Normenkette

RVG § 15 Abs. 5 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 23.10.2015)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 16.11.2017; Aktenzeichen V ZB 152/16)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des LG Frankfurt (Oder) vom 23.10.2015 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Urteils des LG Frankfurt (Oder) vom 29.07.2015 sind von der Beklagten an die Klägerin an weiteren Kosten 5.369,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 04.09.2015 zu erstatten.

Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht zu erheben. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 74 % und die Beklagte 26 % zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat die Beklagte auf Feststellung der Unwirksamkeit eines notariellen Grundstückskaufvertrages in Anspruch genommen. Durch Versäumnisurteil vom 02.06.2008 hat das LG der Klage stattgegeben. Den Gebührenstreitwert hat das LG auf 1.606.763,28 EUR festgesetzt. Das im schriftlichen Verfahren ergangene Versäumnisurteil ist der Beklagten am 02.06.2008 öffentlich zugestellt worden.

Auf der Grundlage des Versäumnisurteils hat die Klägerin durch Beschluss vom 19.01.2009 die Kostenfestsetzung gegen die Beklagte in Höhe einer 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) sowie einer 0,5 Terminsgebühr (Nr. 3105 VV RVG) ihrer Prozessbevollmächtigten zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer, insgesamt 13.831,13 EUR nebst Zinsen, erwirkt.

Mit Schriftsatz vom 24.01.2014 hat die Beklagte bei dem LG Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt und zur Begründung unter anderem geltend gemacht, das Urteil sei ihr nicht wirksam zugestellt worden. Im weiteren Prozessverlauf hat die Beklagte Widerklage erhoben.

Mit dem am 29.07.2015 verkündeten Urteil hat das LG das Versäumnisurteil aufrechterhalten und der Widerklage unter Zurückweisung im Übrigen im Hilfsantrag stattgegeben. Es hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Gebührenstreitwert hat das LG zuletzt auf 1.670.697,35 EUR (1.605.763,28 EUR Klage und 64.934,07 EUR Widerklage) festgesetzt.

Aufgrund dieses Urteils hat die Klägerin mit Antrag vom 03.09.2015 die Festsetzung weiterer Kosten in Höhe einer erneuten 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und einer erneuten 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nebst Post- und Telekommunikationspauschale sowie Umsatzsteuer, insgesamt 20.292,48 EUR beantragt. Sie hat geltend gemacht, nach § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG, jedenfalls aber in analoger Anwendung der Vorschrift, seien aufgrund des Ablaufs von mehr als fünf Jahren zwischen Ergehen des Versäumnisurteils und Einlegung des Einspruchs die Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr ihrer Prozessbevollmächtigten erneut angefallen und erstattungsfähig.

Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 23.10.2015 die angemeldeten Kosten antragsgemäß gegen die Beklagte festgesetzt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie begehrt, den Festsetzungsantrag vom 03.09.2015 insgesamt zurückzuweisen.

II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.

Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin sind die Verfahrens- und die Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach Einspruch gegen das Versäumnisurteil nicht noch einmal entstanden. Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind für ihre Vertretung der Klägerin im Rechtsstreit insgesamt eine 1,3 Verfahrens- und eine 1,2 Terminsgebühr nach dem Gebührenstreitwert von Klage und Widerklage (1.670.697,35 EUR) entstanden. Da die Höhe dieser Gebühren nebst Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) und Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) den mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.01.2009 festgesetzten Betrag von 13.831,13 EUR übersteigt, ist der Differenzbetrag von 5.369,52 EUR zugunsten der Klägerin gegen die Beklagte als weiterer Erstattungsbetrag festzusetzen.

1) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit und demselben prozessualen Rechtszug grundsätzlich nur einmal verlangen, § 15 Abs. 2 RVG. Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er gem. § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Anders verhält es sich nach der Ausnahmeregelung des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG nur dann, wenn der Rechtsanwalt beauftragt wird, nachdem der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt war. In diesem Fall gilt gem. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und im RVG bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Voraussetzung für die Anwendung von § 15 Abs. ...

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