Leitsatz (amtlich)
Zur Pflicht des Krankenhauses, den Patienten vor Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung über die Entgelte und den Inhalt der wahlärztlichen Leistungen zu unterrichten.
Normenkette
BPflV § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2
Verfahrensgang
LG Krefeld (Urteil vom 09.01.2003) |
AG Krefeld (Urteil vom 13.06.2002) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Krefeld v. 9.1.2003 teilweise aufgehoben und das Urteil des AG Krefeld v. 13.6.2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 69,71 Euro (= 136,35 DM) nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.6.2001 zu zahlen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 95 v. H. und der Beklagte 5 v. H. zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses M. in K. Der Beklagte befand sich v. 11. bis 21.3.2001 wegen einer akuten perforierten Appendicitis in diesem Krankenhaus in stationärer Behandlung.
Der Beklagte unterzeichnete bei seiner Einlieferung eine formularmäßige Zusatzvereinbarung über Wahlleistungen, in der er neben der Unterbringung in einem Zweibettzimmer auch die gesondert berechenbare Wahlleistung "persönliche Behandlung durch den leitenden Abteilungsarzt und seinen ständigen Vertreter" ankreuzte. Die Zusatzvereinbarung, die auch die Unterschrift eines Vertreters des Krankenhauses trägt, enthält den folgenden Zusatz:
"Ich habe zur Kenntnis genommen,
- dass der leitende Abteilungsarzt und andere liquidationsberechtigte Ärzte des Krankenhauses, die an der Behandlung aus medizinischen Gründen beteiligt werden,
- dass Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses, soweit diese im Auftrage von liquidationsberechtigten Ärzten Leistungen erbringen,
berechtigt sind, nach der jew. gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. nach dem Institutionstarif abzurechnen und die Kosten im eigenen Namen einzuziehen. Ein Exemplar dieser GOÄ liegt in der Patientenaufnahme und in den Sekretariaten der liquidationsberechtigten Ärzte aus. Die GOÄ kann von Ihnen eingesehen werden.
Hinweis: Die Gebühren der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte werden gem. § 6a GOÄ um 25 % gemindert."
Der Kläger stellte die von ihm während der stationären Unterbringung erbrachten ärztlichen Leistungen dem Beklagten mit Schreiben v. 24.4.2001 mit insgesamt 2.337,87 DM in Rechnung. Für eine am 2.4.2001 durchgeführte ambulante Behandlung berechnete der Kläger mit Schreiben v. 31.5.2001 136,35 DM.
Der Kläger erhob nach erfolglos gebliebenen Zahlungsaufforderungen Klage auf Zahlung von 2.474,22 DM nebst Zinsen sowie 293,70 DM vorgerichtlicher Kosten (Inkassogebühren). Das AG hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger nach richterlichem Hinweis die Klage, soweit sie die Zahlung vorgerichtlicher Kosten zum Gegenstand hatte, (teilweise) zurückgenommen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht das Urteil des AG bestätigt. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat zum überwiegenden Teil Erfolg.
I.
Die Tatsacheninstanzen haben den Einwand des Beklagten, auf Grund seines Gesundheitszustands sei er bei der Einlieferung in das Krankenhaus nicht in der Lage gewesen, "geschäftliche Dinge zu regeln" (vgl. § 104 Nr. 2 BGB), zurückgewiesen. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision hingenommen.
Nach Meinung des Berufungsgerichts ist zwischen dem Krankenhaus M. und dem Beklagten eine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zu Stande gekommen, so dass der Beklagte Zahlung des auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte berechneten Honorars (auch) für die während des Krankenhausaufenthalts erbrachte ärztliche Behandlung schuldet. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach § 22 Abs. 2 S. 1 der - vorliegend anwendbaren - Bundespflegesatzverordnung (BPflV) v. 26.9.1994 (BGBl. I, 2750) sind Wahlleistungen vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluss der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen zu unterrichten. Eine derartige besondere Unterrichtungspflicht ist erstmalig durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung v. 20.12.1984 (BGBl. I S. 1680) als § 6 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 in die Bundespflegesatzverordnung v. 25.4.1973 (BGBl. I, 333) aufgenommen worden; danach war der Patient vor Abschluss der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen zu unterrichten. Diese Bestimmung ist unverändert als § 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 in die Bundespflegesatzverordnung (BPflV a. F.) v. 21.8.1985 (BGBl. I, 1666) übernommen worden.
2. Nach der Rechtsprechung des Senats, von der abzugehen kein Anlass besteht, ist eine Wahlleistungsvereinbarung, die ohne hinreichende vorherige Unterrichtung des Patienten abgeschlossen worden ist, unwirksam (BGH, Urt. v. 19.12.1995 - III ZR 233/94, NJW 1996, 781 f. und Urt. v. BGH v. 19.2.1998 - III ZR 169/97, BGHZ 138, 91 [94] = MDR 1998, 582).
Die Frage, welche Anforderungen an eine dem Maßstab des § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BPflV gerecht werdende Unterrichtung über die Entgelte bei der - hier allein interessierenden - Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen zu stellen sind, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur umstritten. Der Senat hat hierzu noch nicht abschließend Stellung genommen. In dem Urteil vom 19.12.1995 (BGH, Urt. v. 19.12.1995 - III ZR 233/94, NJW 1996, 781 [782]) hat er lediglich - noch zu § 7 Abs. 2 S. 1 BPflV a. F. - ausgesprochen, dass der unter Bezugnahme auf das Preisverzeichnis erfolgte Hinweis, Wahlleistungen würden dem Patienten gesondert in Rechnung gestellt, jedenfalls dann nicht ausreicht, wenn die Gebührenordnung für Ärzte dem Patienten nicht vorgelegt wurde und auch keine weiteren mündlichen Belehrungen erteilt wurden.
a) Die im Sinne des Patientenschutzes weitestgehende Auffassung geht dahin, dass der Patient nur dann ausreichend unterrichtet worden ist, wenn ihm unter Hinweis auf die mutmaßlich in Ansatz zu bringenden Nummern des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte detailliert und auf den Einzelfall abgestellt die Höhe der voraussichtlich entstehenden Arztkosten mitgeteilt wird. Eine genaue Angabe dieser Kosten sei allerdings nicht erforderlich; es genüge, wie bei einem Kostenanschlag nach § 650 BGB, eine im Wesentlichen zutreffende Angabe (OLG Jena v. 16.10.2002 - 4 U 277/02, VersR 2002, 1499 [1500 f.]; LG Dortmund, Urt. v. 18.4.2002 - 4 S 25/01, VersR 2002, 1033 [1034]; LG Duisburg MedR 2001, 213 [214], jew. zu § 22 Abs. 2 BPflV; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.4.1998 - 8 U 171/97, VersR 1999, 496 [497] noch zu § 7 Abs. 2 BPflV a. F.; OLG Zweibrücken v. 28.5.2002 - 5 U 1/02, MDR 2003, 78 = NJW-RR 2003, 56; Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 2. Aufl., § 22 BPflV, Erl. E 2.2; Miebach/Patt, NJW 2000, 3377 [3378]).
Diese strenge Auslegung, die sich vor allem auf die durch § 22 Abs. 2 BPflV gegenüber der Vorgängerregelung des § 7 Abs. 2 BPflV a. F. erfolgte Erweiterung der Unterrichtungspflicht ("und deren Inhalt im Einzelnen") beruft, erscheint, auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift, als zu weitgehend.
aa) Müsste der Patient vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung in Form eines Kostenanschlags über die voraussichtliche Höhe der entstehenden Arztkosten unterrichtet werden, so bedeutete dies nicht nur einen immensen organisatorischen Mehraufwand für das Krankenhaus, sondern würde in vielen Fällen sogar dazu führen, dass dem Krankenhaus Unmögliches abverlangt würde.
Wahlleistungsvereinbarungen werden typischerweise bei der Aufnahme eines Patienten in das Krankenhaus abgeschlossen. In diesem Zeitpunkt stehen die Aufnahmeuntersuchungen noch aus. Welche ärztlichen Diagnose- oder Therapiemaßnahmen im Einzelnen geboten sind, ob und welcher Operation sich der Patient unterziehen muss, lässt sich häufig selbst nach dieser - ebenfalls ärztlichen - Aufnahmeuntersuchung noch nicht annähernd sicher abschätzen. Hier wäre es weder dem Krankenhaus zuzumuten noch dem Informationsinteresse des Patienten dienlich, wenn vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung eine Vielzahl möglicher "Kosten-Varianten" ermittelt oder dem Patienten die voraussichtliche Höhe der im ungünstigsten Falle zu erwartenden Kosten mitgeteilt werden müssten (vgl. Kuhla, MedR 2002, 280 [282]).
Der Weg, diese praktischen Schwierigkeiten dadurch zu umgehen, dass der Patient schrittweise, parallel zur Aufklärung über die vorzunehmenden Therapieschritte, über die finanziellen Konsequenzen dieses Vorgehens in Kenntnis gesetzt wird (OLG Jena v. 16.10.2002 - 4 U 277/02, VersR 2002, 1499 [1501]), ist nicht gangbar. Dies würde bedeuten, dass der Patient sich vor Beginn jeder zusätzlichen "kostenträchtigen" ärztlichen Maßnahme neu entscheiden müsste und könnte, ob er an der bei Aufnahme in das Krankenhaus oder anlässlich zuvor erfolgter Behandlungen getroffenen Wahlarztvereinbarung festhalten möchte oder aber nur noch als "normaler" Krankenhauspatient behandelt werden will. Eine derartige Verfahrensweise stünde in Widerspruch zu dem in § 22 Abs. 3 S. 1 BPflV (= § 7 Abs. 3 S. 1 BPflV a. F.) zwingend vorgeschriebenen Prinzip der "Wahlarzt- und Liquidationskette", wonach die Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen nicht auf einzelne liquidationsberechtigte Krankenhausärzte oder gar auf einzelne Behandlungsmaßnahmen beschränkt werden kann (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Erl. IV 8 zu § 22 BPflV [Stand: Mai 1996]). Demgemäß ist nach dem Regelungskonzept der Bundespflegesatzverordnung eine Auslegung des § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BPflV geboten, die das Krankenhaus in die Lage versetzt, in jedem Einzelfall dem Patienten bei Aufnahme bzw. vor Beginn der ersten (wahl-)ärztlichen Behandlung die erforderliche Unterrichtung zu erteilen, umso eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung zu Stande bringen zu können.
bb) Das Interesse des Patienten, den konkreten Preis der von ihm gewünschten Wahlleistung zu erfahren, ist bei den wahlärztlichen Leistungen typischerweise nicht so schutzwürdig wie bei den anderen Wahlleistungen.
Die Entgelte für nichtärztliche Wahlleistungen werden vom Träger des Krankenhauses im Rahmen der Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 S. 3 BPflV autonom gestaltet. Daraus können sich, wie dem Senat aus den bezüglich der Bemessung der Wahlleistung Unterkunft an ihn herangetragenen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist (BGH v. 4.8.2000 - III ZR 158/99, BGHZ 145, 66 = MDR 2000, 1430), in der Krankenhauspraxis erhebliche Preisunterschiede bei der Bemessung einzelner Wahlleistungsentgelte ergeben. Daher hat der Patient bei den nichtärztlichen Wahlleistungen ein besonderes Interesse daran, den konkreten Preis für die jew. angebotene Wahlleistung zu erfahren, da er nur so abschätzen kann, ob nach seinen subjektiven Wünschen und Bedürfnissen die für ihn in Frage kommende Wahlleistung "ihr Geld wert" ist.
Bei den ärztlichen Wahlleistungen ist die preisliche Situation von vornherein eine andere. Gemäß § 22 Abs. 3 S. 7 BPflV finden für die Berechnung wahlärztlicher Leistungen die Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte entsprechende Anwendung. Dies bedeutet, dass Grundlage der Entgeltermittlung insoweit gesetzliche Preisvorschriften sind, in denen - auch und gerade mit Rücksicht auf die schützenswerten Interessen der Patienten - für jede ärztliche Leistung ein bestimmtes Entgelt festgelegt ist, wobei der behandelnde Arzt im Einzelfall nur in engen Grenzen einen Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung seines Honorars hat (vgl. § 5 GOÄ).
Durch die entsprechende Anwendung der gesetzlichen Preisregelungen der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte ist gewährleistet, dass jeder Patient unabhängig von der Wahl des Krankenhauses für (im Wesentlichen) gleichartige bzw. gleichwertige ärztliche Leistungen eine (im Wesentlichen) gleiche Vergütung zu zahlen hat.
cc) Dass nach dem Willen des Verordnungsgebers dem Umstand, dass die Honorierung wahlärztlicher Leistungen gesetzlich vorgegeben ist, bei der Beantwortung der Frage, wie umfänglich und weit reichend die Unterrichtungspflicht des Krankenhauses ist, von maßgeblicher Bedeutung ist, lässt sich den Amtlichen Begründungen der Bundesregierung zu den einzelnen Verordnungsentwürfen mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen:
In der Begründung zur Vierten Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung, durch die die Pflicht zur Unterrichtung des Patienten erstmals in der Bundespflegesatzverordnung verankert worden ist, heißt es, dass zu der dem Schutz des Patienten dienenden Unterrichtung "die Mitteilung der Preise für nichtärztliche Wahlleistungen, z. B. für eine gesonderte Unterbringung, ebenso wie der Hinweis auf den unter Berücksichtigung des Pflegesatzabschlags zu zahlenden Pflegesatz sowie die Berechnung dieser Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte und die dort vorgesehene Minderung der berechneten Gebühren" gehört (BR-Drucks. 574/84, S. 15). Diese Formulierung lässt den Schluss zu, dass nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers bei ärztlichen Wahlleistungen nicht der geschuldete "Endpreis", sondern nur die Art und Weise des Zustandekommens dieses Preises erläutert werden muss.
In der Begründung zu § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV, durch den die Unterrichtungspflicht detaillierter ausgestaltet worden ist, wird ausgeführt, "dass der Patient künftig auch über den Inhalt der Wahlleistungen im Einzelnen zu unterrichten ist. Bei der Wahlleistung Ein- oder Zweibettzimmer könnte dies z. B. die Angabe von Telefon, Fernseher u. a. sein" (BR-Drucks. 381/94, S. 39). Dies belegt, dass der Verordnungsgeber bei dieser Änderung nicht die ärztlichen Wahlleistungen im Auge hatte.
b) Die für den Träger des Krankenhauses günstigste Auffassung hält es für ausreichend, wenn der Patient darauf hingewiesen wird, dass die Abrechnung des selbstliquidierenden Chefarztes nach der Gebührenordnung für Ärzte erfolgt; darüber hinaus sei es Sache des Patienten, bei Bedarf die Vorlage des Textes der Gebührenordnung für Ärzte zu erbitten oder sich diese selbst zu beschaffen (OLG Köln v. 22.4.1998 - 5 U 144/96, NJW-RR 1999, 228 [229] zu § 7 Abs. 2 BPflV a. F.; Wagener in Düsseldorfer Kommentar zur BPflV, 3. Aufl., Erl. 3.3.1 zu § 22; Dietz/Bofinger Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Erl. III 6 zu § 22 BPflV [Stand: Juni 2000]; Biermann/Ulsenheimer/Weißauer, MedR 2000, 107 [108 f.]; Haberstroh, VersR 1999, 8 [13 f.]).
Diese Auffassung dürfte indes mit dem Gesetz nicht mehr vereinbar sein. Zwar trifft es zu, dass es gegenüber dem Privatpatienten, der sich in die ambulante Behandlung eines niedergelassenen Arztes begibt, nach der unmittelbar anwendbaren Gebührenordnung für Ärzte keine besonderen Belehrungspflichten über die geschuldete Vergütung gibt und dass das Schutzinteresse des durchschnittlichen Wahlleistungspatienten weniger dahin geht, die Höhe der entstehenden Arztkosten zu erfahren, sondern eher darauf ausgerichtet ist zu wissen, ob sein privater Krankenversicherer für diese Kosten aufkommt (vgl. Kuhla, MedR 2002, 280 [283]; Haberstroh, VersR 1999, 8 [13 f.]). Diese Erwägungen rechtfertigen es jedoch nicht, sich über den klaren Wortlaut des Gesetzes hinwegzusetzen, wonach auch bei ärztlichen Wahlleistungen über die Entgelte "im Einzelnen" zu unterrichten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass typischerweise bei einem Krankenhausaufenthalt weit höhere Arztkosten entstehen als im Rahmen einer ambulanten Behandlung und dass eine eingehende Unterrichtung den Selbstzahler, der über keinen oder keinen umfassenden (Stichwort: Selbstbeteiligung) Versicherungsschutz verfügt, dazu veranlassen kann, von einer Wahlleistungsvereinbarung abzusehen bzw. sich zuvor bei seinem Versicherer über die Reichweite seines Versicherungsschutzes kundig zu machen, umso die Gefahr einer erheblichen finanziellen Eigenbelastung zu vermeiden oder zu begrenzen.
c) Vorzugswürdig dürfte daher eine vermittelnde Lösung sein (in diesem Sinne wohl AG und LG Kiel MedR 2001, 369 [371, 372]), die zum einen dem vom Verordnungsgeber ausdrücklich auch im Bereich der wahlärztlichen Leistungen anerkannten Informationsbedürfnis des Patienten entspricht und zum anderen an den Träger des Krankenhauses nicht derart übertrieben hohe Anforderungen stellt, dass es vielfach praktisch nicht mehr möglich wäre, mit zumutbarem Verwaltungsaufwand eine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zu treffen.
Diesbezüglich wäre in jedem Fall als ausreichende - zweckmäßigerweise schriftlich niedergelegte - Unterrichtung zu erachten (hierzu das von Debong, ArztR 2001, 12 [16] erarbeitete Muster einer Patienteninformation):
- kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen, wobei zum Ausdruck kommt, dass hierdurch ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkrankung die persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Ärzte sichergestellt werden soll; verbunden mit dem Hinweis darauf, dass der Patient auch ohne Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält;
- kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte bzw. für Zahnärzte (Leistungsbeschreibung anhand der Nummern des Gebührenverzeichnisses; Bedeutung von Punktzahl und Punktwert; Möglichkeit, den Gebührensatz je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen); Hinweis auf Gebührenminderung nach § 6a GOÄ;
- Hinweis darauf, dass die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben kann;
- Hinweis darauf, dass sich bei der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen die Vereinbarung zwingend auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte erstreckt (vgl. § 22 Abs. 3 S. 1 BPflV);
- Hinweis darauf, dass die Gebührenordnung für Ärzte/Gebührenordnung für Zahnärzte auf Wunsch eingesehen werden kann; die ungefragte Vorlage dieser Gesetzestexte erscheint demgegenüber entbehrlich, da diesen für sich genommen kein besonderer Informationswert zukommt: Der durchschnittliche Wahlleistungspatient ist auch nicht annähernd in der Lage, sich selbst anhand des Studiums dieser umfänglichen und komplizierten Regelungswerke einen Überblick über die Höhe der auf ihn zukommenden Arztkosten zu verschaffen.
3. Die Frage, welche Anforderungen an eine § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BPflV genügende Unterrichtung bei der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen zu stellen sind, braucht vorliegend nicht abschließend geklärt zu werden.
Die hier zu beurteilende Unterrichtung ist schon deshalb unzureichend, weil sie inhaltlich unzutreffend bzw. irreführend ist:
Auf Grund der dem Beklagten gegebenen Unterrichtung sind die liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses M. berechtigt, "nach der jew. gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. nach dem Institutionstarif" abzurechnen.
Was Gegenstand des "Institutionstarifs" ist oder sein soll, in welchem Verhältnis dieser Tarif zur Gebührenordnung für Ärzte steht, ob und ggf. welche Abweichungen sich bei der Anwendung dieses Tarifs gegenüber der Gebührenordnung für Ärzte ergeben könnten, bleibt dunkel. Schon diese, von der Revision zu Recht angeführten Umstände führen dazu, dass dem Beklagten nicht die nach § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BPflV geschuldete Unterrichtung zuteil wurde.
4. Die Auffassung der Revisionserwiderung, der Schutzzweck des § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV komme erst und nur dann zum Tragen, wenn sich herausstelle, dass der Patient keinen Versicherungsschutz habe, trifft nicht zu. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist jeder Wahlleistungspatient über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt ohne Rücksicht darauf zu unterrichten, ob und welchen Versicherungsschutz er hat.
II.
Da zwischen dem Krankenhaus M. und dem Beklagten keine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zu Stande gekommen ist, steht dem Kläger kein Vergütungsanspruch aus § 612 Abs. 2 BGB für die im Zusammenhang mit der stationären Behandlung des Beklagten erbrachten ärztlichen Leistungen zu; auch ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB besteht nicht (BGH v. 19.2.1998 - III ZR 169/97, BGHZ 138, 91 [95 ff., 99] = MDR 1998, 582).
Hiervon betroffen ist allerdings nur die Rechnung v. 31.5.2001 über insgesamt 2.337,87 DM. Die Rechnung v. 11.7.2001 über 136,35 DM hat eine ambulante Behandlung zum Gegenstand, die der Kläger geraume Zeit nach der Entlassung des Beklagten aus dem Krankenhaus erbracht hat. Da diese Leistung nicht dem Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung unterfällt, ist der Beklagte insoweit zur Zahlung verpflichtet.
Fundstellen
Haufe-Index 1087012 |
BGHZ 2004, 87 |
NJW 2004, 684 |
BGHR 2004, 205 |
EBE/BGH 2004, 6 |
ArztR 2004, 422 |
MDR 2004, 435 |
MedR 2004, 264 |
VersR 2004, 1005 |
GesR 2004, 55 |
IVH 2004, 19 |
KHuR 2004, 14 |
JWO-VerbrR 2004, 19 |
LMK 2004, 59 |
ZMGR 2004, 79 |