Rn 1

Mit der Einführung eines eigenständigen Vergütungsanspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters durch den allgemeinen Verweis in § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO auf § 63 InsO setzte der Gesetzgeber ausdrücklich die frühere Praxis in materielles Recht um.[1] Folgerichtig bestimmte § 11 Abs. 1 Satz 1 in seiner Fassung bis 18.7.2013 entsprechend der schon bisher von den Gerichten überwiegend ausgeübten Praxis, dass der vorläufige Insolvenzverwalter eine besondere Vergütung beanspruchen kann. Mit Verkündung des Gesetzes zur Verkürzung der Restschuldbefreiung und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013[2] wurden einige dieser besonderen Vergütungsregelungen vom Verordnungs- in den Gesetzesrang erhoben. Eine Anrechnung auf die Verwaltervergütung ist seit Geltung der InsVV ebenso unzulässig wie die Festsetzung einer einheitlichen Vergütung für das gesamte Verfahren in den nicht seltenen Fällen der Personenidentität des Verwalters im Eröffnungsverfahren und im später eröffneten Insolvenzverfahren.[3]

 

Rn 2

Daneben sind aber in die Konzeption des ursprünglichen § 11 Abs. 1 in seiner Fassung bis zum 31.12.2003 auch diejenigen Grundsätze eingeflossen, die von Rechtsprechung und Literatur im Wege der Rechtsfortbildung zu § 106 KO für die Vergütung des im früheren Konkurseröffnungsverfahren regelmäßig tätigen Sequesters entwickelt wurden. Ein eigenständiger Vergütungsanspruch des Sequesters war – entweder in entsprechender Anwendung des § 85 KO in Verbindung mit den Vorschriften der bisherigen Vergütungsverordnung oder analog §§ 1835 f., 1987, 2221 BGB – anerkannt.[4] Danach erhielt der Sequester für den einfachen Fall der Inbesitznahme, Sicherung und zeitweiligen Verwaltung des Vermögens des Schuldners regelmäßig 25 %einer fiktiven Konkursverwaltervergütung[5], die über § 4 VergVO den Umständen des jeweiligen Einzelfalls angepasst werden konnte.[6] Nach der zuletzt überwiegenden Auffassung wurde diese Vergütung auf der Grundlage des vom Sequester verwalteten Aktivvermögens berechnet.[7]

 

Rn 3

Sowohl die Verweisung in § 10 als auch die Änderungen aufgrund der Verordnung v. 4.10.2004[8] zeigen, dass der Verordnungsgeber auch im Bereich der Vergütung des vorläufigen Verwalters das Modell einer Regelvergütung gewählt hat, deren Höhe für den Normalfall eines Eröffnungsverfahrens konzipiert ist. Für Altverfahren, die vor dem 1.1.2004 eröffnet wurden, beträgt die Regelvergütung grundsätzlich einen unbestimmten Bruchteil der Verwaltervergütung und soll diese nach dem bisherigen Verordnungstext im Regelfall nicht übersteigen. Für die nach dem 1.1.2004 eröffneten Verfahren gilt der Regelsatz aus Abs. 1 Satz 2 in Höhe von 25 % der Regelvergütung nach § 2 Abs. 1, bezogen auf das Vermögen, auf das sich die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters während des Eröffnungsverfahrens erstreckt hat. Damit hat der Verordnungsgeber zumindest für alle ab 1.1.2004 eröffnete Verfahren auch die Berechnungsgrundlage klargestellt. Eine weitere Präzisierung der Berechnungsgrundlage erfolgte durch die 2. Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung v. 21.12.2006[9], wodurch zunächst der Zeitpunkt und die nachträgliche Korrektur der Wertermittlung ebenso geklärt wurden wie die zuletzt im Jahre 2006 erneut heftig umstrittene Problematik der Einbeziehung von Vermögensgegenständen, die im später eröffneten Insolvenzverfahren mit Aus- bzw. Absonderungsrechten belastet sind.

 

Rn 3a

Nachdem sich in der Folgezeit verfassungsrechtliche Bedenken gegen die nachträgliche Korrektur einer rechtskräftig festgesetzten Vergütung des vorläufigen Verwalters ergeben hatten[10] und der Bundesgerichtshof mit zwei grundlegenden Entscheidungen vom 15.11.2012[11] die Vereinbarkeit des § 11 Abs. 1 mit der Ermächtigungsgrundlage in §§ 63, 65 InsO verneint hatte, hat der Gesetzgeber das oben bereits erwähnte Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und Stärkung der Gläubigerrechte[12] (RSB-Verkürzungsgesetz) zum Anlass genommen, die nach seiner Auffassung unzutreffende Auslegung des Gesetzes bzw. der Verordnungsvorschriften durch den BGH klarzustellen und gleichzeitig die Vergütungsregelungen für den vorläufigen Insolvenzverwalter als Ergänzung der §§ 63, 65 InsO in den Gesetzesrang zu erheben. Damit sollten alle Wirksamkeitsbedenken des Bundesgerichtshofs in den vorerwähnten Entscheidungen vom 15.11.2012 beseitigt werden. Allerdings fällt auf, dass dabei die vor allem durch den BGH kritisierte Regelung zur Einbeziehung von Vermögensgegenständen mit Aus- und Absonderungsrechten keinen Gesetzesrang erhalten hat, sondern nunmehr als neuer Satz 2 in § 11 Abs. 1 verblieben ist. Unklar erscheinen des Weiteren die Übergangsregelungen. Nach Art. 9 des RSB-Verkürzungsgesetzes[13] sollen die Ergänzung des § 63 InsO und damit die Änderungen des § 11 am Tag nach der Verkündung des Gesetzes, d. h. am 19.7.2013 in Kraft treten und damit wohl für alle zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Festsetzungsverfahren gelten; Art. 103 EGInsO tri...

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