Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, warum grundsätzlich keine Addition von Regelfahrverboten erfolgt, wenn dieselbe Handlung sowohl die Voraussetzungen einer groben als auch einer beharrlichen Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gem. § 25 Abs. 1 StVG, § 4 Abs. 1 und 2 BKatV erfüllt.
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Entscheidung vom 01.09.2010; Aktenzeichen 25 OWi 72/10) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 1. September 2010 im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Eisenhüttenstadt zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen "fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 33 km/h zu einer Geldbuße von 220,00 € verurteilt" und ihm für die Dauer von zwei Monaten untersagt, Kraftfahrzeuge jedweder Art im Straßenverkehr zu führen. Darüber hinaus hat das Amtsgericht ausgesprochen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtlichen Gewahrsam gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft der Entscheidung.
Nach den Feststellungen des Urteils befuhr der Betroffene am 14. September 2009 um 18:23 Uhr in E... die ...-Straße in Richtung Stadtinneres mit dem PKW Volkswagen mit dem amtlichen Kennzeichen ... mit einer Geschwindigkeit von mindestens 83 km/h, wobei er die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 33 km/h überschritt.
Zu den verkehrsrechtlichen Vorbelastungen des Betroffenen enthält das Urteil die Feststellung, dass im Verkehrszentralregister eine Eintragung wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h, rechtskräftig seit dem 31. Januar 2009, enthalten ist.
Zur Bemessung der Dauer des gegen den Betroffenen verhängten Fahrverbots enthält das Urteil die folgenden Ausführungen:
"Das angeordnete Fahrverbot von 2 Monaten resultiert aus der Regelung des § 4 II BkatV, danach ist ein Fahrverbot anzuordnen, wenn bereits wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h eine Geldbuße festgesetzt wurde. Dies war hier der Fall, am 31.01.2009 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 29 km/h innerorts, Und innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft dieser Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h erfolgte. Dies war ausweislich des Bußgeldbescheides im vorliegenden Fall am 14.09.2009, mithin noch vor Ablauf des einen Jahres.
Das in der Tabelle 1 c des Bußgeldkataloges ausgewiesene Fahrverbot von 1 Monat für die vorliegende Ordnungswidrigkeit war dem gemäß nach § 4 II Bußgeldkatalogverordnung um einen weiteren Monat wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten des Betroffenen als Kraftfahrzeugführer auf 2 Monate festzusetzen.
Besondere Umstände, die dazu Anlass geben könnten, von dieser Regel des § 4 II BkatV abzuweichen, liegen nicht vor. Das Gericht hat wohl geprüft, ob von der Anordnung eines Fahrverbotes für zwei Monate abgesehen werden kann oder eine Reduzierung auf das Regelfahrverbot erfolgen kann, dies jedoch aus den vorgenannten Gründen insbesondere der einschlägigen Vorbelastung verneint, dies insbesondere deswegen, da es sich bei beiden Verstößen um Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb geschlossener Ortschaften in nicht unerheblichem Umfange handelt. Es musste daher bei dem Regelfahrverbot gem. laufende Nummer 11.3.6 Bkat sowie dem weiteren Fahrverbot nach § 4 II BkatV verbleiben."
Hiergegen richtet sich die in jeweils zulässiger Weise eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, der die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt und die Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt erstrebt. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gemäß §§ 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG als unbegründet zu verwerfen.
II. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist unbegründet im Sinne der §§ 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, soweit sie sich gegen den Schuldspruch des angefochtenen Urteils richtet. Sie ist jedoch begründet, soweit sie sich gegen dessen Rechtsfolgenentscheidung wendet.
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Bemessung der Dauer des gegen den Betroffenen verhängten Fahrverbots lassen besorgen, dass das Amtsgerichts rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen sowohl eines beharrlichen Pflichtenverstoßes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 4 Abs. 2 BkatV als auch eines groben Pflichtenverstoßes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BkatV seien die dort jeweils vorgesehenen Regelfahrverbote von einem Monat (regelmäßig) zu addieren. Die...