Leitsatz (amtlich)
Schäden an der Sachsubstanz der Mietsache, die durch eine Verletzung von Obhutspflichten des Mieters entstanden sind, hat dieser nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB als Schadensersatz neben der Leistung nach Wahl des Vermieters durch Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder durch Geldzahlung (§ 249 Abs. 2 BGB) zu ersetzen. Einer vorherigen Fristsetzung des Vermieters bedarf es dazu nicht. Das gilt unabhängig von der Frage, ob es um einen Schadensausgleich während eines laufenden Mietverhältnisses oder nach dessen Beendigung geht.
Normenkette
BGB §§ 241, 249, 280-282, 535, 823
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Urteil vom 30.06.2017; Aktenzeichen 22 S 2/17) |
AG Bad Neustadt a.d. Saale (Entscheidung vom 06.10.2016; Aktenzeichen 1 C 471/12) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des LG Schweinfurt - 2. Zivilkammer - vom 30.6.2017 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Beklagte war von 2004 bis Mitte Januar 2012 Mieter einer dem Kläger gehörenden Wohnung in H. . Deren Rückgabe erfolgte am 25.2.2012. Wegen verschiedener Schäden in der zurückgegebenen Wohnung beantragte der Kläger Mitte März 2012 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens und begehrte nach dessen Abschluss von dem Beklagten Schadensersatz. Eine Frist zur Beseitigung etwaiger Mängel hatte er ihm zuvor nicht gesetzt.
Rz. 2
Im Revisionsverfahren ist noch ein vom Berufungsgericht gegen den Beklagten zuerkannter Schadensersatz i.H.v. 5.171 EUR nebst Zinsen im Streit. Dieser setzt sich zusammen aus den Kosten für die Beseitigung eines auf fehlerhaftem Heiz- und Lüftungsverhalten des Beklagten beruhenden Schimmelbefalls mehrerer Räume (2.760 EUR), einem Ersatz für von ihm verursachte Kalkschäden an Badezimmerarmaturen (61 EUR) und Lackschäden an einem Heizkörper (100 EUR) sowie einem Mietausfallschaden aufgrund einer schadensbedingt erst ab August 2012 möglichen Weitervermietung der Wohnung (2.250 EUR).
Rz. 3
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 6
Das AG habe dem Kläger für die genannten Schäden zutreffend gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB einen Schadensersatz zugesprochen. Soweit mehrere Räume der Wohnung mit Schimmel befallen gewesen seien, habe dies zum überwiegenden Teil auf einem fehlerhaften Heiz- und Lüftungsverhalten des Beklagten beruht. Er sei deshalb zum Ersatz des auf dieses Verhalten zurückzuführenden Schadensbeseitigungsaufwands von 2.760 EUR verpflichtet, ohne dass der Kläger ihm zuvor eine Frist zur Schadensbeseitigung habe setzen müssen. Soweit in der Instanzrechtsprechung teilweise ein aus § 281 Abs. 1 BGB hergeleitetes Fristsetzungserfordernis angenommen werde, liege dem die Auffassung zugrunde, dass § 546 Abs. 1 BGB den Mieter zur Rückgabe der Mietsache in vertragsgemäßem, also nicht über die übliche vertragliche Abnutzung hinausgehenden Zustand verpflichte. Danach könne der Vermieter bei einer Verletzung der Pflicht zur Rückgabe der Mietsache in vertragsgemäßem Zustand (nur) Schadensersatz statt der Leistung verlangen, was wiederum voraussetze, dass er dem Mieter erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe oder diese ausnahmsweise entbehrlich sei. Diese Sichtweise entspreche jedoch nicht der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 6.11.2013 - VIII ZR 416/12), nach der § 546 BGB - richtigerweise - keine Regelung enthalte, in welchem Zustand die Wohnung zurückzugeben sei. Vielmehr sei danach der Zustand der Mietsache für die Rückgabe selbst ohne Bedeutung, so dass der Vermieter wegen Verschlechterung der Mietsache zwar Schadensersatz verlangen, nicht jedoch die Rücknahme der Mietsache verweigern könne.
Rz. 7
Aus dem gleichen Grund sei der Beklagte wegen der aufgrund mangelhafter Pflege zu ersetzenden Badezimmerarmaturen und der auf Beschädigungen zurückzuführenden großflächigen Abplatzungen an einem Heizkörper ohne vorherige Fristsetzung zum Schadensersatz verpflichtet. Darüber hinaus sei dem Kläger durch die Rückgabe der Wohnung in beschädigtem Zustand, insb. wegen des erheblichen Umfangs der Beschädigungen und der alle Räume erfassenden Schimmelbildung, eine anschließende Weitervermietung vor der erst Ende Juli 2012 erfolgten sachverständigen Klärung des Mängelbefundes nicht möglich gewesen; der Beklagte habe deshalb auch für den Mietausfallschaden für die Monate März bis Juli 2012 einzustehen.
II.
Rz. 8
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Rz. 9
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der vom Kläger wegen der im Streit stehenden Schäden begehrte Ersatz als sog. Schadensersatz neben der Leistung (§§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB; vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.2.2017 - VII ZR 242/13, NJW 2017, 1669 Rz. 23 m.w.N.) keine Fristsetzung gegenüber dem Beklagten zur Schadensbeseitigung gem. §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB voraussetzt. Darüber hinaus kann der Kläger sich für den begehrten Schadensersatz wegen einer Verletzung seines Eigentums an der vermieteten Wohnung auch auf § 823 Abs. 1 BGB stützen, der ebenfalls keine Fristsetzung vorsieht.
Rz. 10
a) Im mietrechtlichen Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung ist allerdings umstritten, ob ein - wie im Streitfall - nach Rückgabe der Mietsache geltend gemachter Ersatzanspruch als Schadensersatz neben der Leistung oder als Schadensersatz statt der Leistung anzusehen ist und wie sich im letztgenannten Fall dazu ein konkurrierender deliktischer Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB verhält.
Rz. 11
aa) Teilweise wird § 281 BGB für generell anwendbar gehalten. Dies beruht auf der Annahme, dass § 546 Abs. 1 BGB auch eine Leistungspflicht des Mieters zur Rückgabe der Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand, also ohne über eine vertraglich erlaubte Abnutzung hinausgehende Schäden, zum Inhalt habe und dadurch eine auf die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes lautende Beseitigungspflicht begründe. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass andernfalls die Abgrenzung zwischen zu beseitigenden einfachen Gebrauchsspuren und weitergehenden Substanzbeschädigungen schwierig sei oder es sonst sachwidrig zur unterschiedlichen Behandlung einer Schadensbeseitigung und den sich häufig überlappenden Fallgestaltungen einer vertraglich eigens übernommenen (Wieder-)Herstellungspflicht komme (z.B. OLG Köln, Urt. v. 21.5.2015 - 18 U 60/14, juris Rz. 43 f.; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rz. 661; Kraemer, FS für Blank, 2006, S. 281, 289; Scheuer/J. Emmerich in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., Kap. V.A Rz. 35; unklar Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 13. Aufl., § 546a BGB Rz. 83 [Anspruchskonkurrenz zu § 280 Abs. 1 BGB]; zum Meinungsstand ferner Fervers, WuM 2017, 429, 430 f.). Vereinzelt wird das sich aus § 281 Abs. 1 BGB ergebende Fristsetzungserfordernis dabei auch auf einen konkurrierenden deliktischen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB übertragen (so etwa Kraemer, a.a.O.; anders wohl Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., Rz. 82).
Rz. 12
bb) Die gegenteilige Auffassung sieht für eine Anwendung des § 281 BGB weder vor noch nach Vertragsende Raum. Der Schadensersatzanspruch aus einer zur Beschädigung der Mietsache führenden Pflichtverletzung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) oder aus einer damit konkurrierenden unerlaubten Handlung (§ 823 BGB) falle bereits mit der Schadensentstehung und nicht erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses an und werde gem. § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Der Vermieter könne hierbei nach seiner Wahl entweder Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder unmittelbar Schadensersatz in Geld (§ 249 Abs. 2 BGB) beanspruchen und büße diesen an kein Fristsetzungserfordernis geknüpften Anspruch auch nicht durch eine zwischenzeitliche Vertragsbeendigung ein (z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.3.2013 - 10 U 72/12, juris Rz. 6, 8; LG Saarbrücken, Urt. v. 21.11.2014 - 10 S 60/14, juris Rz. 16, 20 f.; Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2018, § 538 Rz. 6; vgl. zum Meinungsstand ferner Fervers, a.a.O., S. 430). Zudem sei es auch nicht möglich, ein etwaiges Fristsetzungserfordernis auf konkurrierende Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB zu übertragen (Oechsler, NZM 2004, 881, 888; LG Saarbrücken, Urt. v. 21.11.2014 - 10 S 60/14, a.a.O., Rz. 17).
Rz. 13
cc) Die aufgeworfene Frage ist jedenfalls für die im Streit stehende Sachverhaltskonstellation höchstrichterlich noch nicht entschieden worden.
Rz. 14
(1) Auf der Grundlage des vor der Schuldrechtsreform geltenden Rechts hat sich der BGH zwar häufiger mit einer Anwendbarkeit des § 326 BGB a.F. auf mietvertragliche (Wieder-)Herstellungs- oder Beseitigungspflichten und dem dabei bestehenden Erfordernis einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung oder deren ausnahmsweiser Entbehrlichkeit befasst. Bei Anwendung dieser Bestimmung, die im Zuge der Schuldrechtsreform durch § 281 BGB ersetzt worden ist (BT-Drucks. 14/6040, 138), ist es jedoch in allen entschiedenen Fällen um die zur Anwendbarkeit der Norm unerlässliche Verletzung vertraglich übernommener (Haupt-)Leistungspflichten gegangen.
Rz. 15
Bei den vom BGH entschiedenen Fällen handelt es sich um eine vom Mieter eigens übernommene Verpflichtung zur Vornahme von Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, namentlich Schönheitsreparaturen (BGH, Urt. v. 20.10.1976 - VIII ZR 51/75, WM 1976, 1277 unter 1a; v. 19.10.1988 - VIII ZR 22/88, NJW 1989, 451 unter II 2c; v. 10.7.1991 - XII ZR 105/90, WM 1991, 1884 unter II 1a, 2a; v. 9.7.1992 - XII ZR 268/90, WM 1992, 1853 vor und unter 1; vom 5.10.1994 - XII ZR 15/93, NJW-RR 1995, 123 unter II 2a, b), zur Wiederherstellung des früheren Zustands der Mietsache, wenn dazu erhebliche Kosten aufgewendet werden mussten (BGH, Urt. v. 20.10.1976 - VIII ZR 51/75, a.a.O., unter 1a, b; v. 16.3.1988 - VIII ZR 184/87, BGHZ 104, 6, 10 f.; v. 10.7.2002 - XII ZR 107/99, WM 2002, 2517 unter 2, 3; vom 22.9.2004 - VIII ZR 360/03, NJW 2004, 3775 unter II 2b bb, cc), zur Rückgabe der Mietsache bei Vertragsbeendigung in ordnungsgemäßem, auch die Spuren eines vertragsgemäßen Gebrauchs beseitigenden Zustand (BGH, Beschl. v. 2.10.1996 - XII ZR 65/95, WuM 1997, 217 unter 2) oder zur Beseitigung von Einbauten oder Anlagen (BGH, Urt. v. 2.4.1989 - VIII ZR 52/88, BGHZ 107, 179, 183; v. 19.10.1988 - VIII ZR 22/88, a.a.O.).
Rz. 16
Diese für den Fall der unterbliebenen Erfüllung mietvertraglicher Hauptpflichten von § 326 BGB a.F. erfasste Schadensersatzverpflichtung wird von Schadensersatzansprüchen des Vermieters aus positiver Vertragsverletzung, die nunmehr von § 280 Abs. 1 BGB erfasst werden, abgegrenzt (BT-Drucks. 14/6040, 225). Auf letztgenannte Anspruchsgrundlage ist zurückgegriffen worden, wenn der Mieter vertragliche Nebenpflichten verletzt hatte, weil er etwa die Grenzen des ihm zustehenden vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten und/oder durch Verletzung seiner Obhutspflichten die Mietsache beschädigt oder verschlechtert hatte (BGH, Urt. v. 5.10.1994 - XII ZR 15/93, a.a.O.).
Rz. 17
(2) Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des BGH zur Anwendung des seit der Schuldrechtsreform geltenden Rechts. Danach bestimmen sich etwa Schadensersatzansprüche aus der Nichterfüllung einer vom Mieter wirksam aus dem Pflichtenkreis des Vermieters übernommenen Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen oder von Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen nach §§ 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB (BGH, Urt. v. 18.3.2015 - VIII ZR 242/13, BGHZ 204, 316 Rz. 15; v. 12.3.2014 - XII ZR 108/13, NJW 2014, 1444 Rz. 17, 30; v. 12.2.2014 - XII ZR 76/13, BGHZ 200, 133 Rz. 24 f.; BGH v. 21.10.2008 - VIII ZR 189/07, WuM 2009, 36 Rz. 2).
Rz. 18
Demgegenüber hat der Senat in verschiedenen Fallgestaltungen Schadensersatzansprüche aus einer Verletzung von Obhuts- oder Rücksichtnahmepflichten des Mieters, die zu einer Verschlechterung der Mietsache oder sonst einem Schaden des Vermieters geführt haben, nach §§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB beurteilt (BGH, Urt. v. 6.11.2013 - VIII ZR 416/12, NJW 2014, 143 Rz. 18 f.; v. 5.3.2014 - VIII ZR 205/13, NJW 2014, 1653 Rz. 10; v. 14.12.2016 - VIII ZR 49/16, NJW-RR 2017, 329 Rz. 14, 16). Entsprechend hat der Senat in derartigen Fällen auch § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der danach unter Fristsetzung auszusprechenden Aufforderung an den Mieter zur Schadensbeseitigung nicht zur Anwendung gebracht, sondern dem Vermieter einen sofort fälligen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Mieter zugebilligt, und zwar nach seiner Wahl in Form der Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder des Geldersatzes (§ 249 Abs. 2 BGB; BGH, Urt. v. 19.11.2014 - VIII ZR 191/13, BGHZ 203, 256 Rz. 26).
Rz. 19
b) Für den ebenfalls durch die Verletzung von Obhutspflichten des Beklagten gekennzeichneten Streitfall und die dadurch eingetretenen Schäden an der Sachsubstanz kann nichts anderes gelten. Es kommt - worauf Fervers (a.a.O. S. 433) mit Recht hinweist - unabhängig von der Frage, ob der Schadensersatz vor oder nach Rückgabe der Mietsache geltend gemacht wird, nur darauf an, ob die Verletzung einer zur Anwendbarkeit des §§ 280 Abs. 3, 281 BGB führenden Leistungspflicht oder die Verletzung einer in § 241 Abs. 2 BGB geregelten vertraglichen Nebenpflicht, bei der sich die Anspruchsvoraussetzungen allein nach § 280 Abs. 1 BGB bestimmen, in Rede steht.
Rz. 20
aa) Nach der Konzeption des Gesetzgebers der Schuldrechtsreform zielen die im Bürgerlichen Gesetzbuch jeweils geregelten Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 Satz 1 BGB) zumeist auf eine Veränderung der Güterlage des Gläubigers ab, während die nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB angesprochenen Schutzpflichten nur die gegenwärtige Güterlage jedes an dem Schuldverhältnis Beteiligten vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen bewahren sollen und wirksame Schuldverträge regelmäßig als Nebenpflichten begleiten, ohne selbst leistungsbezogen zu sein. Bei ihrer Verletzung geht es deshalb um Schäden, die nach dem vor der Schuldrechtsreform geltenden Recht unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zu ersetzen waren, weil sie außerhalb des eigentlichen Leistungsprogramms (hier § 535 BGB) und dem damit verfolgten Erfüllungsinteresse an anderen, in ihrer Integrität aber nicht zum unmittelbaren Leistungsgegenstand gehörenden Rechtsgütern eintreten. Solche Schäden entstehen im Falle eines Mietverhältnisses zwar an dem Mietgegenstand, sie beruhen aber auf einer Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs und sind damit außerhalb des mietrechtlichen Leistungsprogramms verursacht worden. Der Ersatz dieser Schäden ist deshalb darauf angelegt, etwaige über das Erfüllungsinteresse der Vertragsparteien am Erhalt der jeweils versprochenen Leistung hinausgehend eingetretene Vermögensnachteile auszugleichen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, 125, 225; ferner etwa Staudinger/Schwarze, BGB, Neubearb. 2014, § 280 Rz. C 38; Fervers, a.a.O., S. 433 f.; jeweils m.w.N.).
Rz. 21
Im Gegensatz zu diesem das Integritätsinteresse betreffenden Schadensersatzanspruch neben der Leistung, durch den gem. § 280 Abs. 1 BGB unmittelbar Ersatz für Schäden beansprucht werden kann, die an nicht von dem eigentlichen Leistungsprogramm des Mietvertrags erfassten Rechtsgütern des Gläubigers oder an dessen Vermögen eintreten (vgl. BGH, Urt. v. 16.2.2017 - VII ZR 242/13, a.a.O., m.w.N.), bildet der bei Nicht- oder Schlechterfüllung einer Leistungspflicht geschuldete Schadensersatz das Surrogat der zur Erfüllung führenden Leistung, wie es in § 281 BGB als auf das Leistungsinteresse (positives Interesse) bezogener Schadensersatz statt der Leistung geregelt ist. Allerdings ist die Ersatzfähigkeit des von ihm so beschriebenen Leistungsinteresses vom Gesetzgeber zusätzlich an die Voraussetzung geknüpft worden, dass der Schuldner vor Geltendmachung eines gegen ihn gerichteten, den Leistungsanspruch ersetzenden Schadensersatzanspruchs grundsätzlich eine weitere Gelegenheit zur Erfüllung erhalten muss (vgl. BT-Drucks. 14/6040, 134 f., 138, 225).
Rz. 22
Für die Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber dem Gläubiger hingegen einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung nur ausnahmsweise unter den in § 282 BGB geregelten besonderen, im Streitfall jedoch nicht einschlägigen Unzumutbarkeitsvoraussetzungen, die dabei dem Anwendungsbereich des § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgehen, zubilligen wollen (dazu BT-Drucks. 14/6040, 138, 141 f.).
Rz. 23
bb) Bei der Verpflichtung des Beklagten, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe von § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten, insb. die Räume aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann (BGH, Urt. v. 14.12.2016 - VIII ZR 49/16, a.a.O., Rz. 14 m.w.N.), handelt es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht im genannten Sinne, deren Verletzung allein nach den in § 280 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen eine Schadensersatzpflicht begründet.
Rz. 24
Das gilt entgegen der Auffassung der Revision, die sich dazu auf die vorstehend unter II 1a aa wiedergegebene Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum stützt, nicht nur für das laufende Mietverhältnis, sondern auch für dessen Beendigung. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, von der abzugehen kein Anlass besteht, ist der Zustand, in dem sich die Mietsache bei ihrer Rückgabe befindet, für die allein in der Rückgabe selbst bestehende Leistungspflicht ohne Bedeutung. § 546 Abs. 1 BGB enthält keine Regelung darüber, in welchem Zustand die Wohnung zurückzugeben ist. Bei Verschlechterungen oder Veränderungen der Mietsache kann der Vermieter deshalb zwar Schadensersatz verlangen, ist aber - zur Vermeidung eines sonst etwa nach §§ 293 ff. BGB eintretenden Annahmeverzugs oder des Fehlens einer für die Anwendbarkeit von § 546a Abs. 1 BGB erforderlichen Vorenthaltung - nicht zur Ablehnung ihrer Rücknahme berechtigt (BGH, Urt. v. 6.11.2013 - VIII ZR 416/12, a.a.O., Rz. 15; v. 10.1.1983 - VIII ZR 304/81, BGHZ 86, 204, 209 f.; vom 23.1.1974 - VIII ZR 219/72, WM 1974, 260 unter II 3; vgl. ferner BGH v. 13.7.2010 - VIII ZR 326/09, NJW-RR 2010, 1521 Rz. 2; ebenso nunmehr BGH, Urt. v. 23.6.2010 - XII ZR 52/08, NJW 2010, 2652 Rz. 18).
Rz. 25
cc) Soweit die Revision unter Bezugnahme auf Stimmen in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum (OLG Köln, Urt. v. 21.5.2015 - 18 U 60/14, a.a.O., Rz. 43; Kraemer, a.a.O., S. 284, 288 f.) geltend macht, dass der Mieter bei Beschädigung der Mietsache durch einen vertragswidrigen Gebrauch nicht nur während eines laufenden Mietverhältnisses, sondern auch nach dessen Beendigung berechtigt sei, den Schaden selbst zu beheben, weil nach dem Ende des Mietverhältnisses die vertragliche Verpflichtung zur Rückgabe der Mietsache ohne vertragswidrige Beschädigungen die vorher entstandenen, aber noch nicht erfüllten Schadensersatzansprüche aufnehme, findet dies im Gesetz keine Stütze. Auch hier wird den grundsätzlichen Unterschieden zwischen einem Schadensersatz statt der Leistung und einem Schadensersatz neben der Leistung sowie den dadurch jeweils geschützten Interessen nicht Rechnung getragen.
Rz. 26
(1) Im Gegensatz zu einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung, bei dem eine Naturalrestitution ausscheidet, weil die Erfüllung der vertraglichen Leistung gem. § 281 Abs. 4 BGB gerade nicht mehr verlangt werden kann und dieser Anspruch deshalb abweichend von § 249 BGB von Anfang an nur auf Geld gerichtet ist (BGH, Urt. v. 11.12.2015 - V ZR 26/15, WM 2016, 1748 Rz. 21 m.w.N.), räumt die auf den Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB uneingeschränkt anwendbare Bestimmung des § 249 BGB dem Geschädigten die Wahlmöglichkeit ein zwischen der in Abs. 1 vorgesehenen Naturalrestitution und dem in Abs. 2 Satz 1 geregelten Zahlungsanspruch auf den zur (Wieder-)Herstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2014 - VIII ZR 191/13, a.a.O.). Die in Abs. 2 Satz 1 geregelte Ersetzungsbefugnis (dazu BGH, Urt. v. 17.10.2006 - VI ZR 249/05, BGHZ 169, 263 Rz. 14; v. 8.2.1952 - V ZR 122/50, BGHZ 5, 105, 109 f.) soll den Geschädigten gerade davon befreien, die Schadensbeseitigung dem Schädiger anvertrauen zu müssen, und ihm die Möglichkeit zur Durchführung der Beseitigung in eigener Regie eröffnen (BGH, Urt. v. 18.3.2014 - VI ZR 10/13, WM 2014, 1685 Rz. 29; v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 12; jeweils m.w.N.).
Rz. 27
Durch diese Ersetzungsbefugnis werden nicht nur Abwicklungsstreitigkeiten darüber vermieden, ob eine Schadensbeseitigung des Schädigers gelungen ist und vom Geschädigten als tauglich akzeptiert werden muss (BGH, Urt. v. 29.10.1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 184). Die Ersetzungsbefugnis sichert dem Geschädigten gerade auch das ihm zustehende Recht, sich bei Ausführung der Schadensbeseitigung ausschließlich an seinen eigenen Wiederherstellungsinteressen zu orientieren und sich nicht auf ein gegenläufiges Interesse des Schädigers etwa an einer möglichst kostengünstigen und deshalb in ihrer Tauglichkeit nicht ohne Weiteres zweifelsfreien Wiederherstellung einlassen zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 18.3.2014 - VI ZR 10/13, a.a.O.). Dementsprechend kann der Geschädigte seine Ersetzungsbefugnis grundsätzlich auch ohne Angabe von Gründen ausüben, muss sich für die getroffene Wahl also nicht rechtfertigen (BGH, Urt. v. 18.3.2014 - VI ZR 10/13, a.a.O., Rz. 30) und sich auch sonst zu ihrer Umsetzung nicht mit dem Schädiger ins Benehmen setzen (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, a.a.O.).
Rz. 28
(2) Für Schäden an der Sachsubstanz im Rahmen von Mietverhältnissen gilt nichts Abweichendes. Insbesondere trägt etwa der auch durch die Revision gezogene Schluss von einer - aus einem aktuellen Mietbesitz abgeleiteten - Gestaltungsfreiheit des Mieters (vgl. etwa BGH vom 6.11.2013 - VIII ZR 416/12, a.a.O., Rz. 17 ff. [zur Dekorationsfreiheit]) auf ein durch vermeintliche Rücksichtnahmepflichten des Vermieters gestütztes Recht des Mieters, auch mit einem Schaden an der Sachsubstanz leben zu dürfen, zumindest aber die Gelegenheit zur Selbstbeseitigung erhalten zu müssen (vgl. etwa OLG Köln, Urt. v. 21.5.2015 - 18 U 60/14, a.a.O., Rz. 45; Kraemer, a.a.O., S. 287 f.; Staudinger/V. Emmerich, a.a.O.), allein schon mangels Vergleichbarkeit der Interessenlagen nicht. Denn es liegt - ähnlich wie etwa bei einem Umgang des Vermieters mit baulichen Veränderungen an der Mietwohnung (dazu BGH, Urt. v. 14.9.2011 - VIII ZR 10/11, NJW-RR 2012, 262 Rz. 11) - grundsätzlich in dessen alleinigem Ermessen zu entscheiden, ob er selbst bei fehlender Inanspruchnahme durch den Mieter oder sogar gegen dessen Wunsch nach Belassung des vertragswidrigen Zustands Schäden an der Sachsubstanz gleichwohl behebt. Das gilt erst recht für die im Streitfall zu beurteilende Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses.
Rz. 29
Dementsprechend hat auch der Senat für eine der vorliegenden Fallgestaltung vergleichbare Konstellation bereits ausgesprochen, dass eine nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands durch Schadensbeseitigung entfällt, soweit der Mieter den Schaden und damit den Mangel der Mietsache zu vertreten hat. In diesem Fall steht dem Vermieter vielmehr ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Mieter zu, wobei er nach seiner Wahl die in § 249 Abs. 1 BGB geregelte Wiederherstellung durch den Mieter oder den in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB geregelten Geldersatz verlangen kann (BGH, Urt. v. 19.11.2014 - VIII ZR 191/13, a.a.O.). Allerdings ist er bei Wahl der letztgenannten Alternative jedenfalls im Falle eines fortbestehenden Mietverhältnisses gehalten, den erlangten Geldersatz zur Erfüllung seiner dann erneut auflebenden Wiederherstellungspflicht einzusetzen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 Rz. 93). Eine Verlagerung der genannten Ersetzungsbefugnis auf den Mieter, wie sie der Revision vorschwebt, würde die in § 249 BGB getroffene Regelung ohne zwingenden Grund in ihr genaues Gegenteil verkehren.
Rz. 30
c) In gleicher Weise kann der Kläger den geltend gemachten Schadensersatz auch aus § 823 Abs. 1 BGB beanspruchen. Es ist anerkannt, dass bei Beschädigung von Sachen, jedenfalls soweit sie nicht unmittelbarer Leistungsgegenstand sind, vertragliche und deliktische Ersatzansprüche nebeneinander bestehen können. Insoweit gelten für das Mietrecht keine Besonderheiten (vgl. nur BGH, Urt. v. 29.6.2011 - VIII ZR 349/10, NJW 2011, 2717 Rz. 7; v. 23.6.2010 - XII ZR 52/08, a.a.O.). Diese deliktsrechtliche Haftung, deren Rechtsfolgen sich u.a. ebenfalls nach § 249 BGB bestimmen, bleibt entgegen der Auffassung der Revision zumindest hinsichtlich ihres Anspruchsinhalts und damit auch hinsichtlich der dem Geschädigten zustehenden Ersetzungsbefugnis von vermeintlichen mietrechtlichen Besonderheiten unberührt (so zutreffend Oechsler, a.a.O., S. 888). Darüber hinaus hätte eine zum Ausschluss der Anwendbarkeit des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB führende Anspruchssperre aus den vorstehend unter II 1b cc (2) dargestellten Erwägungen auch gegenüber einem deliktischen Schadensersatzanspruch auszuscheiden.
Rz. 31
2. Ebenfalls nicht durchdringen kann die Revision mit ihrer darüber hinaus zur Schadenshöhe erhobenen Rüge, der gegen den Beklagten erkannte Mietausfallschaden in Form des Gewinns, welcher dem Kläger wegen des dem Beklagten angelasteten Wohnungszustands und der dadurch verzögerten Vermietungsmöglichkeit i.S.v. § 252 BGB entgangen ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2016 - IX ZR 149/15, WM 2017, 978 Rz. 19 f. m.w.N.), sei nicht oder jedenfalls nicht in diesem Umfang erstattungsfähig.
Rz. 32
a) Soweit die Revision dazu geltend macht, bei einer Einbeziehung dieses Schadenspostens in den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung fehle es an den von §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1, 2 BGB geforderten Voraussetzungen, und bei einer Einordnung als Verzögerungsschaden mangele es an einem Verzug mit der dazu nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB erforderlichen Herstellungspflicht, geht die Rüge schon deshalb fehl, weil die erforderliche Leistungs- oder Herstellungspflicht des Beklagten aufgrund der dem Kläger zukommenden Ersetzungsbefugnis nicht bestanden hat (dazu vorstehend unter II 1b cc).
Rz. 33
b) Soweit die Revision darüber hinaus den Vortrag des Beklagten als übergangen rügt, eine Weitervermietung vor dem 1.4.2012 sei schon deshalb ausgeschlossen gewesen, weil der Kläger Schönheitsreparaturen und (nicht dem Beklagten obliegende) Instandsetzungsmaßnahmen an der Einbauküche hätte vornehmen müssen, so dass ihm jedenfalls vor dem genannten Datum keine Weitervermietung möglich gewesen wäre, hat der Senat diese Rüge geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 11606937 |
BGHZ 2019, 22 |
NJW 2018, 1746 |
NJW 2018, 8 |
JurBüro 2018, 277 |
JurBüro 2018, 330 |
NZG 2018, 6 |
NZM 2018, 320 |
ZAP 2018, 415 |
ZIP 2018, 19 |
ZMR 2018, 2 |
ZMR 2018, 492 |
ZfIR 2018, 3 |
JZ 2018, 168 |
JZ 2018, 305 |
JZ 2018, 339 |
JZ 2018, 946 |
JuS 2018, 999 |
MDR 2018, 6 |
MDR 2018, 658 |
WuM 2018, 196 |
GWR 2018, 308 |
MietRB 2018, 163 |
NJW-Spezial 2018, 321 |
RdW 2018, 505 |
BBB 2018, 68 |
FMP 2018, 133 |
GK/Bay 2018, 502 |
ImmWert 2018, 37 |
Jura 2018, 842 |
LL 2018, 442 |
MK 2018, 130 |