Leitsatz (amtlich)
Ein Sachverständiger, der in seiner Stellungnahme zu einem Ablehnungsgesuch dessen im Kern zutreffende Begründung, er habe bereits zuvor im Auftrag der Antragsgegnerin mehrere Gutachten erstellt, als "abstrakte Lüge" und "Verleumdung" bezeichnet, kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 22.07.2008; Aktenzeichen 13 OH 10/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Frankfurt/O. vom 22.7.2008 - 13 OH 10/07, abgeändert.
Das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen B.A. wird für begründet erklärt.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 13.2.2008 hat das LG auf Antrag der Antragsteller das selbständige Beweisverfahren angeordnet und den Sachverständigen B. A. mit der Erstellung des schriftlichen Sachverständigengutachtens über Ausmaß und Ursachen verschiedener Rissbildungen an der Fassade des Reihenhauses der Antragsteller sowie über weitere geltend gemachte Mängel beauftragt. Der Sachverständige erstellte unter dem 17.5.2008 sein schriftliches Gutachten; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 79 ff. d.A. Bezug genommen. Das schriftliche Gutachten des Sachverständigen ist den Antragstellern zu Händen ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 22.5.2008 zugestellt worden (Bl. 96 GA).
Mit einem per Telefax am 10.6.2008 eingegangenen Schriftsatz haben die Antragsteller den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung tragen sie vor, der Sachverständige stehe in engem geschäftlichen Kontakt mit der Antragsgegnerin und habe für diese im Frühjahr 2008 insgesamt 30 Gutachten betreffend die Fassadensanierung von 30 weiteren Objekten in Frankfurt/O., die von der Antragsgegnerin erstellt worden sind, erstellt. Dies hätten sie am 4.6.2008 anlässlich eines Beratungsgespräches hinsichtlich der in dem Gutachten enthaltenen Feststellungen erstmals erfahren. Der Sachverständige sei verpflichtet gewesen, das Gericht auf seine vorangegangene Tätigkeit als Privatgutachter für die Antragsgegnerin hinzuweisen. Darüber hinaus sei das Gutachten auch in der Sache nicht zu gebrauchen, weil der Sachverständige aus Gefälligkeit unrealistische Preise in Ansatz gebracht und andere Kostenpositionen weggelassen habe und dadurch zu erstaunlich niedrigen Mängelbeseitigungskosten von brutto 1.650 EUR gelangt sei. Nach dem von ihnen eingeholten Angebot zur Sanierung der W. GmbH seien hingegen Kosten i.H.v. 14.306,33 EUR netto zu erwarten.
Der Sachverständige hat in seiner Stellungnahme mit Schreiben vom 24.6.2008 mitgeteilt, dass er in den Jahren 2003 bis 2005 im Auftrag der Antragsgegnerin insgesamt drei gutachterliche Untersuchungsberichte erstellt habe. Seit Ende 2005 habe er keinen geschäftlichen Kontakt mit der Antragsgegnerin mehr. Die von ihm erstellten gutachterlichen Untersuchungsberichte bezögen sich inhaltlich ausschließlich auf eine Bauweise von Einfamilienhäusern aus Poroton-Planziegeln und deren Folgeschäden, während das Wohnhaus der Antragsteller aus Gasbeton errichtet worden sei. Die Bewertung der Schäden an Einfamilienhäusern, die aus Poroton errichtet worden seien, sei fachlich und konstruktiv mit dem Reihenhaus der Antragsteller nicht gleichzusetzen. Da die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen sei, sei vereinbart worden, dass der die Sanierung ausführende Baubetrieb sein Kostenangebot jeweils nach einer detaillierten Einsicht in den gutachterlichen Untersuchungsbericht abgeben solle. In Ausführung dieser Absprache übersende die Antragsgegnerin lediglich zur Kenntnisnahme ihm unaufgefordert die Angebote an sein Büro. Hinsichtlich der von ihm als erforderlich angesehenen Kosten habe er nur diejenigen zur Sanierung angesetzt, die ortsüblich für diesen speziellen Sachverhalt seien. Das Ablehnungsgesuch basiere auf unseriösen Recherchen und Behauptungen von Unwahrheiten. Die Behauptung, dass er im Frühjahr 2008 mit der Antragsgegnerin in einem engen geschäftlichen Kontakt gestanden habe, sei "eine Unterstellung und abstrakte Lüge", die in dem Ablehnungsgesuch vorgelegten Begründungen seien unwahr und stellten zudem eine Verleumdung dar.
Das LG hat mit Beschluss vom 10.7.2008 das Ablehnungsgesuch der Antragsteller zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Darlegungen der Antragsteller rechtfertigten nicht die Annahme der Besorgnis der Befangenheit. Zwar könnten sich Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen grundsätzlich daraus ergeben, dass der Sachverständige in näherer Beziehung zu einer der Parteien stehe. Hierzu genüge aber nicht, dass der Sachverständige zu einer Partei in wirtschaftlichen Beziehungen stünde. Zu fordern sei vielmehr eine intensive Geschäftsbeziehung. Dies sei weder im Hinblick auf die Vortätigkeit noch auf die vorgelegten Leistungsangebote erkennbar. Es liege nahe, dass der im hiesigen Gerichtsbezirk als selbständiger Gutachter tätige Sachverständige auch von Baufirmen aus der näheren Umgebung im Rahmen von Priva...