Leitsatz (amtlich)
Die Werbung mit einem auf 14 Tage befristeten Rückgaberecht beim Kauf von Fotoartikeln, Geräten der Unterhaltungselektronik und elektrischen Haushaltsgeräten stellt grundsätzlich kein Anbieten einer verbotenen Zugabe dar.
Normenkette
ZugabeVO § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Mannheim |
OLG Karlsruhe |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. Juli 1998 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mannheim vom 20. Oktober 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien betreiben in W. den Einzelhandel mit Fotoartikeln sowie Artikeln der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation.
Am 22. Mai 1997 warb die Beklagte in einer mehrseitigen Beilage zur „W. Zeitung” für verschiedene Gegenstände aus ihrem Sortiment, darunter Fotokameras, Geräte der Unterhaltungselektronik und elektrische Haushaltsgeräte. Die erste Seite dieser Werbebeilage trägt die Überschrift „Zufrieden oder Geld zurück!*”. In einem „Sternchen-Hinweis” heißt es zur Erläuterung wie folgt:
„Wenn Sie mit einem bei uns gekauften Artikel nicht zufrieden sind, erhalten Sie innerhalb von 14 Tagen den Kaufpreis zurückerstattet. (Bei Vorlage des Kassenzettels und mit Originalverpackung – Ausnahme sind CDs und Computersoftware)”.
Die Klägerin hat das von der Beklagten angekündigte und gewährte Rückgaberecht als Verstoß gegen die Zugabeverordnung beanstandet und Unterlassung, Auskunftserteilung sowie die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat den Zugabecharakter der eingeräumten Rückgabemöglichkeit in Abrede gestellt, weil es sich hierbei nicht um eine Nebenleistung, sondern um einen festen Bestandteil des Kaufvertrages handele, dem kein eigener wirtschaftlicher Wert zukomme.
Das Landgericht hat antragsgemäß
- der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit dem Hinweis „Zufrieden oder Geld zurück!” zu werben, insbesondere wie es am 22. Mai 1997 in der „W. Zeitung” geschehen ist, und/oder ankündigungsgemäß zu verfahren;
- festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1 benannten Handlungen entstanden ist und noch entsteht;
- die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 22. Mai 1997 in der unter Ziffer 1 beanstandeten Weise geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbemedium, Werbeträgern, Auflage der Werbeträger bzw. Hörerreichweite des Werbemediums und Erscheinungs- bzw. Sendedatum aufzuschlüsseln ist.
Die dagegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge in Übereinstimmung mit dem Landgericht für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 2 Abs. 1 ZugabeVO zu, weil das von der Beklagten angebotene und gewährte Rückgaberecht eine nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO unzulässige Zugabe darstelle. Das Rückgaberecht sei nicht nur eine den Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung oder Erweiterung der Hauptleistung, sondern gehe über das vom Verkehr beim Einkauf in einem Elektrofachmarkt Gewünschte und Erwartete weit hinaus. Die Beklagte räume ihren Abnehmern ein willkürliches, von objektiven Kriterien losgelöstes Rückgaberecht ein. Der Kunde könne den Kaufgegenstand 14 Tage lang benutzen und ihn dann unabhängig von objektiv nachprüfbaren Gründen gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurückgeben. Ein solches – nach dem Inhalt der Werbung mit der Möglichkeit einer 14tägigen unentgeltlichen Nutzung des Kaufgegenstandes verbundenes – willkürliches Rückgaberecht werde vom Verkehr beim Handel mit Fotoartikeln, Geräten der Unterhaltungselektronik und elektrischen Haushaltsgeräten nicht als Inhalt der Verpflichtung des Verkäufers erwartet. Vielmehr erkenne der Verkehr, daß ein derartiges Rückgaberecht mit der normalerweise beim Kauf eines neuwertigen Artikels in einem Elektrofachmarkt bestehenden Risikoverteilung nicht mehr in Zusammenhang zu bringen sei. Der Käufer werde auch von solchen Risiken entlastet, die allein seine Sphäre beträfen. Darüber hinaus treffe die Wertminderung, die aufgrund des Verkaufs und der Übergabe des Gegenstandes an den Käufer – unstreitig – mindestens 20 % betrage, ausschließlich den Verkäufer.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt die Beklagte mit der beanstandeten Werbung nicht gegen das Zugabeverbot nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO.
1. Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß eine Zugabe vorliegt, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 139, 368, 371 f. – Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 25.9.1997 – I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 501 = WRP 1998, 388 – Skibindungsmontage; Urt. v. 13.1.2000 – I ZR 271/97, GRUR 2000, 918, 919 = WRP 2000, 1138 – Null-Tarif; Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 155/98, WRP 2000, 1278, 1279 – Möbel-Umtauschrecht). Zugabe kann in den Augen des angesprochenen Verkehrs, auf dessen Verständnis es ankommt, jeder wirtschaftliche Vorteil sein, der nicht als Teil der Hauptleistung angesehen wird, weil er über das üblicherweise Gewünschte und Erwartete hinausgeht und nicht durch die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, hier die Zahlung des Kaufpreises, ausgeglichen wird (BGH, Urt. v. 4.12.1997 – I ZR 143/95, GRUR 1998, 502, 503 = WRP 1998, 489 – Umtauschrecht I; Urt. v. 2.7.1998 – I ZR 66/96, GRUR 1999, 270, 271 = WRP 1999, 181 – Umtauschrecht II).
2. Richtig ist auch, daß es nicht darauf ankommt, ob die Zugabe selbst Gegenstand einer Hauptleistung sein kann (vgl. BGH GRUR 1998, 502, 503 – Umtauschrecht I; BGH GRUR 1999, 270, 271 – Umtauschrecht II; BGH WRP 2000, 1278, 1279 – Möbel-Umtauschrecht; a.A. Paul, ZIP 1998, 1099, 1101 und GRUR 1999, 34, 37) und daß der vertraglichen Ausgestaltung grundsätzlich keine Bedeutung zukommt, weil sich das angesprochene Publikum regelmäßig über die rechtliche Einordnung der Leistungsbeziehungen keine Gedanken macht, sondern sich vor allem an der Art und dem erkennbaren Sinn des Angebots orientiert (vgl. BGH GRUR 1998, 502, 503 – Umtauschrecht I; BGH GRUR 1999, 270, 271 – Umtauschrecht II). Der in der Einräumung eines Rückgaberechts verkörperte Vermögensvorteil, der in der (unentgeltlichen) Nutzung des Kaufgegenstandes besteht, kann danach grundsätzlich Zugabe sein (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1989 – I ZR 132/87, GRUR 1989, 697, 698 = WRP 1989, 654 – Vertrauensgarantie; BGH GRUR 1998, 502, 503 – Umtauschrecht I; OLG Saarbrücken, WRP 1999, 224, 226, rechtskräftig d. Nichtannahme-Beschluß v. 19.8.1999 – I ZR 284/98). Allerdings ist nicht jedes Rückgabe- oder Umtauschrecht als Zugabe zu werten; vielmehr kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 – Umtauschrecht II).
3. Von einer Zugabe i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO kann nicht gesprochen werden, wenn die vertraglich eingeräumte Leistung bei wirtschaftlicher Betrachtung in den Augen des Verkehrs eine den konkreten Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung oder Erweiterung der Hauptleistung darstellt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das beworbene Umtausch- oder Rückgaberecht aus wirtschaftlicher Sicht in der Natur der Hauptleistung seine sachliche Rechtfertigung findet (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 – Umtauschrecht II; BGH WRP 2000, 1278, 1279 – Möbel-Umtauschrecht; Köhler in: Köhler/Piper, UWG, § 1 ZugabeVO Rdn. 14). So verhält es sich hier.
Das streitgegenständliche Rückgaberecht gewährt dem Käufer bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung in einem angemessenen zeitlichen Rahmen von 14 Tagen Erprobungsmöglichkeiten, die eine den konkreten Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung der Hauptleistung darstellen.
a) Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß sich der Käufer von Geräten der Unterhaltungselektronik, Fotoapparaten und elektrischen Haushaltsgeräten regelmäßig vor Auswahlschwierigkeiten gestellt sieht, die – auch bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt – die Gefahr eines Fehlkaufs besonders nahelegen (vgl. für Möbel: BGH WRP 2000, 1278, 1279 – Möbel-Umtauschrecht). Die Vielfalt der auf dem Markt zur Auswahl stehenden Geräte, die Mannigfaltigkeit ihrer Funktionsmöglichkeiten sowie die Geschwindigkeit der technischen Fortentwicklung haben zur Folge, daß dem verständigen und informierten Durchschnittskunden, auf dessen Sicht es nicht nur bei der Beurteilung einer Irreführung nach § 3 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 – Orient-Teppichmuster; BGH WRP 2000, 1278, 1280 – Möbel-Umtauschrecht; Bornkamm, FS 50 Jahre BGH, S. 343, 359 ff.), sondern grundsätzlich auch im Rahmen von § 1 UWG ankommt, die Auswahl eines für seine Bedürfnisse passenden und seinen Anforderungen gerecht werdenden Geräts nicht unerheblich erschwert wird. Vor diesem Hintergrund erscheint die von der Beklagten eingeräumte, auf 14 Tage befristete Rückgabemöglichkeit bei technischen Geräten der beworbenen Art als angemessener Ausgleich des ansonsten nur unvollkommen zu beherrschenden Käuferrisikos. Das Rückgaberecht versetzt den Kunden in die Lage, mit dem betreffenden Gerät eigene Erfahrungen zu sammeln und es in seiner praktischen Handhabung, auch im häuslichen Bereich bzw. dort, wo es überwiegend zum Einsatz kommen soll, mit all seinen Funktionsmöglichkeiten in Ruhe selbst zu erproben.
Die Rückgabemöglichkeit entbindet den Käufer nicht davon, sich vorab über das Warenangebot zu unterrichten und eine Auswahlentscheidung zu treffen. Denn es ist ihm nicht gestattet, eine unbegrenzte Vielzahl von Geräten zum Zwecke der Erprobung mit nach Hause zu nehmen. Auch steht ihm die Ware nicht auf unbeschränkte oder längere Zeit zur Ansicht und Erprobung zur Verfügung. Gelangt er aber innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums von 14 Tagen zu der Auffassung, einen Fehlkauf getätigt zu haben, so steht es ihm – sofern er noch über den Kassenzettel und die Originalverpackung verfügt – frei, die Ware gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzugeben. Dies stellt aus Sicht des angesprochenen Verkehrs eine den Bedürfnissen der Vertragspartner entsprechende, angemessene und kundenfreundliche Ergänzung der Hauptleistung dar.
b) Dafür spricht auch, daß dem Verkehr die Vorstellung nicht fremd ist, sich in besonderen Fällen – etwa nach dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (§ 1 Abs. 1) oder dem Verbraucherkreditgesetz (§ 7 Abs. 1) – innerhalb einer angemessenen Frist von vertraglichen Bindungen lösen zu können. Manche Anbieter räumen, wie die von der Beklagten vorgelegten und vom Berufungsgericht erörterten Angebote von drei verschiedenen Baumärkten und einem Möbelabholmarkt zeigen, dem Käufer unter bestimmten Voraussetzungen auch vertragliche Lösungsrechte ein. Schließlich wird dem Käufer – woran sich der Verkehr erfahrungsgemäß gewöhnt hat – nach den im Versandhandel bestehenden kaufmännischen Gepflogenheiten regelmäßig ein kurzfristiges Rückgabe- oder Umtauschrecht eingeräumt, weil er die Ware nicht vorher prüfen kann (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 – Umtauschrecht II). Vor diesem Hintergrund hat der Verkehr keinen Anlaß, in dem vorliegenden befristeten Rückgaberecht bei elektronischen Geräten, Fotoapparaten und elektrischen Haushaltsgeräten, das erkennbar nur der Möglichkeit einer umfassenden Prüfung der Eignung des Gegenstandes für die vorgesehene Nutzung dienen soll, etwas anderes als eine den konkreten Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung der Hauptleistung zu sehen (vgl. BGH WRP 2000, 1278, 1279 – Möbel-Umtauschrecht).
c) Dies gilt unabhängig davon, ob die Beklagte in ihrem – unwidersprochen als ein Geschäft größeren Zuschnitts bezeichneten – Elektrofachmarkt eine individuelle Kundenberatung leisten kann oder nicht. Denn eine Beratung des Käufers im Ladenlokal – sei sie auch kompetent und umfassend – vermag eine eigene Erprobung des Geräts außerhalb der Geschäftsräume, d.h. dort, wo es bestimmungsgemäß verwendet werden soll, grundsätzlich nicht zu ersetzen, zumal sich nach der Lebenserfahrung nicht unerhebliche Teile des Verkehrs davor scheuen, unbegrenzt viele Fragen zu stellen oder bei ergänzendem Erklärungsbedarf um eine – gegebenenfalls auch wiederholende – Erläuterung zu bitten.
d) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, daß der Kunde – wie das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet festgestellt hat – die erworbene Ware nach dem Inhalt der Werbung innerhalb der Frist von 14 Tagen benutzen darf, ohne das Rückgaberecht zu verlieren.
Ob der Kunde mit dem neu erworbenen Gerät zufrieden ist, kann er abschließend erst beurteilen, wenn er es auch in Gebrauch genommen hat. Die Benutzung der Neuerwerbung soll sich aber für den Fall der Rückgabe erkennbar im Rahmen eines üblichen Gebrauchs zu Erprobungszwecken halten. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Ware nur innerhalb eines verhältnismäßig kurz bemessenen Zeitraums von 14 Tagen und lediglich mit Kassenzettel und Originalverpackung zurückgenommen wird. Während der Kassenbon ersichtlich zum Nachweis von Ort und Zeitpunkt des Kaufs dient, wird das Erfordernis der Rückgabe mit Originalverpackung nach allgemeiner Lebenserfahrung dahin verstanden, daß die Ware vor Transportschäden zu schützen und grundsätzlich auch zur Weiterveräußerung (in Originalverpackung) bestimmt, d.h. pfleglich zu behandeln, ist. Demgemäß nimmt der Verkehr nicht an, die Ware auch mit Gebrauchsspuren oder Beschädigungen zurückgeben zu können.
Die Revisionserwiderung hält es für naheliegend, daß das eingeräumte 14tägige Rückgaberecht auch dazu benutzt werden könnte, die Ware ohne echte Kaufabsicht nur zum Zwecke einer kurzfristigen anlaßbezogenen intensiven Nutzung – etwa einen Fotoapparat für eine Urlaubsreise oder ein einmaliges gesellschaftliches Ereignis, eine HiFi-Anlage für eine Party, ein Gartenfest oder eine Hochzeitsfeier oder ein Fernsehgerät mit besonders großem Bildschirm für ein sportliches Großereignis wie Olympiade oder Weltmeisterschaft – zu erwerben. Dies entspricht nach der Lebenserfahrung aber nicht dem Regelfall. Eine nicht völlig auszuschließende Gefahr, daß die Rückgabemöglichkeit im Einzelfall mißbraucht werden könnte, kann angesichts ihres Ausnahmecharakters kein Maßstab für die Beurteilung der Frage sein, ob eine Leistung aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise noch im Rahmen der Hauptleistung liegt oder eine zusätzliche Nebenleistung darstellt (BGH GRUR 1999, 270, 272 – Umtauschrecht II).
e) Der Zugabecharakter des beanstandeten Rückgaberechts läßt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht aus seiner werblichen Herausstellung ableiten.
Eine die eigene Hauptleistung erweiternde Leistungssteigerung oder -verbesserung erhöht die Attraktivität des Angebots und kann werbend als verkaufsförderndes Element herausgestellt werden. Für die Abgrenzung zwischen einer Zugabe und einer bloßen Erweiterung der Hauptleistung kann die Art der Bewerbung des Rückgaberechts daher allenfalls indizielle Bedeutung haben (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 – Umtauschrecht II). Eine von anderen Kriterien unabhängige, selbständige Bedeutung kommt ihr dagegen, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht zu.
f) Gleiches gilt für die mit Übergabe des Kaufgegenstandes an den Kunden unstreitig eintretende Wertminderung von jedenfalls 20 %.
Ein mit der Rücknahme von Waren verbundener Wertverlust kann dem Einzelhändler unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Rückgaberechts als Zugabe oder als Erweiterung seiner Hauptleistung entstehen. Für die Unterscheidung zwischen erweiterter Hauptleistung und Zugabe ist demgegenüber – wie bisher – nur darauf abzustellen, welcher Kundenvorteil dem kalkulatorischen Kostenfaktor des Einzelhändlers gegenübersteht (vgl. BGH WRP 2000, 1278, 1279 f. – Möbel-Umtauschrecht). Dieser Kundenvorteil besteht vorliegend in einer in die Sphäre des Kunden erstreckten 14tägigen Erprobungsmöglichkeit, aus der im Falle der Ausübung des Rückgaberechts kein bleibender Benutzungsvorteil erwachsen kann. Die Erprobungsmöglichkeit ist auch nicht mit einem dem Käufer verbleibenden finanziellen Vorteil verbunden, weil es für die vorübergehende Gebrauchsüberlassung von Fotoapparaten, Geräten der Unterhaltungselektronik und elektrischen Haushaltsgeräten – anders als bei Kraftfahrzeugen – keinen beachtlichen Markt gibt und deshalb von dauerhaft ersparten Aufwendungen für eine 14tägige Gebrauchsmöglichkeit regelmäßig nicht gesprochen werden kann.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Unterschriften
Erdmann, Bornkamm, Pokrant, Büscher, Schaffert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.09.2000 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 584499 |
BGHR 2001, 212 |
BGHR |
NJW-RR 2001, 624 |
GRUR 2001, 358 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 694 |
WRP 2001, 258 |