Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, seit Oktober 1996 Konkursverwalter über das Vermögen der R. GmbH, verlangt von der Beklagten aus abgetretenem Recht der französischen Firma R. S., S.A. (im folgenden: R. S.), die Zahlung von 1.000.000 DM.
Die Beklagte kaufte am 30. März 1996 gemäß öffentlicher Urkunde des Schweizer Notars Dr. B. sämtliche Geschäftsanteile an der späteren Gemeinschuldnerin, an deren Stammkapital bis zu diesem Zeitpunkt die Verkäufer, die R. S., mit vier Geschäftsanteilen von insgesamt 1.199.000 DM und M. R. mit einem Geschäftsanteil von 1.000 DM beteiligt waren.
Das Vertragswerk enthält unter anderem folgende Regelungen:
„Einleitung
…
Die Erwerberin beabsichtigt, sämtliche Geschäftsanteile der Gesellschaft zu übernehmen und das Unternehmen fortzuführen, und zwar gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen und zugleich unter vollständiger Entlastung der R. S., die, um dieses Ziel zu ermöglichen, den Rücklagen der Gesellschaft einen Betrag von DM 2 Millionen durch R. S. zuzuführen beschlossen und sich verpflichtet hat.
1. |
Verkauf |
… |
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1.3 |
Angesichts der einleitend erwähnten wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft wird als symbolischer Kaufpreis ein Betrag von DM 1 vereinbart. Der Kaufpreis ist fällig. |
… |
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3. |
Gewährleistung und Haftung, Garantie |
3.1 |
Angesichts des nur symbolischen Kaufpreises von DM 1 und angesichts der unbeschränkten Offenlegung aller Unterlagen der Gesellschaft übernehmen die Verkäufer keine Gewährleistung für Lage und Beschaffenheit der Gesellschaft und/oder der wirtschaftlichen, der kaufmännischen, der steuerlichen, der vertraglichen, der rechtlichen (unbeschadet Art. 2 Abs. 1) oder der tatsächlichen Grundlagen oder Einzelheiten. Die Verkäufer erklären, daß ihres Wissens die Buchhaltung der Gesellschaft ordnungsgemäß durchgeführt ist. Änderungen oder Korrekturen in der Vermögenslage der Gesellschaft, sei es auf der Passivseite, sei es auf der Aktivseite, gleich welcher Größenordnung, die sich nach Vertragsabschluß herausstellen könnten, sind in jeder Hinsicht unbeachtlich, und zwar auch dann, wenn die Ursachen aus der Zeit vor Vertragsschluß herrühren. |
3.2 |
Als Gegenleistung für und zur endgültigen und abschließenden Erledigung eventueller Risiken, die mit diesem Haftungsausschluß verbunden sein könnten, zahlt R. S. einen einmaligen Betrag von pauschal DM 1.000.000 an die Erwerberin. Der Betrag ist fällig innerhalb von 8 Tagen ab Wirksamkeit der Abtretung, spätestens 10.4.1996, zahlbar jedenfalls in Deutschland, auf ein von der Erwerberin zu benennendes Bankkonto. Die Zahlung erfolgt unabhängig von jeder Konkretisierung eines Risikos und zur endgültigen freien Verfügung des Begünstigten. |
… |
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6.1. |
Die Erwerberin versichert, das Unternehmen der Gesellschaft langfristig fortführen zu wollen. |
… |
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10. |
Schlußbestimmungen |
10.1 |
Durch diesen Vertrag werden die von den Parteien erzielten Verhandlungsergebnisse vollständig geregelt: mündliche oder sonstige Nebenabreden hinsichtlich Abtretung und Garantie existieren nicht.” |
Wenige Monate nach Abschluß dieses Vertrages wurde Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen der R. GmbH gestellt, jedoch mit Beschluß des Amtsgerichts Gelnhausen vom 30. September 1996 abgelehnt, da der Vergleichsvorschlag der Vermögenslage der Schuldnerin nicht entsprach; zugleich wurde wegen Überschuldung der Anschlußkonkurs eröffnet.
Auf Aufforderung des zum Konkursverwalter bestellten Klägers bezifferte die Beklagte mit Schreiben vom 19. November 1996 ihre Aufwendungen im Zusammenhang mit der Übernahme der Gemeinschuldnerin auf 1.236.500 DM.
Der Kläger begehrt unter Bezugnahme auf eine Abtretungserklärung der R. S. vom 25. Juni 1997 Rückzahlung der entsprechend Ziffer 3.2 des Vertrages vereinbarungsgemäß an die Beklagte gezahlten 1.000.000 DM.
Der Kläger hat unter Beweisantritt behauptet, dem Anteilsverkauf habe eine verbindliche mündliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und „den für den Anteilsverkauf Verantwortlichen” zugrunde gelegen, wonach der der Beklagten zugeflossene Betrag von 1.000.000 DM „dieser nur unter der ausdrücklichen Auflage einer Verwendung zu Sanierungszwecken oder als Liquiditätsüberbrückung für den Fall der Erforderlichkeit zugunsten der späteren Gemeinschuldnerin” habe verbleiben sollen. Eine entsprechende zweckgebundene Verwendung des Geldes habe die Beklagte jedoch nicht nachweisen können. Der Kläger hat zudem behauptet, die Vertragsparteien seien sich auch nach Abschluß des Vertrages über die Verwendung des genannten Betrages in dem vom Kläger behaupteten Sinn einig gewesen.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
Dem Kläger stünden entgegen seiner Auffassung weder Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung noch aus dem rechtlichen Gesichtspunkt einer positiven Forderungsverletzung oder des Verschuldens bei Vertragsschluß oder aus Delikt noch ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der auf der Grundlage von Ziffer 3.2 an die Beklagte geleisteten 1.000.000 DM zu. Solche Ansprüche könnten nur dann zur Entstehung gelangt sein, wenn für diese Zahlung eine über den Vertragstext hinausgehende Zweckbindung bestanden hätte. Daran fehle es.
Der behaupteten Zweckbindung stehe der Wortlaut des notariellen Vertrages entgegen. In Ziffer 3.2 hätten die Parteien gerade das Gegenteil der behaupteten Zweckbindung vereinbart. Die Feststellung der behaupteten Zweckbindung lasse sich auch nicht im Wege einer Auslegung des Vertrages treffen. Der Wortlaut bestimme sowohl den Empfänger und Begünstigten der Zahlung als auch den Verwendungszweck der Zahlung eindeutig. Für eine erläuternde oder ergänzende Vertragsauslegung sei kein Raum.
Die Erhebung der vom Kläger für die behauptete Verwendungszweckabrede angebotenen Beweise habe unterbleiben müssen, da der Kläger seiner Darlegungslast für eine vom Vertragstext abweichende weitergehende Verwendungszweckabrede nicht genügt habe. Zwar sei die Vermutung der Richtigkeit und der Vollständigkeit einer Vertragsurkunde widerlegbar. Die Widerlegbarkeit werde auch nicht durch die Vollständigkeitsklausel in Ziffer 10.1 des notariellen Vertrages ausgeschlossen. An den Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Urkunde seien aber strenge Anforderungen zu stellen. Danach richte sich das Maß der Darlegungslast hinsichtlich der vom beweisbelasteten Kläger behaupteten mündlichen Nebenabrede.
Es habe daher vom Kläger erwartet werden müssen, daß er im einzelnen darlege, weshalb der Inhalt der Urkunde von dem angeblich mündlich vereinbarten Regelungsgehalt nicht nur abweiche, sondern die Vertragsurkunde in Ziffer 3.2 das ausdrückliche Gegenteil dessen enthalte, was der Kläger als Inhalt der gleichzeitig mit dem notariellen Vertrag angeblich zustande gekommenen mündlichen Nebenabrede behaupte. Denn die Behauptung des Klägers, die Parteien seien sich im Zeitpunkt der notariellen Vereinbarung darüber einig gewesen, daß die auf der Grundlage von Ziffer 3.2 des Vertrages an die Beklagte zu leistende Geldzahlung unter bestimmten Umständen an die Verkäufer bzw. an R. S. habe zurückgezahlt werden müssen, sei das Gegenteil von der in Ziffer 3.2 des Vertrages ausdrücklich geregelten endgültigen freien Verfügbarkeit über dieses Geld.
Der gesamte Vortrag des Klägers in beiden Instanzen enthalte nicht die erforderliche schlüssige Darlegung, weshalb die angebliche mündliche Vereinbarung im Vertragstext keine Entsprechung finde. Nach dem Vortrag des Klägers hätten die Parteien des notariellen Vertrages davon ausgehen müssen, daß die Überschuldung der späteren Gemeinschuldnerin tatsächlich über 3.000.000 DM betragen habe und mit der beschlossenen Zuführung von 2.000.000 DM in die Rücklagen der GmbH durch die R. S. die beabsichtigte Zielsetzung, das überschuldete Unternehmen fortzuführen, nicht gewährleistet gewesen sei. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die Vertragsschließenden hinsichtlich der über 2.000.000 DM hinausgehenden Verschuldung eine Regelung hätten vereinbaren sollen, die der Beklagten die auf der Grundlage von Ziffer 3.2 gezahlte 1.000.000 DM nicht endgültig belassen hätte.
Auch soweit der Kläger unter Beweisantritt behauptet habe, der frühere Geschäftsführer der Beklagten habe bei einer Besprechung am 4. November 1996 geäußert, im Prinzip sehe er ein, daß der von der strittigen 1.000.000 DM noch vorhandene Restbetrag dem Konkursverwalter zustehe, begründe eine solche Äußerung keinen Umstand, der unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs den Eintritt in die Beweisaufnahme erlaubt hätte.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings entgegen der Rüge der Revision die Auslegung von Ziffer 3.2 des notariellen Vertrages durch das Berufungsgericht dahin, daß die Beklagte Empfängerin und Begünstigte der Zahlung in Höhe von 1.000.000 DM sei, daß diese Zahlung die Gegenleistung für die von der Beklagten vor allem wegen des weitgehenden Haftungsausschlusses übernommenen Risiken des Übernehmenskaufs darstelle und daß ein Verwendungszweck mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt nach dem Wortlaut der Bestimmung ausgeschlossen sei.
Die Auslegung einer Individualvereinbarung ist in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten und vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar. Sie bindet das Revisionsgericht nur dann nicht, wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Auslegungsregeln und der aus ihnen entwickelten allgemeinen Auslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt und den unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt hat (Senat, Urteil vom 21. Oktober 1992 - VIII ZR 99/91, NJW-RR 1993, 562 = WM 1993, 114 unter II 1 a = BGHR ZPO § 550, Vertragsauslegung 4 m.w.Nachw.). Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Die Auslegung durch das Berufungsgericht entspricht dem Wortlaut in Ziffer 3.2 des notariellen Vertrages, wonach „die Zahlung erfolgt unabhängig von jeder Konkretisierung eines Risikos und zur endgültigen freien Verfügung des Begünstigten”.
2. Ohne Rechtsirrtum nimmt das Berufungsgericht auch an, daß der so ausgelegte Vertrag hinsichtlich des Verwendungszwecks die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat, daß diese Vermutung aber widerlegbar ist, die Widerlegbarkeit auch nicht durch die Vollständigkeitsklausel in Ziffer 10.1 des notariellen Vertrages ausgeschlossen ist und die Darlegungs- und Beweislast für eine abweichende mündliche Nebenabrede denjenigen trifft, der diese behauptet (vgl. Senat, Urteil vom 19. März 1980 - VIII ZR 183/79, NJW 1980, 1680 unter I 2).
3. Zu Recht rügt aber die Revision, daß das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten Vorbringen, dem Anteilsverkauf habe die verbindliche mündliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und den für den Anteilsverkauf Verantwortlichen zugrunde gelegen, wonach die der Beklagten zugeflossene 1.000.000 DM dieser nur unter der ausdrücklichen Auflage einer Verwendung zu Sanierungszwecken oder als Liquiditätsüberbrückung für den Fall der Erforderlichkeit zugunsten der späteren Gemeinschuldnerin habe verbleiben sollen, nicht nachgegangen ist, weil der Kläger seiner Darlegungslast für eine vom Vertragstext abweichende weitergehende Verwendungszweckabrede nicht genügt habe. Das Berufungsgericht hat damit die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrages überspannt und das Gebot verletzt, alle erheblichen Beweismittel zu erschöpfen (§ 286 ZPO).
a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muß nur in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruches vorliegen. Die Ablehnung eines Beweises für eine beweiserhebliche Tatsache ist nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, daß ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam „ins Blaue” aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmißbrauch darstellen. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen können (Senat, Urteil vom 8. November 1995 - VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394 = WM 1996, 321 unter III = BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Prozeßvortrag 1; BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707 = WM 1991, 1737 unter II 4 b aa). In welchem Maße eine Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen substantiieren muß, hängt vom Einzelfall ab. Zu berücksichtigen ist insbesondere auch, ob sich Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrages sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben (BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 - III ZR 87/88, BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Darlegungslast 1; vgl. auch Senat, Urteil vom 29. April 1970 - VIII ZR 120/68, LM Nr. 24 zu § 242 BGB B e).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätte das Berufungsgericht den Zeugenbeweis erheben müssen, den der Kläger dafür angetreten hatte, daß dem Anteilskauf die behauptete verbindliche mündliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und den für den Anteilskauf Verantwortlichen zugrunde gelegen habe. Waren sich die Vertragspartner bei Vertragsschluß – nach dem Vorbringen des Klägers zunächst auch noch danach – darüber einig, daß der Beklagten die ihr zugeflossene 1.000.000 DM nur unter der ausdrücklichen Auflage einer Verwendung zu Sanierungszwecken oder als Liquiditätsüberbrückung für den Fall der Erforderlichkeit zugunsten der späteren Gemeinschuldnerin verbleiben sollte, könnten dem Kläger gegenüber der Beklagten – wie auch das Berufungsgericht richtig erkannt hat – Schadensersatzansprüche oder ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch zustehen, soweit die Beklagte die Gelder nicht zweckgebunden verwandt hat.
c) Für die Frage der Darlegungslast, um die es im vorliegenden Fall allein geht, ist es schließlich ohne Bedeutung, wie wahrscheinlich die Darstellung des Klägers ist. Ob gegen den Sachvortrag des Klägers eine Vermutung oder ein durch die allgemeine Erfahrung begründeter Anschein sprechen, kann sich zwar auf die Beweisführung und auf die Beweiswürdigung auswirken. Erhöhte inhaltliche Anforderungen an die Darlegungslast lassen sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts damit aber nicht begründen. Nicht einmal der Vortrag eines unüblichen oder ungewöhnlichen Sachverhalts vermag solche erhöhten Anforderungen zu begründen (BGH, Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, NJW 1984, 2888 unter II 1 a). Im übrigen liegt es nicht fern, daß die Firma R. S. der Beklagten über die als Rücklage zugeführten 2.000.000 DM hinaus weitere 1.000.000 DM auch zum Zwecke der Sanierung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin zukommen lassen wollte im Hinblick darauf, daß diese zur Zeit des Erwerbs der Anteile durch die Beklagte einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von über 3.000.000 DM aufwies und daß eine Fortführung der Gesellschaft gewährleistet werden sollte (vgl. Ziffer 6.1 des Vertrages).
d) Dementsprechend wirkt sich auch der Grundsatz, daß an den Beweis der Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der Urkunde strenge Anforderungen zu stellen sind, nicht auf die hier dargestellte Behauptungslast aus. Mit der Frage hinreichender Substantiierung hat dies nichts zu tun, da es dem Tatrichter unbenommen bleibt, bei der Beweisaufnahme die Zeugen nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundung erforderlich erscheinen, insbesondere nach Veranlassung, Ort, Zeit und Umständen der behaupteten Abrede (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1984 aaO unter II 1 b). Der Tatrichter kann die Angabe sämtlicher Einzelheiten nicht schon von der beweispflichtigen Partei verlangen und darf die Beweiserhebung hiervon nicht abhängig machen (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 16. Mai 1962 - VIII ZR 79/61, NJW 1962, 1394 unter II 2). Die vom Berufungsgericht geforderten zusätzlichen Erläuterungen werden erst bei der Anhörung der Zeugen und der Würdigung ihrer Aussagen bedeutsam und gehören nicht zur Darlegungslast.
4. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Bei der Feststellung der vom Kläger behaupteten Vereinbarung wird das Berufungsgericht zudem zu berücksichtigen haben, daß die in das Wissen des Zeugen Sp. gestellten Äußerungen des früheren Geschäftsführers der Beklagten bei der Besprechung vom 4. November 1996 Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der an der behaupteten Vereinbarung Beteiligten zulassen können. Vorsorglich sei angemerkt, daß die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel an der Aktivlegitimation des Klägers, weil dieser eine Abtretung des M. R. weder vorgelegt noch behauptet habe, nicht durchgreifen dürften; denn R. S. war allein Schuldnerin der Forderung nach Ziffer 3.2 des Vertrages und sie hat auch allein die Zahlung des dort genannten Betrages bewirkt.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers, Dr. Wolst
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.09.1999 durch Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541353 |
DStR 2000, 601 |
NJW-RR 2000, 273 |
EWiR 2000, 487 |
NZI 2000, 73 |
NZI 2001, 24 |
ZInsO 2000, 238 |