Bassage aus dem Jahre 1952 in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Erkelenz im Jahre 1958, betreffend den Erbvertrag, schuldhaft übersehen worden seien. Bei richtiger Sachbehandlung hätte schon damals festgestellt werden müssen, daß der im Jahre 1952 nach Gertrud B. erteilte Erbschein unrichtig gewesen sei. Das gesamte Vermögen der Gertrud Bassage sei auf den Großvater und von diesem auf ihn, den Kläger, übergegangen. Daher hätte das Nachlaßgericht die Bestellung eines Pflegers durch das Vormundschaftsgericht veranlassen müssen, der seine, des Klägers, Interessen gegenüber seinem Vater hätte wahrnehmen können. Wäre dies geschehen, so hätte der unrichtige Erbschein rechtzeitig eingezogen und der Bestand des Nachlasses nach beiden Großeltern festgestellt und gesichert werden können.
Seit 1937 befanden sich mehrere Grundstücke, die teils dem Vater, teils den Großeltern des Klägers gehörten, in einem Umlegungsverfahren. Die in diesem Verfahren erstellten Legitimationstabellen weisen den Grundbesitz des Vaters unter der Ordnungsnummer 59, den des Großvaters unter Nr. 60, den der Großmutter unter Nr. 60 A und den gemeinschaftlichen Grundbesitz beider Großeltern unter Nr. 60 B aus. Die Legitimationstabellen für den Grundbesitz der Großeltern enthalten den unrichtigen Vermerk, daß deren Alleinerbe der Vater des Klägers sei. Wann und auf welche Weise dieser Vermerk zustande gekommen ist, ist ungeklärt. Der Vater des Klägers erhielt eine Landabfindung, und zwar auch für die den Großeltern gehörenden Grundstücke. Dies wurde jedoch nur bei den Unterlagen eingetragen, die den Vater selbst betrafen. Der Umlegungsplan wurde im Jahre 1951 rechtskräftig. Unter dem 15. April 1951 ersuchte des Kulturamt Mönchengladbach das Grundbuchamt beim Amtsgericht Erkelenz um Grundbuchberichtigung entsprechend der Umlegung. Dabei wurde u.a. darauf hingewiesen, daß für die Grundstücke, die unter den Ordnungsnummern 60, 60 A und 60 B (Grundbesitz der Großeltern des Klägers) zusammengestellt seien, keine Landabfindung gegeben worden sei.
Der Kläger leitet auch aus diesem Sachverhalt Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüche gegen das Land her. Er macht geltend, durch fehlerhafte Sachbehandlung im Umlegungs- und Grundbuchberichtigungsverfahren um sein großelterliches Erbe gebracht worden zu sein. Außerdem trägt er vor, die schuldhaft unterbliebene Bestellung eines Pflegers im Jahre 1958 (s.o.) habe verhindert, daß der vorstehend geschilderte Sachverhalt schon damals habe aufgedeckt und die sich daraus ergebenden Ansprüche hätten realisiert werden können.
Einen weiteren Haftungstatbestand erblickt der Kläger darin, daß, obwohl in den Jahren 1975/1976 aus Anlaß eines von seinem Vater gestellten Grundbuchberichtigungsantrags von dem Amtsgericht Erkelenz die richtige Erbfolge festgestellt worden sei, der für das Grundbuchamt zuständige Rechtspfleger, der zugleich auch Nachlaßsachen bearbeitet habe, es unterlassen habe, auf die Einziehung und Berichtigung des unrichtigen Erbscheins vom 3. Oktober 1952, betreffend Gertrud B., hinzuwirken.
Der Kläger behauptet, er selbst habe erst im Jahre 1985 erfahren, daß er Alleinerbe beider Großeltern geworden sei. Vorher habe er lediglich Kenntnis von dem Testament des Großvaters aus dem Jahre 1947 und von dem auf den Großvater und den Vater ausgestellten Erbschein nach der Großmutter aus dem Jahre 1952 gehabt.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Ersatz des Verkehrswertes der großelterlichen Grundstücke, die seinerzeit Gegenstand des Umlegungsverfahrens gewesen waren, sowie von Sachverständigenkosten und Nutzungsverlusten, u.a. wegen des von seinem Vater nach dem Tod des Großvaters weiterbetriebenen Kohlenhandels. Seine Forderung hat er auf 2.023.952,23 DM nebst Zinsen beziffert. Hilfsweise hat er die Feststellung begehrt, daß das beklagte Land verpflichtet sei, ihm wegen der falschen Sachbehandlung der Nachlaßsachen, betreffend den Erbvertrag und den Erbschein nach der Großmutter aus den Jahren 1958 und 1952, Schadensersatz zu leisten, soweit er aus dem Nachlaß seines Vaters keinen Ersatz zu erlangen vermöge.
Das beklagte Land hat den Anspruch nach Grund und Höhe bestritten und hinsichtlich aller Ansprüche, die bis zum 11. April 1986 verjährt seien, die Einrede der Verjährung erhoben. Im übrigen hat das Land auf die Verjährungseinrede verzichtet.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungs- und Feststellungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
1.
Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß etwaige Amtshaftungs- oder Entschädigungsansprüche des Klägers, die auf Pflichtverletzungen der Umlegungsbehörde im Rahmen des Umlegungsverfahrens gestützt werden, inzwischen verjährt sind.
a)
Allerdings konnte eine Amtspflichtverletzung zu Lasten des Klägers als des wahren Eigentümers darin gelegen haben, daß im Umlegungsplan der Vater des Klägers als Eigentümer der beteiligten, ehemals den Großeltern gehörigen Flurstücke Nr. 60, 60 A und 60 B festgestellt und dementsprechend für diese Grundstücke in der Form entschädigt worden war, daß das auf sie entfallende Ersatzland in die Landabfindung für sein eigenes Grundstück Nr. 59 miteinbezogen wurde. Tatsächlich war der Kläger kraft zweifachen Erbgangs - von der Großmutter auf den Großvater und von diesem auf ihn - Eigentümer des großelterlichen Grundbesitzes; die Annahme der Umlegungsbehörde, der Vater des Klägers sei Alleinerbe seiner Eltern (sc. der Großeltern des Klägers) geworden, widersprach insbesondere dem damals bereits bekannten Testament des Großvaters, der den Kläger zu seinem alleinigen Erben eingesetzt hatte. Der Vater des Klägers konnte im damaligen Zeitraum (1951 und früher) gegenüber der Umlegungsbehörde auch keine erbrechtliche Legitimation in Händen gehabt haben, die ihn als (Schein-)Erben seiner Eltern ausgewiesen hätte; denn bereits im Jahre 1949 war auf den Kläger der - inhaltlich richtige - Erbschein nach dem Großvater ausgestellt worden. Der auf der unzutreffenden Annahme gesetzlicher Erbfolge beruhende Erbschein nach der Großmutter stammte erst aus dem Jahre 1952 und wies zudem den Vater lediglich als Mit erben aus.
b)
Das Umlegungsverfahren nach der damals einschlägigen Reichsumlegungsordnung (RUO) vom 16. Juni 1937 (RGBl I S. 629) beruhte ebenso wie die heutigen Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz und dem Baugesetzbuch (§§ 68 Abs. 1 FlurbG, 63 Abs. 1, 72 BauGB) auf dem Surrogationsprinzip, kraft dessen das Eigentum an dem alten Grundstück nicht etwa unterging, sondern lediglich dem Eigentumsrecht an dem früheren Grundstück ein neues, "verwandeltes" Objekt "untergeschoben" wurde, an dem sich die früheren Eigentumsverhältnisse ungebrochen fortsetzten (§ 68 Nr. 1 RUO; vgl. zum Rechtszustand nach dem heutigen BauGB zuletzt Senatsurteil BGHZ 111, 52, 56 m.w.Nachw.). Dies hatte zur Folge, daß sich an der Landabfindung, die der Vater des Klägers erhalten hatte, anteilig auch das auf den Kläger übergegangene Eigentum der Großeltern fortsetzte; es entstand mithin Miteigentum zwischen dem Vater (als dem Eigentümer des früheren Grundstücks 59) und dem Kläger (als dem Eigentümer der früheren Grundstücke 60, 60 A und 60 B). Mit der Eintragung des Vaters als Alleinerbe wurde das Grundbuch unrichtig; hingegen trat noch kein Eigentumsverlust zu Lasten des Klägers ein. Erst im Jahre 1981 konnte der Vater - ohne Rücksicht auf etwaige Gut- oder Bösgläubigkeit - im Wege der Tabularersitzung Alleineigentum nach Maßgabe des Grundbucheintrags erwerben (§ 900 BGB), sofern der Grundbesitz zuvor nicht bereits anderweitig veräußert war.
c)
Nach § 852 Abs. 1 BGB verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung - auch einer Amtspflichtverletzung - entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt; ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung an. Die 30jährige Verjährungsfrist nach § 852 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB, um die es hier geht, stellt damit allein auf das "Begehen" der unerlaubten Handlung ab, d.h. auf den Zeitpunkt, in dem die die Verletzung herbeiführende Ursache (die Schadensursache) gesetzt wird, mag auch der Schaden (und damit auch der Ersatzanspruch) selbst noch gar nicht entstanden sein (Senatsurteil BGHZ 98, 77, 82 m.w.Nachw.). Dies bedeutet, daß im vorliegenden Fall für den Lauf der 30-Jahresfrist auf das Jahr 1951 abzustellen ist, in dem die schädigenden Maßnahmen der Umlegungsbehörde getroffen worden waren, mochte der Schadenseintritt selbst auch erst im Jahre 1981 mit dem endgültigen Verlust des Eigentums vollendet worden sein. Nach 1951 sind, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, keine weiteren schädigenden Handlungen durch die Umlegungsbehörde mehr begangen worden. Die 30jährige Verjährung ist somit bereits im Jahre 1981 abgelaufen; der hier in Rede stehende Anspruch fällt daher auch nicht unter den auf den 11. April 1986 als Stichzeitpunkt bezogenen Verjährungsverzicht des beklagten Landes.
d)
Zu Unrecht wendet die Revision hiergegen ein, die Verjährung sei bis zur Schlußfeststellung des Umlegungsverfahrens (29. Oktober 1973) nach § 202 BGB gehemmt gewesen. Die Revision meint, bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger eine Abänderung des Umlegungsplans zu seinen Gunsten bewirken können (§ 73 RUO); ihm habe insoweit also die Möglichkeit des Primärrechtsschutzes zur Verfügung gestanden. Als weiterer Rechtsbehelf ist nach den obigen Darlegungen auch ein Grundbuchberichtigungsantrag nach § 894 BGB in Erwägung zu ziehen. Dem beklagten Land habe bis zur Ausschöpfung des Primärrechtsschutzes durch den Kläger das Recht zugestanden, die Befriedigung des Amtshaftungsanspruchs zu verweigern.
Damit verkennt die Revision das Verhältnis zwischen Primärrechtsschutz und Schadensausgleich, wie es in der Rechtsprechung des Senats (zuletzt BGHZ 113, 17) näher dargelegt worden ist. Die Nichtausschöpfung des Primärrechtsschutzes durch den Verletzten kann danach möglicherweise nach § 839 Abs. 3 BGB materiell-rechtlich zum Nichteintritt der Ersatzpflicht führen. Hingegen kann keine Rede davon sein, daß der Nichtgebrauch eines Rechtsmittels ein Leistungsverweigerungsrecht zugunsten des Schädigers begründet. Eine abweichende Auffassung hätte die wenig einleuchtende Konsequenz, daß insbesondere bei nicht fristgebundenen Rechtsbehelfen (wie hier dem Grundbuchberichtigungsanspruch) der Geschädigte durch Nichtausschöpfung des Primärrechtsschutzes den Beginn der Verjährung beliebig hinausschieben könnte.
e)
Entgegen der Auffassung der Revision verstößt das beklagte Land mit der Erhebung der Verjährungseinrede auch nicht gegen Treu und Glauben. Die Berufung des Schuldners auf die Verjährung ist dann treuwidrig und unwirksam, wenn der Gläubiger aus dem gesamten Verhalten des Schuldners für diesen erkennbar das Vertrauen geschöpft hat und schöpfen durfte, der Schuldner werde die Verjährungseinrede nicht geltend machen, sich vielmehr auf sachliche Einwendungen beschränken (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1990 - VII ZR 126/90 = BGHR BGB § 242 Rechtsausübung, unzulässige 21). Dabei ist zu Lasten des Gläubigers ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, Urteil vom 21. Januar 1988 - IX ZR 65/87 = NJW 1988, 2245, 2247); dies gilt besonders für die hier in Rede stehende 30jährige Frist, die nicht nur der Rechtssicherheit, sondern auch dem berechtigten und schutzwürdigen Interesse des Schuldners dient, vor der Geltendmachung von Ansprüchen bewahrt zu werden, die in so lange zurückliegenden und deshalb möglicherweise kaum oder nur mit Schwierigkeiten mehr aufklärbaren Vorgängen wurzeln. Hier hat die Umlegungsbehörde des beklagten Landes keinen derartigen Vertrauenstatbestand gesetzt. Soweit der Kläger geltend macht, spätere Amtspflichtverletzungen der Justizbehörden hätten verhindert, daß er die hier in Rede stehenden Ansprüche gegen das Land rechtzeitig hätte geltend machen können, kommt allenfalls in Betracht, daß dadurch selbständige Amtshaftungsansprüche gegen die Justizbehörden begründet worden sind; dies ändert aber nichts daran, daß die aus dem Umlegungsverfahren selbst entstandenen Ansprüche verjährt sind.
2.
Die 30jährige Verjährung gilt auch für einen etwaigen Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs in das durch Art. 14 GG geschützte Eigentum des Klägers (BGB/RGRK-Kreft, 12. Aufl. 1980 § 839 Rn. 148). Der Eingriff konnte hier darin gelegen haben, daß dem Vater eine Grundbuchposition zugewiesen wurde, die ihn zu Lasten des Klägers als (scheinbaren) Alleineigentümer des Grundbesitzes auswies; dementsprechend wäre ein Entschädigungsanspruch bereits im Jahre 1951 begründet worden, ohne Rücksicht darauf, daß der endgültige Eigentumsverlust möglicherweise erst im Jahre 1981 eingetreten wäre. Der spätere Eigentumsverlust war nämlich eine schon damals voraussehbare Folge des Eingriffs; deshalb ist für die Entstehung des Entschädigungsanspruchs als Zeitpunkt des Verjährungsbeginns (§ 198 BGB) auf das Jahr 1951 abzustellen (vgl. MünchKomm/von Feldmann, BGB, 2. Aufl. 1984, § 198 Rn. 3). Die Verjährung war mithin im Jahre 1981 vollendet.
II.
1.
Soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche wegen Pflichtverletzungen der Justizbehörden erhebt, kommt als Haftungstatbestand zunächst in Betracht, daß der namens des Klägers von dessen Vater im Jahre 1949 gestellte Antrag auf Grundbuchberichtigung, betreffend den ererbten Grundbesitz des Großvaters, nicht bearbeitet worden sein soll. Insoweit ist jedoch ebenfalls Verjährung eingetreten; es gelten die vorstehenden Darlegungen entsprechend. Deshalb bedarf es keiner ins einzelne gehenden Untersuchung der Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen einer etwaigen Amtspflichtverletzung.
2.
Aus den gleichen Gründen sind auch etwaige Ansprüche verjährt, die auf die Erteilung des sachlich unrichtigen, weil auf der gesetzlichen Erbfolge beruhenden Erbscheins nach der Großmutter im Jahre 1952 gestützt werden.
3.
Auch aus der Sachbehandlung durch das Nachlaßgericht Erkelenz nach der Eröffnung des Erbvertrags im Jahre 1958 lassen sich Amtshaftungsansprüche nicht herleiten. Dieser Erbvertrag war für die Rechtsstellung des Klägers nur insoweit von Bedeutung, als er die Erbfolge nach der erstverstorbenen Großmutter betraf; für die Erbfolge nach dem zuletzt verstorbenen Großvater war er hingegen ohne Belang, da die Vertragschließenden keine Bestimmungen hinsichtlich der Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten getroffen hatten. Insoweit verblieb es vielmehr in vollem Umfang bei der in dem Testament des Großvaters enthaltenen Regelung.
a)
Nach §§ 2300 a, 2263 a, 2262 BGB hatte das Nachlaßgericht "die Beteiligten" von dem sie betreffenden Inhalt des eröffneten Erbvertrages in Kenntnis zu setzen. Zweck dieser Mitteilungspflicht ist es, Personen, deren Rechtslage durch die von dem Erblasser in der Verfügung von Todes wegen getroffene Bestimmung unmittelbar beeinflußt wird, von dem sie betreffenden Inhalt Kenntnis zu geben, um sie in den Stand zu setzen, das zur Wahrnehmung ihrer Interessen Zweckdienliche zu veranlassen (BGHZ 70, 173, 176). Dementsprechend ist auch im Schrifttum anerkannt, daß die Verletzung dieser Pflicht Schadensersatzansprüche begründen kann (MünchKomm/Burkart, 2. Aufl. 1989, BGB § 2262 Rn. 1).
b)
Zu den Beteiligten, die von dem Inhalt des Erbvertrages in Kenntnis zu setzen waren, gehörte der Vater des Klägers als (nächster) gesetzlicher Erbe der Großmutter (arg. § 2260 Abs. 1 Satz 2 BGB). Daneben kam auch der Kläger selbst als Beteiligter und Adressat der Mitteilungspflicht in Betracht, da er als Alleinerbe des Großvaters in dessen Rechtsstellung aus dem Erbvertrag eingetreten war. Diese Frage braucht indes - wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat - im Ergebnis nicht entschieden zu werden. Denn dem damals minderjährigen Kläger ist die Benachrichtigung wirksam durch Zustellung an seinen gesetzlichen Vertreter zugegangen. Nach § 1629 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB i.d.F. des Art. 22 des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (BGBl I S. 609; in Kraft getreten am 1. Juli 1958) stand die gesetzliche Vertretung des Klägers dem Vater zu. Diese Vorschrift wurde erst durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 1959 (BVerfGE 10, 59) für verfassungswidrig erklärt, konnte also während des hier in Rede stehenden Zeitraums (Juli bis September 1958) als gültig angesehen werden. Für die Wirksamkeit der Benachrichtigung ist es ohne Bedeutung, daß die Übersendung der Abschrift des Erbvertrages an den Vater nicht ausdrücklich in dessen Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter des Klägers erfolgte. Entscheidend ist vielmehr, daß der gesetzliche Vertreter tatsächlich unterrichtet war. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Zustellung an eine Person, die in doppelter Eigenschaft tätig wird (hier: an den Vater in eigenem Namen als nächstberufener gesetzlicher Erbe nach der Großmutter und zugleich als gesetzlicher Vertreter des Klägers), auch dann wirksam ist, wenn in dem zuzustellenden Schriftstück die andere als die für den Rechtsakt maßgebliche Eigenschaft angesprochen wird (BGHZ 32, 114, 120). Um so mehr muß dies bei einer (bloßen) Benachrichtigung gelten, bei der es allein um die Verschaffung der Kenntnis von einer bestimmten tatsächlichen Gegebenheit geht.
c)
Ein Fall, in dem der Vater kraft Gesetzes von der Vertretung des Klägers ausgeschlossen gewesen wäre (§ 1629 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB in der damals geltenden Fassung [s.o.] i.V.m. § 1795 BGB), lag nicht vor. Die Entgegennahme der Nachricht über den Eintritt gewillkürter Erbfolge zählt nicht zu den Rechtshandlungen, bei denen ein gesetzlicher Ausschluß der Vertretungsmacht stattfindet. Dies gilt auch dann, wenn durch die gewillkürte Erbeinsetzung des Kindes die gesetzliche Erbfolge des betroffenen Elternteils ausgeschlossen wird.
d)
Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß ein etwaiger Hinweis des Nachlaßgerichts an das Vormundschaftsgericht nach § 50 FGG i.d.F. des Art. 4 Nr. 5 GleichberG jenes veranlaßt hätte, dem Kläger einen Pfleger zu bestellen.
aa)
Nach § 50 FGG a.F. (= § 50 Abs. 1 FGG n.F.) hat das Gericht dem Vormundschaftsgericht Mitteilung zu machen, wenn infolge eines gerichtlichen Verfahrens eine Tätigkeit des Vormundschaftsgerichts erforderlich wird. Die Benachrichtigungspflicht besteht, wenn die Tätigkeit des Vormundschaftsgerichts Folge des gerichtlichen Verfahrens des anzeigenden Gerichts ist, aber auch dann, wenn sie zur ordnungsmäßigen Durchführung eines Verfahrens erforderlich ist. Dagegen ist eine Mitteilung nach § 50 FGG nicht vonnöten, wenn nur gelegentlich eines gerichtlichen Verfahrens Verhältnisse zutage treten, die ein Einschreiten des Vormundschaftsgerichts geboten erscheinen lassen (Jansen FGG 2. Aufl. 1970 § 50 (a.F.) Rn. 2, Keidel/Kuntze/Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit 12. Aufl. 1987 § 50 FGG (n.F.) Rn. 2, vgl. auch BSG SozR 1500 § 160 SGG Nr. 37). Die Fassung des § 50 FGG durch das Gleichberechtigungsgesetz stellt sicher, daß in jedem Falle, in dem infolge eines gerichtlichen Verfahrens irgendeine Tätigkeit des Vormundschaftsgerichts (nicht nur die Anordnung einer Vormundschaft oder Pflegschaft) erforderlich wird, dieses verständigt wird. Das Vormundschaftsgericht kann damit die im Interesse des Kindes erforderlichen Maßnahmen treffen (vgl. BT-Drucks. II/224 S. 23, 71, Maßfeller/Reinicke Beil. zu BAnz Nr. 59 v. 26. März 1957 S. 14). Die Mitteilungspflicht des § 50 FGG a.F. ist dem Nachlaßgericht demnach nicht allein im öffentlichen Interesse auferlegt. Sie bezweckt vielmehr gerade den Schutz des einzelnen Minderjährigen. Dieser ist "Dritter" i.S. des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB.
bb)
Das Nachlaßgericht und das Vormundschaftsgericht brauchten indes nicht davon auszugehen, daß hier eine fürsorgende Tätigkeit zugunsten des Klägers, bezogen auf die Erbfolge nach der Großmutter, erforderlich sein werde. Als solche Maßnahmen wären nur die Entziehung der Vertretungsmacht des Vaters und die Bestellung eines Pflegers für diese Nachlaßangelegenheit in Betracht gekommen (§ 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB in der damals einschlägigen Fassung [s.o.] i.V.m. §§ 1796, 1909 BGB). Ein Einschreiten des Vormundschaftsgerichts mit dieser Zielrichtung setzte indes voraus, daß das Interesse des Klägers zu dem Interesse des Vaters in erheblichem Gegensatz stand. Ob eine solche Interessenkollision gegeben ist, hängt immer von den besonderen Umständen des einzelnen Falles ab. Sie erfordert eine Verschiedenheit der Interessen in der Art, daß die Wahrnehmung des einen Interesses nur auf Kosten des anderen geschehen kann. Ist der Vater als Inhaber der elterlichen Sorge dagegen in der Lage, trotz des an sich vorhandenen Interessengegensatzes eine dem Wohl des Kindes gerecht werdende Entscheidung zu treffen, braucht gegen ihn nicht eingeschritten zu werden (BGH, Beschluß vom 22. November 1954 - IV ZB 80/54 = FamRZ 1955, 100, 101 [Anm. Schwoerer] = NJW 1955, 217, s. auch Beschluß vom 27. November 1974 - IV ZB 42/73 = NJW 1975, 345, 347 = LM Nr. 1 zu § 1796 BGB, KG DFG 1938, 13 f. und OLGE 34, 262, BayOblG FamRZ 1963, 578 f., OLG Hamm FamRZ 1963, 580 und 1969, 660 f., OLG Frankfurt FamRZ 1964, 154 f., OLG Stuttgart DA-Vorm 1983, 736, 738, vgl. auch RGRK-Scheffler BGB 10./11. Aufl. 1964 § 1629 (a.F.) Anm. 23 und § 1796 Anm. 1 f.). Die bloße Möglichkeit eines Interessenkonflikts bedeutet weder ein tatsächliches noch ein rechtliches Hindernis zur Vertretung des Kindes (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB i.d.F. des Art. 1 Nr. 38 GleichberG), noch ist sie schon ein ausreichender Grund für die Entziehung der Vertretungsmacht. Eine "Beobachtungspflegschaft" ist nicht zulässig. Auch erlaubt das Gesetz nicht die Bestellung eines Pflegers allein zu der Prüfung, ob der gesetzliche Vertreter die Rechte des Kindes pflichtgemäß wahrnimmt oder ob es etwa im Interesse des Kindes notwendig ist, gegen ihn vorzugehen. Der Gesetzgeber betrachtet die Eltern als die natürlichen Verwalter der Vermögensinteressen ihrer Kinder (§ 1626 Abs. 2 BGB i.d.F. des Art. 1 Nr. 22 GleichberG), sieht also einen deren Wohl gefährdenden Interessenwiderstreit nicht als die Regel an (BGHZ 65, 93, 101, KG RJA 16, 10, 12, RGRK-Scheffler a.a.O. § 1909 [a.F. Anm. 1]). Das Recht und die Pflicht zur Vermögensverwaltung umfaßt grundsätzlich das gesamte Vermögen des Kindes, also auch dasjenige, welches das Kind von Todes wegen erwirbt (Umkehrschluß aus § 1638 Abs. 1 BGB i.d.F. des Art. 1 Nr. 22 GleichberG, vgl. auch RGRK-Scheffler a.a.O. § 1638 [a.F.] Anm. 1).
cc)
Allerdings wurde durch den Erbvertrag klargestellt, daß der Vater nicht gesetzlicher (Mit-)Erbe seiner vorverstorbenen Mutter, der Großmutter des Klägers, geworden war, daß vielmehr der gesamte Nachlaß der Großmutter auf den Großvater und von diesem auf den Kläger übergegangen war. Die Wahrnehmung der Interessen des Klägers bedeutete daher notwendig, daß der Vater seiner Stellung als Scheinerbe entsagen mußte. Es war jedoch nicht erkennbar, daß der Vater sich damals überhaupt einer Stellung als Scheinerbe berühmte. Denn das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß dem Nachlaßgericht der frühere Aktenvorgang, betreffend die Erteilung des unrichtigen Erbscheins nach der Großmutter, bei der Bearbeitung des hier in Rede stehenden Erbvertrages nicht vorlag. Dem Nachlaßgericht kann auch nicht der Vorwurf gemacht werden, den Sachverhalt schuldhaft nicht hinreichend aufgeklärt zu haben. Insbesondere begründete es keinen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, daß das Nachlaßgericht sich bei der Aufklärung des Sachverhalts auf die Auswertung der Loseblattkartei beschränkte. Dort war lediglich ein den Großvater B. betreffender Vorgang unter dem Buchstaben "B" vermerkt, während die Vorgänge, betreffend den Nachlaß der Großmutter, unter dem falsch geschriebenen Namen " P assage" geführt wurden. Das Nachlaßgericht hatte indes keinen konkreten Anlaß, an der Ordnungsmäßigkeit der Aktenführung zu zweifeln. Die unrichtige Anlegung der Karteikarte beruhte auch nicht auf einem Mangel in der Dienstorganisation, sondern stellte ein Versehen dar, wie es auch der bestorganisierten Behörde unterlaufen kann. Selbst wenn man annehmen wollte, daß diese unrichtige Eintragung auf die Sachbehandlung des Nachlaßgerichts im Jahre 1958 fortwirkte, wären etwaige daraus entstehende Ansprüche des Klägers jedenfalls inzwischen verjährt. Denn die pflichtwidrige Handlung hätte insoweit nicht in der Ermittlungstätigkeit des Nachlaßgerichts als solcher, sondern in der unrichtigen Ausfüllung der Karteikarte und der dadurch bewirkten Vorenthaltung einer wichtigen Informationsquelle gegenüber dem Nachlaßgericht bestanden. Dies hätte zur Folge, daß für den Beginn der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 852 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB auf die Anlegung der Karteikarte als "Begehung der Handlung", d.h. auf das Jahr 1953, abzustellen wäre, ohne Rücksicht darauf, daß der Schaden selbst erst später eintrat (s. oben I 1 c).
dd)
Das Nachlaßgericht und das Vormundschaftsgericht konnten davon ausgehen, daß der Großvater des Klägers, der als Vertragschließender die Bestimmungen des Erbvertrages kannte, nach dem Tode der Großmutter deren Nachlaß in Besitz genommen und verwaltet hatte. Für die Fortsetzung des Kohlenhandels und die Betreuung der Grundstücke und der Landwirtschaft benötigte der Großvater weder einen Erbschein noch bedurfte es einer Änderung im Grundbuch. Im Jahre 1947 war nach dem Tode des Großvaters dessen Nachlaß, in dem auch Vermögen der Großmutter des Klägers enthalten sein mochte, an den Kläger als Alleinerben gefallen. Der Vater des Klägers hatte das Testament des Großvaters, das den Kläger zum Erben einsetzte, bei dem Nachlaßgericht abgeliefert und einen Erbschein zugunsten des Klägers erwirkt. Anhaltspunkte dafür, daß der Vater seinen Pflichten als gesetzlicher Vertreter des Klägers nicht nachkam, waren nicht erkennbar. Die Gerichte konnten und durften vielmehr annehmen, daß der Vater bei der Behandlung des hier in Rede stehenden Nachlasses nach der Großmutter die Interessen des Klägers ebenso wahren werde, wie dies aus der Sicht des Nachlaßgerichtes bei der Erbfolge nach dem Großvater der Fall gewesen war, die in noch weit höherem Maße einen Interessenkonflikt zu Lasten des Vaters begründet hatte.
4.
Das Nachlaßgericht war auch nicht verpflichtet, dem Grundbuchamt von dem Erbfall und den Erben Mitteilung zu machen. Die Voraussetzungen für eine derartige Mitteilungspflicht beurteilten sich im Streitfall nach § 83 GBO i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. August 1935 (RGBl I S. 1073), entsprechend § 83 Satz 1 GBO in der heute geltenden Fassung. Danach bestand eine Mitteilungspflicht (nur), wenn das Nachlaßgericht einen Erbschein erteilt oder sonst die Erben ermittelt hatte. Aufgrund des hier in Rede stehenden Erbvertrages war ein Erbschein nach der Großmutter indes nicht erteilt worden. Das Nachlaßgericht hatte die Erben auch nicht "sonst ermittelt". Unter einer "Ermittlung" im Sinne dieser Vorschrift sind nämlich die Fälle zu verstehen, in denen das Nachlaßgericht entweder durch eigene Nachforschungen von Amts wegen oder durch Einschaltung eines Nachlaßpflegers einen unbekannten Erben ausfindig macht (Hesse/Saage/Fischer, GBO 4. Aufl. 1957, § 83 [a.F.] Anm. II 1; Meikel/Imhof/Riedel, Grundbuchrecht, 6. Aufl. 1969/70 § 83 GBO [n.F.] Anm. 3; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 3. Aufl. 1985 § 83 GBO [n.F.] Rn. 2). Die bloße Kenntnisnahme durch Eröffnung eines Testaments oder Erbvertrages stellt hingegen keine Ermittlung in diesem Sinne dar. Erst die Neufassung des § 83 GBO durch das Gesetz vom 20. Dezember 1963 (BGBl I S. 986) hat die Mitteilungspflicht auch auf solche Fälle erstreckt. Der neu angefügte Satz 2 a.a.O. bestimmt nunmehr ausdrücklich, daß das Grundbuchamt auch in den Fällen der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen zu benachrichtigen ist; diese Regelung hat gegenüber dem früheren, hier einschlägigen Rechtszustand eine sachliche Erweiterung der Mitteilungspflicht geschaffen (vgl. die amtliche Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung des Grundbuchverfahrens, BT-Drucks. IV/351 vom 11. April 1962 S. 18 zu Nr. 5). Während des hier in Rede stehenden Zeitraums hatte dementsprechend eine Mitteilungspflicht des Nachlaßgerichts nicht bestanden.
5.
Ebensowenig ergaben sich für das Vormundschaftsgericht nach seinem Kenntnisstand von 1958/59 Anhaltspunkte dafür, die Genehmigung des vom Vater des Klägers getätigten Grundstücksverkaufs zu verweigern oder Sicherungsmaßnahmen zugunsten des Klägers hinsichtlich des Kohlenhandels zu ergreifen. Auch aus diesem Sachverhalt lassen sich daher Amtshaftungsansprüche des Klägers nicht herleiten; die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die diesbezüglichen Ansprüche übergangen, ist daher - zumindest im Ergebnis - unbegründet.
6.
Auch die Behandlung des Grundbuchberichtigungsantrags in den Jahren 1975/1976 vermag einen Amtshaftungsanspruch des Klägers nicht zu begründen.
a)
Jenes Verfahren betraf ein auf den Großvater des Klägers eingetragenes Grundstück. Der Vater des Klägers erstrebte die Umschreibung auf sich. Der für Grundbuchsachen zuständige Rechtspfleger L., der damals zugleich auch Nachlaßsachen bearbeitete, stellte jedoch die wirklichen Eigentumsverhältnisse fest und klärte in diesem Zusammenhang anhand der beigezogenen Nachlaßakten die Erbfolge sowohl nach der Großmutter als auch nach dem Großvater auf. Der Kläger erblickt eine Amtspflichtverletzung des Rechtspflegers darin, daß dieser nicht für die Einziehung des unrichtigen Erbscheins nach der Großmutter aus dem Jahre 1952 gesorgt habe, obwohl er durch das Grundbuchberichtigungsverfahren von dem Erbschein und dessen Unrichtigkeit Kenntnis erlangt habe.
b)
Zwar hat das Nachlaßgericht den erteilten Erbschein einzuziehen, wenn sich ergibt, daß er unrichtig ist (§ 2361 Abs. 1 BGB). Ein unrichtiger Erbschein widerspricht nämlich seiner Bestimmung: Die ihm verliehenen Wirkungen (§§ 2365, 2366 f BGB) bringen Gefahren für den wirklichen Erben mit sich, das ihm darüber hinaus allgemein eingeräumte Ansehen auch Gefahren für den Rechtsverkehr. Deshalb trägt das Gesetz dafür Sorge, daß der unrichtige Erbschein "wieder aus der Welt geschafft wird" (MünchKomm/Promberger, BGB,
2.
Aufl. 1989 § 2361 Rn. 1). Mit dieser Zielrichtung wird der Schutzbereich der entsprechenden Pflicht des Nachlaßgerichts zugleich inhaltlich bestimmt und sachlich begrenzt. Er erschöpft sich nämlich darin, die von dem Erbschein ausgehenden Gefahren zu beseitigen. Da sich diese Gefahr hier nicht verwirklicht hat - aufgrund des unrichtigen Erbscheins nach der Großmutter des Klägers sind in der Zeit nach 1975/76 unstreitig keine dem Kläger nachteiligen Verfügungen oder sonstigen Rechtshandlungen vorgenommen worden -, kommt ein Amtshaftungsanspruch bereits mangels eines Schadenseintritts nicht in Betracht.
c)
Zu einer weitergehenden Aufklärung des Klägers über seine Stellung als Alleinerbe nach der Großmutter waren Grundbuchamt und/oder Nachlaßgericht nicht verpflichtet. Die diesen Gerichten gegenüber dem rechtsuchenden Bürger allgemein obliegenden Schutz- und Fürsorgepflichten reichten nicht so weit, als daß sie eine umfassende Rechtsbelehrung von Amts wegen geboten hätten. Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als aus der Sicht des amtierenden Rechtspflegers L. keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür zu bestehen brauchten, daß die erbrechtlichen Verhältnisse in der Familie des Klägers nicht längst geklärt und offengelegt waren. Der Schaden, den der Kläger darin erblickt, daß er wegen der unterbliebenen Klarstellung seines Erbrechts nach der Großmutter daran gehindert worden sei, den Vater noch rechtzeitig in Anspruch zu nehmen, ist daher nicht den Justizbehörden des beklagten Landes anzulasten.
d)
Aus diesen Gründen braucht die - vom Berufungsgericht als mit mehreren Berufsrichtern besetztem Kollegialgericht verneinte - Frage nicht entschieden zu werden, ob ein Grundbuchrechtspfleger überhaupt verpflichtet ist, bei der Bearbeitung einer Grundbuchsache stets auch seine etwaige Funktion in Nachlaßsachen im Auge zu behalten.
Unterschriften
Krohn
Engelhardt
Rinne
Wurm
Deppert
Fundstellen
Haufe-Index 1456526 |
BGHZ, 287 |
NJW 1992, 1884 |