Entscheidungsstichwort (Thema)
rechtliches Gehör. fairer Prozess. Waffengleichheit. Vier-Augen-Gespräch. Beweismittel. Zeuge. Partei. Vernehmung. Anhörung
Leitsatz (amtlich)
Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit, dass der Partei, die für ein Gespräch keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs persönlich in den Prozess einzubringen, kann nicht sowohl die Vernehmung der Partei gem. § 448 ZPO als auch ihre Anhörung gem. § 141 ZPO von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für ihr Vorbringen abhängig gemacht werden.
Normenkette
EMRK Art. 6 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 141, 448
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 09.06.2004; Aktenzeichen 9 U 199/03) |
LG Stuttgart |
Tenor
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 9. Zivilsenats des OLG Stuttgart v. 9.6.2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerinnen und die beklagte Bank streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit angeblichen Pflichtverletzungen bei der Valutierung eines Darlehens. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin zu 2) ist eine in Liquidation befindliche Bauträgerin, die Klägerin zu 1) Liquidatorin und Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH. Die Klägerin zu 2) kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag v. 23.1.1992 zwei Grundstücke zum Preis von 1,6 Mio. DM. Zur Finanzierung gewährte die Beklagte ihr am 13.3.1992 einen Kredit, der durch eine Bürgschaft der Klägerin zu 1) und Grundschulden auf mehreren Grundstücken der Klägerinnen gesichert war. Nachdem die Klägerin zu 2) 0,5 Mio. DM an den Verkäufer gezahlt hatte und Zweifel an der Bebaubarkeit eines der Grundstücke aufgetreten waren, verpflichtete sich der Verkäufer in einer notariell beglaubigten Vereinbarung v. 7./15.9.1992 mit der Klägerin zu 2) für den Fall, dass diese nicht binnen zwei Jahren eine rechtskräftige Baugenehmigung erhalten sollte, zum Tausch dieses Grundstücks gegen ein anderes. Ferner heißt es in der Vereinbarung: "Der Restkaufpreis aus dem Vertrag v. 23.1.1992 wird am 8.9.1992 bezahlt. Der Verkäufer erklärt sodann unmittelbar die Auflassung." Am 11.9.1992 beauftragte die Klägerin zu 2) die Beklagte, von ihrem Kreditkonto 1,1 Mio. DM auf das Konto des Verkäufers bei einem anderen Kreditinstitut zu überweisen. Dabei gab sie auf dem Überweisungsformular in dem Feld "Verwendungszweck (nur für Empfänger)" an: "Grundstückszahlung unter Vorbehalt baulicher Nutzung ... oder Tausch ge. Vereinbarung v. 7.9.1992". Auf Grund einer Absprache mit dem Verkäufer verbuchte die Beklagte den Überweisungsbetrag zunächst auf ihrem CpD-Konto. Sodann überwies sie 300.000 DM auf das im Überweisungsauftrag angegebene Konto und schrieb, unter entsprechender Änderung des Empfängerkontos auf dem Überweisungsformular, 800.000 DM einem bei ihr neu eröffneten Festgeldkonto des Verkäufers gut. Der Verkäufer erklärte daraufhin die Auflassung, die im Grundbuch vollzogen wurde.
Nachdem die Baugenehmigung rechtskräftig abgelehnt worden war und der Verkäufer sich auf die Formunwirksamkeit der Vereinbarung v. 7./15.9.1992 berufen hatte, erklärte das OLG S. die Klage der Klägerin zu 2) gegen den Verkäufer auf Schadensersatz i.H.v. 1.260.000 DM nebst Zinsen gem. § 463 S. 2 BGB a.F. sowie wegen vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen durch rechtskräftiges Urteil v. 22.6.1999 dem Grunde nach für gerechtfertigt und verwies die Sache zur Entscheidung über den Betrag des streitigen Anspruchs an das LG zurück.
Am 28.11.1996 kündigte die Beklagte die Geschäftsverbindung und forderte die Klägerin zu 2) zur Kreditrückzahlung auf. Sie betreibt die Zwangsvollstreckung aus zwei Grundschulden.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Beklagte habe den Überweisungsauftrag v. 11.9.1992 nicht, jedenfalls nicht weisungsgemäß ausgeführt und sei zur Wiedergutschrift des Überweisungsbetrages verpflichtet. Die Beklagte habe Warn- und Aufklärungspflichten verletzt, indem sie nicht auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung v. 7./15.9.1992 hingewiesen habe. Die Klägerinnen behaupten, die Beklagte habe dem Verkäufer die Angabe des Verwendungszwecks auf dem Überweisungsformular nicht zur Kenntnis gebracht. Die Klägerin zu 1) habe mit dem zuständigen Angestellten der Beklagten besprochen, dass die Beklagte mit der im Überweisungsauftrag angegebenen Empfängerbank des Verkäufers vereinbare, dass diese den Überweisungsbetrag bis zum Nachweis der Bebaubarkeit des verkauften Grundstücks oder bis zur Übereignung des Tauschgrundstücks treuhänderisch verwalte. Diese Verpflichtung habe die Beklagte nicht erfüllt.
Mit der Klage erstreben die Klägerinnen die Feststellungen, dass zwischen der Klägerin zu 2) und der Beklagten hinsichtlich eines Betrages von 1,1 Mio. DM und den darauf berechneten Zinsen und Kosten kein Schuldverhältnis entstanden und die Beklagte zur Ausbuchung der entsprechenden Kontobelastungen verpflichtet sei, dass die Klägerin zu 1) der Beklagten für den Betrag von 1,1 Mio. DM nebst Zinsen und Kosten weder als Bürgin noch aus einem anderen Rechtsgrund hafte und diesbezügliche Sicherheiten zurückverlangen könne, dass Grundschulden i.H.v. 200.000 DM und 300.000 DM auf Grundstücken der Klägerin zu 1) von der Beklagten nicht als Sicherheit für den der Klägerin zu 2) gewährten Kredit i.H.v. 1,6 Mio. DM in Anspruch genommen werden könnten und dass die Beklagte den Klägerinnen für den Ersatz des Schadens verantwortlich sei, der ihnen dadurch entstanden sei und noch entstehen werde, dass die Beklagte den Überweisungsauftrag v. 11.9.1992 nicht ausgeführt, sondern den Überweisungsbetrag auf einem CpD-Konto gutgeschrieben und von dort aus nach den Anweisungen des Verkäufers darüber verfügt habe. Außerdem nehmen die Klägerinnen die Beklagte auf Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld i.H.v. 1,3 Mio. DM auf einem Grundstück der Klägerin zu 2) und auf Herausgabe des Grundschuldbriefes an die Klägerin zu 2) in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Zulässigkeit des auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz gerichteten Antrages könne dahinstehen. Im Übrigen sei die Klage zulässig.
Die Klage sei insgesamt unbegründet, weil die Klägerin zu 2) keine Ansprüche habe, die dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten und der Zwangsvollstreckung entgegengesetzt werden könnten.
Die Beklagte sei nicht zur Rückerstattung des Überweisungsbetrages i.H.v. 1,1 Mio. DM zzgl. Nebenkosten verpflichtet. Sie habe den Überweisungsauftrag zwar nicht weisungsgemäß ausgeführt, sondern das Empfängerkonto geändert. Dadurch sei das Interesse der Klägerin zu 2) im Ergebnis aber nicht verletzt worden. Der von ihr mit der Überweisung verfolgte Zweck, die Tilgung des Restkaufpreisanspruches des Verkäufers, sei trotz der abweichenden Buchung erreicht worden. Der Verkäufer habe die Leistung als Erfüllung angenommen und seine Pflicht zur Auflassung umgehend erfüllt.
Der Zweck der Überweisung sei auch dann nicht vereitelt worden, falls die Beklagte ihre Pflicht, den im Überweisungsformular angegebenen Verwendungszweck an den Verkäufer weiter zu leiten, verletzt habe. Gegen die Auffassung der Klägerinnen, der Zweck der Überweisung sei nicht die Erfüllung des Restkaufpreisanspruches gewesen, spreche, dass nach der Vereinbarung v. 7./15.9.1992 die Zahlung des Restkaufpreises am 8.9.1992 nicht von weiteren Bedingungen abhängig gewesen sei. Auch im Grundstückskaufvertrag v. 23.1.1992 fänden sich keine Hinterlegungs- oder Treuhandabreden. Mit dem in der Angabe des Verwendungszwecks zum Ausdruck gebrachten Vorbehalt hätten die Klägerinnen nur dem Verständnis der Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen wollen. Die Klägerinnen hätten deshalb durch die etwa unterbliebene Weiterleitung der Verwendungszweckangabe keinen Schaden erlitten.
Die Parteien hätten auch keine Treuhandabrede oder sonstige vertragliche Vereinbarung geschlossen, derzufolge die Beklagte die Empfängerbank in eine überwachte Zahlungsabwicklung ggü. dem Verkäufer hätte einbinden sollen. Dies stehe auf Grund der Aussage des Zeugen L., eines Angestellten der Beklagten, fest.
Die Beklagte habe ferner keine Hinweis-, Warn- oder Aufklärungspflichten verletzt. Selbst wenn der Zeuge L. die Vereinbarung v. 7./15.9.1992 gekannt haben sollte, sei er nicht zu einem Hinweis auf deren Formunwirksamkeit verpflichtet gewesen.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klage sei nicht als unzulässig abzuweisen. Soweit die Klage auf Feststellung gerichtet ist, liegt ein Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 BGB vor.
Ein solches fehlt zwar im Allgemeinen, soweit eine Leistungsklage möglich ist. Der Vorrang der Leistungsklage gilt aber nicht ausnahmslos. Wenn eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, etwa weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin auszugehen ist, bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken (BGH v. 27.6.1995 - XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115 [119 f.] = MDR 1995, 1022; Urt. v. 30.3.1995 - XI ZR 78/94, MDR 1995, 1024 = WM 1995, 1219 [1220], insoweit in BGH v. 30.5.1995 - XI ZR 78/94, BGHZ 130, 59 ff. = MDR 1995, 1024 nicht abgedr., jeweils m.w.N.).
So liegt es hier. Die endgültige Erledigung des Streits durch ein Feststellungsurteil ist zu erwarten, weil die beklagte Bank die Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht in Zweifel zieht und durch ihr prozessuales Verhalten gezeigt hat, dass auch ihr an der Klärung des Rechtsverhältnisses durch die von den Klägerinnen erhobene Feststellungsklage gelegen ist. Dies gilt auch hinsichtlich des Antrages festzustellen, dass die Beklagte den Klägerinnen zum Ersatz des entstandenen und künftig entstehenden Schadens verpflichtet ist.
2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung verneint hat.
a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ggü. den Klägerinnen keine Hinweis-, Warn- oder Aufklärungspflichten verletzt hat.
Eine kreditgebende Bank ist zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient hat. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kreditnehmer schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung in schwer wiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kreditnehmer hat und dies auch erkennen kann (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 23.3.2004 - XI ZR 194/02, MDR 2004, 1129 = BGHReport 2004, 1168 = WM 2004, 1221 [1224 f.]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = WM 2005, 828 [830], jeweils m.w.N.).
Solche besonderen Umstände hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht festgestellt. Die Klägerinnen berufen sich insoweit ohne Erfolg darauf, die Klägerin zu 1) habe die Beklagte auf Bedenken gegen die Bebaubarkeit des Grundstücks und die Formwirksamkeit des Vertrages v. 7./15.9.1992 angesprochen. Die Beklagte durfte ohne weiteres davon ausgehen, dass die Klägerin zu 2) als gewerbliche Bauträgerin diese Bedenken ebenso wie alle sonstigen Risiken des finanzierten Grundstückskaufs selbst prüfen würde. Dass die Beklagte sich ausdrücklich verpflichtet hätte, die Klägerin zu 2) in dieser Frage zu beraten, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.
b) Rechtlich zutreffend ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerinnen durch die etwaige Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht der Beklagten zur vollständigen und richtigen Weiterleitung der Verwendungszweckangabe (BGH, Urt. v. 11.3.1976 - II ZR 116/74, WM 1976, 904 [906 f.]; Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 49 Rz. 28) keinen Schaden erlitten haben.
Das Berufungsgericht hat den in der Verwendungszweckangabe zum Ausdruck gebrachten Vorbehalt rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass die Klägerin zu 2) lediglich dem Verständnis ihrer Leistung als Anerkenntnis (§ 208 BGB a.F.) entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offen halten wollte, das Geleistete gem. § 812 BGB zurückzufordern (BGH v. 6.10.1998 - XI ZR 36/98, BGHZ 139, 357 [367 f.]). Diese Auslegung einer Individualerklärung ist revisionsrechtlich nur beschränkt, nämlich darauf überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denk- oder Erfahrungssätze verletzt oder den unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt hat (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 26.2.2003 - VIII ZR 270/01, MDR 2003, 800 = BGHReport 2003, 849 = WM 2003, 1089 [1090]; Urt. v. 13.3.2003 - IX ZR 199/00, MDR 2003, 736 = BGHReport 2003, 648 = WM 2003, 795 [796], jeweils m.w.N.). Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor. Die Revision versucht lediglich, andere Auslegungsmöglichkeiten, etwa die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung oder einer Beweislastumkehr, an die Stelle der Auslegung durch das Berufungsgericht zu setzen. Damit kann sie keinen Erfolg haben.
Die von den Klägerinnen gegen den Verkäufer erhobenen Rückforderungsansprüche, deren Offenhaltung die Verwendungszweckangabe diente, sind durch das rechtskräftige Urteil des OLG S. v. 22.6.1999 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden. Dass das OLG Ansprüche gem. §§ 812, 123 BGB wegen Versäumung der Anfechtungsfrist gem. § 124 BGB verneint und stattdessen Ansprüche gem. § 463 S. 2 BGB a.F. und wegen vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen bejaht hat, ist unerheblich. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerinnen gleichwohl durch die angeblich unterbliebene Weiterleitung der Verwendungszweckangabe einen Schaden erlitten haben könnten. Soweit die Revision sich auf eine Erschwerung oder Verzögerung der Rechtsverfolgung, auf Beweislastprobleme und die Unzulässigkeit eines Urkundenprozesses beruft, reicht dies zur Darlegung eines konkreten Vermögensschadens nicht aus.
3. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin zu 2) gem. §§ 667, 675 Abs. 1 BGB auf Rückbuchung (BGH v. 17.12.1992 - IX ZR 226/91, BGHZ 121, 98 [106] = MDR 1993, 578; Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 47 Rz. 28) des Überweisungsbetrages i.H.v. 1,1 Mio. DM nebst Zinsen und Kosten verneint hat, hält rechtlicher Überprüfung hingegen nicht stand.
a) Rechtlich zutreffend ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass dieser Anspruch nicht bereits deshalb begründet ist, weil die Beklagte den Überweisungsbetrag nach Absprache mit dem Überweisungsempfänger nicht auf das von den Klägerinnen angegebene Empfängerkonto, sondern zunächst auf ihr CpD-Konto und sodann teilweise auf ein bei ihr neu eröffnetes Konto des Verkäufers überwiesen hat.
Die Geltendmachung eines Anspruches auf Rückgängigmachung von Kontobelastungen verstößt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn eine weisungswidrige Erledigung eines Überweisungsauftrags das Interesse des Überweisungsauftraggebers nicht verletzt, insb., wenn der mit der Überweisung verfolgte Zweck trotz der Fehlbuchung erreicht worden ist (BGH, Urt. v. 8.10.1991 - XI ZR 207/90, MDR 1992, 152 = WM 1991, 1912 [1913]; Urt. v. 21.6.2005 - XI ZR 152/04, BGHReport 2005, 1392 = WM 2005, 1564 [1567], jeweils m.w.N.).
So liegt es hier. Der mit der Überweisung verfolgte Zweck war die Erfüllung der Restkaufpreisforderung auf Grund der Vereinbarungen v. 23.1.1992 und v. 7./15.9.1992. Der auf dem Überweisungsformular angegebene Verwendungszweck ändert daran nichts. Er sollte nach der, wie dargelegt, rechtsfehlerfreien Auslegung des Berufungsgerichts die Möglichkeit, das Geleistete zurückzufordern, offen halten und stellte den mit der Überweisung verfolgten Zweck, nämlich die ordnungsgemäße Erfüllung (BGH v. 6.10.1998 - XI ZR 36/98, BGHZ 139, 357 [368]) der Restkaufpreisforderung, nicht in Frage. Die Erfüllungswirkung ist mit der Überweisung erreicht worden. Da die Abweichung von dem im Überweisungsauftrag angegebenen Empfängerkonto auf einer Absprache der Beklagten mit dem Empfänger beruhte, hat dieser die Überweisung in der tatsächlich ausgeführten Form als Erfüllung seiner Kaufpreisforderung angenommen und umgehend den Anspruch der Klägerin zu 2) auf Auflassung des Grundstücks erfüllt. Dass die Beklagte nicht versehentlich, sondern absichtlich von dem im Überweisungsauftrag angegebenen Empfängerkonto abgewichen ist, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung. Die Beklagte konnte auf Grund der Absprache mit dem Empfänger davon ausgehen, dass der mit der Überweisung verfolgte Zweck trotz dieser Abweichung erreicht werde. Sie trug hierfür das alleinige Risiko, weil sie andernfalls zur Rückgängigmachung der Kontobelastung verpflichtet gewesen wäre. Da sie auch die volle Beweislast für die Erreichung des mit der Überweisung verfolgten Zwecks trug, sind den Klägerinnen entgegen der Ansicht der Revision auch keine Beweisnachteile entstanden.
b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Rückbuchungsanspruch der Klägerin zu 2) verneint hat, soweit die Klägerinnen diesen damit begründen, die Beklagte habe ihre Weisung missachtet, mit der Empfängerbank eine treuhänderische Verwaltung des Überweisungsbetrages bis zum Nachweis der Bebaubarkeit des verkauften Grundstückes bzw. bis zur Übereignung des Tauschgrundstücks zu vereinbaren.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerinnen hätten eine solche Weisung nicht erteilt, ist rechtsfehlerhaft. Sie beruht ausschließlich auf der Zeugenaussage eines Angestellten der Beklagten. Die Klägerin zu 1) hat das Berufungsgericht trotz eines entsprechenden Antrages der Klägerinnen zu dem Vier-Augen-Gespräch, in dem die Weisung erteilt worden sein soll, weder gem. § 448 ZPO vernommen noch gem. § 141 ZPO angehört. Diese Verfahrensweise verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK (EuGHMR v. 27.10.1993 - 37/1992/382/460, NJW 1995, 1413 [1414]) und Art. 103 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG (BVerfG v. 21.2.2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531). Der Grundsatz der Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen. Zu diesem Zweck ist die Partei gem. § 448 ZPO zu vernehmen oder gem. § 141 ZPO anzuhören (BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 32/96, MDR 1999, 699 = NJW 1999, 363 [364]; Urt. v. 19.12.2002 - VII ZR 176/02, MDR 2003, 467 = BGHReport 2003, 831 = WM 2003, 1740 [1741 f.], jeweils m.w.N.). Die Notwendigkeit, der Partei Gelegenheit zur Äußerung in einer dieser beiden Formen zu geben, setzt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ihr Vorbringen voraus (BVerfG v. 21.2.2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531 [2532]).
Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Tatrichter seine Feststellungen über den Gesprächsverlauf nicht nur auf die Aussage des von der Gegenpartei benannten Zeugen, sondern zusätzlich auf sonstige Beweismittel oder Indizien stützt (BGH, Beschl. v. 11.2.2003 - XI ZR 153/02, MDR 2003, 647 = BGHReport 2003, 513 = BGHReport 2003, 638 = WM 2003, 702 [703]; Beschl. v. 25.9.2003 - III ZR 384/02, BGHReport 2003, 1433 = MDR 2004, 227 = NJW 2003, 3636). So liegt es hier aber nicht. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die von den Klägerinnen behauptete Weisung sei nicht erteilt worden, beruht allein auf der Zeugenaussage des Angestellten der Beklagten. Dass die Klägerin zu 2) dem Verkäufer ausweislich des Tauschvertrages unabhängig vom Eintritt weiterer Bedingungen zur sofortigen Zahlung des Restkaufpreises verpflichtet war und eine Überweisung zu treuen Händen der Empfängerbank dem widersprochen hätte, führt das Berufungsgericht nicht zur Rechtfertigung dieser Feststellung, sondern nur in anderem Zusammenhang an.
III.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1443599 |
BGHR 2006, 49 |
BauR 2005, 1973 |
EBE/BGH 2005, 350 |
FamRZ 2005, 2063 |
NJW-RR 2006, 61 |
FA 2005, 371 |
JurBüro 2006, 107 |
WM 2006, 548 |
ZAP 2006, 57 |
MDR 2006, 285 |
GuT 2005, 260 |
NZBau 2005, 690 |
PA 2006, 23 |
PAK 2014, 48 |