Entscheidungsstichwort (Thema)
Luftverkehrsdienstleistungen
Tenor
1. Die von der Beteiligten mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2012 angebotenen und unter Abschnitt V. dieser Verfügung wiedergegebenen Verpflichtungszusagen sind für die Beteiligte bindend.
2. Das Verfahren gegen die Beteiligte wird nach Maßgabe des § 32 b Absatz 1 Satz 2 GWB eingestellt.
3. Die Gebühr für das Verfahren einschließlich dieser Entscheidung beträgt […] Euro und wird der Beteiligten als Gesamtschuldnerin auferlegt.
Tatbestand
I. Sachverhalt
Rz. 1.
Die Beschlussabteilung hatte im September 2009 ein Verfahren gemäß § 1, § 19 GWB, Art. 101, 102 AEUV gegen die Beteiligte eröffnet, nachdem verschiedene Firmenkunden der Beteiligten Beschwerden beim Bundeskartellamt eingereicht hatten. Hintergrund dieser Beschwerden waren bestimmte Klauseln in Firmenkundenverträgen der Beteiligten zur Gewährung von Rabatten (Incentives) bei der Inanspruchnahme von Flügen der Firmenkunden mit der Beteiligten. Der vorliegende Beschluss soll durch die Verpflichtungszusagen der Beteiligten sicherstellen, dass spätestens ab dem 1. April 2013 in keinem Incentive-Firmenkundenvertrag der Beteiligten Klauseln enthalten sind, welche die Firmenkunden auffordern, einer Weiterleitung von Verkaufsdaten zuzustimmen, welche die Inanspruchnahme von Flugleistungen der Firmenkunden mit Wettbewerbern der Beteiligten betreffen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beteiligte
Rz. 2.
Die Beteiligte ist die größte deutsche und europäische Fluggesellschaft und gilt auch weltweit als einer der größten Konzerne in der zivilen Luftfahrt. Nach eigenen Angaben beförderte die Beteiligte im Jahr 2011 über 100 Millionen Passagiere und erwirtschaftete einen Gesamtumsatz von rund 28,7 Mrd. EUR. Dabei beträgt der Anteil der Passagierbeförderung (Passage Airline) mit 22,3 Mrd. EUR etwa 78% vom Gesamtumsatz.
Rz. 3.
Die Beteiligte ist auch die wichtigste Vertragspartnerin für Geschäftskunden hinsichtlich Flugreisen innerhalb Deutschlands sowie insbesondere bei der Inanspruchnahme von Kontinental- und Interkontinental-Flügen von deutschen Flughäfen.
Rz. 4.
Neben dem Kerngeschäft, der Beförderung von Passagieren, ist die Beteiligte noch in weiteren Geschäftsfeldern des Flugverkehrs tätig (Fracht/Logistik, Technik, IT-Services, Catering sowie andere Dienstleistungen wie Ground Handling Services oder das Angebot des Systemdienstleisters AirPlus). Die AirPlus Servicekarten GmbH – eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beteiligten – ist nach Aussage der befragten Firmenkunden der größte Anbieter von Firmenkunden-Kreditkarten in Deutschland.
Rz. 5.
Zum Lufthansa-Konzern gehören neben der Lufthansa als Hauptgesellschaft derzeit die folgenden Fluggesellschaften:
Lufthansa-CityLine mit ihren Regionalfluggesellschaften, Germanwings, Austrian Airlines, SWISS und Brussels Airlines; daneben folgende Beteiligungen: 50% SunExpress, 19% JetBlue.
Rz. 6.
Die Beteiligte bietet u.a. über ihre beiden Drehkreuze Frankfurt und München ca. 246 Flugziele weltweit an und ist Mitglied des Luftverkehrsbündnisses Star Alliance, welches Kooperationen (Netzwerke) mit einer großen Zahl internationalen Fluggesellschaften unterhält.
III. Die „Daten-Tracking”-Methode der Beteiligten
Rz. 7.
Die Beteiligte betreibt u.a. ein Firmenkundenprogramm namens PartnerPlus Progress Im Rahmen dieses Firmenkundenprogramms gewährt die Beteiligte ihren Unternehmenskunden ab Erreichen eines bestimmten Mindestumsatzes an Flügen mit der Beteiligten, deren Tochtergesellschaften CityLine und Germanwings sowie bestimmten „teilnehmenden Kooperationspartnern” besondere Corporate Discounts (Firmenkundenrabatte) sowie Umsatzrückvergütungen (beides auch: Incentive-Leistungen).
Rz. 8.
Das Firmenkundenprogramm beruht auf einem Rahmenvertrag, der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthält, und jährlich neu verhandelten kundenspezifischen Anhängen zum Rahmenvertrag (hiernach zusammen: Firmenkundenvertrag). Die Teilnahme am Firmenkundenprogramm ist freiwillig, bildet jedoch die Grundlage für mögliche Incentive-Leistungen seitens der Beteiligten.
Rz. 9.
Corporate Discounts sind individuell ausgehandelte Firmenkundenrabatte, die die Beteiligte mit dem Ziel eines bestimmten Mindestumsatzes (Net Flown Revenue) mit dem Kunden vorab gewährt und zwar als direkter Preisvorteil bei der Buchung einer Reise (Upfront-Incentives). Dadurch ist der Preis bereits bei der Buchung niedriger als der normale, veröffentlichte Tarif. Daneben gewährt die Beteiligte Umsatzrückvergütungen (Backend-Incentives) in Form von individuell ausgehandelten Preisabschlägen für die Inanspruchnahme bestimmter Volumina von Flugleistungen und zwar entweder nach dem Gesamtertrag der in Anspruch genommenen Flugleistungen (VolumePlus) oder streckenbezogen (JourneyPlus). Diese Abschläge werden auf die regulären (veröffentlichten) Tarife gewährt und mit dem Firmenkunden zwar vorab verhandelt, jedoch erst im Nachhinein (z.B. jährlich) gutgeschrieben.
Rz. 10.
Zur Buchung von Flügen zu den individuell vereinbarten Firmenkundenpreis...