Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 03.07.1975) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Juli 1975 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 23. November 1971 hat die Klägerin von der Plan-Finanz-Bau P. W. Bauträger GmbH & Co. KG (Plan-Finanz) eine noch herzustellende Eigentumswohnung erworben.
Auf den Erwerbspreis von |
126.500 |
DM |
sollten fällig sein: |
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bei Vertragsschluß |
25.300 |
DM |
bei Rohbauabnahme |
25.300 |
DM |
bei Bezugsfertigkeit die restlichen |
75.900 |
DM. |
Der Tag der Rohbauabnahme und der Bezugsfertigkeit sollte der Erwerberin durch eingeschriebenen Brief mitgeteilt werden. Sämtliche Zahlungen sollten auf ein bestimmtes Baukreditkonto der Plan-Finanz bei der Beklagten gezahlt werden, Treuhandgelder auf ein bestimmtes Sperrkonto der Plan-Finanz bei der Beklagten (§ 5).
Die Klägerin ist als Wohnungseigentümerin im Grundbuch eingetragen. Sie hat die Wohnung bezogen.
Bezahlt hat sie auf die genannten Konten bisher
insgesamt |
70.600 |
DM. |
Die Zahlung des Restes von |
55.900 |
DM |
verweigert sie, weil er wegen unvollständiger und mangelhafter Bauausführung noch nicht fällig sei.
Das Wohnungseigentum der Klägerin ist ebenso wie die Wohnungseigentumsrechte der übrigen 11 Erwerber mit einer Gesamtgrundschuld von 950.000 DM nebst Zinsen zugunsten der Beklagten belastet, die das Bauvorhaben finanziert hat. Die Grundschuld wurde vom Voreigentümer des Grundstücks, dem an der Plan-Finanz beteiligten Architekten Kämper, in vollstreckbarer notarieller Urkunde vom 6. September 1971 am damals eigentumsmäßig noch ungeteilten Grundstück bestellt und später in die Wohnungsgrundbücher der Erwerber übertragen.
Nach der die Eintragungsbewilligung enthaltenden Grundschuldbestellungsurkunde vom 6. September 1971 sollen alle Zahlungen an die Beklagte als Zahlungen auf die persönliche Forderung gelten, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird.
Am 27. September 1971 hat die Beklagte gegenüber der Plan-Finanz folgende Erklärung abgegeben:
„Freistellungserklärung
I.
Die Firma Plan-Finanz-Bau P. W. Bauträger GmbH & Co. KG, H. K. tr. …, errichtet in H. vier Terrassenhäuser mit je drei Eigentumswohnungen. Die Grundstücke sind eingetragen im Grundbuch von H., Flur … 2, Parzellen 270, 271 und 255 mit einer Gesamtgröße von 3222 qm. An diesen Grundstücken kommt zugunsten der D. K. für Baufinanzierung AG, K. (Beklagte), eine Gesamtbriefgrundschuld in Höhe von DM 950.000,– zur Eintragung, die zur Sicherung eines Baukredites dient, den wir der vorgenannten Gesellschaft zur Errichtung des o.g. Bauvorhabens gewähren. Die Eigentumswohnungen sollen an verschiedene Käufer veräußert werden.
In den abzuschließenden Kaufverträgen ist aufzunehmen, daß sämtliche Zahlungen der Erwerber auf das in unserem Hause für die Plan-Finanz-Bau P. W. Bauträger GmbH & Co. KG, H., geführte Konto Nr. … 7100 zu erfolgen haben. Treuhandgelder sind auf das in unserem Hause für die vorgenannte Gesellschaft eingerichtete Sperrkonto Nr. … 7220 zu überweisen.
II.
Der jeweilige Käufer haftet nur für den Teilbetrag der Gesamtbriefgrundschuld in Höhe seines Kaufpreises, wobei sich die Haftung jeweils um die gezahlten Kaufpreisteile mindert.
III.
Wir verpflichten uns, diejenigen gekauften Wohnungs- und Teileigentumsrechte aus der Globalbelastung freizustellen, für die der gesamte Kaufpreis auf das bei uns geführte Konto Nr. … 7100 oder auf das Sperrkonto – Nr. … 7220 gezahlt ist.
Die Freistellung kann nicht verlangt werden, so lange der eingezahlte Kaufpreis auf den vorgenannten Konten nicht zugunsten unserer Kreditnehmerin freigegeben worden ist.
IV.
Falls das Bauvorhaben nicht vertragsgemäß vollendet werden sollte, werden wir das Kaufobjekt freigeben (hilfsweise der Auflassungsvormerkung des Käufers den Vorrang vor unseren Grundpfandrechten einräumen) sobald der Käufer alle bis dahin fällig gewordenen Kaufpreisraten auf das vorgenannte Konto vertragsgemäß gezahlt hat und evtl. gewährte Zwischenkredite incl. Zinsen abgedeckt sind.”
Der Erwerbsvertrag besagt:
„§ 12.
Dem Käufer ist bekannt, daß das Wohnungsgrundbuch mit einer Gesamt(grund)schuld in Höhe von 950.000 DM zugunsten der D. K. für Baufinanzierung AG mit dem Sitz in Köln belastet ist. Diese hat unter dem 27. September 1971 eine Freistellungserklärung abgegeben, die als Anlage diesem Vertrag beigefügt ist.”
Die Beklagte nimmt die Klägerin in Höhe des Kaufpreisrestes aus der Grundschuld in Anspruch.
Mit der Klage begehrt die Klägerin:
- die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen sie aus der vollstreckbaren Urkunde vom 6. September 1971 für unzulässig zu erklären,
- die Beklagte zur Entlassung des Wohnungseigentums der Klägerin aus der Mithaft für die Grundschuld von 950.000 DM und zu entsprechender Eintragungsbewilligung zu verurteilen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Klaganträge weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Wie in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt wurde, will die Klägerin beide Klaganträge so verstanden wissen, daß sie sich auf den Betrag des unbezahlten Erwerbspreisrestes von 55.900 DM beschränken. Der Senat hat keine Bedenken, dieser von der Beklagten nicht bekämpften Auslegung der Klaganträge zu folgen.
II.
Umstritten ist allein die Frage nach der Forthaftung des Wohnungseigentums der Klägerin im Umfang des von ihr noch geschuldeten Erwerbspreisrestes von 55.900 DM. Dafür kann von Bedeutung sein, ob die Zahlungen der Klägerin und der übrigen Erwerber nicht (nur) auf eine persönliche Forderung, sondern (auch) auf die Grundschuld selbst erfolgt sind.
Dadurch, daß der frühere Grundstückseigentümer H. sein Grundstück in 12 Wohnungseigentumsrechte aufteilte (§ 8 WEG), wurde die am Grundstück bestehende Grundschuld der Beklagten (Globalgrundschuld) zur Gesamtgrundschuld, die jedes Wohnungseigentum in voller Höhe belastete (vgl. § 1 Abs. 2 WEG und die Senatsurteile vom 12. April 1961 – V ZR 51/59, NJW 1961, 1352 und BGHZ 40, 115, 120). An dieser dinglichen Gesamthaftung änderte sich weder etwas durch den Abschluß der einzelnen Wohnungseigentumserwerbsverträge noch durch den zu ihrer Erfüllung vollzogenen Übergang des Wohnungseigentums auf die Klägerin und die übrigen Erwerber.
Zahlt bei einer Gesamtgrundschuld der eine oder andere Eigentümer eines belasteten Wohnungseigentums auf die Grundschuld (Grundschuldablösung, §§ 1192, 1142 BGB), so ist im Umfang der Zahlungen der Gläubiger wegen der Grundschuld selbst befriedigt, die Grundschuld ist – außer im Fall eines Ausgleichsanspruchs des zahlenden Erwerbers gegen mithaftende andere Erwerber im Innenverhältnis, §§ 1192 Abs. 1, 1173 Abs. 2 BGB, was hier nicht in Betracht kommt – am Wohnungseigentum des Zahlenden auf diesen übergegangen und an den übrigen Wohnungseigentumsrechten erloschen (§§ 1192 Abs. 2, 1173 Abs. 1 Satz 1, 1176; vgl. wegen der Anwendbarkeit der §§ 1173 ff BGB auf die Grundschuld Senatsurteil vom 20. November 1970 – V ZR 68/68, LM BGB § 1192 Nr. 7 – WM 1970, 1516, sowie Bassenge bei Palandt, BGB 35. Aufl. § 1192 Anm. 2); die Erwerber können diesen Wegfall der Fremdhaftung mit Vollatreckungsgegenklage und Freigabeklage geltend machen (wegen des Verlangens nach Löschung statt Umschreibung im Grundbuch vgl. § 1144 BGB). Haben die Wohnungseigentümer dagegen nur auf eine persönliche Forderung bezahlt, so hat sich dadurch am Fortbestehen der Grundschuld in der Hand des Grundschuldgläubigers unmittelbar nichts geändert; es hängt von den schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten ab, ob die Zahlung dem Wohnungseigentümer eine Einrede gibt, durch welche die Geltendmachung der Grundschuld ihm gegenüber dauernd oder zeitweilig ausgeschlossen wird. Eine solche Einrede kann ebenfalls die Vollstreckungsgegenklage begründen; ist sie dauernder Natur, so kann der Wohnungseigentümer auch verlangen, daß der Grundschuldgläubiger auf die Grundschuld an seinem Wohnungseigentum verzichtet (§§ 1192 Abs. 1, 1169 BGB). Die beiden Klaganträge stützen sich ersichtlich sowohl auf den dinglichen Wegfall der Grundschuld als auch (hilfsweise) auf einen schuldrechtlichen Freigabeanspruch der genannten Art.
Das Landgericht hat die Forthaftung in Höhe des unbezahlten Restes verneint: Es hat auf Grund der Freistellungserklärung sämtliche Zahlungen aller 12 Wohnungseigentumsbewerber – in Höhe von zusammen über 1.000.000 DM – als Zahlungen auf die Grundschuld gewertet und diese deshalb als voll abgelöst angesehen, ohne daß es auf Erwerbspreisrückstände der einzelnen Erwerber ankomme.
Das Oberlandesgericht hat dagegen jene Forthaftung dinglich und schuldrechtlich bejaht: Es hat auf Grund der Verrechnungsklausel in der Grundschuldbestellungsurkunde die Zahlungen nur als solche auf die einzelnen Kaufpreisforderungen gewürdigt und auch eine nur schuldrechtliche Freigabepflicht der Beklagten auf Grund der Freistellungserklärung deshalb verneint, weil deren Voraussetzungen nicht vorlägen.
Der erkennende Senat hält die oberlandesgerichtliche Bejahung der dinglichen Weiterhaftung für rechtsirrtumsfrei, die Verneinung einer schuldrechtlichen Freigabepflicht jedoch für rechtsfehlerhaft:
a) Dafür, ob eine wirtschaftlich mit einer Grundschuld zusammenhängende Zahlung des Eigentümers auf die Grundschuld (Grundschuldablösung) oder auf eine persönliche Forderung geleistet ist, kommt es entscheidend auf seinen bei der Zahlung erklärten Willen an (Senatsurteile vom 29. April 1964 – V ZR 119/63, LM BGB § 989 Nr. 10 = WM 1964, 677/78, vom 19. September 1969 – V ZR 59/66, LM BGB § 1192 Nr. 6 = WM 1969, 1254, und vom 20. November 1970 – V ZR 68/68, LM BGB § 1192 Nr. 7 = WM 1970, 1516; vgl. ferner die Urteile vom 6. Juli 1960 – V ZR 74/59, WM 1960, 1092, vom 14. Juli 1967 – V ZR 125/64, LM BGB § 242 (B b) Nr. 53 = WM 1967, 955, vom 31. Januar 1968 – V ZR 54/65, LM BGB § 1143 Nr. 3 – WM 1968, 371, und vom 29. November 1968 – V ZR 52/65, WM 1969, 208). Fehlt es an einer ausdrücklichen Erklärung darüber, wie häufig und auch im vorliegenden Fall, so kann sich aus den näheren Umständen, insbesondere der Interessenlage der Beteiligten, eine stillschweigende Willenserklärung darüber ergeben. Dabei wird eine Rolle spielen, ob schon vorher, insbesondere schon bei der Bestellung der Grundschuld, zwischen dem Grundschuldgläubiger und dem damaligen Eigentümer eine Verrechnungsabrede im einen oder anderen Sinn getroffen worden ist. Eine solche Zweckbestimmung lautet insbesondere bei Banken als Gläubigern häufig, so auch im vorliegenden Fall, dahin, daß Zahlungen als nicht auf die Grundschuld, sondern auf die persönliche Forderung geleistet angesehen werden sollen. Eine solche, den Interessen des Gläubigers entsprechende Verrechnungsabrede beseitigt jedoch nicht die rechtliche Möglichkeit, daß der Zahlende bei der Zahlung von ihr abweicht und auf die Grundschuld zahlt (auch wenn er dadurch dann, wenn er selbst an der Verrechnungsabrede beteiligt ist, eine schuldrechtliche Verpflichtung verletzt).
Entstehen Dreiecksbeziehungen, insbesondere bei Veräußerung des belasteten Grundstücks wie im vorliegenden Fall, so tritt neben die schuldrechtliche Geldforderung des Grundschuldgläubigers gegen den bisherigen Eigentümer, zu deren Sicherung nach der Sicherungsabrede zwischen ihnen die Grundschuld dient – typischerweise Darlehensforderung, so hier –, die Geldforderung des bisherigen Eigentümers gegen den Eigentumserwerber aus den der Eigentumsübertragung zugrunde liegenden Kausalgeschäft – typischerweise Kauf- oder Werkvertrag, so hier –. Zahlt in solchen Fällen der Erwerber an den Grundschuldgläubiger, so kann dadurch nach den übereinstimmenden Willen der Beteiligten zugleich sowohl die eine als die andere Forderung getilgt werden. Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, kommt es für die Frage, ob zugleich auf die Grundschuld gezahlt ist, bei Zahlungen des Erwerbers vor Eigentumsübergang nicht auf dessen Ablösungswillen, sondern auf denjenigen des alten Eigentümers an (vgl. das genannte Senatsurteil vom 31. Januar 1968); liegt aber ein (erklärter) Grundschuldablösungswille des alten Eigentümers vor, so steht der Umstand, daß der Zahlende ein anderer als der Eigentümer ist, der Ablösung nicht entgegen (vgl. das genannte Senatsurteil vom 20. November 1970).
Im vorliegenden Fall ist die Grundschuld zur Sicherung einer Darlehensforderung der Beklagten gegen die Plan-Finanz bestellt worden. Das schließt nicht aus, daß die Grundschuld auch durch Zahlungen der Erwerber abgelöst werden konnte. Auch die bei der Grundschuldbestellung zwischen der Beklagten und der Plan-Finanz getroffene Zweckvereinbarung, daß Zahlungen nur auf die persönliche (Darlehens-)Forderung und nicht auf die Grundschuld verrechnet werden sollten, schloß nicht aus, daß im Verhältnis der Beklagten zu der Klägerin und den übrigen Erwerbern etwas anderes vereinbart wurde. Eine Änderung der ursprünglichen Verrechnungsabrede könnte möglicherweise in der Freistellungserklärung gefunden werden, die die Beklagte gegenüber der Plan-Finanz als ihrem Darlehensvertragspartner abgegeben und die Plan-Finanz im Einverständnis der Beklagten zum Inhalt ihrer Erwerbsverträge mit der Klägerin und den übrigen Erwerbern gemacht hat. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kam es daher für die Frage, ob die Zahlungen der Klägerin (und der übrigen Erwerber) zur Ablösung des jeweils entsprechenden Teils der Grundschuld dienten, auf die Auslegung der Freistellungserklärung und der sie enthaltenden Erwerbsverträge an.
Das Oberlandesgericht legt Freistellungserklärung und Erwerbsverträge dahin aus, daß sie keine Änderung der ursprünglichen Zweckvereinbarung im Sinne einer grundschuldablösenden Wirkung der Erwerberzahlungen enthalten. Es stellt darauf ab, daß bei einem Bankunternehmen als Grundschuldgläubiger die Lebenserfahrung gegen eine Zahlung auf die Grundschuld spricht, was zutrifft (vgl. das genannte Senatsurteil vom 31. Januar 1968), und darauf, daß die Zahlungen der Erwerber überwiegend vor der Eigentumsübertragung erfolgten und der Wille der Plan-Finanz durch die ursprüngliche Zweckvereinbarung eindeutig festgelegt sei.
Diese Auslegung wird von der Revision ohne Erfolg bekämpft.
Daß Nr. II der Freistellungserklärung von einer Beschränkung der „Haftung” spricht, ergibt nicht zwingend, daß sich die dingliche Haftung automatisch verändern sollte. Entscheidend dagegen spricht der Wortlaut von Nr. III, in den nur von einer „Verpflichtung” zur Freigabe die Rede ist. In dieselbe Richtung weist auch der Wortlaut von Nr. IV, der ebenfalls einen Willensakt der Beklagten als zur Enthaftung erforderlich bezeichnet. Hiernach ist diese Auslegung der Freistellungserklärung durch den Tatrichter rechtlich nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis ist daher in der Verneinung der dinglichen Grundschuldablösung den Oberlandesgericht beizutreten.
b) Einen schuldrechtlichen Freigabeanspruch hat das Oberlandesgericht deshalb verneint, weil die in der Freistellungserklärung dafür bestimmten Voraussetzungen nicht vorlägen: weder habe die Klägerin den gesamten Erwerbspreis bezahlt (Nr. III der Freistellungserklärung), noch seien für den (als unwahrscheinlich bezeichneten, aber schließlich offen gelassenen) Fall, daß das Bauvorhaben nicht vertragsgemäß vollendet sein sollte, gewährte Zwischenkredite einschließlich Zinsen abgedeckt (Nr. IV a.a.O.).
Gegen die letztere Annahme wendet sich die Revision mit Erfolg.
Die Heranziehung der Freistellungserklärung scheitert nicht daran, daß die Beklagte sie nicht gegenüber den einzelnen Erwerbern, sondern nur gegenüber der Plan-Finanz abgegeben hat. Denn nach der dem Zusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmenden Auffassung des Berufungsgerichts, die rechtlich nicht zu beanstanden ist, stellt jene Erklärung in Verbindung mit ihrer Annahme durch die Plan-Finanz einen Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) dar, durch den der einzelne Partner der (späteren) Erwerbsverträge unmittelbar das Recht erwarb, von der Beklagten die Freigabe und Löschung der Grundschuld an seinem Wohnungseigentum in dem in der Erklärung bestimmten Umfang zu fordern.
Das Oberlandesgericht legt Nr. IV der Freistellungserklärung dahin aus, daß mit den „Zwischenkrediten”, deren Abdeckung Voraussetzung des Freistellungsanspruchs ist, in erster Linie Zwischenkredite (der Beklagten) an die Plan-Finanz gemeint seien, während Zwischenkredite der Beklagten an die Erwerber weder vorgesehen noch gegeben worden seien; Zwischenkredite an die Plan-Finanz seien von der Beklagten durch die Überlassung von Teilen der Erwerbspreiszahlungen gewährt und unstreitig (von der Plan-Finanz) nicht voll abgedeckt worden.
Es ist schon zweifelhaft, ob die über die ursprüngliche Darlehenszusage hinausgehende Kreditgewährung der Beklagten an die Plan-Finanz, worüber nähere Feststellungen fehlen, unter den Begriff des Zwischenkredits im Sinn der genannten Klausel gebracht werden kann. Rechtsfehlerhaft ist jedenfalls die Annahme, daß sich die Klausel (auch) auf Kreditgewährungen an die Plan-Finanz beziehe:
Das Oberlandesgericht begründet dies mit wirtschaftlichen Erwägungen aus der Blickrichtung der Beklagten: sie betreibe Baufinanzierung; für die Plan-Finanz habe sich die Notwendigkeit einer Zwischenfinanzierung ergeben können; es habe von vornherein festgestanden, daß die Plan-Finanz mit fremdem Geld baute. Aber es handelt sich um eine Abrede, die von der Beklagten formuliert und inhaltlich nicht eindeutig ist; daher ist sie nicht so auszulegen, wie sie die Beklagte gemeint haben mag, sondern wie sie diejenigen, für die sie bestimmt war, nämlich die Wohnungseigentumserwerber, verstehen durften und mußten. Ihnen stellte sich aber die Freistellungserklärung nach ihrem gesamten Text einheitlich so dar, daß ihre Befreiung von der Grundschuldhaftung auf eine für sie ohne weiteres überschaubare, ihrer Disposition unterliegende Grundlage gestellt wurde: Maßgebend soll nicht der Umfang der Verbindlichkeiten der Plan-Finanz gegenüber der Beklagten sein, sondern der Umfang der Erwerbspreiszahlungspflicht des jeweiligen Erwerbers; von vornherein soll er mit der Grundschuld nur in Höhe seines Erwerbspreises haften, die Haftung soll sich jeweils um die gezahlten Erwerbspreisteile mindern (a.a.O. II), das Wohnungseigentum soll aus der Grundschuldhaftung ganz freigegeben werden, wenn entweder der Erwerbspreis ganz gezahlt ist (III a.a.O.) oder wenn in besonderen Fällen auch nur die fälligen Erwerbspreisteile bezahlt sind (IV a.a.O.). Wenn für den letzteren Fall auch die Abdeckung von „evtl. gewährten Zwischenkrediten incl. Zinsen” gefordert wird, so konnte ein unbefangener Leser darin nicht eine grundlegende Abweichung von der Generallinie der Freistellungserklärung erblicken, wonach es für die Freigabe der Grundschuld am einzelnen Wohnungseigentum nur auf die Erfüllung der eigenen Pflichten des Erwerbers ankam, die diesem ohne weiteres bekannt waren, dagegen nicht auch auf die Erfüllung von Pflichten der Plan-Finanz, die für ihn völlig unüberschaubar sein mußten. Daß das Oberlandesgericht bei der Auslegung nicht das Verständnis der Erwerber, sondern das der Beklagten zugrunde gelegt hat, stellt einen Rechtsfehler dar (§§ 133, 157 BGB). Der Senat ist deshalb, da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, zu eigener Auslegung berufen (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 1975, V ZR 64/74, WM 1976, 296, und vom 19. März 1976, V ZR 146/74). Er legt die Klausel dahin aus, daß Nr. IV der Freistellungserklärung nicht die Abdeckung von Zwischenkrediten an die Plan-Finanz voraussetzt, sondern die von Zwischenkrediten der Beklagten an den jeweiligen Erwerber. Dabei spielt es keine Rolle, ob derartige Zwischenkredite an den einen oder anderen Erwerber tatsächlich gegeben worden sind.
Da die Klägerin von der Beklagten einen solchen Kredit unstreitig nicht erhalten hat, ist ein Grundschuldfreistellungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach Nr. IV der Freistellungserklärung schon dann gegeben, wenn die beiden übrigen Voraussetzungen jener Klausel vorliegen: nicht vertragsgemäße Vollendung des Bauvorhabens und Zahlung der bis dahin fällig gewordenen Erwerbspreisraten. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Oberlandesgericht offen gelassen. Die von ihm getroffenen Feststellungen gestatten dem Revisionsgericht keine abschließende Beurteilung. Daher muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu weiterer tatrichterlicher Prüfung zurückverwiesen werden.
III.
Bei der erneuten Prüfung wird der Tatrichter zu beachten haben:
Auch bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „nicht vertragsgemäße Vollendung des Bauvorhabens” in Nr. IV der Freistellungserklärung ist nach der Unklarheitenregel nicht in erster Linie von den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Beklagten auszugehen, wie es das angefochtene Urteil in seinen, wenn auch letztlich nicht zum Tragen gekommenen Ausführungen Seite 8/9 getan hat. Vielmehr kommt es auch hier darauf an, wie die einzelnen Erwerber jenen Begriff verstehen durften. Infolgedessen ist zu erwägen, ob eine nicht vertragsgemäße Vollendung nicht nur dann angenommen werden kann, wenn der Bau unfertig liegen bleibt, so daß die einzelnen Eigentumswohnungen überhaupt nicht bezogen werden können, sondern auch dann, wenn ein Einzug möglich ist und stattgefunden hat, die Leistung des Wohnungseigentumsveräußerers (Plan-Finanz) aber den vertraglichen Anforderungen nicht entspricht. Soweit es sich allerdings um bewohnbare Wohnungen handelt, könnte nach §§ 242, 157 BGB eine Auslegung jener Nr. IV sowie der Erwerbsverträge dahin in Betracht kommen, daß von den ausstehenden Restpreisen nur derjenige Teil geschuldet, aber auch fällig ist, der sich nach den Grundsätzen der Erwerbspreisminderung wegen festzustellender Mängel (§ 634 BGB) ergibt.
Unterschriften
Hill, Mattern, Dr. Grell, von der Mühlen, Dr. Eckstein
Fundstellen
Haufe-Index 1830925 |
NJW 1976, 2132 |