Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 04.06.2020 (Az. 32 F 20/19) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Anträge des Vaters vom 27.04.2020 und 06.05.2020 auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Mutter werden zurückgewiesen.

Die Kosten erster und zweiter Instanz hat der Vater zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

1. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des am ...2015 geborenen Kindes C... P... . Sie leben dauerhaft getrennt. Das Kind hat seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter.

Am 12.09.2019 haben die Eltern in einem Sorgerechtsverfahren einen Vergleich zum Umgang des Vaters mit seinem Sohn geschlossen, den das Amtsgericht Oranienburg noch im Termin durch Beschluss gebilligt hat. Das mit einem vollständigen Rubrum versehene Protokoll versandte es an die Beteiligten.

Mit Beschluss vom 30.03.2020 hat das Amtsgericht auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich gemäß § 89 Abs. 2 FamFG hingewiesen. Dieser Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Eltern zugestellt.

Auf Antrag des Vaters hat das Amtsgericht Oranienburg mit Beschluss vom 04.06.2020 gegen die Mutter wegen Nichtgewährung des Umgangs in der Zeit vom 16.04.2020 bis zum 20.04.2020 und vom 30.04.2020 bis zum 04.05.2020 ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 EUR festgesetzt, ersatzweise 5 Tage Ordnungshaft. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.

Gegen die am 08.06.2020 zugestellte Entscheidung hat die Mutter mit einem am 17.06.2020 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, die später begründet worden ist.

Der Vater verteidigt den angefochtenen Beschluss mit näherer Darlegung.

Mit Beschluss vom 04.08.2020 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde der Mutter nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die sofortige Beschwerde der Mutter ist gemäß §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ff. ZPO zulässig und auch begründet.

Bei Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses vom 04.06.2020 lagen die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nicht vor. Es fehlt an der Zustellung des Vollstreckungstitels.

Vollstreckungstitel bei einem gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich - wie hier - ist der Billigungsbeschluss (BGH, FamRZ 2019, 1616).

Denn nicht schon die zwischen den Eltern geschlossene Vereinbarung führt zu einem Abschluss des Verfahrens. Zwar sieht § 36 Abs. 1 FamFG vor, dass die Beteiligten einen Vergleich schließen können, soweit sie über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. Dies ist jedoch für das Umgangsrecht der Eltern nicht der Fall. Selbst wenn sie sich hierüber verständigt haben, bleibt es dem Familiengericht unbenommen, eine abweichende Regelung über das Umgangsrecht zu treffen, wenn die von den Eltern getroffene Vereinbarung dem Kindeswohl widerspricht (§ 156 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Erst durch die Billigung des Gerichts tritt eine Erledigung des Verfahrensgegenstands ein. § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG sieht hierfür ausschließlich die Beschlussform vor. Das Gericht darf die Umgangsvereinbarung auch erst dann billigen, wenn es im Anschluss an die Protokollierung eine eigene - wenn auch eingeschränkte - Kindeswohlprüfung durchgeführt hat, zumal unter Umständen noch weitere Ermittlungen anzustellen sein könnten. Deshalb hat der entsprechende Beschluss nach § 156 Abs. 2 FamFG auch nicht bloß deklaratorische Bedeutung (BGH, a.a.O.).

Vorliegend kann es dahinstehen, ob der Billigungsbeschluss des Amtsgerichts vom 12.09.2019 ordnungsgemäß ergangen ist. Dies ist insoweit zweifelhaft, als nicht ersichtlich ist, dass der Verfahrensbeistand und das Jugendamt ihr Einvernehmen mit der Umgangsvereinbarung der Eltern erklärt haben. Ein Umgangsvergleich darf nur dann familiengerichtlich gebilligt werden, wenn das Einvernehmen aller Beteiligter (§ 156 Abs. 2 Satz 1 FamFG) vorliegt. Zu den Beteiligten zählt gemäß § 158 Abs. 3 Satz 2 FamFG der bestellte Verfahrensbeistand. Sein ausdrücklich erklärtes Einvernehmen ist Voraussetzung für die gerichtliche Billigung (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2019, 1454; Keidel/Engelhardt, FamFG, 20. Aufl., § 156 Rz. 12). Ist das Jugendamt am Verfahren beteiligt, muss es dem Vergleich auch zustimmen (Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl., § 156 Rz. 9).

In jedem Fall fehlt es an einer wirksamen Zustellung des Vollstreckungstitels.

Gemäß § 87 Abs. 2 FamFG darf die Vollstreckung nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Wie bereits ausgeführt, ist der Billigungsbeschluss Grundlage der Vollstreckung. Im Ausgangsfall hat das Amtsgericht den von den Eltern in der Sitzung vom 12.09.2019 geschlossenen Umgangsvergleich durch Beschluss vom selben Tag familiengerichtlich gebilligt. Der Umgangsvergleich wie auch die gerichtliche Billigung sind in dem Protokoll vom 12.09.2019 enthalten, das mit einem vollen Rubrum versehen ist. Eine Zustellung de...

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