Rn 7
Sowohl Art als auch Umfang der Maßnahmen zur Ermittlung der für das Insolvenzverfahren bedeutsamen Umstände stehen im Ermessen des Gerichts.
Das Gericht kann Auskünfte von Behörden, Gerichtsvollziehern, Standesvertretungen oder Handelskammern einholen, Akteneinsicht nehmen, die Übersendung von Registerauszügen verlangen und sich insgesamt aller Beweismittel der ZPO bedienen. Das Gericht kann sich auch aus dem Internet informieren und Erkenntnisse daraus entnehmen, da es eine allgemein zugängliche Quelle im Sinne von § 4 InsO, § 291 ZPO darstellt.
Rn 8
Für die Maßnahmen des Gerichts ist ein förmlicher Beweisbeschluss nicht erforderlich, auch Zeugen ist das Beweisthema einer Vernehmung nicht zwingend mitzuteilen. Es liegt im Ermessen des Gerichts, ob die unmittelbare Konfrontierung mit dem Beweisthema vor der Vernehmung eine unbeeinträchtigte Aussage bewirkt oder wegen fehlender Vorbereitung nicht effektiv ist. Formlos ergangene Beweisanordnungen können durch das Insolvenzgericht daher jederzeit ebenso formfrei wieder aufgehoben werden.
Rn 9
Für die Vernehmung von Zeugen gelten die §§ 373 ff. ZPO (§ 4), Zeugen können sich demgemäß auf Zeugnisverweigerungsrechte berufen.
Rn 10
Beruht das Zeugnisverweigerungsrecht auf einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht, so kann der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren den Zeugen von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden, soweit diese sich auf Umstände bezieht, welche die Insolvenzmasse betreffen, und sofern sich das Ergebnis der Beweisaufnahme zugunsten der Insolvenzmasse auswirken kann. Dies gilt entsprechend für das Eröffnungsverfahren, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist, auf den die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis übergegangen ist; dies folgt aus § 20, § 22 Abs. 3.
Rn 11
Der Schuldner ist im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht als Zeuge zu vernehmen, sondern als Partei, wobei dies untechnisch zu verstehen ist.
Im Rahmen des Insolvenzverfahrens findet keine Parteivernehmung i.S.d. §§ 445 ff. ZPO statt, die Vernehmung des Schuldners richtet sich vielmehr nach §§ 5, 20, 97. Der Schuldner ist insoweit von Gesetzes wegen zur vollständigen Mitwirkung verpflichtet. Bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren ist der Schuldner gem. § 20 zur umfassenden Erteilung von Auskünften verpflichtet, auch wenn er Tatsachen zu offenbaren hat, die geeignet sind, eine Strafverfolgung herbeizuführen.
Rn 12
Auskunftsverpflichtet im Rahmen des Insolvenzverfahrens einschließlich des Insolvenzeröffnungsverfahrens sind auch ehemalige Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder oder Aufsichtsratsmitglieder juristischer Personen sowie vertretungsberechtigte, persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners, soweit sie nicht früher als zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dieser Stellung ausgeschieden waren (§ 20, § 101 Abs. 1).
Rn 13
Neben der Durchführung von eigenen Ermittlungen kann das Insolvenzgericht einen Gutachter bestellen, um das Vorliegen des Insolvenzgrundes oder einer zur Verfahrenskostendeckung ausreichenden Masse festzustellen und ggf. um die Fortführungsmöglichkeiten des Schuldnerunternehmens einzuschätzen.
Rn 14
Die isolierte Bestellung eines Gutachters sollte in der Praxis eine Ausnahme bleiben, vielmehr ist es zu empfehlen, den im Rahmen von angeordneten Sicherungsmaßnahmen bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter mit der Erstellung des Gutachtens zu beauftragen.
Auch der Gesetzgeber ist von der Erteilung eines Gutachtenauftrags an einen vorläufigen Insolvenzverwalter als Regelfall ausgegangen, wie sich aus der Formulierung der Bestimmung des § 22 Abs. 1 Nr. 3 ergibt.
Anders als für einen allein als Gutachter bestellten Sachverständigen gibt § 22 Abs. 3 dem vorläufigen Insolvenzverwalter hinreichende eigene Kompetenzen, die Erteilung von Auskünften durch den Schuldner notfalls zu erzwingen.
Aufgrund des mit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters regelmäßig verbundenen Übergangs des Verwaltungs- und Verfügungsrechts vom Schuldner auf den vorläufigen Verwalter ergeben sich auch unmittelbare Auskunftsansprüche gegenüber Dritten, wie z.B. Sozialversicherungsträgern und Banken.
Ob für diese Institutionen gegenüber dem Insolvenzgericht oder einem Gutachter entsprechende Auskunftspflichten bestehen, ist streitig.
Das Insolvenzgericht ist im Restschuldbefreiungsverfahren in der Wohlverhaltensphase nicht verpflichtet, Nachforschungen nach dem Wohnsitz eines Schuldners anzustellen.