Leitsatz (amtlich)
Wird der Unterhaltsschuldner, der Kosten für die Fahrten zur Arbeit mit dem Pkw geltend macht, auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen, so ist grundsätzlich der für eine entsprechende Monatskarte aufzuwendende Betrag von seinem Einkommen abzuziehen.
Normenkette
BGB § 1603
Verfahrensgang
AG Strausberg (Beschluss vom 06.12.2013; Aktenzeichen 2.1 F 280/13) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird weiter gehend Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwälte ... insoweit bewilligt, als sie sich gegen eine Unterhaltsverpflichtung von mehr als 205 EUR monatlich verteidigt.
Das weiter gehende Verfahrenskostenhilfegesuch und die weiter gehende Beschwerde werden zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin bietet lediglich in einem etwas größeren Umfang, als vom AG angenommen, hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ZPO.
1. Auf die von der Antragsgegnerin mit der Beschwerde angesprochene Frage, inwieweit sie mit Rücksicht auf die Betreuung der in ihrem Haushalt lebenden minderjährigen Kinder an der Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit mit 40 Stunden pro Woche gehindert sei, kommt es nicht an. Denn das AG hat im angefochtenen Beschluss auf die von der Antragsgegnerin erzielten tatsächlichen Einkünfte auf der Grundlage einer geringeren Wochenstundenzahl abgestellt und ausdrücklich aufgeführt, dass es dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibe, die Frage zu entscheiden, ob die Antragsgegnerin auf eine Vollzeittätigkeit im Umfang von 40 Wochenstunden zu verweisen sei.
2. Das Einkommen aus der Erwerbstätigkeit hat das AG mit 1.418 EUR angenommen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin nicht. Im Hauptsacheverfahren mag geprüft werden, ob sich unter Berücksichtigung der inzwischen vorgelegten Verdienstabrechnungen bis einschließlich Dezember 2013 nicht etwa ein höheres Einkommen ergibt. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin im November 2013 eine Jahressonderzahlung erhalten, die in diesem Monat zu einem besonders hohen Nettoeinkommen geführt hat.
3. Soweit die Antragsgegnerin mit der Beschwerde auf die Fahrtkosten, die mit dem Erreichen der Arbeitsstelle verbunden sind, verweist, hat ihr Rechtsmittel in geringem Umfang Erfolg.
Allerdings kann die Antragsgegnerin nicht auf Fahrtkosten, die ihr bei Benutzung des eigenen Pkw entständen und die sich bei einer behaupteten Entfernung von Wohn- und Arbeitsort von 16 km auf 176 EUR (= 16 km × 2 × 0,30 EUR × 220 Arbeitstage: 12 Monate) beliefen, berufen. Insoweit hat das AG zu Recht darauf hingewiesen, dass vorrangig öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen sind. Die mit der Beschwerde erhobene Behauptung, unter Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel könne sie erst um 06:45 Uhr am Arbeitsplatz sein, während ihre regelmäßige Arbeitszeit um 05:45 Uhr beginne, hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren substantiiert bestritten und auf eine frühere Zugverbindung um 04:54 Uhr verwiesen. Eine Bestätigung dieses Vortrags findet sich im Übrigen auf der Homepage des Verkehrsverbundes ... unter www.vbb.de. Soweit die von der Antragstellerin aufgezeigte Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln dazu führt, dass die Antragsgegnerin die Arbeitsstelle nicht ganz pünktlich um 05.45 Uhr erreichen kann, muss mangels substantiierten Gegenvortrags der für ihre fehlende Leistungsfähigkeit darlegungs- und beweispflichtigen Antragsgegnerin (vgl. Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 6 Rz. 721) entsprechend dem Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 29.1.2014 davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber, die Gemeinde B., im Hinblick auf die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit einem etwas späteren Arbeitszeitbeginn einverstanden gewesen wäre. Daran ändert das ergänzende Vorbringen im Schriftsatz vom 26.2.2014 nichts, zumal schon nicht ersichtlich ist, wie oft die Antragsgegnerin im Frühdienst tätig sein und die Kita aufschließen muss.
Wenn die Antragsgegnerin nach alledem auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu verweisen ist, sind allerdings, was das AG nicht beachtet hat, die dafür aufzuwendenden Kosten zu berücksichtigen. Sowohl der Wohnort der Antragsgegnerin, Müllrose, als auch der Arbeitsort, B., gehören zum Tarifgebiet F. ABC. Für eine diesbezügliche Monatskarte des VBB sind rd. 46 EUR aufzuwenden. Mithin verringert sich das unterhaltsrechtlich bedeutsame Einkommen der Antragsgegnerin auf 1.372 EUR (= 1.418 EUR - 46 EUR).
4. Das AG ist bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin von einem notwendigen Selbstbehalt von 1.000 EUR ausgegangen (vgl. auch Nr. 21.2 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand 1.1.2013). Das Hauptverfahren mag ergeben, ob insoweit, ...