Rn 42
Verwalterpflichten lassen sich grob dreiteilen in die Pflicht zur Inbesitznahme der Insolvenzmasse, die Pflicht zur Verwaltung der Masse und – vorbehaltlich vorrangiger Verfahrensarten (Einstellung, Aufhebung nach Insolvenzplanbestätigung) – die Pflicht zur Verwertung und Auskehr der Masse. Auf die Verwaltung bezogene Pflichten ergeben sich zum Teil bereits aus bestehenden Rechtsverhältnissen des Schuldners und speziellen gesetzlichen Regelungen, zum Teil aus der Generalklausel des § 148 Abs. 1.
Rn 43
Bei der Beurteilung jedweder Verwaltertätigkeit, gerade auch im Hinblick auf die Haftung, ist zu immer zu beachten, dass dem Verwalter von Gesetzes wegen umfassende Befugnisse zur Erreichung des Verfahrenszwecks – bestmögliche und gleichmäßig Befriedigung der Insolvenzgläubiger – eingeräumt sind. Das aber bedingt einen "erheblichen Ermessensspielraum im Einzelfall, weil der Konkursverwalter nur dann seinen vielfältigen und schwierigen Aufgaben, die nicht selten schnelle Entschlusskraft und ein gewisses Maß an Risikobereitschaft fordern, gerecht werden kann." Solange sich der Verwalter innerhalb dieses Ermessensspielraums hält, unterliegt sein Verhalten grundsätzlich keiner Zweckmäßigkeitsprüfung und eine Pflichtverletzung scheidet regelmäßig aus.
4.1 Vorrangige Regelungen
4.1.1 Allgemeine "Pflichtennachfolge", insbesondere Störerhaftung
Rn 44
Im Hinblick auf die eigentliche Verwaltung der nach § 148 Abs. 1 in Besitz genommenen Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter zum einen grundsätzlich alle ehemals dem Schuldner obliegenden Pflichten zu erfüllen, die vor allem aus noch nicht abgeschlossenen Verträgen mit Dritten (vgl. §§ 103 ff.), aber auch aus Gesetz resultieren. Von dieser "Pflichtenübernahme" ausgenommen sind allerdings höchstpersönliche Pflichten des Schuldners.
Rn 45
Besondere Bedeutung kann in diesem Zusammenhang die (zivilrechtliche wie ordnungsrechtliche) Störerhaftung nach § 1004 Abs. 1 BGB haben. Soweit der Schuldner vor Verfahrenseröffnung Handlungsstörer war, haftet er allein; Forderungen gegen ihn sind Insolvenzforderungen (§ 38). Eine Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters für Handlungsstörungen ergibt sich noch nicht allein aus der Inbesitznahme des schuldnerischen Vermögens; Voraussetzung ist vielmehr, dass der Verwalter selbst störende Handlungen vornimmt (etwa durch den Weiterbetrieb einer störenden Anlage usw.); er haftet dann allerdings nur als Amtswalter mit der Masse.
Rn 46
War der Schuldner vor Verfahrenseröffnung hingegen Zustandsstörer, so wird der Insolvenzverwalter allein schon durch die Begründung der tatsächlichen Sachherrschaft über den störenden Gegenstand des Schuldners selbst zum Zustandsstörer, so dass daraus resultierende Ansprüche Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1) darstellen. Das Gleiche gilt, wenn die Zustandsstörung erst nach Verfahrenseröffnung durch in Besitz genommene Massegegenstände entsteht. Der Verwalter kann sich von der Störerhaftung aber grundsätzlich durch Freigabe des betreffenden Massegegenstandes (siehe unter Rn. 73 ff.) befreien; das entspricht dem Sinn und Zweck der Freigabe (Entlastung der Masse), ohne mit sonstigen Grundsätzen zu kollidieren – insbesondere rückt der Schuldner wiederum in die Störerposition ein und muss in Anspruch genommen werden.
4.1.2 Insolvenzspezifische Sonderregelungen
Rn 47
Die InsO statuiert zudem eine Reihe weitere Pflichten des Verwalters, die dieser im Interesse der Gläubigergesamtheit und anderen Verfahrensbeteiligten zu erfüllen hat.
Rn 48
Wertgegenstände des Schuldners hat der Verwalter ggf. anzulegen oder zu hinterlegen (§ 149); der Insolvenzverwalter kann zudem bei Massegegenständen besondere Sicherungsmaßnahmen ergreifen (Siegelung nach § 150, Postsperre nach § 99). Aufgrund umgehender (§ 121 BGB) Prüfung der Verhältnisse ist die "Ist-Masse" so schnell wie möglich und umfassend zur "Soll-Masse" zu bereinigen: Nicht zur Insolvenzmasse gehörende Gegenstände sind auszusondern (§§ 47 f., "unechte Freigabe") sowie Rechte auf abgesonderte Befriedigung zu realisieren (§§ 49 ff., 165 ff.). Außerdem sind Rück...