Leitsatz (amtlich)
›a) Eröffnet der Besteller eines Fertighauses auf Veranlassung des Unternehmers bei dessen Hausbank ein Zwischenfinanzierungskonto und erteilt er der Bank den Auftrag zur Überweisung der vereinbarten Werklohnraten, so ist eine AGB-Bestimmung des Kontoeröffnungsvertrags, in der dieser Überweisungsauftrag für unwiderruflich erklärt wird, nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.
b) Liegen bei diesem finanzierten Werkvertrag die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit von Werk- und Darlehensvertrag vor (vgl. Senatsurteil BGHZ 83, 301), so muß sich die Bank Einwendungen des Bestellers wegen solcher Mängel des Werkes entgegenhalten lassen, die dieser vor der Überweisung der letzten Rate entdeckt und - zumindest gegenüber dem Unternehmer - gerügt hatte.‹
Verfahrensgang
LG Heidelberg |
OLG Karlsruhe |
Tatbestand
Die klagende Sparkasse war die Hausbank der - inzwischen in Konkurs gefallenen - Firma O. L. GmbH. Die Beklagte bestellte bei dieser Firma im Herbst 1979 ein Fertighaus mit Kellergeschoß. Im Werkvertrag war festgelegt, daß der Werklohn in Raten jeweils nach Abschluß bestimmter Bauphasen bezahlt werden sollte. Danach heißt es weiter:
"Der Bauherr hat durch eine Finanzierungsbestätigung seiner Bank die Zahlung ... sicherzustellen. Er hat weiterhin die Bank der Firma O. L. unwiderruflich zur Auszahlung der fälligen Beträge zu beauftragen ... Zur Finanzierung sind nur die von der Firma O. L. GmbH zur Verfügung gestellten Formulare gültig."
Demgemäß unterschrieb. die Beklagte die - ihr von der Firma L. vorgelegten - Formularanträge für die Eröffnung zweier Treuhandkonten bei der Klägerin. Darin heißt es:
"Die Sparkasse S. wird hiermit unwiderruflich beauftragt, zu Lasten des oben genannten Treuhandkontos an die Firma O. L. GmbH folgende Überweisungen vorzunehmen:
...
Die Firma O. L. GmbH hat der Sparkasse S. zu bestätigen, daß sie die entsprechend begründeten Leistungen erbracht hat. Eine Überprüfung seitens der Sparkasse ist nicht erforderlich.
Sind die erforderlichen Mittel an den vereinbarten Zahlungsterminen auf dem Treuhandkonto ... nicht verfügbar, beauftrage ich die Sparkasse S. unwiderruflich die Zwischenfinanzierung der fälligen Raten vorzunehmen."
In der Folgezeit unterrichtete die Firma L. die Klägerin über den Baufortschritt und erhielt von ihr zu Lasten der Treuhandkonten - die vereinbarten Werklohnraten, die letzte am 7. Juli 1980. Die Beklagte überwies diese Beträge später an die Klägerin, verweigert aber die Bezahlung der für die Zwischenzeit berechneten Zinsen mit der Begründung, ihr habe wegen zahlreicher Baumängel und -schäden ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Werklohnanspruch der Firma L. zugestanden. Von den Baumängeln habe sie die Klägerin schon unterrichtet, bevor diese die letzte Rate überwiesen habe.
Das Landgericht hat die auf Zahlung der Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Revision auf die Frage beschränkt, ob die beiden Unwiderruflichkeitsklauseln wirksam oder unwirksam sind und welche Auswirkungen dies auf die Gesamtverträge hat. Diese Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen ist unzulässig, da es sich nicht um Teile des Streitstoffs handelt, über die in einem besonderen Verfahrensabschnitt durch Teil- oder Zwischenurteil entschieden werden kann (Senatsurteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 = VersR 1984, 38 NJW 19849 615 m.w.Nachw.). Die Unzulässigkeit der Beschränkung führt zur vollen revisionsrechtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils (Senatsurteil vom 7. Juli 1983, aaO.).
II. Dieser Überprüfung hält das Urteil nicht in allen Punkten stand.
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge der Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterliegen. Der gesamte Vertragstext ist bis auf die Ratenbeträge vorformuliert und von der Klägerin bei einer Vielzahl von Verträgen mit Kunden der Firma L. benutzt worden.
2. Dieser Inhaltskontrolle halten die Vertragsbestimmungen nicht stand, in denen der Auftrag der Beklagten an die Klägerin, zu bestimmten Zeitpunkten an die Firma L. die vereinbarten Werklohnraten zu überweisen und damit, soweit keine Deckung auf dem Konto besteht, der Beklagten einen Zwischenkredit zu gewähren, für unwiderruf1ich erklärt wird.
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: Nichtigkeitsgründe ergäben sich zwar nicht aus dem Vertragsverhältnis zwischen Bauherren und Bank. Die Unwiderruflichkeitsklauseln seien aber gemäß § 7 AGBG als Umgehung des § 11 Nr. 2 AGBG unwirksam: Der Bauunternehmer dürfe in seinen Verträgen mit dem Bauherrn nicht dessen Recht ausschließen, bei Baumängeln sein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 3209 273 BGB geltend zu machen oder mit Schadensersatzansprüchen aufzurechnen. Die gleichen Rechtsfolgen könnten dann aber auch nicht durch einen Finanzierungssicherungsvertrag erreicht werden, den der Bauherr auf Veranlassung des Bauunternehmers mit dessen Hausbank abschließe.
Der Auffassung des Berufungsgerichts ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen. Zur Begründung bedarf es allerdings nicht des Rückgriffs auf § 7 AGBG. Zwar sind die Sondervorschriften des § 11 Nr. 2 und 3 AGBG im Verhältnis der Beklagten zur Klägerin nicht anwendbar, da sich diese Bestimmungen nur auf den Ausschluß von Rechten beziehen, die dem Vertragspartner gegenüber dem Verwender der AGB-Klauseln - nicht aber nur gegenüber einem Dritten - zustehen. Die Unwirksamkeit der hier streitigen AGB-Bestimmung ergibt sich jedoch aus der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG.
a) Der Bankkunde wird nämlich durch die Unwiderruflichkeit des Überweisungsauftrags erheblich benachteiligt: Ohne die streitigen Klauseln könnte er seinen Überweisungsauftrag jederzeit widerrufen (vgl. BGHZ 4, 244, 247; Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl. Rdn. 352 ff.) und dadurch gegenüber dem Überweisungsempfänger bestehende Rechte aus §§ 320, 273 BGB ausüben. Durch die Ausführung des Überweisungsauftrags aufgrund der Unwiderruflichkeit verliert er diese Möglichkeit; dadurch können ihm erhebliche Schäden erwachsen, insbesondere wenn - wie hier - eine spätere aktive Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Überweisungsempfänger nicht mehr möglich ist.
Der Berücksichtigung dieser Nachteile steht nicht entgegen, daß es sich um Rechtsverluste gegenüber einem Dritten handelt. Weder Wortlaut noch Sinn des Gesetzes gebieten es, in die Interessenabwägung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG nur Nachteile einzubeziehen, die den Vertragspartner gerade im Verhältnis zum Klauselverwender treffen. Notwendig ist allein, daß die Benachteiligung in der Person des Vertragspartners eintritt (Wolf in Wolf/Horn/Lindacher AGBG § 9 Rdn. 98).
b) Ein schützenswertes Interesse der Bank, das die erheblichen Nachteile auf seiten des Kunden rechtfertigen könnte, besteht nicht. Ein Widerruf des Überweisungsauftrags würde zwar die zinsbringende Kreditgewährung verzögern oder ganz verhindern. Der Vertrag gab der Klägerin aber ohnehin kein Recht auf eine Zwischenfinanzierung. Er bot vielmehr der Beklagten jederzeit die Möglichkeit, durch rechtzeitige Überweisungen auf das Treuhandkonto eine Kreditgewährung durch die Klägerin überflüssig zu machen.
Die Unwiderruflichkeit des Überweisungsauftrags lag hier vor allem im Interesse des Überweisungsempfängers, der Firma L. Zwar ist der Verwender von AGB bei deren Gestaltung nicht grundsätzlich gehindert, auch Interessen Dritter wahrzunehmen, zumal wenn beide durch Vertragsbeziehungen verbunden sind und dadurch gleichgerichtete Interessen haben (vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 4. Aufl. § 9 Rdn. 90; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher AGBG § 9 Rdn. 103, 104). Aber selbst wenn man deswegen bei der Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG das Interesse an der Durchsetzung von Ansprüchen der Firma L. auf seiten der Klägerin als deren Hausbank und Kreditgeberin berücksichtigt, so bleibt doch auch dann die Benachteiligung der Beklagten unangemessen. Es widerspricht den Geboten von Treu und Glauben, wenn der Verwender in seinen AGB - sei es auch im eigenen Interesse - Ansprüche eines Dritten mit Mitteln durchsetzt, die dem Dritten selbst im Verhältnis zum Vertragspartner nicht erlaubt sind. Auch wenn man einem Fertighausunternehmer ein besonderes Interesse an kurzen Zahlungsfristen zubilligt, darf er dennoch nicht das Recht des Bestellers zur Zurückbehaltung oder Aufrechnung durch AGB völlig ausschließen.
3. Im Gegensatz zum Landgericht hat das Oberlandesgericht die Auffassung vertreten, daß trotz Unwirksamkeit der Unwiderruflichkeitsklauseln die Vertragsbestimmungen im übrigen wirksam bleiben.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Zwar befindet sich die mißbilligte Regelung nicht in einer sprachlich getrennten AGB-Klausel. Das Wort "unwiderruflich" ist vielmehr in die Vertragsbestimmungen eingefügt, die den Auftrag der Beklagten an die Klägerin enthalten, die Überweisungen an die Firma L. auszuführen und - bei fehlender Kontodeckung - damit der Beklagten Kredit zu gewähren.
Inhaltlich trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche AGB-Bestimmungen können jedoch Gegenstand gesonderter Wirksamkeitsprüfung und -feststellung sein, auch wenn sie sprachlich in einem Satz zusammengefaßt sind (BGH Urteile vom 7. Oktober 1981 - VIII ZR 214/80 = NJW 1982, 178, 181 und vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 350/82 -).
Daß der Überweisungsauftrag unwiderruflich sein sollte, hätte sich ohne inhaltliche Veränderung sprachlich auch in einem selbständigen Satz ausdrücken lassen. Auch ohne den Zusatz unwiderruflich enthält die restliche Klausel eine in sich verständliche, inhaltlich selbständige Regelung. Gegen die Zulässigkeit eines - dann nach allgemeinen Regeln jederzeit frei widerruflichen - Überweisungsauftrags bestehen keine rechtlichen Bedenken. Auch in AGB kann bestimmt werden, daß ein Darlehen in der Form gewährt werden soll, daß der Darlehensgeber den versprochenen Betrag auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten auszahlt (vgl. Senatsurteil vom 13. April 1978 - III ZR 125/76 = NJW 1978, 2294).
b) Die Teilunwirksamkeit einer AGB-Bestimmung kann auch dann, wenn der Rest sprachlich trennbar, inhaltlich selbständig und - für sich allein gesehen - rechtlich zulässig ist, trotzdem zur Unwirksamkeit der ganzen Bestimmung führen, wenn der Rest im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll wäre. Ist der beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung, daß von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muß, so ergreift die Unwirksamkeit die Gesamtklausel oder sogar den Gesamtvertrag (BGH Urteil vom 29. Februar 1984, aaO., zu II. 2 f, bb und 3).
So liegt es hier aber nicht: Zweck des Überweisungsauftrags und des gesamten Treuhandkontovertrages war es, die ordnungsmäßige Erfüllung der Werklohnansprüche finanziell zu sichern: Der Werkunternehmer sollte die Gewähr haben, daß die vereinbarten Werklohnraten durch Überweisung vom Treuhandkonto pünktlich gezahlt werden würden; der Werkbesteller wurde durch das Zwischenfinanzierungsversprechen der Bank in die Lage versetzt, seine Verpflichtungen auch bei fehlender Kontodeckung erfüllen zu können. Dieser Vertragszweck wird auch bei Wegfall der Unwiderruflichkeit noch gewahrt. Die Finanzierung blieb gesichert, jedenfalls wenn beide Werkvertragsparteien sich vertragstreu verhielten, der Unternehmer also das Werk vertragsgemäß herstellte und damit dem Besteller keinen Grund zum Widerruf gab, der Besteller andererseits aber auch keinen grundlosen Widerruf erklärte. Die - ohne den beanstandeten Klauselteil bestehende - Widerrufsmöglichkeit verschlechtert zwar die Position des Unternehmers; der Klauselrest bleibt aber auch in dieser Beschränkung sinnvoll und führt zu einem billigen Interessenausgleich zwischen den Parteien.
Der Senat setzt sich mit dieser Entscheidung nicht in Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die eine geltungserhaltende Reduktion von AGB-Klauseln auf einen zulässigen Kern ablehnt (BGHZ 84, 109, 114; vgl. ferner Urteile vom 7. Juni 1982 - VIII ZR 139/81 = NJW 1982, 2311; vom 19. September 1983 - VIII ZR 84/82 = ZIP 1983, 1349 = BB 1983, 1873). Dort geht es um Klauseln, die zulässige und unzulässige Tatbestände sprachlich nicht trennbar verbinden, bei denen daher die Ausgrenzung der unzulässigen und die Aufrechterhaltung der zulässigen Teile nur durch eine sprachliche Umgestaltung erreicht werden könnte, so wenn etwa globale Regelungen über Haftungsausschlüsse, Aufrechnungsverbote oder Beweislastübertragungen auf zulässige Einzeltatbestände beschränkt, überlange oder zu kurze Fristen auf die zulässige Dauer verkürzt oder verlängert, überhöhte Pauschalen für Schadensersatz oder Nutzungsentschädigung auf die zulässige Höhe herabgesetzt werden sollen (vgl. Schmidt JA 1980, 402, 404; Ulmer NJW 1981, 2025). Eine solche geltungserhaltende Reduktion läge hier vor, wollte man etwa die Unwiderruflichkeit für Fälle aufrechterhalten, in denen ein wichtiger Grund für einen Widerruf fehlt. Das soll jedoch nicht geschehen; das Wort "unwiderruflich" entfällt vielmehr vollständig und ersatzlos; die restliche Bestimmung enthält in ihrer verbleibenden Fassung noch eine sprachlich und inhaltlich selbständige Regelung, die dem Vertragszweck dient. Im Gegensatz zur geltungserhaltenden Reduktion geht es hier nicht darum, für eine unzulässige Klausel eine neue Fassung zu finden, die für den Verwender möglichst günstig, aber rechtlich gerade noch zulässig ist - das ist als einseitige Wahrung der Verwenderinteressen nicht Aufgabe des Gerichts (vgl. BGHZ 84, 115) -; eine sprachlich und inhaltlich teilbare AGB-Bestimmung wird hier vielmehr ohne ihre unzulässigen Bestandteile mit ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten, weil das auch im Interesse des Vertragspartners des Verwenders liegt. Würde nämlich der Wegfall der Unwiderruflichkeitsklauseln zur Nichtigkeit des gesamten Überweisungsauftrags und des Zwischenfinanzierungsversprechens führen, so hätten daraus auch der Beklagten erhebliche Nachteile erwachsen können. Sie hat zwar ein berechtigtes Interesse, aufgrund der Treuhandverträge nicht die Möglichkeit zu verlieren, bei Mängeln der Werkleistung Zahlungen zu verweigern. Dieses Interesse erfordert aber keine weitergehende Vertragsnichtigkeit; ihm muß und kann vielmehr auf anderem rechtlichen Wege angemessen Rechnung getragen werden.
4. So bot schon das durch Wegfall des beanstandeten Klauselteils eröffnete Recht den Überweisungsauftrag vor seiner Ausführung zu widerrufen, der Beklagten eine Möglichkeit, gegenüber dem Werklohnanspruch Gegenrechte aus den §§ 633 ff. BGB geltend zu machen.
Nach den Feststellungen des Berufungsurteils hat die Beklagte allerdings von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Sie hat zwar vorgetragen, sie habe der Klägerin schon vor Überweisung der letzten Werklohnrate das Vorhandensein von Baumängeln mitgeteilt. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dies allein stelle noch keinen Widerruf des Überweisungsauftrags dar, wird von der Revision nicht angegriffen und ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden.
5. Ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führen muß, liegt jedoch darin, daß das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht unter zwei weiteren rechtlichen Gesichtspunkten geprüft hat:
a) Die Klägerin kann zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn sie gegenüber der Beklagten vertragliche oder vorvertragliche Pflichten aus dem Treuhandkontovertrag verletzt hat.
aa) Eine Bank, die den Darlehensbetrag auf Anweisung des Darlehensnehmers an einen Dritten auszahlt, ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, das Rechtsverhältnis des Darlehensnehmers zum Dritten zu überprüfen, um den Darlehensnehmer vor Schäden zu bewahren. Im Einzelfall können sich aber aus § 242 BGB besondere Vertragspflichten der Bank ergeben (BGH Urteil vom 29. Mai 1978 - II ZR 173/77 = NJW 1978, 2547; Senatsurteil vom 21. Mai 1981 - III ZR 139/79 = WM 1981, 869, 870). Die Parteien haben hier zwar in den Treuhandkontoverträgen ausdrücklich vereinbart, daß die Klägerin vor den Überweisungen die von der Firma L. vorzulegenden Bestätigungen über den Baufortschritt nicht zu überprüfen brauchte. Wenn die Klägerin aber - wie die Beklagte behauptet - vor Überweisung der letzten Rate bereits positive Kenntnis von Baumängeln hatte, die der Beklagten gegenüber der Firma L. ein Zurückbehaltungsrecht gaben, so durfte die Klägerin nach Treu und Glauben die Überweisung nicht mehr durchführen; diese Auffassung hat sie selbst in der Berufungsinstanz. vertreten. Darauf, ob die Beklagte vorher den Überweisungsauftrag widerrufen hatte, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an; einen ausdrücklichen Widerruf konnte die Klägerin um so weniger erwarten, als sie das Recht zum Widerruf in ihren AGB - wenn auch rechtlich unzulässig - ausgeschlossen hatte.
bb) Ein noch weitergehender Schadensersatzanspruch kann der Beklagten gegen die Klägerin wegen Verschuldens bei Vertragsschluß (culpa in contrahendo) zustehen. Durch die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln verletzt der Verwender die vorvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Kunden (Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 4. Aufl. § 9 Rdn. 54; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher AGBG § 9 Rdn. 140). Wenn die Beklagte Rechte wegen der bereits vor der Überweisung der letzten Rate entdeckten Mängel und Schäden nur gegenüber der Firma L. geltend machte, sich deswegen aber nicht an die Klägerin wandte und den Überweisungsauftrag nicht widerrief, weil der Widerruf im Vertrage ausgeschlossen war, so ist die Klägerin ihr für den dadurch entstandenen Schaden ersatzpflichtig.
b) Zu prüfen ist ferner, ob die Beklagte der Darlehensgeberin nicht Gegenrechte aus dem Werkvertrag mit der Firma L. im Wege des Einwendungsdurchgriffs entgegensetzen kann.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegen zwar, wenn ein Darlehensvertrag der Finanzierung eines vom Darlehensnehmer mit einem Dritten geschlossenen Vertrags dient, zwei rechtlich selbständige Verträge vor. Unter besonderen Umständen kann der Darlehensnehmer, der nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen ist, dem Kreditgeber jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestimmte Einwendungen aus dem finanzierten Vertrag entgegensetzen, wenn andernfalls die Risiken der an einem solchen Geschäft Beteiligten nicht angemessen verteilt wären (BGHZ 83, 301, 303 m.w.Nachw.). Es darf nicht einseitig zu Lasten einer Partei gehen, wenn auf Veranlassung des Vertragsgegners eine Finanzierungsbank eingeschaltet und dadurch ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft in zwei rechtlich selbständige Verträge aufgespalten wird.
Das Berufungsgericht hat hier - in anderem Zusammenhang - einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Bauwerk- und den Treuhandkontoverträgen bejaht. Die Firma L. hatte der Beklagten in den Werkverträgen die Einschaltung der Klägerin zu deren Formularbedingungen vorgeschrieben. Das Treuhandkonto bei der Klägerin wurde danach ausdrücklich zugunsten der Firma L. eröffnet, der Beklagten jede freie Verfügung über die Darlehensvaluta verwehrt. Damit liegen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit vor (BGHZ 83, 301, 304).
bb) Die Rechtsgrundsätze des Einwendungsdurchgriffs beschränken sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht auf finanzierte Abzahlungskäufe beweglicher Sachen im Sinne des § 1 AbzG, sondern können bei gleicher Interessenlage auch auf andere fremdfinanzierte Rechtsgeschäfte darunter auch auf Bauträger- und Werkverträge Anwendung finden (Senatsurteile vom 12. Juli 1979 - III ZR 18/78 = WM 1979, 1054; vom 19. November 1981 - III ZR 87/80 = WM 1982, 150 = ZIP 1982, 155 m.w.Nachw.; vgl. ferner Senatsurteil vom 8. Juni 1978 III ZR 136/76 = NJW 1978, 2145).
cc) Die zitierten Senatsurteile, bei denen es um den Bau einer Eigentumswohnung (Urteil vom 12. Juli 1979, aaO.), die Anlage eines Tennisplatzes (Urteil vom 19. November 1981, aaO.) und die Beteiligung von Arbeitnehmern an der Arbeitgeberfirma (Urteil vom 8. Juni 1978, aaO.) geht, zeigen auch, daß sich der Einwendungsdurchgriff nicht auf finanzierte Geschäfte beschränkt, die der Beschaffung von Konsumgütern dienen. Er ist auch bei Verträgen, deren Zweck die langfristige Vermögensbildung ist, nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
dd) Mit dem Sachverhalt, über den der Senat in seinem Urteil vom 13. November 1980 (III ZR 96/79 = NJW 1981, 389) zu entscheiden hatte, ist der vorliegende Fall nicht zu vergleichen. Dort ist eine Anwendung der Rechtsgrundsätze des Einwendungsdurchgriffs auf den drittfinanzierten Beitritt zu einer Abschreibungsgesellschaft abgelehnt worden, weil die Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts in zwei rechtlich selbständige Verträge gerade im steuerlichen Interesse des Darlehensnehmers selbst geschah; deshalb sollte er auch das "Aufspaltungsrisiko" tragen. Im vorliegenden Fall diente der Abschluß der Treuhandverträge mit der Klägerin dagegen vor allem den Interessen der Firma L. und der Klägerin selbst. Die Beklagte hätte die Zahlungen über ihre eigene Bank unmittelbar an die Firma L. leisten können; die Zwischenfinanzierungsverträge mit der Klägerin hatte sie nur geschlossen, weil die Firma L. davon den Abschluß der Werkverträge abhängig machte.
ee) Dem Einwendungsdurchgriff steht hier auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität dieses Rechtsinstituts entgegen (vgl. Senatsurteile vom 18. Januar 1973 - III ZR 69/71 = NJW 1973, 452; vom 18. Januar 1979 - III ZR 129/77 = NJW 1979, 2194 = WM 1979, 489). Die Beklagte kann nicht - wie der Besteller eines Fertighauses im Senatsbeschluß vom 23. Februar 1984 (III ZR 192/82 zu 2. d) - darauf verwiesen werden, er müsse wegen der behaupteten Mängel zunächst den Werkunternehmer in Anspruch nehmen. Die Firma L. ist in Konkurs gefallen; gegen sie sind daher Mängelansprüche nicht mehr durchzusetzen.
ff) Die Beklagte kann im Wege des Einwendungsdurchgriffs gegenüber der Klägerin jedoch Rechte nur aus den Mängeln herleiten, die sie vor der Überweisung der letzten Rate entdeckt und - zumindest gegenüber der Firma L. - gerügt hatte. Die Zulassung des Einwendungsdurchgriffs will nämlich nur die besonderen Risiken ausgleichen, die sich aus der Einschaltung der Klägerin als Zwischenfinanzierungsbank ergaben. Die Beklagte soll aber nicht besser gestellt werden, als sie ohne den Zwischenfinanzierungsvertrag stehen würde. Im Werkvertrag hatten die Vertragsparteien sehr kurze Zahlungsfristen nach Abschluß der einzelnen Bauphasen vereinbart. Die Beklagte konnte von der Firma L. als Fertighausherstellerin keine längere Kreditierung erwarten. Sie hätte, wenn es nicht zur Einschaltung der Klägerin gekommen wäre, über ihre eigene Bank zu den vereinbarten Terminen Zahlung leisten müssen und ein Zurückbehaltungsrecht auch nur wegen der Mängel geltend machen können, die ihr vor dem letzten Zahlungstermin bekanntgeworden waren. Das Risiko, wegen später erst entdeckter Mängel ihre Ansprüche gegen die Firma L. aktiv durchsetzen zu müssen, hätte sie auch ohne Einschaltung der Klägerin tragen müssen. Treu und Glauben gebieten es nicht, ihr dieses Risiko im Wege des Einwendungsdurchgriffs abzunehmen.
Feststellungen darüber, welche berechtigten Mängelrügen von der Beklagten bis zum letzten Ratenzahlungstermin - zumindest gegenüber der Firma L. - erhoben worden waren, hat das Berufungsgericht bisher nicht getroffen. Die Sache mußte daher zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 2992740 |
DB 1984, 1872 |
NJW 1984, 2816 |
BauR 1984, 514 |
DRsp I(120)142c |
DRsp I(133)275c-d |
WM 1984, 986 |
ZIP 1984, 1198 |
DNotZ 1985, 280 |
ZfBR 1991, 156, 157 |
ZfBR 1995, 138 |
DRsp-ROM Nr. 1992/4882 |