Rn 10
Bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, an denen auch mittelbar keine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist, kann die organisatorische und haftungsrechtliche Verzahnung zwischen der Gesellschaft und deren persönlich haftenden Gesellschaftern im Insolvenzfall ähnliche Probleme aufwerfen wie die Insolvenz einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e Abs. 1. Paradigmatischer Fall ist die GmbH & Co KG. Hier erscheint die rechtliche Aufspaltung der Unternehmensorganisation auf zwei Rechtsträger oftmals künstlich und findet in der äußeren Erscheinung des Unternehmens keine Entsprechung. Im Falle einer Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Komplementär-GmbH besteht daher das Bedürfnis für eine koordinierte Abwicklung beider Verfahren. Insbesondere wird es oft sachgerecht sein, beide Verfahren am selben Insolvenzgericht zu führen und einen einheitlichen Verwalter zu bestellen.
Rn 11
Der durch Abs. 2 vorgenommenen Erweiterung des Gruppenbegriffs bedarf es, weil streitig ist, ob die Komplementär-GmbH in allen Gestaltungsvarianten der GmbH & Co KG die Möglichkeit hat, beherrschenden Einfluss auf die Kommanditgesellschaft auszuüben. Zwar wird angenommen, dass die Komplementär-GmbH aufgrund ihrer Stellung als Komplementär auch dann die Möglichkeit einer Beherrschung der Gesellschaft zusteht, wenn sie nicht am Kommanditkapital beteiligt ist. Nach anderer Auffassung ist jedoch eine Einzelfallprüfung der gesellschaftsvertraglichen Stellung der Komplementär-GmbH erforderlich. Um die Anwendung der konzerninsolvenzrechtlichen Regelungen auf die GmbH & Co KG von derartigen Streit- und Zweifelsfragen zu entlasten, fingiert Abs. 2 das Bestehen einer Unternehmensgruppe im Sinne des Absatzes 1. Eine weitergehende Regelungsabsicht ist damit nicht verbunden. Insbesondere lassen sich aus Abs. 2 keinerlei Folgerungen im Hinblick auf die handelsbilanz-, gesellschafts- und konzernrechtliche Stellung der Komplementär-GmbH oder der GmbH & Co KG ziehen. Die Fiktion des Abs. 2 soll allein sicherstellen, dass der Anwendungsbereich der konzerninsolvenzrechtlichen Regelungen und Instrumentarien eröffnet ist. Die Erweiterung des Gruppenbegriffs durch Abs. 2 beschränkt sich auf Gesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person oder eine Gesellschaft ist, an der eine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt ist. Eine weitergehende Erstreckung auch auf Personengesellschaften, an denen natürliche Personen als unbeschränkt haftende Gesellschafter beteiligt sind, erscheint nicht sachgerecht. Sie könnte zur Folge haben, dass die Privatgläubiger des unbeschränkt haftenden Gesellschafters an einem Gruppen-Gerichtsstand verwiesen würden, der für sie nicht vorhersehbar war.