Entscheidungsstichwort (Thema)
Einseitige Unterlassungserklärung
Leitsatz (amtlich)
Eine einseitige Unterlassungserklärung, welche die Bestimmung der Vertragsstrafe im Zuwiderhandlungsfall dem Unterlassungsgläubiger überläßt, ist nicht deshalb ungeeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, weil darin keine Obergrenze für die Vertragsstrafe genannt ist.
Normenkette
UWG § 1
Tatbestand
Die Beklagte stellt Bräunungsgeräte her, die sie unter der Bezeichnung "T.-S. " vertreibt. Im Jahre 1985 warb sie mit dem Werbespruch "Sofortbräune ohne Hautkrebsrisiko" und der Behauptung "Eine Hautkrebserkrankung durch unsere Bräunungsgeräte ist ausgeschlossen". Der Kläger, der Bräunungsanlagen aufstellt und Bräunungsstudios betreibt, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 13. März 1986 auf, diese Werbebehauptungen zu unterlassen. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 18. März 1986 ab.
Der Kläger hat am 16. September 1986 Klage eingereicht mit dem Antrag,
der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot ihrer Bräunungssysteme "T.-S. " wie folgt zu werben:
"Hautkrebserkrankungen durch unsere Bräunungsgeräte ausgeschlossen"
und/oder
"Sofortbräune ohne Hautkrebsrisiko".
Die Beklagte hat im Rechtsstreit die Wettbewerbswidrigkeit der angegriffenen Werbung nicht mehr in Abrede gestellt und mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1986 folgende Unterlassungserklärung abgegeben:
- Die Beklagte verpflichtet sich gegenüber der Klägerin, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Zusammenhang mit dem Angebot von T.-S.-Bräunungsgeräten (mit) den Werbeaussagen "Hautkrebserkrankungen durch unsere Bräunungsgeräte ausgeschlossen" und/oder "Sofortbräune ohne Hautkrebsrisiko" zu werben.
- Die Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 1 abgegebene Unterlassungserklärung eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen, deren Höhe von der Klägerin nach billigem Ermessen zu bestimmen und die im Streitfall vom zuständigen Landgericht zu überprüfen ist.
Zugleich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat sich der Kläger zunächst bereiterklärt, die Unterlassungserklärung der Beklagten anzunehmen und die Hauptsache für erledigt zu erklären, dies aber später abgelehnt, weil die Erklärung der Beklagten nicht ernstlich sei. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers nach dem Klageantrag erkannt. Mit ihrer Revision, deren Zuruckweisung der Kläger beantragt, begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
1.
Die Werbebehauptung, bei Verwendung der Bräunungsgeräte der Beklagten bestehe kein Hautkrebsrisiko, ist nach der rechtsfehlerfreien und von den Parteien nicht beanstandeten Ansicht des Berufungsgerichts wettbewerbswidrig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist es wissenschaftlich umstritten, ob bei einer Strahlung oberhalb von 335 Nanometern, wie sie von den Geräten der Beklagten verwendet wird, die Entstehung von Hautkrebs ausgeschlossen ist. Die Beklagte hätte deshalb ihre Behauptungen nicht als sichere Erkenntnis darstellen dürfen.
2.
Die Unterlassungserklärung der Beklagten hat nach Ansicht des Berufungsgerichts die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt, weil die Beklagte keine Vertragsstrafe in bestimmter Höhe oder mit einem Höchstbetrag, der die Obergrenze einer fest zu vereinbarenden angemessenen Vertragsstrafe übersteigt ("Vertragsstrafe bis zu... "), versprochen habe, sondern nur eine Vertragsstrafe, deren Höhe vom Kläger nach billigem Ermessen bestimmt und im Streitfall von dem zuständigen Landgericht überprüft werden sollte. Eine Sicherung der Unterlassungsverpflichtung in dieser Form sei im allgemeinen nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuschließen. Dieser Beurteilung kann nicht gefolgt werden.
Die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten wurde vom Kläger nicht angenommen. Dies nahm ihr jedoch nicht die Eignung, die durch den Wettbewerbsverstoß begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr auszuräumen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17.12.1987 - I ZR 190/85, GRUR 1988, 459, 460 = WRP 1988, 368, 369 - Teilzahlungsankündigung; Urt. v. 12.7.1984 - I ZR 123/82, GRUR 1985, 155, 156 = WRP 1985, 22, 23 - Vertragsstrafe bis zu... I, m.w.N.), weil sich die Unterlassungserklärung nach der versprochenen Sanktion und den Umständen, unter denen sie abgegeben wurde, als Ausdruck eines ernsthaften Unterlassungswillens darstellt.
Die Beklagte konnte bei ihrem Vertragsstrafeversprechen die Bestimmung der Vertragsstrafe im Zuwiderhandlungsfall nach § 315 BGB dem billigen Ermessen des Klägers überlassen, ohne das Recht des Klägers, die Vertragsstrafe zu bestimmen, durch eine Obergrenze zu beschränken. Wie der Senat in seinem Urteil vom 12. Juli 1984 (I ZR 123/82, GRUR 1985, 155, 157 - Vertragsstrafe bis zu... I) bereits ausgeführt hat, bietet ein der Höhe nach unbegrenztes Bestimmungsrecht - wie es die Beklagte dem Kläger angeboten hat - dem Gläubiger sogar den Vorteil, in schwerwiegenden Verletzungsfällen die Vertragsstrafe auch in einer Höhe zu bestimmen, die erheblich über derjenigen liegen kann, die für die Vereinbarung eines festen Betrages im Hinblick auf die vorher begangene Verletzungshandlung angemessen gewesen wäre. Eine Vertragsstrafevereinbarung in dieser Form ist somit ein besonders geeignetes Mittel zur Verhütung schwerwiegender oder folgenreicher Wiederholungen der Verletzungshandlung, da der Schuldner gerade bei Begehung solcher Verstöße einem angemessen höheren Strafrisiko ausgesetzt ist. Als unschädlich erweist sich auch der Hinweis in der Unterwerfungserklärung, daß die Angemessenheit der Höhe der vom Kläger zu bestimmenden Vertragsstrafe vom zuständigen Landgericht zu überprüfen sei; denn dieser Teil der Erklärung entspricht inhaltlich der in § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bereits vorgesehenen Regelung. Die Beklagte war deshalb nicht verpflichtet, ihrem Versprechen einer Vertragsstrafe auf Wunsch des Klägers einen anderen Inhalt zu geben.
3.
Auch sonst bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Unterlassungserklärung der Beklagten nicht ernstlich gemeint gewesen sei.
a)
Die vom Kläger behaupteten weiteren Verletzungshandlungen in den Monaten April und Mai 1986 stellen die Ernstlichkeit der Unterlassungserklärung schon deshalb nicht in Frage, weil sie zeitlich vor der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung im Schriftsatz vom 27. Oktober 1986 begangen sein sollen. Die Beklagte hat zudem ihr Vertragsstrafeangebot auch später, zuletzt in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 11. Oktober 1988, ausdrücklich aufrechterhalten. Weiterhin ist unstreitig, daß die Beklagte schon vor Abgabe der Unterlassungserklärung gegenüber dem Kläger anderen Mitbewerbern, die ihre Werbebehauptung "Sofortbräune ohne Hautkrebsrisiko" beanstandet hatten, strafbewehrte Unterlassungserklärungen übersandt hat.
b)
Bedenken gegen die Ernstlichkeit der Unterlassungserklärung kann der Kläger auch nicht daraus herleiten, daß die Beklagte im Rechtsstreit die Ansicht vertreten hat, sie könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn noch Inhaber selbständiger Bräunungsstudios, in denen die T. -S.- Geräte der Beklagten verwendet würden, mit der Behauptung "Bräunen ohne Hautkrebsrisiko" Werbung trieben; denn sie sei weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage, diesen selbständigen Unternehmern die Verwendung der Werbeaussage zu verbieten.
Ob dieses Vorbringen zutrifft, kann offenbleiben. Der Täter behauptet selbst nicht, daß Inhaber von Bräunungstudios, die der Beklagten vertraglich verbunden sind, nach ... August 1986 die beanstandete Werbung weiter verwendet haben. Schon vor Klageerhebung im September 1986 hat aber, Beklagte unstreitig ihre Vertragspartner aufgefordert, die beanstandete Werbung zu unterlassen. Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte, die selbst bereits strafbewehrte Unterlassungserklärungen gegenüber Mitbewerbern abgegeben hatte, Anlaß gehabt hätte, durch weitere Maßnahmen gegenüber ihren Vertragspartnern das Unterbleiben der beanstandeten Werbung sicherzustellen, bestehen nicht. Jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Oktober 1988 hatte der Kläger daher keinen Grund, an der Ernstlichkeit der mit einem Vertragsstrafeversprechen verbundenen Unterlassungserklärung der Beklagten zu zweifeln und diese Erklärung nicht anzunehmen.
III.
Auf die Revision der Beklagten ist danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1456595 |
BB 1990, 2143 |
GRUR 1990, 1051 |
AfP 1991, 461 |