Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrügerisch erwirktes Unterhaltsurteil
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Herabsetzung des Unterhalts nach § 1579 BGB kann gegenüber fälligen Ansprüchen mittels Vollstreckungsgegenklage für die Zeit ab Rechtshängigkeit mittels Abänderungsklage geltend gemacht werden.
2. Mit der Geltendmachung eines vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorliegenden in einem betrügerischen Verschweigen durch die Gegenpartei liegenden Herabsetzungsgrundes ist der Abänderungskläger nicht durch § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert, wenn das Verschweigen nach diesem Zeitpunkt andauerte und fortwirkte.
Normenkette
BGB §§ 1575, 1579 Nrn. 2, 4; ZPO § 323 Abs. 2, § 767
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 26. April 1989 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Aus ihrer im Jahre 1961 geschlossenen Ehe sind der Sohn M. (geboren am 11. September 1967) und die Tochter A. (geboren am 13. Oktober 1969), die frühere, am Revisionsverfahren nicht mehr beteiligte Beklagte zu 2., hervorgegangen. Bei der Scheidung der Ehe, die durch rechtskräftiges Urteil vom 29. September 1981 erfolgte, wurde die elterliche Sorge für die Kinder der Beklagten übertragen. Ferner schlossen die Ehegatten einen Scheidungsfolgenvergleich, in dem sie sich für eine Übergangszeit vom 1. Oktober 1981 bis 31. Dezember 1982 über den nachehelichen Unterhalt der Beklagten und den Unterhalt der Kinder einigten.
Für die Zeit ab Januar 1983 sprach das Familiengericht der Beklagten mit Urteil vom 16. Juli 1986 einen auf § 1575 BGB gestützten Anspruch auf Ausbildungsunterhalt zu. Die Beklagte, die gelernte Heizungstechnikerin ist, hatte diesen Beruf bis 1960 ausgeübt, hatte anschließend bis 1967 als technische Zeichnerin gearbeitet und war dann während der Ehe nicht mehr erwerbstätig gewesen. Bereits vor der Scheidung hatte sie im Jahre 1980 an der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) in H. das Studium der Volkswirtschaft begonnen, das sie im Sommer 1984 mit dem Grad einer Diplom-Volkswirtin abschloß. Da ihre Anstellungsaussichten in diesem Beruf gering waren, nahm sie anschließend an derselben Hochschule das Zusatzstudium der Sozialökonomie auf, das im Herbst 1986 abgeschlossen sein sollte. Das Familiengericht verurteilte den Kläger, – neben dem Unterhalt an die beiden Kinder – an die Beklagte rückständigen Elementarunterhalt von 8.563 DM und rückständigen Vorsorgeunterhalt von 11.781 DM sowie ab 1. Dezember 1985 als Elementarunterhalt monatlich 1.841 DM und als Vorsorgeunterhalt monatlich 558 DM zu zahlen. Bei der Unterhaltsbemessung stellte das Gericht allein auf das Einkommen des Klägers als Universitätsprofessor ab. Es ging nach Abzug eines jährlichen Werbungskostenbetrages von 5.000 DM für das Jahr 1985 von einem bereinigten monatlichen Nettoeinkommen von 5.594 DM aus und gelangte nach Abzug des Unterhalts für die Tochter von 685 DM und von Aufwendungen für die Krankenversicherung der Beklagten in Höhe von monatlich 55 DM zu einem vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von (3/7 × 4.854,81 =) 2.080,63 DM, aus dem es unter Heranziehung der sog. Bremer Tabelle die angeführten Beträge für Elementar- und Vorsorgeunterhalt errechnete.
Mit seiner Klage erstrebt der Kläger die Abänderung dieses Urteils. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil vom 16. Juli 1986, soweit es die Beklagte betrifft, dahin abgeändert, daß der Kläger ihr ab 15. Mai 1987 nur noch eine monatliche Unterhaltsrente von 1.100 DM zu zahlen hat. Hiergegen hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe
1. Das Berufungsgericht hat eine nachträgliche Veränderung der für die frühere Verurteilung maßgebenden Verhältnisse angenommen und den Anspruch der Beklagten auf Elementarunterhalt auf das Maß des notwendigen Unterhalts herabgesetzt.
Es hat ausgeführt, die Beklagte habe ihr Zusatzstudium im Februar 1986 ohne Examen abgebrochen, aber darüber weder das Familiengericht im Vorprozeß noch danach auf mehrere Anfragen hin den Kläger informiert. Dabei sei sie sich bewußt gewesen, daß die Beendigung der Ausbildung ihren Unterhaltsanspruch beeinflusse. Es sei ihr klar gewesen, daß ihr kein Ausbildungsunterhalt mehr zugestanden habe. Ihr Verhalten erfülle die Voraussetzungen eines (versuchten) Prozeßbetruges. Es stelle ein schweres vorsätzliches Vergehen gegen den Verpflichteten nach § 1579 Nr. 2 BGB dar und falle auch unter § 1579 Nr. 4 BGB. Die Beklagte habe sich dadurch, daß sie in dem Vorprozeß die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses verschwiegen habe, obwohl sie zur Offenbarung verpflichtet gewesen sei, über schwerwiegende Vermögensinteressen des Klägers hinweggesetzt, der bei wahrheitsgemäßem Vortrag eine Abweisung der Klage oder eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs habe erreichen können. Außerdem habe die Beklagte den ihr zuerkannten Vorsorgeunterhalt nicht bestimmungsgemäß, sondern für ihren laufenden Bedarf verwendet. Darin liege ebenfalls eine Gefährdung der Vermögensinteressen des Klägers. Unter Berücksichtigung dieser Härtegründe hat es das Berufungsgericht nach § 1579 BGB für grob unbillig erachtet, wenn der Kläger weiter in voller Höhe Elementarunterhalt zahlen müßte, und unter näherer Billigkeitsabwägung den Unterhaltsanspruch, wie angegeben, herabgesetzt.
Diese Beurteilung hält der Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Allerdings bestehen gegen die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs im Wege des Abänderungsverfahrens an sich keine Bedenken. Wie der Senat entschieden hat, können Umstände, die gegenüber fälligen Unterhaltsansprüchen eine Einwendung im Sinne von § 767 ZPO begründen, für Zeiträume ab Rechtshängigkeit (auch) eine Abänderung gemäß § 323 ZPO begründen (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 1988 – IVb ZR 97/87 – BGHR ZPO § 323 Abs. 1, Abänderungsgrund 1 = FamRZ 1989, 159, 160). Daß es hier um eine Herabsetzung des Anspruchs nach § 1579 BGB geht, erfordert keine abweichende Behandlung, zumal auch in einem solchen Falle bei der für die Zukunft zu treffenden Entscheidung der Einfluß der stets wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Unterhaltspflicht zu berücksichtigen ist. Deshalb ist es dem Kläger nicht verwehrt, eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB mit den gesetzlichen Einschränkungen nach § 323 Abs. 2 und 3 ZPO durch Abänderungsklage geltend zu machen.
b) Die Revision rügt die Verletzung der Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO und macht geltend, da die Beklagte nach Annahme des Berufungsgerichts ihre Ausbildung im Februar 1986 abgebrochen habe und ihr letztes Vorbringen zum Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB im Schriftsatz vom 23. April 1986 enthalten sei, liege der angenommene Prozeßbetrug jedenfalls vor der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses am 3. Juli 1986. Damit habe der angebliche Prozeßbetrug nach § 323 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu Lasten der Beklagten berücksichtigt werden dürfen. Er könne allenfalls mit einer Restitutionsklage nach § 580 Nr. 4 ZPO geltend gemacht werden.
Die Rüge hat keinen Erfolg. Zwar kann die Abänderungsklage auf Gründe, die vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß bereits vorhanden waren, auch dann nicht gestützt werden, wenn sie dort nicht vorgetragen worden und deshalb noch nicht Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung gewesen sind (Senatsurteil BGHZ 98, 353, 358 f.). Das steht der Berücksichtigung des der Beklagten angelasteten Verhaltens jedoch nicht entgegen. Denn dieses Verhalten fand mit der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses nicht sein Ende; vielmehr dauerte und wirkte es weiter fort, und zwar sowohl bis zur Verkündung des Urteils vom 16. Juli 1986, durch das sich der Erfolg des betrügerischen Verhaltens verfestigte, als auch danach, als die Beklagte dem Kläger trotz weiterbestehender Offenbarungspflicht die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses verschwieg. Unter diesen Umständen konnte das Berufungsgericht die Geltendmachung des betrügerischen Verhaltens ohne Rechtsirrtum als Vorbringen ansehen, das durch § 323 Abs. 2 ZPO nicht präkludiert ist (vgl. zur gleichliegenden Frage einer Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO Senatsurteil vom 12. Oktober 1983 – IVb ZR 357/81 – FamRZ 1984, 32 sowie auch Senatsurteil vom 3. Februar 1982 – IVb ZR 601/80 – NJW 1982, 1284, 1285 und BGHZ 49, 45, 49 f.).
c) Die Revision macht ferner geltend, die Feststellungen zu den Voraussetzungen des Prozeßbetruges seien teilweise durch den Prozeßstoff nicht gedeckt oder beruhten auf unzulänglicher Sachaufklärung.
Soweit sie sich hierbei gegen die Feststellung wendet, die Beklagte habe ihr Ergänzungsstudium der Sozialökonomie „im Februar 1986” abgebrochen, läßt sie außer acht, daß diese Feststellung auf dem durch den Urteilstatbestand beurkundeten unstreitigen Parteivorbringen beruht. Der dadurch erbrachte Beweis wird durch das Protokoll über die erstinstanzliche Verhandlung vom 11. Juni 1987 nicht entkräftet. Vielmehr enthält die Niederschrift an anderer als der von der Revision bezeichneten Stelle die ausdrückliche Erklärung der Beklagten, daß sie „im Februar 1986 … (ihr) Studium an der HWP abgeschlossen” habe. Dieses Vorbringen hat die Beklagte im weiteren Verlauf der Verhandlung nicht widerrufen oder entscheidend abgeändert, insbesondere auch nicht durch die von der Revision angeführten Angaben:
„Nach dem Ende der Vorlesungen im Wintersemester 85/86 (Februar 86) hätte für mich die Prüfungszeit beginnen können, und die beginnt mit einer Diplomarbeit, das Thema hätte ich mir im Mai holen können. Im Mai (Beginn des nächsten Semesters) holt man sich herkömmlich die Diplomarbeit, das Thema. Das habe ich nicht getan”.
Die Frage, ob die Beklagte das Studium aus gesundheitlichen Gründen nicht zu Ende geführt hat, ist für die rechtliche Beurteilung des Verhaltens als Prozeßbetrug nicht wesentlich. Auch wenn die Beklagte sich dem Examen aus gesundheitlichen Gründen nicht unterzogen hat, hätte sie den Abbruch des Studiums nicht verschweigen dürfen. Demgemäß kommt es nicht mehr darauf an, ob es einen Verfahrensfehler darstellt, daß das Berufungsgericht das vom 27. August 1987 datierte ärztliche Attest als „wenig aussagekräftig” und nicht hinreichend zuverlässig gewürdigt, und den Beweisantrag der Beklagten im Schriftsatz vom 19. Dezember 1988 auf Vernehmung des Arztes als Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht berücksichtigt hat.
Die weitere Rüge, daß das Berufungsgericht die Beklagte nicht ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen habe, ihr Verhalten als Prozeßbetrug zu werten, greift nicht durch. Da der Kläger wiederholt, insbesondere auch in der Berufungsbegründung, geltend gemacht hat, daß die Beklagte ihr Zusatzstudium im Februar 1986 abgebrochen, aber darüber weder das Familiengericht noch trotz mehrfacher Anfrage ihn, den Kläger, unterrichtet habe, und damit den Betrugsvorwurf hinreichend klar zum Ausdruck gebracht hat, bestand für das Berufungsgericht kein Anlaß zu dem von der Revision vermißten Hinweis. Im übrigen weist die Revisionserwiderung zutreffend darauf hin, daß die Revision nicht darlegt, was die Beklagte auf einen derartigen Hinweis vorgetragen hätte.
Auch sonst begegnet es keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht das betrügerische Verhalten der Beklagten als Verstoß gegen § 1579 Nr. 2 und 4 BGB angesehen hat. Dieses hat die Möglichkeiten des Klägers, sich erfolgreich gegen den Unterhaltsanspruch zur Wehr zu setzen, erheblich beeinträchtigt. Die betrügerische Erwirkung des Urteils vom 16. Juli 1986 hatte insbesondere zur Folge, daß bei der gerichtlichen Auseinandersetzung um den Unterhaltsanspruch der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast von ihr auf den Kläger überging. Darin ist eine Verletzung der Vermögensinteressen zu sehen, die geeignet war, den Kläger empfindlich zu schädigen.
d) Gleichwohl unterliegt die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs bis zur Grenze des notwendigen Unterhalts im Ergebnis durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil sie auch darauf gestützt wird, daß die Beklagte den ihr zugesprochenen Vorsorgeunterhalt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe. Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
Sie rügt, die Feststellung, die Beklagte habe den ihr zuerkannten Vorsorgeunterhalt nicht bestimmungsgemäß, sondern zweckwidrig für ihren laufenden Bedarf verwendet, sei durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Der Kläger habe eine solche Behauptung nie aufgestellt, die Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe die entsprechende gerichtliche Frage mit Nichtwissen beantwortet. Weitere Erklärungen dazu seien ihr nicht aufgegeben worden, so daß das Berufungsgericht auch ihr Schweigen in den späteren Schriftsätzen nicht in diesem Sinne habe deuten dürfen. Dem Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung vom 7. Juni 1998 sowie der Berufungserwiderung der Beklagten habe das Berufungsgericht entnehmen müssen, daß der Kläger einschließlich der durch Pfändung eingezogenen Beträge nicht einmal den zuerkannten Elementarunterhalt gezahlt habe.
Der Angriff hat Erfolg.
Allerdings kann die Revision nicht mit der Rüge gehört werden, Feststellungen des Berufungsgerichts würden durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Grundlage der Entscheidung des Berufungsgerichts und damit auch der Nachprüfung durch das Revisionsgericht ist nicht der Inhalt der Akten, sondern das im Tatbestand festgehaltene Ergebnis der mündlichen Verhandlung. Deshalb können vor dem Revisionsgericht „aktenwidrige Feststellungen” des Tatrichters nicht gerügt werden (BGH, Urteil vom 5. Februar 1981 – IVa ZR 42/80 – VersR 1981, 621, 622 f.).
Indessen beanstandet die Revision zu Recht die Nichtberücksichtigung des Parteivortrages in der Berufungsbegründung sowie in der Berufungserwiderung, auf den im Tatbestand des Berufungsurteils ergänzend Bezug genommen wird. In der Berufungsbegründung vom 7. Juni 1988 hat der Kläger selbst vorgetragen, daß die Beklagte den im Vorprozeß ausgeurteilten Unterhaltsbetrag „nur im geringen Umfang” beitreiben könne; sie müsse sich fragen lassen, ob sie nicht nebenher berufstätig sei. Der Kläger hat dem Schriftsatz eine Aufstellung beigefügt, wonach er in der Zeit von Januar bis Dezember 1987 durch Überweisungen und auf Grund von Pfändungen insgesamt 21.952,61 DM (nicht 23.078,07 DM, wie die Addition des Klägers rechnerisch unzutreffend ergibt) Unterhalt an die Beklagte entrichtet hat. Das ist weniger, als der Beklagten für diesen Zeitraum allein an Elementarunterhalt (12 × 1.841 = 22.092 DM) zustand. In der Berufungserwiderung vom 14. Juli 1988 ist die Beklagte jenem Vorbringen über die Unterhaltszahlungen nicht entgegengetreten, sondern hat ihrerseits vorgebracht, sie lebe „weiterhin” nur von den Unterhaltszahlungen des Klägers, die „derzeit” mit rund 1.600 DM monatlich durch Pfändung eingezogen würden. Auch diese Unterhaltszahlungen erreichten nicht den laufenden Elementarunterhalt, der der Beklagten zustand.
Danach war es unstreitig, daß die Unterhaltszahlungen des Klägers in der genannten Zeit nicht einmal den Elementarunterhalt der Beklagten zu decken vermochten. Das hätte das Berufungsgericht bei seinen Feststellungen berücksichtigen müssen. Da dem laufenden Elementarunterhalt im Verhältnis zum Vorsorgeunterhalt der Vorrang zukommt (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1981 – IVb ZR 543/80 – FamRZ 1981, 442, 445) und damit Zahlungen des Unterhaltspflichtigen, die zur Deckung von Elementar- und Vorsorgeunterhalt des Berechtigten nicht ausreichen, grundsätzlich zuerst auf den Elementarunterhalt zu verrechnen sind, hätte unter diesen Umständen im einzelnen festgestellt und dargelegt werden müssen, was die Beklagte bis dahin an Vorsorgeunterhalt erhalten hatte. Daran änderte auch der Umstand nichts, daß die Prozeßbevollmächtigte der Beklagten im Termin vom 20. Dezember 1988 auf Frage des Gerichts erklärt hat, sie könne nicht sagen, ob bei der Verrechnung der eingegangenen Unterhaltsbeträge für den Vorsorgeunterhalt etwas übrig geblieben sei. Weil der Kläger selbst nicht geltend gemacht hatte, daß er den Elementarunterhalt übersteigende Unterhaltszahlungen erbracht habe, konnte die Erklärung der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten die Wirkungen nach § 138 Abs. 3 ZPO nicht herbeiführen.
e) Hiernach ist die Feststellung, die Beklagte habe den ihr zuerkannten Vorsorgeunterhalt zweckwidrig für den laufenden Bedarf verwendet, rechtsfehlerhaft. Da das Berufungsgericht diese Feststellung (auch) bei der Anwendung der Härteklausel berücksichtigt hat und nicht auszuschließen ist, daß es ohne den daran geknüpften Vorwurf der Gefährdung der Vermögensinteressen des Klägers zu einer geringeren Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten auf Elementarunterhalt als bis auf das Maß des notwendigen Bedarfs gelangt wäre, kann die Entscheidung über diese Herabsetzung nicht bestehen bleiben.
2. Der dargelegte Mangel begründet auch durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die oberlandesgerichtliche Entscheidung, der Kläger brauche der Beklagten keinen Altersvorsorgeunterhalt mehr zu leisten.
Insoweit hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Beklagte habe trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises nicht dargelegt, daß sie wenigstens in Zukunft den ihr zugesprochenen Vorsorgeunterhalt bestimmungsgemäß verwenden wolle. Unter diesen Umständen hat es das Gericht für treuwidrig erachtet, daß die Beklagte weiterhin Zahlung verlangt, und deshalb ihren Anspruch insoweit nicht länger für begründet erachtet.
Diese Beurteilung hat keinen Bestand.
Grundsätzlich braucht der Unterhaltsberechtigte zur Begründung des Anspruchs auf Altersvorsorgeunterhalt die Art und Weise der beabsichtigten Altersvorsorge nicht darzulegen (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 – IVb ZR 311/81 – FamRZ 1982, 1187, 1188). Das ist anders, wenn ein Verlangen des Berechtigten auf Zahlung an sich selbst wegen besonderer Umstände treuwidrig ist. Ein solcher Ausnahmefall kommt nach der Rechtsprechung des Senats vor allem in Betracht, wenn begründete Zweifel bestehen, daß der Berechtigte an ihn selbst gezahlte Beträge bestimmungsgemäß verwenden wird. In solchen Fällen kommt eine Verurteilung zur Zahlung an einen von dem Berechtigten benannten Versicherungsträger in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 a.a.O. S. 1189 und vom 25. März 1987 – IVb ZR 32/86 – FamRZ 1987, 684, 688).
Nachdem gegen die Feststellung der bestimmungswidrigen Verwendung des Vorsorgeunterhalts durch die Beklagte durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen (vgl. oben 1 d), kann auch die Annahme derartiger Zweifel keinen Bestand haben.
Wenn die Beklagte, was bisher nicht auszuschließen ist, von dem Kläger noch keinen Vorsorgeunterhalt erhalten hat, können allein daraus, daß sie die künftige bestimmungsgemäße Verwendung von Vorsorgeleistungen nicht dargetan hat, keine Zweifel abgeleitet werden, die das Zahlungsverlangen der Beklagten als treuwidrig erscheinen lassen. Hiernach ist das Berufungsurteil auch insoweit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen