Rn 104
Der Anfechtungsanspruch begründet ein bürgerlich-rechtliches Rechtsverhältnis mit der Folge, dass die ordentlichen Gerichte für dessen klageweise Durchsetzung zuständig (§ 13 GVG) sind. Dies gilt auch dann, wenn Anfechtungsgegner die öffentliche Hand ist. Auch gilt dies unabhängig davon, welchem Rechtsgebiet die der Anfechtung zugrunde liegende Rechtshandlung zuzuordnen bzw. von welcher Art der zurück zu gewährende Gegenstand ist. Demgegenüber ist der Einwand der Anfechtbarkeit nicht rechtswegbestimmend. Umstritten ist Abgrenzung der Rechtswegzuständigkeit von den Arbeitsgerichten. Während der BGH in ständiger Rspr. von einer Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgeht, hat das BAG jüngst entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet sei, wenn der Insolvenzverwalter des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer Rückzahlung der vor Insolvenzeröffnung geleisteten Vergütung wegen Anfechtbarkeit der Erfüllungshandlung fordere. Diese Ansicht ist abzulehnen. Der Anfechtungsrechtsstreit zwischen Insolvenzverwalter und Arbeitnehmer wurzelt nicht im Arbeitsverhältnis; denn dessen Voraussetzungen sind vom zugrunde liegenden Rechtsverhältnis unabhängig und ergeben sich allein aus dem materiellen Insolvenzrecht. Auch ist der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch nicht der actus contrarius des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts, verfolgt er doch ganz andere Zwecke. Der BGH hat im Lichte der bestehenden Rechtsprechungsdivergenz die Frage dem Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe vorgelegt.
Rn 105
Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§ 23 Nr. 1, § 71 GVG). Soweit es auf den Streitwert ankommt, richtet sich die Wertbestimmung bei einer anfechtbaren Schuldbegründung nach der Quote, die bei einer Berücksichtigung auf diese Insolvenzforderung entfiele. Wird eine Sache zurück verlangt, richtet sich der Streitwert nach dessen Wert (abzüglich evtl. unangefochtener Belastungen). Eine in eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) eingekleidete Anfechtung, ist vor dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erheben. Die Geltendmachung der Anfechtung stellt auch dann keine Handelssache (§§ 94, 95 GVG) dar, wenn das angefochtene Rechtsgeschäft selbst als Handelssache zu qualifizieren ist. Die in der instanzgerichtlichen Rspr. vorzufindende Ansicht, die fälschlicherweise auf die Natur des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses abstellt, ist abzulehnen.
Rn 106
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich ebenfalls nach allgemeinen Grundsätzen. Keine Anwendung finden allerdings § 29 ZPO, weil kein vertragliches, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis zugrunde liegt, sowie § 32 ZPO, weil kein deliktsrechtlicher Bezug gegeben ist (siehe oben Rn. 12, es sei denn, es konkurriert ein Anspruch aus unerlaubter Handlung). U. U. kann sich eine Zuständigkeit nach § 23 ZPO ergeben. § 19a ZPO gilt – im nationalen Kontext (für eurointernationale Fälle siehe unten Rn. 107) – ausschließlich für Passivprozesse gegen den Insolvenzverwalter. § 24 ZPO ist nach h. M. aber anwendbar. Gleiches gilt für § 21 ZPO. Das MoMiG hat zudem § 22 ZPO geändert. Danach ist das Gericht am Sitz der Gemeinschaft (bzw. der Genossenschaft oder des Vereins) auch für Klagen zuständig, die von dem Insolvenzverwalter gegen die Mitglieder als solche erhoben werden. Die Änderung dient insbesondere dazu, prozessrechtlich den Wegfall der so genannten kapitalersatzrechtlichen Rechtsprechungsregeln zu kompensieren. (Anfechtungs-)klagen im Zusammenhang mit dem Kapitalersatzrecht sollen mithin am Sitz der Gesellschaft geltend gemacht werden können. Welche weiteren Sachverhalte unter "Klagen gegen die Mitglieder als solche" zu subsumieren sind, ist noch klärungsbedürftig. Richtiger Ansicht nach wird man auch andere Anfechtungsansprüche als solche, die auf das "Kapitalersatzrecht" gestützt werden, hierunter zählen können, wenn sie Vermögensverschiebungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zum Gegenstand haben.
Rn 107
Für die Frage der internationalen Zuständigkeit ist zu differenzieren: Im Verhältnis zu EFTA-Staaten findet das LugÜ keine Anwendung (Art. 1 Abs. 2). Im Verhältnis zu sonstigen Nicht-EU-Staaten bleibt es ebenfalls – soweit keine bilateralen Abkommen einschlägig sind – bei autonomem Recht (§§ 335 ff. InsO). Im Verhältnis zum EU-Ausland war streitig, ob sich die Zuständigkeit für Anfechtungsklagen (trotz Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO) aus Art. 2 ff. EuGVVO (analog), aus dem autonomen Recht oder aber aus einer analogen Anwendung des Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ergibt. Der EuGH hat diese Frage nunmehr dahingehend entschieden, dass Gerichte des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, für die Insolvenzanfechtungsklage gegen einen Anfechtungsgegner, der seinen Wohnsitz/Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO...