Rn 7
§ 125 Abs. 1 Satz 1 setzt voraus, dass eine Betriebsänderung geplant ist und ein Interessenausgleich mit Namensliste zwischen dem Insolvenzverwalter und dem zuständigen Betriebsrat zustande kommt.
3.1 Geplante Betriebsänderung
Rn 8
Erforderlich ist also zunächst das Vorliegen einer geplanten Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 1 BetrVG.
Rn 9
In der (Insolvenz-)Praxis geht es dabei meist um eine mit Personalanpassungsmaßnahmen verbundene Einschränkung oder Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG). § 125 findet allerdings auch Anwendung auf Betriebsänderungen in Form der Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (§ 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG), des Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder der Spaltung von Betrieben (§ 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG), der grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen (§ 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG) sowie der Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren (§ 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG), wenn die in diesem Zusammenhang zu kündigenden Arbeitnehmer in dem Interessenausgleich namentlich bezeichnet werden.
Rn 10
Soweit der Insolvenzverwalter den in Rede stehenden Betrieb oder Betriebsteil nicht einstellen, sondern veräußern will, gilt § 125 regelmäßig nicht. Eine zum Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs geplante Betriebs(teil-)veräußerung steht einer Betriebs(teil-)stilllegung als Grundlage für den Interessenausgleich entgegen. Betriebs(teil-)veräußerung und Betriebs(teil-)stilllegung schließen sich systematisch aus. Liegt keine Betriebsänderung, sondern in Wirklichkeit ein Betriebsübergang vor, kann sich der Insolvenzverwalter jedenfalls für die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse nicht auf § 125 berufen. Denn ein Betriebsübergang (§ 613a BGB) ist für sich genommen keine Betriebsänderung, weil sich die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer nicht ändern. Wird hingegen lediglich ein Betriebsteil gemäß § 613a BGB auf einen Erwerber übertragen, bleibt § 125 wegen der darin liegenden Betriebsspaltung (§ 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG) anwendbar, wenn die anlässlich der spaltungsbedingten Betriebsänderungen zu entlassenden Arbeitnehmer im Rahmen des Interessenausgleichs namentlich bezeichnet werden.
Rn 10a
Die Betriebsänderung muss "geplant" sein. Das ist dann der Fall, wenn der Insolvenzverwalter ernstlich zu ihrer Durchführung entschlossen ist, die Betriebsänderung sich aber nicht schon in der unumkehrbaren Umsetzung befindet. Ein lediglich vorsorgliches Verfahren löst die Vermutungswirkung ebenso wenig aus wie eine bereits vollzogene Betriebsänderung. Der Betriebsrat muss im Rahmen der Verhandlungen noch Einfluss auf die Entscheidung des Insolvenzverwalters nehmen können.
Rn 10b
Die Voraussetzungen der Betriebsänderung (§ 111 Satz 3 BetrVG) müssen zudem bei Abschluss des Interessenausgleichs tatsächlich vorliegen. Da § 125 eine Rechtsgrundverweisung darstellt, genügt es nicht, eine Betriebsänderung in einer als Interessenausgleich überschriebenen Vereinbarung lediglich zu behaupten. In der Zeit zwischen der ersten Information des Betriebsrats und dem Abschluss des Interessenausgleichs eingetretene Änderungen, z.B. das Unterschreiten der erforderlichen Betriebsstärke oder das Nichterreichen der erforderlichen Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG führen, soweit der Personalabbau nicht mit anderen betriebsändernden Maßnahmen zusammenfällt, zum Verlust der Privilegierung des Insolvenzverwalters.
Rn 11
Die Wirkungen des § 125 erstrecken sich nur auf die in dem Interessenausgleich geregelte Betriebsänderung. Die Vorschrift ist also unanwendbar, wenn eine andere als die in dem Interessenausgleich beschriebene Betriebsänderung durchgeführt wird.
Rn 12
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die in dem Interessenausgleich geregelte Betriebsänderung vorliegt, trägt im Kündigungsschutzprozess der Insolvenzverwalter.