Leitsatz (amtlich)
a) Die Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie 2003/55/EG sind - ungeachtet der Frage, ob diese Bestimmungen die hierfür erforderliche inhaltliche Unbedingtheit und hinreichende Genauigkeit aufweisen - auf einseitige Preiserhöhungen eines Energieversorgungsunternehmens - hier eines Grundversorgers - grundsätzlich auch dann nicht unmittelbar anzuwenden, wenn sich die Gesellschaftsanteile des Energieversorgungsunternehmens (hier einer GmbH) vollständig in öffentlicher Hand befinden.
b) Allein die rein privatrechtliche Beteiligung des Staates oder einer Gebietskörperschaft an einer juristischen Person des Privatrechts führt nicht dazu, dass die betreffende Gesellschaft im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union "dem Staat oder dessen Aufsicht untersteht" und ihr gegenüber deshalb Bestimmungen nicht fristgemäß oder unzulänglich umgesetzter Richtlinien unmittelbar zur Anwendung gebracht werden können.
c) Zu den Anforderungen an den Vortrag des Grundversorgers zu den Voraussetzungen des ihm infolge ergänzender Vertragsauslegung des Gaslieferungsvertrags zustehenden Preisänderungsrechts (hier: Steigerung der eigenen (Bezugs-)Kosten, die nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen der betroffenen Energievertriebssparte ausgeglichen werden).
d) Für die Beurteilung, ob die Preiserhöhungen des Grundversorgers dessen (Bezugs-)Kostensteigerungen (hinreichend) abbilden, kommt es nicht darauf an, ob der Versorger die Steigerung der Gasbezugskosten durch zurückgehende Kosten in anderen Unternehmensbereichen außerhalb der Gassparte hätte auffangen können (Anschluss an BGH vom 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 BGHZ 178, 362 Rz. 40).
Normenkette
Richtlinie 2003/55/EG Art. 3 Abs. 3 S. 4 bis 6 i.V.m. Anhang A; BGB § 133 B, § 157 D, § 433 Abs. 2; AVBGasV § 4 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 19.02.2018; Aktenzeichen 9 S 561/16) |
AG Delmenhorst (Urteil vom 04.11.2016; Aktenzeichen 45 C 5158/10 (VI)) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des LG Oldenburg - 9. Zivilkammer - vom 19.2.2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Beklagte bezog von der Klägerin, einem regionalen Energie- und Wasserversorgungsunternehmen, als Tarifkunde im Rahmen der Grundversorgung leitungsgebunden Erdgas. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren einziger Gesellschafter die Stadt D. ist.
Rz. 2
Zum 1.10.2005 erhöhte die Klägerin den Arbeitspreis für den Gasbezug einseitig von bisher 3,58 Cent/kWh auf 4,13 Cent/kWh und zum 1.1.2006 auf 4,52 Cent/kWh. Der Beklagte widersprach den Preiserhöhungen, die er für unbillig und unwirksam hält. Demgegenüber macht die Klägerin geltend, Grund für die Gaspreiserhöhungen seien gestiegene eigene Bezugskosten gewesen, die nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen der Gasvertriebssparte ausgeglichen worden seien und die sie mit den Preiserhöhungen nicht einmal in vollem Umfang an ihre Tarifkunden weitergegeben habe.
Rz. 3
Mit ihrer Klage hat die Klägerin für den Abrechnungszeitraum vom 7.5.2005 bis zum 5.5.2006 rückständige Beträge für die Lieferung von Erdgas und Wasser i.H.v. 758,96 EUR nebst Verzugszinsen geltend gemacht. Hinsichtlich des für Erdgaslieferungen geforderten Betrages (703,26 EUR) hat das AG der Klage nebst Zinsen stattgegeben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das LG das Urteil des AG abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
Die Revision hat Erfolg.
I.
Rz. 5
Das Berufungsgericht (LG Oldenburg, Urt. v. 19.2.2018 - 9 S 561/16, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 6
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch für die dem Grunde nach unstreitigen Gaslieferungen nicht zu, da die zugrunde liegenden Preiserhöhungen nicht wirksam seien.
Rz. 7
Zwar habe der BGH den Gasversorgungsunternehmen unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung das Recht eingeräumt, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Kunden weiterzugeben (BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11). Diese Rechtsprechung stehe nach Ansicht des Berufungsgerichts auch im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, so dass die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens im vorliegenden Rechtsstreit nicht veranlasst sei.
Rz. 8
Allerdings genügten die hier streitigen Preiserhöhungen nicht den Transparenzanforderungen der Richtlinie 2003/55/EG (nachfolgend: Gas-Richtlinie). Nach deren Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A hätten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden zu treffen und einen hohen Verbraucherschutz zu gewährleisten gehabt, insb. hinsichtlich der Transparenz der allgemeinen Vertragsbedingungen, allgemeiner Informationen und Streitbeilegungsverfahren. Aus Anhang A Buchst. b folge dabei eine Verpflichtung der Gasversorger zu einer rechtzeitigen Unterrichtung über die beabsichtigte Preisänderung und über das bestehende Rücktrittsrecht. Diesen Vorgaben hätten die Preisänderungen der Klägerin nicht entsprochen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob eine ordnungsgemäße Information über die beabsichtigten Preisänderungen stattgefunden habe. Denn jedenfalls sei keinerlei Hinweis auf das insoweit bestehende Sonderkündigungsrecht der Kunden erfolgt.
Rz. 9
Vorliegend könne sich der Beklagte auch unmittelbar auf diese Regelungen berufen, weil Art. 33 Abs. 1 der Gas-Richtlinie eine Umsetzung ihrer Bestimmungen in nationales Recht bis zum 1.7.2004 vorgesehen habe, der deutsche Gesetzgeber dieser Verpflichtung jedoch nicht nachgekommen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH könne sich der Einzelne in all den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau seien, vor nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgerecht oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt habe. Dies gelte unabhängig von der Rechtsform auch gegenüber Organisationen oder Einrichtungen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstünden. Die Klägerin stehe unstreitig im Alleineigentum der Stadt D. und damit zu 100 % unter staatlicher Aufsicht.
Rz. 10
Auch die weiteren Voraussetzungen für die unmittelbare Bindungswirkung der Gas-Richtlinie - die inhaltliche Unbedingtheit und die hinreichende Bestimmtheit - seien gegeben. Dem stehe nicht entgegen, dass der Gas-Richtlinie eine Verpflichtung zu Angaben betreffend Anlass, Umfang und Voraussetzungen der Preisänderungen nicht entnommen werden könne. Denn aus den vorgenannten Bestimmungen folge unbedingt und hinreichend genau, dass der Kunde rechtzeitig vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode, die auf die Abrechnung folge, über die beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und über das bestehende Rücktrittsrecht zu informieren sei. Eines weiteren staatlichen Umsetzungsaktes habe es insoweit nicht bedurft.
Rz. 11
Zudem habe die Klägerin die von ihr behaupteten Preissteigerungen bislang nicht hinreichend konkret dargelegt und entsprechend unter Beweis gestellt. Nach der Rechtsprechung des BGH sei ein Gasversorger im Wege ergänzender Vertragsauslegung lediglich dann zu einer Preiserhöhung berechtigt, wenn diese auf die Steigerung der ihm zur Last fallenden Bezugskosten zurückzuführen sei, wobei Kostensenkungen in anderen Bereichen berücksichtigt werden müssten; Preiserhöhungen, die über die bloße Weitergabe einer Bezugskostensteigerung hinausgingen und der Erzielung eines zusätzlichen Gewinns dienten, würden vom Preisänderungsrecht hingegen nicht erfasst (BGH, Urt. v. 9.11.2016 - VIII ZR 246/15).
Rz. 12
Der sich hieraus ergebenden Darlegungslast genüge das Vorbringen der Klägerin jedoch nicht. Die von ihr zur Begründung in Bezug genommenen Unterlagen seien nicht aussagekräftig. Ebenso wenig ergebe sich aus dem von der Berufungskammer in dem Verfahren - 9 S 574/06 - welches ebenfalls die vorliegend im Streit befindlichen Preiserhöhungen der Klägerin (im Verhältnis zu anderen Grundversorgungskunden) betraf und vom Berufungsgericht als "Musterverfahren" behandelt wurde, bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss (durch den Senat, Beschl. v. 26.4.2016 - VIII ZR 76/13) u.a. das vorliegende Verfahren mit Einverständnis der Parteien geruht hatte - eingeholten Gutachten eine Kostensituation, die den Vorgaben der neueren Rechtsprechung des BGH zu den Voraussetzungen des Preisänderungsrechts gerecht werde. Das sonstige Kostengefüge finde im gesamten Vortrag der Klägerin keine Erwähnung. Zudem könne die Behauptung der Klägerin, sie habe lediglich die gestiegenen Bezugskosten weitergegeben und dies noch nicht einmal in vollem Umfang, so nicht stimmen. Denn es sei nicht plausibel, weshalb es im betreffenden Zeitraum dennoch zu einer erheblichen Gewinnsteigerung auf Seiten der Klägerin habe kommen können.
II.
Rz. 13
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch gem. § 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung restlichen Entgelts für die im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten Erdgaslieferungen nicht abgewiesen werden.
Rz. 14
Denn der Wirksamkeit der von der Klägerin vorgenommenen Gaspreiserhöhungen - zu denen sie nach ergänzender Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Gaslieferungsvertrags (Tarifkundenvertrag) grundsätzlich berechtigt war - steht nicht entgegen, dass sie dabei die sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. Nr. L 176, S. 57; im Folgenden: Gas-Richtlinie) ergebenden - vom deutschen Gesetzgeber im streitbefangenen Zeitraum indes noch nicht in nationales Recht umgesetzten - Transparenzanforderungen nicht erfüllt hat. Allein der Umstand, dass sich die Gesellschaftsanteile der Klägerin vollständig in öffentlicher Hand befinden, hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zur Folge, dass es sich bei der Klägerin um eine jener staatsnahen Organisationen und Einrichtungen handelt, denen gegenüber sich der Einzelne nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) unmittelbar auf inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzter Richtlinien berufen kann. Soweit das Berufungsgericht außerdem gemeint hat, die Klägerin habe die von ihr mit den Preiserhöhungen weiterzugebenden Bezugspreissteigerungen nicht hinreichend konkret dargelegt, hat es nicht nur die Anforderungen an einen substantiierten und schlüssigen Sachvortrag überspannt, sondern auch den Umfang der nach der Rechtsprechung des Senats in die Berechnung der zulässigen Preiserhöhung einzustellenden Kostenpositionen verkannt.
Rz. 15
1. Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht allerdings zutreffend angenommen, dass sich die Berechtigung der Klägerin zu den streitgegenständlichen Gaspreiserhöhungen dem Grunde nach aus der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) des zwischen den Parteien geschlossenen Gaslieferungsvertrags - den das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und unangegriffen als Tarifkundenvertrag (jetzt: Grundversorgungsvertrag) angesehen hat - und nicht aus den - erst zum 8.11.2006 außer Kraft getretenen - Bestimmungen in § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21.6.1979 (BGBl. I, 676 - AVBGasV) ergibt.
Rz. 16
a) Denn dieser Vorschrift kann, wie der Senat im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs vom 23.10.2014 (C-359/11 und C-400/11, NJW 2015, 849 - Schulz und Egbringhoff) bereits mehrfach entschieden hat, für die Zeit ab dem 1.7.2004 - dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Gas-Richtlinie - ein gesetzliches Preisanpassungsrecht des Energieversorgers nicht (mehr) entnommen werden, weil eine solche Auslegung von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV nicht mit den in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der genannten Richtlinie aufgestellten Transparenzanforderungen vereinbar wäre (s. hierzu grundlegend BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11 BGHZ 207, 209 Rz. 33, und VIII ZR 13/12, juris Rz. 35; bestätigt durch BGH, Urt. v. 9.12.2015 - VIII ZR 208/12, juris, und VIII ZR 236/12, juris, jeweils Rz. 14; v. 6.4.2016 - VIII ZR 71/10 NJW 2016, 3589 Rz. 14, VIII ZR 211/10, NJW 2016, 3593 Rz. 19, VIII ZR 236/10, WM 2016, 2186 Rz. 21, und VIII ZR 324/12, juris Rz. 15; v. 9.11.2016 - VIII ZR 246/15 NJW-RR 2017, 432 Rz. 19; v. 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, RdE 2019, 176 Rz. 19; BGH, Beschl. v. 15.12.2015 - VIII ZR 76/13, RdE 2016, 473 Rz. 5).
Rz. 17
Wie der Senat in diesen Urteilen weiter entschieden hat, steht dem Gasversorger in der Grundversorgung von Haushaltskunden bei - wie auch hier - auf unbestimmte Dauer angelegten Lieferungsverträgen ein Preisänderungsrecht (nur) in engen Grenzen zu. Denn aus der gebotenen und an dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Willen der Vertragsparteien auszurichtenden ergänzenden Auslegung (§§ 157, 133 BGB) eines auf unbestimmte Dauer angelegten Energielieferungsvertrags ergibt sich, dass der Grundversorger berechtigt ist, Steigerungen seiner eigenen (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben, und dass er verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 66 ff. und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 68 ff.; v. 9.12.2015 - VIII ZR 208/12, a.a.O., und VIII ZR 236/12, a.a.O., jeweils Rz. 15; v. 6.4.2016 - VIII ZR 71/10, a.a.O., Rz. 15 und VIII ZR 324/12, a.a.O., Rz. 19; v. 9.11.2016 - VIII ZR 246/15, a.a.O., Rz. 20 vom 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, a.a.O., Rz. 20; Senatsbeschluss vom 15.12.2015 - VIII ZR 76/13, a.a.O., Rz. 6).
Rz. 18
Der nach dieser Maßgabe berechtigterweise erhöhte Preis wird zum vereinbarten Preis (BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 71, 80, 84 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 73, 82, 86; vom 9.12.2015 - VIII ZR 208/12, a.a.O., Rz. 24, und VIII ZR 236/12, a.a.O., Rz. 23; v. 6.4.2016 - VIII ZR 324/12, a.a.O.; v. 9.11.2016 - VIII ZR 246/15, a.a.O.; v. 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, a.a.O.). Preiserhöhungen, die über die bloße Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen hinausgehen und der Erzielung eines (zusätzlichen) Gewinns dienen, werden von dem Preisänderungsrecht hingegen nicht erfasst (BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 85 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 87; vom 9.12.2015 - VIII ZR 208/12, a.a.O., und VIII ZR 236/12, a.a.O.; v. 6.4.2016 - VIII ZR 324/12, a.a.O.; v. 9.11.2016 - VIII ZR 246/15, a.a.O.; v. 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, a.a.O.).
Rz. 19
Da sich das aus der vorbezeichneten ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Preisänderungsrecht des Versorgers allein auf die Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen und -senkungen beschränkt, ist weiterhin davon auszugehen, dass die Parteien eines entsprechenden Tarifkundenvertrags die wirksame Ausübung dieses Rechts vernünftigerweise an keine weiteren als die in § 4 Abs. 2 AVBGasV genannten Voraussetzungen - namentlich die vorherige öffentliche Bekanntgabe - geknüpft hätten (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 83 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 85; v. 6.4.2016 - VIII ZR 71/10, a.a.O.; Senat, Beschl. v. 15.12.2015 - VIII ZR 162/11, juris Rz. 13).
Rz. 20
b) Soweit die hierauf bezogenen Ausführungen der Revisionserwiderung dahingehend zu verstehen sein sollten, dass diese inzwischen gefestigte Senatsrechtsprechung (erneut) in Frage gestellt werden soll, werden neue rechtliche Gesichtspunkte, mit denen sich der Senat noch nicht auseinandergesetzt hat, nicht aufgezeigt. Insofern wird auf die vorgenannten Senatsentscheidungen verwiesen. Diesbezüglich besteht auch keine Veranlassung, den Rechtsstreit nach Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen (s. hierzu bereits BGH, Urt. v. 6.4.2016 - VIII ZR 71/10, a.a.O., Rz. 37 ff. und VIII ZR 324/12, a.a.O., Rz. 23 ff.; vom 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, a.a.O., Rz. 26; Senat, Beschl. v. 26.4.2016 - VIII ZR 76/13, juris Rz. 2 ff.; jeweils m.w.N.; zudem BVerfG, NVwZ-RR 2018, 169 Rz. 30 ff., 41 f.).
Rz. 21
2. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht jedoch davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie unmittelbare Anwendung fänden und die Ausübung des Preisänderungsrechts der Klägerin deshalb an weitere - nach Auffassung des Berufungsgerichts hier nicht erfüllte - Wirksamkeitsvoraussetzungen geknüpft sei. Eine unmittelbare Anwendung der genannten Bestimmungen der Gas-Richtlinie kommt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der Klägerin nicht um eine Organisation oder Einrichtung handelt, der gegenüber sich der Einzelne nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unmittelbar auf die Bestimmungen nicht fristgemäß oder nur unzulänglich umgesetzter Richtlinien berufen kann.
Rz. 22
a) Eine unmittelbare Anwendung nicht umgesetzter Richtlinienbestimmungen kommt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs von vornherein nur zu Lasten der Mitgliedstaaten, ihrer Behörden sowie bestimmter staatsnaher Organisationen und Einrichtungen in Betracht.
Rz. 23
aa) Denn im Unterschied zu verschiedenen Normen des Primärrechts und Regelungen in Unionsverordnungen kommt den Bestimmungen in Richtlinien grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung zu. Richtlinien wenden sich nach Art. 288 Abs. 3 AEUV allein an die Mitgliedstaaten und verpflichten diese, die betreffenden Vorgaben in nationales Recht umzusetzen, wobei sie den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel überlassen (vgl. EuGH, Slg. 1982, 53 Rz. 18 f. - Becker [zu Art. 189 EWG]; BAGE 105, 32, 54 [zu Art. 249 EG]).
Rz. 24
Aus diesem Grund kann eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen und ist deshalb ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich (st.Rspr.; vgl. nur EuGH, Slg. 1986, 723 Rz. 48 - Marshall; , Slg. 1994, I-3325 Rz. 20 - Faccini Dori; C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I-8835 Rz. 108 - Pfeiffer; ZIP 2016, 1085 Rz. 30 - Dansk Industri; C-122/17, RIW 2018, 674 Rz. 42 - Smith; jeweils m.w.N.). Dies gilt nicht nur im Verhältnis zum Staat (sog. vertikale Direktwirkung), sondern - insb. - auch im Verhältnis von Privatpersonen zueinander (sog. horizontale Direktwirkung). Denn würde die Möglichkeit, sich auf eine Bestimmung einer nicht umgesetzten Richtlinie zu berufen, auf den Bereich der Beziehungen zwischen Privaten ausgedehnt, liefe das darauf hinaus, den Unionsorganen die Befugnis zuzuerkennen, mit unmittelbarer Wirkung zu Lasten der Einzelnen Verpflichtungen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort dürfen, wo ihnen nach Art. 288 Abs. 2 AEUV die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen ist (vgl. EuGH - , a.a.O., Rz. 24 - Faccini Dori [zu Art. 189 EWG]; C-413/15, RIW 2017, 818 Rz. 31 - Farrell II; C-122/17, a.a.O., - Smith; BAGE 105, 32, 54; 106, 252, 262 [jeweils zu Art. 249 EG]; 148, 193 Rz. 16; jeweils m.w.N.).
Rz. 25
Deshalb kann selbst eine klare, genaue und unbedingte Bestimmung einer Richtlinie, mit der dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, als solche im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüberstehen, keine Anwendung finden (vgl. EuGH - C-397/01 bis C-403/01, a.a.O., Rz. 109 - Pfeiffer; C-555/07, Slg. 2010, I-365 Rz. 46 - Kücükdeveci; NJW 2012, 509 Rz. 42 - Dominguez; C-176/12, ZIP 2014, 287 Rz. 36 - Association de médiation sociale; C-122/17, a.a.O., Rz. 43 - Smith; jeweils m.w.N.; vgl. zudem BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 64 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 66).
Rz. 26
bb) Auf der anderen Seite entspricht es aber ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass sich der Einzelne in all den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen kann, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat (s. nur EuGH, 41/74, Slg. 1974, 1337 Rz. 9 ff. - van Duyn; , a.a.O., Rz. 25 - Becker; C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991, I-5357 Rz. 11 - Francovich; C-397/01 bis C-403/01, a.a.O., Rz. 103 - Pfeiffer; , a.a.O., Rz. 33 - Dominguez; C-684/16, ZIP 2018, 2332 Rz. 63 - Max-Planck-Gesellschaft; C-569/16 und C-570/16, ZIP 2019, 89 Rz. 70 - Bauer; jeweils m.w.N.; vgl. zudem BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 63 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 65; BVerfG, NVwZ-RR 2018, 169 Rz. 39; jeweils m.w.N.). Dies gilt unabhängig davon, in welcher Eigenschaft - als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger - der Staat handelt. In dem einen wie dem anderen Fall, so der Gerichtshof, müsse nämlich verhindert werden, dass der Staat aus der Nichtbeachtung des Unionsrechts Nutzen ziehen könne (s. nur EuGH, a.a.O., Rz. 49 - Marshall; , a.a.O., Rz. 22 - Faccini Dori; C-413/15, a.a.O., Rz. 32 - Farrell II; C-684/16, a.a.O., - Max-Planck-Gesellschaft; jeweils m.w.N.).
Rz. 27
cc) Daran anknüpfend bejaht der Gerichtshof die (vertikale) Direktanwendung von Richtlinienbestimmungen jedoch nicht nur gegenüber den Mitgliedstaaten, ihren Verwaltungsträgern sowie den sonstigen dezentralisierten Behörden und Stellen (vgl. EuGH - C-122/17, a.a.O., Rz. 45 - Smith; , a.a.O., Rz. 71 - Bauer; s. insoweit bereits EuGH, a.a.O., Rz. 23 ff. - Becker; , a.a.O., Rz. 50 - Marshall; , Slg. 1986, 1651 Rz. 56 - Johnston; 103/88, Slg. 1989, 1839 Rz. 31 - Fratelli Constanzo; , Slg. 1990, I-495 Rz. 22 ff. - Busseni), sondern erweitert den Anwendungsbereich seiner Rechtsprechung auf weitere staatsnahe Einrichtungen.
Rz. 28
So kann sich der Einzelne auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzten Richtlinie auch gegenüber solchen Organisationen und Einrichtungen berufen, die sich von Privatpersonen unterscheiden und dem Staat gleichzustellen sind, entweder weil sie juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, die zum Staat im weiteren Sinne gehören, oder weil sie - unabhängig von ihrer Rechtsform - dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit der Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe betraut und hierzu mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten (st.Rspr. seit EuGH - , Slg. 1990, I-3313 Rz. 18 ff. - Foster; s. nachfolgend u.a. EuGH - C-253/96 bis C-258/96, Slg. 1997, I-6907 Rz. 46 - Kampelmann; , Slg. 2000, I-6659 Rz. 23 - Collino; , Slg. 2004, I-1477 Rz. 24 - Rieser; , Slg. 2005, I-4305 Rz. 27 - Sozialhilfeverband Rohrbach; C-180/04, Slg. 2006, I-7251 Rz. 26 - Vassallo; , Slg. 2007, I-3067 Rz. 40 - Farrell I; , a.a.O., Rz. 39 - Dominguez; , RIW 2013, 788 Rz. 32 - Kuso; , NZA 2014, 79 Rz. 29 - Carratù; C-425/12, EuZW 2014, 189 Rz. 24 - Portgás; C-413/15, a.a.O., Rz. 33 - Farrell II; C-122/17, a.a.O., Rz. 45 - Smith; NZA 2019, 97 Rz. 54 f. - Hampshire; C-684/16, a.a.O., Rz. 64 - Max-Planck-Gesellschaft; C-688/15 und C-109/16, ZIP 2018, 920 Rz. 109 - Anisimovienë; vgl. zudem BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 63 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 65; v. 9.12.2015 - VIII ZR 208/12, a.a.O., und VIII ZR 236/12, a.a.O., jeweils Rz. 21; BVerfG, NVwZ-RR 2018, 169 Rz. 39; jeweils m.w.N.).
Rz. 29
Bei den letztgenannten Merkmalen - dem Unterstehen staatlicher Aufsicht einerseits und der Ausstattung mit besonderen Rechten andererseits - handelt es sich, wie der Gerichtshof zuletzt noch einmal ausdrücklich klargestellt hat, nicht um kumulativ, sondern um alternativ zu erfüllende Voraussetzungen (EuGH - C-413/15, a.a.O., Rz. 28 - Farrell II).
Rz. 30
b) Ausgehend von dieser Rechtsprechung kommt gegenüber der Klägerin - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - eine unmittelbare Anwendung der Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie nicht in Betracht.
Rz. 31
aa) Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die betreffenden Bestimmungen der Gas-Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt worden sind. Denn dies hätte gem. Art. 33 Abs. 1 der am 4.8.2003 in Kraft getretenen Gas-Richtlinie spätestens am 1.7.2004 geschehen müssen. Eine an Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie angepasste Änderung der AVBGasV durch den nach § 11 Abs. 2 EnWG 1998 bzw. § 39 Abs. 2 EnWG 2005 ermächtigten Verordnungsgeber ist jedoch weder innerhalb der Umsetzungsfrist noch danach - jedenfalls innerhalb des für den Streitfall maßgeblichen Zeitraums - erfolgt (vgl. hierzu bereits ausführlich BGH vom 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 44 ff. und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 46 ff.; vgl. zudem EuGH - C-359/11 und C-400/11, a.a.O., Rz. 38 ff. - Schulz und Egbringhoff). Dies geschah vielmehr erst durch die im Rahmen der Verordnung zur transparenten Ausweisung staatlich gesetzter oder regulierter Preisbestandteile in der Strom- und Gasgrundversorgung vom 22.10.2014 (BGBl. I 1631) erfolgten Ergänzung in § 5 Abs. 2 Satz 2 Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 59 ff. und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 61 ff.).
Rz. 32
bb) Die Klägerin ist jedoch weder eine staatliche noch eine staatsnahe Organisation oder Einrichtung im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofs. Auch wenn sich die Gesellschaftsanteile der Klägerin vollständig im Eigentum der Stadt D. befinden, stehen sich - ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts - im vorliegenden Rechtsstreit ausschließlich Privatpersonen gegenüber, in deren Verhältnis zueinander nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine (horizontale) Direktwirkung nicht umgesetzter Richtlinienbestimmungen nicht in Betracht kommt.
Rz. 33
(1) Zunächst handelt es sich bei der Klägerin nicht um "den Staat", einen "Träger der Verwaltung" oder eine sonstige "dezentralisierte Behörde" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs, da sie als privatwirtschaftlich tätiges Energieversorgungsunternehmen weder öffentliche Gewalt ausübt noch öffentliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt (vgl. § 1 Abs. 4 VwVfG).
Rz. 34
Ebenso wenig ist den Feststellungen des Berufungsgerichts zu entnehmen, dass die Klägerin eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die der Gerichtshof in diesem Zusammenhang ebenfalls zum "Staat im weiteren Sinne" zählt (vgl. EuGH - C-413/15, a.a.O., Rz. 33 f. - Farrell II; C-688/15 und C-109/16, a.a.O., - Anisimovienë; vgl. auch , a.a.O., Rz. 28 - Sozialhilfeverband Rohrbach; C-180/04, a.a.O., - Vassallo). Zwar mag bereits die Wortkombination "Stadtwerke D." - worauf die Revisionserwiderung noch einmal hinweist - nahelegen, dass - was vorliegend allerdings ohnehin unstreitig ist - die betreffenden Versorgungsleistungen von einem kommunalen Unternehmen erbracht werden, das zumindest mehrheitlich von der Stadt betrieben wird (vgl. Uffmann NJW 2016, 1696, 1697; NJW 2015, 1215, 1217; für das Markenrecht zudem BGH, Beschluss vom 9. November 2016 - , GRUR 2017, 186 Rn. 40). Entgegen einer im Schrifttum vereinzelt - ohne nähere Begründung - vertretenen Auffassung (Markert, EnWZ 2017, 271, 274; ZMR 2017, 853, 855) folgt aus der Bezeichnung "Stadtwerke" aber nicht außerdem, dass es sich bei der Klägerin um ein "Kommunalunternehmen" im Rechtssinne (vgl. etwa Art. 89 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Gemeindeordnung) - bzw. in den Begrifflichkeiten des niedersächsischen Kommunalrechts um eine kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts nach §§ 108 Abs. 2 Nr. 3, 113a ff. Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO; seit 1.11.2011 nunmehr §§ 136 Abs. 2 Nr. 3, 141 ff. Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz [NKomVG]) - handelt. Nach den maßgebenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin als Eigengesellschaft i.S.v. § 108 Abs. 2 Nr. 2 NGO - ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, dessen sämtliche Anteile der Stadt gehören - geführt wird. Als solches gehört sie aber nicht zum "Staat im weiteren Sinne" gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs.
Rz. 35
(2) Auch ist die Klägerin als Energieversorger nicht von einer staatlichen Stelle mit einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe betraut und hierzu mit "besonderen Rechten" ausgestattet, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten (in diesem Sinne bereits BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 63, 65 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 65, 67; v. 9.12.2015 - VIII ZR 208/12, a.a.O., und VIII ZR 236/12, a.a.O., jeweils Rz. 21).
Rz. 36
Denn ausweislich der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs werden hiermit nur solche (privaten) Organisationen und Einrichtungen erfasst und dem Staat gleichgestellt, denen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben einzelne hoheitliche oder hoheitsähnliche Befugnisse übertragen wurden (vgl. beispielsweise EuGH, a.a.O., - Marshall [Verwaltung des öffentlichen Gesundheitsdienstes]; , a.a.O., - Johnston [Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit]; , a.a.O., Rz. 20 - Foster [Errichtung und Unterhaltung eines nationalen Gasversorgungsmonopols]; C-413/15, a.a.O., Rz. 40 - Farrell II [Betreiben einer nationalen Entschädigungsstelle]), so dass diese in dem ihnen zugewiesenen Bereich "staatsähnlich" handeln (Generalanwältin Sharpston, Schlussanträge in der Rechtssache C-413/15, juris Rz. 119 - Farrell II). Auch derartige staatsnahe Organisationen oder Einrichtungen sollen keinen Nutzen daraus ziehen, dass der Staat seiner unionsrechtlichen Verpflichtung zur Richtlinienumsetzung nicht nachkommt (vgl. EuGH - , a.a.O., Rz. 17 - Foster; C-413/15, a.a.O., Rz. 32 - Farrell II).
Rz. 37
Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Zwar handelt es sich bei der Versorgung der Allgemeinheit mit Energie um eine Aufgabe, deren Erfüllung (auch) im öffentlichen Interesse liegt (vgl. § 1 EnWG). Die Klägerin allerdings wurde vorliegend, ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts, ausschließlich im eigenen wirtschaftlichen Interesse als Energieversorgungsunternehmen tätig. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie aufgrund der Stellung der Stadt D. als Alleingesellschafter über besondere hoheitliche Befugnisse verfügt. Insoweit unterscheidet sich die Klägerin nicht von anderen, in privater Hand befindlichen Energieversorgungsunternehmen. Schließlich ist die Klägerin auch in ihrer Eigenschaft als Grundversorger nicht mit "besonderen Rechten" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgestattet. Die hiermit zusammenhängenden Rechte und Pflichten ergeben sich vielmehr aus gesetzlichen Vorschriften - im streitgegenständlichen Zeitraum aus § 10 EnWG 1998 bzw. §§ 36, 118 Abs. 3 EnWG 2005 -, die für alle am Markt tätigen Energieversorgungsunternehmen in gleicher Weise zur Anwendung gelangen.
Rz. 38
(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Klägerin - jedenfalls ausgehend von der vorliegend allein getroffenen Feststellung, dass sich deren Gesellschaftsanteile vollständig in öffentlicher Hand befinden - auch nicht um eine Organisation oder Einrichtung, die "dem Staat oder dessen Aufsicht untersteht".
Rz. 39
(a) Denn als staatsnahe Organisationen und Einrichtungen in diesem Sinne kommen von vornherein nur solche in Betracht, denen gegenüber besondere hoheitliche Weisungs- oder Aufsichtsbefugnisse bestehen. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus der vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 12.7.1990 (C-188/89, a.a.O., Rz. 18, 20 - Foster) gewählten und seitdem in ständiger Rechtsprechung (s. nur EuGH - C-413/15, a.a.O., Rz. 33 - Farrell II) gebrauchten Formulierung "dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen" ("subject to the authority or control of the State" bzw. "soumis à l'autorité ou au contrôle de l'État") sowie der in diesem Zusammenhang von dem Gerichtshof (C-413/15, a.a.O., Rz. 34 - Farrell II; C-688/15 und C-109/16, a.a.O., Rz. 109 - Anisimovienë) verwendeten ergänzenden Formulierung "einer öffentlichen Stelle oder deren Aufsicht unterstehen" ("subject to the authority or control of a public body" bzw. "soumis à l'autorité ou au contrôle d'une autorité publique"). Insbesondere das Verb "unterstehen" wird im Unionsrecht (wie auch im innerstaatlichen Recht) in Konstellationen verwendet, die durch das Bestehen besonderer hoheitlicher Befugnisse gekennzeichnet sind (etwa: "der Hoheitsgewalt eines Mitgliedsstaates unterstehen"; "einer nationalen Behörde unterstehen").
Rz. 40
Dementsprechend hat der Gerichtshof das Vorliegen "staatlicher Aufsicht" in seiner bisherigen Rechtsprechung nur bei solchen Organisationen und Einrichtungen angenommen, denen gegenüber der Staat über besondere hoheitliche Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse verfügte (vgl. etwa EuGH, C-188/89, a.a.O., Rz. 4 f., 20 - Foster [ministerielle Weisungen und Richtlinien, Berichtspflichten gegenüber Minister und Parlament]; , a.a.O., Rz. 25 f. - Rieser [staatliche Zielvorgaben, Auskunfts- und Prüfrechte]; , a.a.O., Rz. 30 - Carratù [Aufsicht durch Staat und Rechnungshof]). Eine Gleichstellung mit dem Staat - bezüglich der Frage unmittelbarer Richtlinienanwendung - ist hiernach gerechtfertigt, wenn dieser spezielle Umstände und Regelungen geschaffen hat, in deren Rahmen die betreffende Einrichtung handeln muss (vgl. Generalanwältin Sharpston, Schlussanträge in der Rechtssache C-413/15, juris Rz. 117 - Farrell II). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gerichtshof wiederholt hervorgehoben hat, die unmittelbare Richtlinienanwendung sei davon unabhängig, in welcher Eigenschaft - als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger - der Staat handele, da in dem einen wie dem anderen Fall nämlich verhindert werden müsse, dass er aus seiner Nichtbeachtung des Unionsrechts Nutzen ziehen könne (s. etwa EuGH - , a.a.O., Rz. 17 - Foster; , a.a.O., Rz. 22 - Collino; , a.a.O., Rz. 38 - Dominguez; C-413/15, a.a.O., Rz. 32 - Farrell II; C-684/16, a.a.O., Rz. 63 - Max-Planck-Gesellschaft; jeweils m.w.N.). Denn auch insoweit ist zunächst die (Vor-)Frage zu beantworten, ob überhaupt ein Handeln des Staates - oder einer entsprechend staatsnahen Organisation oder Einrichtung - vorliegt.
Rz. 41
(b) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass die Stadt D. gegenüber der Klägerin über entsprechende hoheitliche Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse verfügen würde, sondern hat allein aus dem Umstand, dass die Klägerin "unstreitig im Alleineigentum der Stadt" sei, gefolgert, dass sie "zu 100 % unter staatlicher Aufsicht" stehe. Allein die rein privatrechtliche Beteiligung des Staates - oder vorliegend einer Gebietskörperschaft - an einer juristischen Person des Privatrechts - hier einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) - führt nicht dazu, dass die betreffende Gesellschaft im Sinne der genannten Rechtsprechung des Gerichtshofs "dem Staat oder dessen Aufsicht untersteht" und ihr gegenüber deshalb Bestimmungen nicht fristgemäß oder unzulänglich umgesetzter Richtlinien unmittelbar zur Anwendung gebracht werden können (so aber ohne nähere Begründung Uffmann, a.a.O.; Starke, NVwZ 2018, 659, 661; OLG Bremen, EnWZ 2017, 271 Rz. 13; LG Koblenz, RdE 2019, 481, 482; offen gelassen hingegen von BVerfG, NVwZ-RR 2018, 169 Rz. 45).
Rz. 42
Denn die in einem solchen Fall bestehenden Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse der öffentlichen Hand gegenüber der betreffenden Gesellschaft beruhen ausschließlich auf ihrer privatrechtlichen Stellung als (Allein-)Gesellschafter (vgl. etwa §§ 37 Abs. 1, 45 ff. GmbHG), nicht hingegen auf der Ausübung besonderer hoheitlicher Befugnisse. Diesbezüglich unterscheidet sich ein solches Unternehmen aber nicht von solchen, die sich in privater Hand befinden und es fehlt mithin an der Rechtfertigung dafür, es für die Frage der unmittelbaren Richtlinienanwendung "dem Staat gleichzustellen" (s. hierzu EuGH, C-413/15, a.a.O., Rz. 34 - Farrell II; C-688/15 und C-109/16, a.a.O., Rz. 109 - Anisimovienë).
Rz. 43
Dementsprechend hat es der Gerichtshof im Rahmen der von ihm in diesem Zusammenhang zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen für eine Direktanwendung von Richtlinienbestimmungen nicht ausreichen lassen, dass sich eine juristische Person des Privatrechts im Eigentum eines Mitgliedstaates befand. Im Fall einer mit Bau, Planung, Betrieb, Unterhaltung und Finanzierung der österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen betrauten Aktiengesellschaft, deren Alleingesellschafter der österreichische Staat war, hat er sich vielmehr ausführlich mit den ihr gegenüber bestehenden besonderen hoheitlichen Weisungs- und Aufsichtsbefugnissen auseinandergesetzt und sogar noch zusätzlich darauf abgestellt, dass die Gesellschaft zur Erfüllung der von ihr im öffentlichen Interesse erbrachten Dienstleistungen außerdem mit besonderen Rechten (u.a. mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren) ausgestattet war (s. EuGH - , a.a.O., Rz. 25 ff. - Rieser). In einem anderen Verfahren hat es der Gerichtshof ebenfalls nicht bei der Feststellung belassen, dass der einzige Anteilseigner der als Aktiengesellschaft organisierten Poste Italiane der italienische Staat war, sondern maßgeblich darauf abgestellt, dass diese Gesellschaft "ferner" der Aufsicht des Staates und des Rechnungshofs unterlag (EuGH - , a.a.O., Rz. 30 f. - Carratù).
Rz. 44
Vorliegend aber sind derartige besondere Weisungs- oder Aufsichtsbefugnisse der Stadt D. gegenüber der Klägerin, die über ihre privatrechtlichen Befugnisse als Alleingesellschafter hinausgehen, nicht festgestellt und nicht ersichtlich; übergangenen Sachvortrag zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
Rz. 45
cc) Da bereits aus diesem Grund eine unmittelbare Richtlinienanwendung gegenüber der Klägerin nicht in Betracht kommt, kann es vorliegend dahingestellt bleiben, ob - was das Berufungsgericht angenommen hat, die Revision hingegen in Abrede stellt - die in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie enthaltenen Transparenzanforderungen überhaupt inhaltlich unbedingt und hinreichend genau im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind (insoweit verneinend: OLG Oldenburg, RdE 2019, 248, 252 f. [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 75/19]; OLG Oldenburg, Urt. v. 9.11.2018 - 6 U 39/18, nicht veröffentlicht [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 385/18]; Keller-Herder/Baumbach, ER 2015, 3, 5 f.; bejahend [jeweils ohne nähere Begründung]: OLG Bremen, EnWZ 2017, 271 Rz. 8, 14; LG Koblenz, RdE 2019, 481, 482; Uffmann, NJW 2015, 1215, 1217 [jedenfalls in der Ausformung der Transparenzanforderungen durch den Gerichtshof]; offengelassen in den Senatsurteilen v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 65, und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 67; v. 9.12.2015 - VIII ZR 208/12, a.a.O., und VIII ZR 236/12, a.a.O., jeweils Rz. 21).
Rz. 46
c) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung besteht zudem keine Veranlassung, den vorliegenden Rechtsstreit "entsprechend dem Vorbild" im Beschluss des OLG [Bremen] vom 19.5.2017 - 2 U 115/16" (EnWZ 2017, 271; nachfolgend EuGH - C-309/17 [durch Klagerücknahme erledigt]) nach Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV dem Gerichtshof im Hinblick darauf vorzulegen, ob die Transparenzanforderungen in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie gegenüber einem privatrechtlich organisierten Versorgungsunternehmen seit dem 1.7.2004 unmittelbar anwendbar sind, weil die genannten Bestimmungen dieser Richtlinie inhaltlich unbedingt und damit ohne weiteren Umsetzungsakt anwendungsfähig sind und dem Bürger Rechte gegenüber einer Organisation einräumen, die trotz ihrer privaten Rechtsform dem Staat untersteht, weil dieser alleiniger Anteilseigner des Unternehmens ist.
Rz. 47
aa) Denn die Frage, gegenüber welchen Organisationen und Einrichtungen die Bestimmungen nicht fristgemäß umgesetzter Richtlinien unmittelbar anzuwenden sind, und bei der es sich der Sache nach um eine Auslegung des Art. 288 AEUV handelt (vgl. EuGH - , a.a.O., Rz. 14 - Foster; C-413/15, a.a.O., Rz. 29 - Farrell II) ist durch die bereits dargestellte (umfangreiche) Rechtsprechung des Gerichtshofs im Sinne eines acte éclairé geklärt und vorliegend lediglich auf den Einzelfall anzuwenden (vgl. hierzu etwa EuGH - , Slg. 2005, I-8151 Rz. 33 - Intermodal Transports; C-160/14, EuZW 2016, 111 Rz. 38 - Ferreira da Silva e Brito; BVerfGE 149, 222 Rz. 143; BGH, Urt. v. 6.4.2016 - VIII ZR 79/15 BGHZ 209, 337 Rz. 48; jeweils m.w.N.).
Rz. 48
Dementsprechend hat auch der Gerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er zwar befugt sei, im Wege der Vorabentscheidung festzustellen, gegenüber welchen Gruppen von Rechtssubjekten die Bestimmungen einer Richtlinie (unmittelbar) geltend gemacht werden können, es aber Sache der nationalen Gerichte sei, darüber zu entscheiden, ob eine Partei in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit zu einer dieser so definierten Gruppen gehöre (EuGH - , a.a.O., Rz. 15 - Foster; , a.a.O., Rz. 24 - Collino; , a.a.O., Rz. 41 - Farrell I; , a.a.O., Rz. 40 - Dominguez; C-425/12, a.a.O., Rz. 31 - Portgás; C-684/16, a.a.O., Rz. 65 - Max-Planck-Gesellschaft; s. auch BAGE 105, 32, 57).
Rz. 49
bb) Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung ergibt sich etwas anderes auch nicht aus dem oben bereits erwähnten Urteil des Gerichtshofs vom 4.12.1997 (EuGH - C-253/96 bis C-258/96, a.a.O., - Kampelmann). Zwar lag diesem Urteil ein Vorabentscheidungsersuchen in Bezug auf (arbeitsrechtliche) Rechtsstreitigkeiten zugrunde, in denen als beklagte Arbeitgeber u.a. zwei in der Rechtsform einer GmbH organisierte deutsche Stadtwerke beteiligt waren. Anders als die Revisionserwiderung offenbar meint, hat der Gerichtshof jedoch weder bei der Beantwortung der von ihr in den Blick genommenen zweiten Vorlagefrage (s. hierzu EuGH - C-253/96 bis C-258/96, a.a.O., Rz. 36, 46 f. - Kampelmann) noch sonst in diesem Urteil entschieden, dass es sich bei den genannten Stadtwerken - allein aufgrund einer (nicht näher festgestellten) Beteiligung der öffentlichen Hand - um eine staatsnahe Organisation im Sinne der oben (unter II 2a und b) dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofs handelte. Vielmehr hat der Gerichtshof - seinem vorstehend genannten Grundsatz entsprechend - die Entscheidung, ob nach dieser Rechtsprechung eine Partei in dem anhängigen nationalen Rechtsstreit zu einer der von dem Gerichtshof definierten Gruppen gehört, denen gegenüber sich der Einzelne unmittelbar auf die Bestimmungen nicht fristgemäß oder nur unzulänglich umgesetzter Richtlinien berufen kann, dem nationalen Gericht überlassen.
Rz. 50
cc) Da hiernach vorliegend eine unmittelbare Anwendung der Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie gegenüber der Klägerin nicht in Betracht kommt, weil es sich bei dieser nicht um ein staatliches oder staatsnahes Unternehmen im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs handelt, fehlt es den weiteren von der Revisionserwiderung (unter Bezugnahme auf OLG Bremen, a.a.O.) benannten Vorlagefragen von vornherein an der Entscheidungserheblichkeit, so dass der Senat bereits angesichts der insoweit durch das nationale Recht gezogenen Grenzen nicht zu einer Vorlage an den Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV gehalten ist (vgl. EuGH - C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 Rz. 35 ff. - Gebr. Weber und Putz; BGH vom 6.4.2016 - VIII ZR 71/10 NJW 2016, 3589 Rz. 42; Senatsbeschluss vom 26.4.2016 - VIII ZR 76/13, juris Rz. 6 f.; jeweils m.w.N.).
Rz. 51
dd) Schließlich ist der Senat auch nicht bereits deshalb zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet, weil niedrigere einzelstaatliche Gerichte (AG Lingen, Beschl. v. 21.6.2018 - 4 C 1/18, nicht veröffentlicht; vgl. zu diesem Beschluss auch Senat, Urt. v. 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, a.a.O., Rz. 26; LG Koblenz, RdE 2019, 481 [beim Gerichtshof anhängig unter dem Aktenzeichen C-765/18, s. ABl. C-112/19 vom 25.3.2019]) in Rechtssachen, die der beim Senat anhängigen ähneln und die gleiche Problematik betreffen, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV vorgelegt haben (vgl. EuGH - C-72/14 und C-197/14, juris Rz. 59 f., 63 - van Dijk). Ebenso wenig ist der Senat verpflichtet, die Antwort auf diese Frage abzuwarten und das bei ihm rechtshängige Verfahren (etwa analog § 148 ZPO) auszusetzen (vgl. EuGH - C-72/14 und C-197/14, a.a.O., Rz. 61, 63 - van Dijk; vgl. auch Senat, Urt. v. 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, a.a.O.). Ein solcher Umstand für sich allein hindert ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können - wie den BGH - nicht daran, nach einer den Anforderungen des Gerichtshofs genügenden Prüfung - wie hier - zu dem Ergebnis zu gelangen, dass es sich um einen acte éclairé handelt (vgl. EuGH - C-72/14 und C-197/14, a.a.O., Rz. 59 f., 63 - van Dijk).
Rz. 52
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin auch hinreichend substantiiert zu den tatsächlichen Voraussetzungen des von ihr ausgeübten Preisänderungsrechts, namentlich zu den gestiegenen eigenen Bezugskosten sowie zu fehlenden Einsparungen in anderen Kostenpositionen, vorgetragen.
Rz. 53
a) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Preiserhöhungen auf Steigerungen der eigenen (Bezugs-)Kosten beruhen und ihnen keine Einsparungen in anderen Kostenpositionen gegenüberstehen, der Klägerin als derjenigen auferlegt, die sich auf das insoweit bestehende Recht zur Preisanpassung beruft (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 6.4.2016 - VIII ZR 71/10, a.a.O., Rz. 28 m.w.N.).
Rz. 54
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch den diesbezüglichen Sachvortrag der Klägerin als nicht hinreichend substantiiert erachtet.
Rz. 55
aa) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei ggf. die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 29.2.2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rz. 16; v. 19.10.2017 - - III ZR 565/16, NJW-RR 2017, 1520 Rz. 33; Beschlüsse v. 11.5.2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rz. 11; v. 25.10.2011 - VIII ZR 125/11 NJW 2012, 382 Rz. 14; v. 25.4.2017 - VIII ZR 217/16 ZfBR 2017, 571 Rz. 25 f.; vom 10.4.2018 - VIII ZR 223/17, NJW-RR 2018, 647 Rz. 14; jeweils m.w.N.).
Rz. 56
bb) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin zu den Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Preisänderungsrechts gerecht. Die Klägerin hat, wie die Revision mit Recht rügt, bereits in der Anspruchsbegründung (§ 697 Abs. 1 ZPO) - unter Beweisantritt - behauptet, lediglich die Steigerungen ihrer eigenen Bezugskosten - nicht in vollem Umfang - an ihre Grundversorgungskunden weitergegeben zu haben; Kosteneinsparungen der Gasvertriebssparte, welche die Preiserhöhungen nach der Rechtsprechung des BGH unbillig machen würden, habe es nicht gegeben. Zur Substantiierung ihres Vorbringens hat die Klägerin zum einen eine Übersicht, in der die Entwicklung der Gasbezugspreise und der Gasverkaufspreise für den streitbefangenen Zeitraum gegenübergestellt werden, und zum anderen eine Aufstellung der jährlichen Gasvertriebskosten in diesem Zeitraum, aufgeschlüsselt nach Bezugskosten, Netzentgelten, Konzessionsabgaben sowie anderen Kosten, vorgelegt. Das Berufungsgericht begründet insoweit nicht näher, warum es diese Unterlagen, namentlich die Gegenüberstellung der Entwicklung von Bezugs- und Verkaufspreisen, als "nicht aussagekräftig" erachtet. Soweit es darauf hinweist, dass die Aufstellung der jährlichen Gasvertriebskosten lediglich Angaben zu den Gesamtkosten ohne Bezug auf die diesen zugrunde liegenden Mengen enthalte, ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin hiermit entsprechend ihrer oben erwähnten ausdrücklichen Erklärung darlegen wollte, dass es in diesem Zeitraum keine Kosteneinsparungen der Gasvertriebssparte gegeben habe, welche die vorgenommenen Preisänderungen unbillig erscheinen ließen.
Rz. 57
Überdies hat das Berufungsgericht nicht ausreichend in den Blick genommen, dass die Klägerin sich zur Substantiierung ihres Vorbringens mehrfach ausdrücklich auf einen weiteren beim Berufungsgericht geführten und zwischenzeitlich - durch Senatsbeschluss vom 26.4.2016 (VIII ZR 76/13, a.a.O.) - rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreit (LG Oldenburg - 9 S 574/06) bezogen hat, der (u.a.) die identischen Preisänderungen der Klägerin zum 1.10.2005 sowie zum 1.1.2016 (im Verhältnis zu anderen Grundversorgungskunden) zum Gegenstand hatte und der vom Berufungsgericht selbst wiederholt als "Musterverfahren" bezeichnet worden ist. In diesem Verfahren, mit Blick auf welches vorliegend (wie offenbar auch in zahlreichen weiteren Rechtsstreitigkeiten der Vorinstanzen) zunächst einvernehmlich das Ruhen des Verfahrens herbeigeführt worden war, hat dieselbe Kammer des Berufungsgerichts die auch vorliegend im Streit befindlichen Preisänderungen der Klägerin nicht nur als schlüssig dargelegt, sondern sogar - seinerzeit freilich noch unter dem Blickwinkel des § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV i.V.m. § 315 BGB - als billig angesehen (s. LG Oldenburg, Urt. v. 14.2.2013 - 9 S 574/06, BeckRS 2013, 13817 unter II), was nachfolgend vom Senat - auf der Grundlage der zwischenzeitlich geänderten Senatsrechtsprechung (s. BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 33 ff. und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 35 ff.) nunmehr als tatrichterliche Erwägung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung - im Ergebnis nicht beanstandet worden ist (s. Senat, Beschl. v. 15.12.2015 - VIII ZR 76/13, a.a.O., Rz. 9 ff.).
Rz. 58
Auch wenn die Beurteilung in diesem, andere Grundversorgungskunden betreffenden Verfahren keine unmittelbare Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit entfaltet, ist der Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich auf ihren dortigen Vortrag und auch die durch Sachverständigengutachten gewonnenen Erkenntnisse beruft, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht erst im Rahmen der Beweisführung, sondern auch bereits bei der Frage des schlüssigen Sachvortrags zu berücksichtigen.
Rz. 59
cc) Soweit das Berufungsgericht die aus seiner Sicht fehlende Schlüssigkeit indes damit begründet, das "sonstige Kostengefüge" finde im gesamten Vortrag der Klägerin keine Erwähnung und deren Behauptung, sie habe lediglich die gestiegenen Bezugskosten weitergegeben, sei wegen erheblicher Gewinnsteigerungen in den betreffenden Jahren "nicht plausibel", beruht dies auf einem grundlegenden Fehlverständnis der einschlägigen Senatsrechtsprechung.
Rz. 60
Denn soweit der Senat aufgrund der gebotenen und an dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Willen der Vertragsparteien auszurichtenden ergänzenden Auslegung (§§ 133, 157 BGB) eines auf unbestimmte Dauer angelegten Energielieferungsvertrags angenommen hat, dass der Grundversorger nur insoweit berechtigt ist, Steigerungen seiner (Bezugs-)Kosten während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben, als diese nicht "durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden" (BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 71 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 73; v. 6.4.2016 - VIII ZR 71/10, a.a.O., Rz. 15 v. 9.11.2016 - VIII ZR 246/15 NJW-RR 2017, 432 Rz. 20; v. 19.12.2018 - VIII ZR 336/18, a.a.O., Rz. 20) bzw. "ihnen keine Einsparungen in anderen Kostenpositionen gegenüberstehen" (BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 95 f. und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 97 f.; vom 6.4.2016 - VIII ZR 71/10, a.a.O., Rz. 28), sind damit (selbstverständlich) allein die Einsparungen in der einschlägigen Energievertriebssparte, hier - wie von der Klägerin zutreffend in den Blick genommen - der Gasvertriebssparte, bezeichnet.
Rz. 61
Demgegenüber kann es für die Berechtigung einer Preisänderung auch unter dem Blickwinkel der ergänzenden Vertragsauslegung - wie der Senat zuvor bereits im Zusammenhang mit der Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB hervorgehoben hat (BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 BGHZ 178, 362 Rz. 40) - nicht darauf ankommen, ob ein Grundversorger die Steigerung seiner Energiebezugskosten durch zurückgehende Kosten in anderen Unternehmensbereichen hätte auffangen können. Die Frage, wie ein Unternehmen seine in dem einen Geschäftsbereich erzielten Gewinne verwendet, ist eine Entscheidung, die im Ermessen des Unternehmers liegt und der für die Berechtigung einer Preiserhöhung in einem anderen Geschäftsbereich keine Bedeutung zukommt. Der Abnehmer von Gas hat insb. keinen Anspruch darauf, dass ein regionaler Versorger - wie die Klägerin - Kostensenkungen etwa bei der Strom-, Wasser- oder Fernwärmeversorgung gerade zur Entlastung der Gaskunden verwendet, was auch zur Folge hätte, dass dieses Potential zugunsten der Kunden der betroffenen Unternehmenssparten nicht mehr zur Verfügung stünde (BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07, a.a.O.).
Rz. 62
Auch die Klägerin ist vorliegend nicht zur Quersubventionierung ihrer Gassparte verpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07, a.a.O.). Dementsprechend ist es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für einen schlüssigen Sachvortrag vorliegend nicht erforderlich, dass die Klägerin über die Gasvertriebssparte hinaus Angaben zu ihrem "sonstigen Kostengefüge" macht oder gar "plausibel" erläutert, weshalb das von ihr betriebene Energieversorgungsunternehmen trotz gestiegener Gasbezugspreise in den streitbefangenen Jahren einen gestiegenen Gewinn auszuweisen vermochte.
III.
Rz. 63
Nach alledem kann das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zur Wirksamkeit der von der Klägerin vorgenommenen Preisänderungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO); dabei macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Rz. 64
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass es entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - wie auch die Revision mit Recht rügt - keineswegs an entsprechenden Beweisangeboten der Klägerin zum Vorliegen der von ihr behaupteten tatsächlichen Voraussetzungen des Preisänderungsrechts fehlt. Vielmehr hat die Klägerin zum Vorliegen der von ihr behaupteten tatsächlichen Voraussetzungen des Preisänderungsrechts sowohl Zeugen- als auch Sachverständigenbeweis angeboten und überdies die Verwertung des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens - zu den von der Klägerin gegenüber ihren Grundversorgungskunden im auch hier im Streit befindlichen Zeitraum vorgenommenen Preiserhöhungen - aus dem vom Berufungsgericht selbst als "Musterverfahren" bezeichneten Rechtsstreit beantragt (vgl. § 411a ZPO; s. hierzu etwa BGH, Urt. v. 21.11.2012 - VIII ZR 46/12 NJW 2013, 775 Rz. 25; v. 6.11.2013 - VIII ZR 346/12 NJW 2014, 292 Rz. 22). Dabei hat der Tatrichter die Beurteilung, ob die Preiserhöhungen des Energieversorgungsunternehmens dessen (Bezugs-)Kostensteigerungen hinreichend abbilden, auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Schätzungsmöglichkeit nach § 287 Abs. 2 i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorzunehmen (s. hierzu bereits ausführlich BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 89 ff. und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 91 ff.).
Rz. 65
Weiterhin hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt indes folgerichtig - bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob die im Streit befindlichen Preiserhöhungen zuvor jeweils öffentlichen bekannt gegeben worden sind. Dies wird ggf. nachzuholen sein, da dies nach der Senatsrechtsprechung Voraussetzung einer auf die ergänzende Auslegung des Gaslieferungsvertrags gestützten Preisänderung ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.10.2015 - VIII ZR 158/11, a.a.O., Rz. 83 und VIII ZR 13/12, a.a.O., Rz. 85; vom 6.4.2016 - VIII ZR 71/10, a.a.O., Rz. 15 Senat, Beschl. v. 15.12.2015 - VIII ZR 162/11, juris Rz. 13).
Fundstellen
Haufe-Index 13725457 |
BGHZ 2020, 302 |